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A Vampyre Story

Untot, aber beseelt

Glaubt man den Ergebnissen einer dubiosen Studie des Arztes Duncan MacDougall aus dem Jahr 1906, verliert ein Mensch bei seinem Ableben durchschnittlich 21 Gramm Masse. Der gute Doktor stellte nach seinen Versuchen die Behauptung auf, dass wir Menschen eine Seele besäßen, die sich beim Tode einer Person vom Körper trenne und zudem ein gewisses Gewicht habe. Aber im ernst, was sind schon 21 Gramm mehr oder weniger? Es gibt schließlich Personen, die setzen ganz andere Maßstäbe an.

Da wäre beispielsweise Shrowdy von Kiefer, Herr von Schloss Warg. Seine Opfer verlieren glatt mehrere Kilogramm und fallen gewissermaßen in sich zusammen, wenn sie ins Jenseits übertreten. Der Grund: Der verschrobene Knirps erfreut sich am Vampirismus. Doch auch sein physisches Dasein soll, erfahrenen Vampirjägern sei Dank, im Adventure A Vampyre Story nicht lange währen.

Seine Pfählung ist für die lieblich bleiche Mona, die von besagtem Giftzwerg zur Blutsaugerin gemacht wurde und seither in dessen Schloss eingesperrt ist, die ersehnte Chance auf Freiheit. Zusammen mit ihrem Kumpel Froderick, einer Fledermaus, will sie aus den gruseligen Gemäuern fliehen und endlich in ihre Heimat Frankreich zurückkehren, um eine bekannte Opernsängerin zu werden. Der Flattermann nimmt dabei am liebsten auf Monas Schulter Platz und leistet vor allem mit seiner spitzen Zunge unersetzliche Unterstützung. Auf diese Weise bilden sie ein Team, das - man mag es kaum glauben - schon jetzt der legendären Freelance Police Konkurrenz machen kann.

Mona hat als Vampirin ein recht merkwürdiges Verhältnis zu Spiegeln.

Ständig entspinnen sich kleine Dialoge zwischen der naiven Vampir-Lady und dem vorlauten Nachtschwärmer, die so sehr mit Humor geladen sind, das sie fast schon Bauchweh verursachen. Dabei sprudelt sogar aus der kühlen Dame manchmal ein erstaunliches, aber durchaus passendes Temperament hervor. Etwa, wenn Mona mal wieder ihre vampirische Ader leugnet und Froderick die blanken Tatsachen vor ihre hübschen Kulleraugen halten muss. Allerdings sei angemerkt, dass bisher nur die englische Version ausprobiert werden konnte. Wie gut der zielsichere Witz den Wechsel in die deutsche Sprache übersteht, muss sich also noch zeigen. Immerhin darf man auf der offiziellen Website bereits anhorchen, wie die Stimmen für Mona und Froderick hierzulande klingen werden. Die gröbsten Zweifel lassen sich auf diese Weise schon mal austreiben.

Es sind jedoch nicht alleine die beiden fein herausgearbeiteten Protagonisten, die A Vampyre Story mit Leben (oder in Monas Fall Unleben) füllen sollen. Seien es die detailliert und leicht skurril gezeichneten Hintergründe, die lebendigen Animationen der Heldin oder die schrägen Charaktere, denen sie auf der Reise begegnet, überall spürt man, wie viel Liebe in dieses Spiel gesteckt wurde. Denn obwohl in der Preview-Version noch nicht alles rund läuft und immer wieder kleine Bugs am Spielerlebnis oder der Performance knabbern, wirkt die Stimmung des Adventures einfach verzaubernd.

Der Comic-Grusel ist mit dem optischen Stil und den wunderbaren Kompositionen einfach perfekt eingefangen worden. Aber, wie man unter Vampiren so schön sagt, man soll die Nacht nicht vor der Dämmerung loben. Die Jungs bei Autumn Moon Entertainment haben schließlich noch eine Menge Falten zu glätten, bevor sie den Goldstatus ihrer ersten Kreation feiern dürfen. Neben eingefrorenen Animationen und unschönen Pausen in Dialogen sind darunter auch Dinge, die das Grundgerüst des Spiels, die Rätsel betreffen.

Die Aktionsbeschreibungen werden meist den Umständen entsprechend angepasst.

Die fallen zwar in der Regel sehr gut strukturiert und nachvollziehbar aus, in ein paar Fällen fehlen aber wirklich aussagekräftige Hinweise, um den entsprechenden Lösungen auf die Schliche zu kommen. Woher sollte denn klar sein, dass ein Diät-Getränk erst dann als Zutat für ein höllisches Gebräu benutzt werden kann, wenn es im Speisesaal mit einem Haufen Zucker entdiätisiert wurde? Das Rezept verrät diese Feinheit jedenfalls nicht. Inwiefern solche Frustfallen noch entschärft werden können, ist indes fraglich.

Schmerzlich vermisst, aber bereits fest versprochen ist hingegen eine Hotspot-Anzeige. Nicht immer sind im dunklen Schloss alle Interaktionsmöglichkeiten direkt ersichtlich und manche Gegenstände übersieht man mit Pech auch auf den vierten oder fünften Blick. Solltet Ihr also mal ein wichtiges Item verpasst haben, wird Euch das kleine Tool im finalen Vampir-Abenteuer sicherlich viel Ärger ersparen. Sieht man von den wenigen unfairen Denkaufgaben ab, gibt es also keinen Grund, warum man sich nicht auf die intelligenten und teilweise recht eigenwilligen Knobeleien freuen sollte. Dazu sei an dieser Stelle natürlich nicht zu viel verraten. Am besten, Ihr findet selbst heraus, was ein magischer Schlüssel mit Vogelkacke und einem Streitkolben zu tun hat.

Es könnte gut möglich sein, dass Euch mit A Vampyre Story das beste Adventure des Jahres erwartet. Auch wenn sich zur Zeit noch die verrückte Edna auf dem entsprechenden Thron breit machen darf, besticht Monas Debüt mit so viel Humor und Liebe zum Detail, dass die werte Psychopathin ihren Stoffhasen Harvey besser direkt zum Wachdienst abstellt. Bill Tiller und sein Team werden jedenfalls, da kann man sicher sein, nicht eher Ruhe finden, bis alle Bugs und Probleme ausgemerzt sind. Sollte dann noch die stimmige Lokalisation glücken, darf man zuversichtlich sein, dass die Verkaufsversion mindestens 21 mysteriöse Gramm zusätzlich auf die Waage bringt. Dieses Spiel hat Seele. Womöglich gar so viel, dass logistische Probleme entstehen könnten.

A Vampyre Story könnte, sofern sich der Paketbote keinen Bruch hebt, schon am 30. Oktober in Euren Briefkästen liegen.

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