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Areal (Stalker): Falsche Screenshots, mehr lausige Updates und viele Versprechen

Es geht immer tiefer ins Kickstarter-Chaos.

Ganz schön unübersichtlich geworden. Das ist die Fortsetzung der Ereignisse, die hiermit ihren Anfang nahmen.

Langsam fällt es schwer, sich als Beobachter der Areal-Kickstarter-Kampagne nicht auf die Seite der Zweifelnden zu schlagen. Es sind mehrere Tage vergangen seit der ersten, eher unglücklich verlaufenen und viele Fragen aufwerfenden Bestandsaufnahme. Ich erhielt weitere Antworten von West-Games-CEO Eugene Kim, doch sie klären kaum etwas. Teile seiner Aussagen bestehen aus Sätzen, die West Games bereits woanders postete.

Zehn Updates sind inzwischen erschienen und immer noch bleibt uns das Studio echtes Material aus dem Spiel schuldig, das angeblich "seit Anfang 2013" in der Entwicklung ist - abgesehen von Konzeptzeichnungen. Wieso?

"Wir haben Konzepte, Screenshots und Modelle gezeigt. Wir werden weiterhin solche Dinge sowie Animationen in künftigen Updates zeigen. Betonen möchte ich, dass wir im Prä-Alpha-Stadium sind", schreibt Kim. Er fährt fort mit einer hier herauskopierten Definition des Begriffes "Prä-Alpha", wie sie Wort für Wort in Update 7 zu lesen war. "Aus irgendeinem Grund denken die Leute, wir hätten bereits die Alpha erreicht, und fordern geschliffenes Spielmaterial".

Folgt man den inzwischen mehr als 2000 Kommentaren auf der Kickstarter-Seite, erkennt man: Vielen würde eine Minute mit Spielszenen reichen. Nach über einer Woche ohne etwas Handfestes entstehen ständig neue berechtigte Zweifel an der Existenz (!) von Areal. Fürs Widerlegen braucht es kein auf Hochglanz poliertes Material. Die Leute möchten nur sehen, wofür sie die Brieftasche zücken sollen. West Games scheint das nicht begreifen zu wollen und verweist stoisch aufs nächste Update. Und auf das danach. Und danach.

Auf die Frage, wieso sie nicht einfach eine halbe Minute Spielgrafik und einige Szenen zusammenzimmern: "Wir zeigen euch, was wir derzeit zeigen können. Da unser Team aus früheren Senior-Mitarbeitern von GSC Game World besteht, hoffen wir, dass man unserem Ruf vertrauen kann".

Bei allem Respekt, aber die Zeiten, in denen Tim Schafer vor der Kamera herumalberte und dafür mit Millionen beworfen wurde, sind vorbei - zumal Tim Schafer... na ja, eben Tim Schafer ist.

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Einige der West-Games-Leute haben bei GSC in nicht unwichtigen Positionen an Stalker mitgewirkt, das ist belegt. So sehr ich die Stalker-Spiele mag und sie - mehr für den Grundgedanken als für die Ausführung... - als wichtigen Meilenstein im Shooter-Genre ansehe: GSC hat sich damit nicht unbedingt den Ruf verdient, ein verlässliches Team mit guter Koordination und Zeitmanagement zu sein.

In gewisser Weise macht die Areal-Kampagne diesem Ruf alle Ehre.

Merkwürdig ist die Verweigerung vor allem, da es in der FAQ heißt, man habe bereits Dinge wie das Inventar, viele Missionen sowie die KI "in Ordnung gebracht". Nun, um das von einer KI behaupten zu können, sollten Umgebungen vorhanden sein. Es müssen Objekte platziert werden, damit Gegner und NPCs sich so verhalten, wie es fürs Spielgeschehen vorgesehen ist. Wie kann man Missionen gestalten ohne eine lauffähige Version? Man darf sich wundern, wieso man dann nichts davon zu sehen bekommt.

Weiter geht es mit der nebenbei eingebrachten Behauptung, das Union-Studio - aus dem später West Games hervorging - habe den Grundstein für Vostok Games' Survarium gelegt. Vostoks Oleg Yavorsky hatte dafür gestern nur eine knappe Verneinung übrig, ohne ins Detail zu gehen.

"Wir begannen mit einem recht ordinären Shooter, der ein MMO werden sollte. Aber wegen kreativer Differenzen kam dieses Projekt bei Union nicht zustande und Vostok Games schnappte sich die Idee", lässt Kim wissen. "Sie nahmen die Arbeit an einem Shooter-MMO auf, das nun als Survarium bekannt ist. Ich gab ihnen die Idee dafür und kann ihnen das nicht übelnehmen."

Vostok Games kommentierte den Sachverhalt bisher nicht weiter.

Dann wäre da ein bestimmter Screenshot, den West Games auf seine Facebook-Seite stellte. Nett, kann man sagen, so könnte das Spiel mal aussehen. Wenn er denn etwas mit Areal zu tun gehabt hätte. Das Bild stammt von einer anderen Engine und aus einem anderen Spiel, wurde "gephotoshopt" und etwas umgearbeitet. Inzwischen ist es gelöscht. In den Kommentaren darauf angesprochen bestreitet man, es in einem der offiziell von West Games betriebenen Kanäle verbreitet zu haben. "Das ist unser Facebook-Account: www.facebook.com/areal.game. Wir betreiben keine weiteren", heißt es.

Die West-Games-Facebook-Seite wurde letztes Jahr in der Ukraine registriert. Falls jemand damit einen Fake im Sinn hatte, war er bemerkenswert vorausschauend... Sie linken von ihrer offiziellen Seite aus sogar dorthin. Wieso abstreiten?

Und da das Internet so verdammt smart ist, geht natürlich nichts verloren, auch wenn man den "Löschen"-Button klickt - hier eine Montage, die den Zusammenhang zwischen den Seiten deutlich macht.

Ach, Stalker, das war noch was damals. Ob es so ein Spiel jemals wieder geben wird?

So dreht sich diese krude Geschichte um sich selbst, schlägt mal hier einen Haken, mal dort. Vonseiten West Games' gibt es wenig Klärung. Zwar ist in den letzten beiden Tagen eine zunehmende Präsenz in der Kickstarter-Diskussion festzustellen, stärker als in der Startwoche zumindest. Aber mehr als "Wir wollen hier positive Kommentare" ist da nicht zu holen.

"Lasst uns zusammenarbeiten, um in Zukunft positiver und konstruktiver sein zu können", sagen sie. Wäre eine nette Motivation, wenn man denn wüsste, wofür. Immerhin wurde ein Reddit-AMA lose für nächste Woche in Aussicht gestellt.

Das gestern erschienen Update 8 sollte außerdem eine Budget-Aufschlüsselung enthalten, eine von vielen Backern geforderte Übersicht, wie sich die 50.000 Dollar am Ende aufteilen. Enthalten war ein Absatz mit der Erklärung, die West-Games-Belegschaft hätte all ihre Ersparnisse auf ein Firmenkonto eingezahlt. Davon könne man die Gehälter abdecken und die Entwicklung bis zu einem gewissen Grad finanzieren. Den Rest sollen die Unterstützer beitragen.

Im heute Nacht erschienenen, wieder einmal wenig aussagenden neunten Update schnitt man das Thema noch einmal an: "Wir sind ein Start-up, haben bereits Fans, und wir selbst sind Fans von dem, was wir tun, also brauchen wir keine großen Gehälter".

Soweit zur ihrer Aufschlüsselung.

Man erinnert noch einmal daran, dass beispielsweise Misery Dev. Ltd. für "Project Seed" nur 15.000 Pfund wollte, unterschlägt jedoch, dass es eine interaktive Novelle ist und zwei Leute daran arbeiten.

So geht das Warten auf neue Updates weiter. Ein wenig amüsiert natürlich, das kann man nicht abstreiten, aber auch fasziniert von all den Umständen und diesen Leuten, denen man auf den ersten Blick keine bösen Absichten zutrauen möchte.

Ich frage Kim, ob er die Kickstarter-Kampagne für sorgsam vorbereitet hält. "Was die Präsentation, den Text und die Grafiken angeht: ja", teilt er mit. "Wir haben allerdings nicht die Welle der Negativität erwartet, die uns seitdem überflutete, und waren definitiv nicht darauf vorbereitet."

Wenn das so weitergeht, wird sie noch viel größer.

Wie gesagt: unterhaltsame drei Wochen.

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Sebastian Thor Avatar

Sebastian Thor

Freier Redakteur - Eurogamer.de

Steht auf Bier und Bloodsport. Mag weiche Sofas und verliert sich gern in Gedanken an dies und das. Seit 2014 bei Eurogamer dabei, aktuell als freier Redakteur.
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