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Alt vs. Neu mal anders: Lost Sphear & Secret of Mana Remake

Welches war noch mal das Alte und welches das Neue?

Das war ja fast wie früher: Man fährt zu Square Enix, um J-RPGs zu spielen, solche von der Art, die den Begriff den Genres erst prägten. Wobei, Secret of Mana ist ja nicht wirklich ein Rollenspiel, aber in diesem Falle wirkte es wie das neue Spiel, während das wirklich neue Lost Sphear einem fast mehr wie ein Remake zu einem vergessenen Super-Nintendo-Titel vorkommt. Aber Alter und Schönheit vor Jugend, Secret of Mana zuerst.


Secret of Mana - Remake ohne Reue?

Die extrem kurze Spielzeit - vom Start des Spiels aus vielleicht eine Viertelstunde - erlaubt jetzt keine Rückschlüsse auf den "Director's Cut" Anteil dieses Remakes. Es soll erweitere Szenen und auch ein paar neue geben, die zwar den grundsätzlichen Plot des Klassikers nicht ändern, aber ein wenig ausbauen und vor allem ein paar der teilweise noch damals suboptimal übersetzten Dialoge geradeziehen. Dazu also später mehr, wenn wir uns eingehender damit befassen konnten.

Was es jedoch erlaubte, ist ein guter Einblick, wie man auf technischer Seite heranging, und hier kann man wirklich sagen, dass auch in der Übersetzung in die Neuzeit der vertraute Stil getroffen wurde. Das ist ja oft und zu recht eine große Sorge, wenn ein geliebter Klassiker auf moderne Technik übertragen wird. In diesem Falle, bei allen offensichtlichen Änderungen, war sofort klar, welches Spiel ich vor mir hatte. Die Farben stimmen, die Proportionen der Figuren und Objekte, der Zeichenstil, der auf die 3D-Modelle angewendet wurde, alles sagt sofort und ohne jeden Zweifel "Secret of Mana". Das erste Startgebiet an dem Fluss und das erste Dorf, aus dem der Held ja recht zügig verbannt wird, zeigt, dass hier keiner Angst haben muss, dass er seinen Lieblings-Oldie nicht wiedererkennt. Ob er ihn in diesem neuen Ballkleid schöner findet bleibt jedem selbst überlassen, aber an den Schneider geht in diesem Falle keine Kritik.

Auch der Schwung des Schwertschlags wurde perfekt getroffen. Wer es nicht kennt: Secret of Mana ist mehr ein Action-Adventure im Stile der frühen Zeldas, was so weit geht, dass ihr sogar Gras niederhacken müsst, um weiterzukommen. Die Besonderheit ist, dass ihr nicht wild um euch schlagen dürft, sondern nach jedem Schlag immer zwei Sekunden warten sollte, bis sich der Schwung aufgeladen hat. Das ist anfangs etwas ungewohnt, aber schnell genug wird es für euch zur zweiten Natur werden, dass ihr Gegner kurz taxiert und umkreist, bevor ihr sie erneut traktiert. Die Menüs wurden ein klein wenig gestrafft, aber das Rad ist immer noch da - ich bin davon so wenig überzeugt wie im Original - und funktioniert wie zuvor. Eine kleine Ehrerbietung an das Original leistet sich das Remake auch noch: Die Mini-Karte oben in der Ecke zeigt die 16-Bit-Welt in Pixelglorie und der Auflösung des Originals. So klein waren die Spiele wirklich, die wir damals hatten. Gut dass die Fernseher größer waren, sonst hätten wir damals gar nichts erkannt. Oder so.

Also ja, Skeptiker und Fans dürfen halb aufatmen, dass Secret of Mana Remake sieht aus wie es soll, es spielt sich wie es soll und damit hat es schon mal einige der wichtigsten Hürden genommen. Vorfreude +1 also.


Lost Sphear - I am not Setsuna. Aber eigentlich doch.

Dass dieses Spiel wirklich das neuere der beiden ist, merkt man kaum. Gut so, denn das ist schließlich das Ziel der Tokyo RPG Factory. Sie wollen dieses 16/32-Bit-Flair der J-RPG-Ära aufleben lassen und diese spezielle Art der Nostalgie bedienen - und warum nicht. Wir leben in einer goldenen Spielewelt, in der jeder seine Nische finden kann, Entwickler wie auch Spieler. Diese hier wir mit Lost Sphear ziemlich perfekt bedient, das war nach etwa zwei Stunden absolut klar.

Ihr habt die übliche Weltrettungsstory, aber mit einem Twist. Teile der Welt verschwinden einfach und lösen sich in ein großes, blendend helles Weiß auf, eine inhaltlich etwas unklare, aber direkte Anlehnung an den Schnee in Setsuna sagen die Entwickler, ich sehe mehr eine Verbindung zum Nichts Der Unendlichen Geschichte. Wobei das Nichts ja nicht mal Weiß war, aber der Gedanke ist ähnlich. Nicht zuletzt, da ihr diese weißen Flecken auf der Karte mit Erinnerungen wiederherstellt, erneut vergleichbar mit der Phantasie von Bastian Balthasar Bux, was heute als Name seltsam normal klingt, zumindest wenn man im Hipster-Land von Berlin Mitte verkehrt. So ziehen die jugendlichen Helden aus dem örtlichen Dorf aus, um die Erinnerungen an die Welt wiederzufinden und zu stoppen, was auch immer es ist, was gestoppt werden muss.

Das praktisch erste, worüber ihr stolpert, ist das Inn. Das scheint wichtig zu sein, denn auch wenn es nicht zu meinen Hauptkritikpunkten von Setsuna gehörte, war es einigen Leuten scheinbar so wichtig, dass richtig genörgelt wurde. Und ja, zu einem alten J-RPG gehört halt ein Inn und die gibt es nun. Fein, weiter im Text. Viel wichtiger ist, dass die Kämpfe, die bei Setsuna irgendwann in komplette Routine ausarteten, nun ein paar nicht zu unterschätzende taktische Eigenheiten mitbringen.

Die offensichtlichste Neuerung ist, dass ihr im Kampf mobil seid. Wenn ihr einen Angriff auswählt, seht ihr den Bewegungs- und Effekt-Bereich. Ihr könnt euch also positionieren und sehen, ob ihr mit der Attacke vielleicht mehrere Gegner erwischen könnt. Das ist kein freies Herumlaufen, aber genug Flexibilität, um einen inneren Optimierungswahn selbst in kleineren Kämpfen zu wecken. Wie stelle ich den Fernkämpfer auf, damit sein Pfeil möglichst durch alle Gegner saust - wobei der erste Treffer praktisch garantiert ist und Trefferwahrscheinlichkeit und Schaden mit jedem dahinter annehmen. Will ich also den Feind sicher treffen, der mich am meisten nervt, oder versuche ich, möglichst viele zu treffen, wobei die Chance steigt, dass ich mein wichtigstes Ziel nur vielleicht treffe. Diese Entscheidungen kommen immer wieder und so entstanden auch unter uns auserwählten Anspielern verschiedene Techniken. Während ich normalerweise mit einem Rundumschlag einstieg und praktisch jeden Feind schon gut schwächte und dann mit dem Rest der Party aufräumte, verlegte sich jemand anders mehr auf Debuffs und konzentriertes Feuer, wieder andere betrieben eine Mischung verschiedener Taktiken. Da scheinbar auch häufiger mal Party-Mitglieder kommen und gehen und so neue Fertigkeiten mitbringen, kam ordentlich Schwung in Setsunas etwas lahmes Kampfsystem.

Die andere größere Neuerung sind die Mechs. Es ist Japan, es müssen irgendwo ein paar Mechs rein, wenn irgend möglich und hier habt ihr sie ab einem gewissen Punkt im Spiel auf Knopfdruck. Diese Kampfanzüge haben natürlich einen Haken: Im Kampf gehen ihnen recht schnell die Batterien aus und es dauert ein Weilchen, sie wieder aufzuladen. Damit sind sie also eigentlich eher für die Bosse gedacht, um diesen vor allem mit ihren heftigen Party-Kombos die HPs zu kürzen. Aber auch auf der Karte und im Dungeon macht sich so ein Mech gut, um hier und da ein Hindernis aus dem Weg zu räumen. Eine nette Ergänzung und ein weiteres Element, das den Ablauf weit frischer halten dürfte.

Auf der Oberwelt seht ihr natürlich viel Weiß, wovon die großen Flächen natürlich im Verlauf der Geschichte freigeschaltet werden. Kleine Flecken jedoch sind eine Art Option für euch. Ihr sammelt Erinnerungen, was eine Art Crafting-Ressource darstellt, um diese Flecken in etwas Nützliches zu verwandeln. Das kann ein einzigartiges Objekt sein, wie ein sehendes Welt-Auge, mit dem ihr in der Oberwelt erst die Minimap zu sehen bekommt. Ein anderes lässt euch die Trefferpunkte der Gegner sehen, wieder andere geben euch regionale Status-Boosts. Sehr praktisch und vor allem nicht final, denn ihr dürft diese Erinnerungen wieder einreißen und neue bauen, wenn ihr was anderes praktischer findet. Es sind diese kleine Gameplay-Elemente, die Lost Sphear von Setsuna abheben und zeigen, dass Tokyo RPG Factory keinesfalls sklavisch an der puren Grundformel aus Zeiten des ersten Final Fantasy festhält.


Und wer gewinnt: Alt oder neu? Beide natürlich!

Das ist die Art von Retro, die ich mir gefallen lasse. Ein Spiel nimmt die erprobten Elemente eines klassischen Genres und errichtet auf dieser Basis seine eigene Geschichte, inklusive der einen oder anderen Idee, wo man sich da gewinnbringend bedienen kann. Das andere packt einen zeitlosen Klassiker, der technisch ein klitzekleinwenig ins Hintertreffen geriet, und steckt ihn in ein modernes Paket, das nicht die ursprüngliche Form verleugnet. Sowohl Lost Sphear als auch Secret of Mana Remake machen einen hervorragenden Eindruck für das, was sie sein wollen und sollen und ich werde mich sicher nicht entscheiden, wer in diesem Wettstreit gewann, der nie wirklich einer war. Ich spiele einfach beide.

Lost Sphear erscheint Ende Januar 2018 für PC, PS4 und Switch, Secret of Mana Remake im Februar 2018 für PC, PS4, in Japan auch auf der Vita und hoffentlich auch für die Switch (letzteres ist aber in keiner Weise bestätigt).

In diesem artikel

Lost Sphear

PS4, PC, Nintendo Switch

Secret of Mana

iOS, PS4, PlayStation Vita, Nintendo Wii, PC

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Martin Woger Avatar

Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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