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Andor Folge 8: Tony Gilroy muss der Kevin Feige von Star Wars werden! Noch ein Boba Fett ertrage ich nicht

Hat er sonst noch etwas vor?

Seit zwei Monaten geht das jetzt schon so: Jeden Mittwoch kann ich mein Glück kaum fassen, dass ich diese Serie erleben darf. Mir kommt es fast vor wie im Traum, denn Andor ist nicht nur in Sachen Qualität in einer ganz anderen Liga als Boba Fett, Obi-Wan und ja, auch The Mandalorian. Es ist auch im Tonfall komplett anders angelegt und betrachtet den Konflikt durch moderne, erwachsene Augen.

Ich könnte meinen, dass ich jeden Moment aufwache und ich mir dieses tolle Stück Fernsehen nur im Halbschlaf herbeifantasiert habe. Gut, dass ich dafür weder kreativ noch talentiert genug bin, sonst wäre ich fast sicher, sie ist nur meiner Einbildung entsprungen. Folge acht, Narkina 5, unterstreicht mal wieder, wie zielgenau Gilroy und seine Leute – diesmal schrieb House-of-Cards-Schöpfer Beau Willimon das Drehbuch – die Lupe auf die interessantesten Facetten der Star-Wars-Idee richten. Anstatt endlos weiter Heldenmythen aufplustern, erfahren wir glaubwürdig und intensiv, wie ein tyrannisches Regime wie das Imperium die normalen Menschen unterdrückt.

Heute mal ein bisschen weniger für Dedra klatschen - auch wenn Gough sie genial spielt. (Quelle: Disney)

Es dauert keine fünf Minuten, da macht Star Wars Andor auch schon klar, dass Luthen und Kleya nicht ganz zu Unrecht versuchen, Andor auszuschalten. Das ISB, beziehungsweise Dedra, folgert ganz richtig, dass Andor mit Luthen in Kontakt stand, den sie nur als Axis bezeichnen. Für sie ist er der Drahtzieher hinter der Rebellion und Dedra hat noch keine Ahnung, wie Recht sie damit hat. Was mir nicht so ganz klar ist: Warum die Rebellen nicht auch Bix auf dem Kieker haben, die Luthen ebenfalls gesehen hat?

Egal für den Moment, denn erst mal wird kunstvoll der Bogen von Dedra zu Karn geschlagen, der in seinem Schreibtischjob bei der Behörde für Standardisierung unentwegt fälschliche Anfragen zu einem Cassian Andor platzierte. Das Aufeinandertreffen der beiden war fantastisch gespielt, und sogar überraschend. Dachte man zuletzt noch, er selbst lande beim Imperium, lässt Dedra ihn anschließend eiskalt abblitzen. Sie spürt, dass er im tiefen Innern ein Versager ist, will sich aber vielleicht auch nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Denise Gough ist wieder einmal in Hochform. Aber bei diesem Cast bedarf das keiner Erwähnung mehr.

Wundervoll beklemmend war auch die Ankunft in dem beklemmenden Unterwassergefängnis respektive Arbeitslager auf Narkina 5, in das Andor verfrachtet wird, nachdem das Imperium nach dem Angriff auf Aldhani die Daumenschrauben anzieht. Alleine schon der Transfer in den fantastisch gestalteten Future-Knast war unfassbar intensiv. Hier sind alle Gefangenen barfuß, nur die Wärter tragen (beneidenswert modische) Stiefel, die sie von der Spannung isolieren, die auf Knopfdruck Gefangene grillt.

Ich bin nicht sicher, ob wir Syril Karn noch einmal sehen werden (Quelle: Disney)

Ergo geht es in diesem Gefängnis vordergründig sehr geordnet zu, was wahnsinnig gut zum Imperium passt. Gleichzeitig ist jederzeit die Anspannung zu spüren, denn die Insassen sind in Arbeitsgruppen unterteilt, die im Team Maschinerie montieren. Die langsamste Mannschaft wird gezüchtigt, die schnellste bekommt einen Hauch Geschmack in die öde Nahrungspaste, die sonst als Essen herhalten muss. Die Insassen werden ausgebeutet und gegeneinander in Wettbewerb gebracht, um noch produktiver zu sein. Teuflisch. Aufgrund der Rebellenaktivitäten wurden jüngst alle Gefängnisstrafen verdoppelt, auch die laufenden, was die Stimmung in den weißen Wänden nur noch hoffnungsloser macht. Bis zu dem Punkt, an dem einer der Insassen des Nachts auf dem Boden des Flurs zu Tode kommt und niemand so richtig sicher ist, ob er gefallen ist oder absichtlich sprang.

Andernorts navigiert Mon Mothma immer noch das Dinner-Empfang-Leben auf Coruscant und lächelt über “politische Differenzen” hinweg, um nicht als Rebellin aufzufliegen. Diese Szenen zeigen sehr gut den Kontrast zwischen den Mächtigen, die Politik als Hobby, als Interessengebiet pflegen und den Regierten, die die Auswirkungen von Entscheidungen und milde alkoholisierter Indifferenz zu spüren bekommen.

Auf Ferrix geraten Bix, Brasso und Maarva nicht nur ins Visier der Rebellinnen Vel und Cinta, die dabei feststellen, dass sie unterschiedliche Vorstellungen davon haben, wie die weitere Beziehung verlaufen wird. Auch die Imperiums-Stasi wird auf sie aufmerksam, als Bix versucht, in Sorge um Maarva, mit Luthen in Kontakt zu treten. Das wiederum mündet in den Moment, in dem man sich dann ein wenig schlecht fühlen darf, Dedra die vergangenen Folgen die Daumen gedrückt zu haben. Als sie Paak und Bix in die Mangel nimmt, beginnt man, sich wirklich Sorgen zu machen. Es spielen alle fantastisch, aber Gough bringt die präzise geschriebene, maschinell Geheimdienstoffizierin mit einem verchromten, singulären Charisma rüber, das einem regelrecht Angst einjagt. Ich werde mich an ihre Darbietung lange erinnern.

Herablassender goldener Pomp vor unauffällig beigen Wänden. Wie könnte man sein Zuhause besser einrichten, wollte man dem Imperium nicht als Rebell auffallen? (Quelle: Disney)

Zwei Gaststars hatten diese Woche eben erinnerungswürdige Auftritte. Zum einen überraschte mich Andy Serkis als eine Art Insassen-Vorarbeiter und lieferte wie immer eine markige und körperlich sehr präsente Darbietung ab. Als Gefangener, der das Ende seiner Strafe schon sehen kann, wird er vermutlich alles tun, um es eher früher als später zu erleben. Auf der anderen Seite gab es ein schauspielerisches King Kong gegen Godzilla, als Stellan Skarsgards Luthen auf Forest Whitakers Saw Gerrera trifft. Es ist eine Unterredung zwischen zwei Feinden des Imperiums, wie sich schnell herausstellt. Nicht zwangsläufig eine unter Alliierten. Saw Gerrera zählt all die verschiedenen Aufbegehrenden auf und scheint nicht viel von ihnen zu halten.

Wie auch die ausgedehnten Sequenzen um Dedra Meero, Blevin und Partagaz beim ISB stößt auch die Tore zu diesem Universum wieder viel weiter auf, als es all die anderen Serien und Filme bisher taten. Es ist wundervoll. Davon abgesehen, war es bezeichnend, wie selbst eine Unterhaltung zwischen zwei Figuren, die nominell keine Gegner sind, plötzlich unangenehm intensiv werden kann, wenn einer der Beteiligten Forest Whitaker ist. Der bekommt es hin, mir die Speisekarte meines Lieblingskoreaners so vorzulesen, dass ich mich unter dem Tisch in Embryonalhaltung begebe.

Alles in allem wieder eine tolle Folge einer meiner neuen Lieblingsserien. Die eine Sache, die ich aber indiskutabel und grenzkatastrophal fand: Wieso muss ich jetzt schon wieder sieben Tage warten, bis es weitergeht?


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