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Comic Jumper

Von Superhelden und bärtigen Männern...

Captain Smiley hat ein Problem - niemand will seinen Comic lesen. Eigentlich auch kein Wunder, erlebt der Superheld mit dem gelben Grinsekopf und dem mies gelaunten Stern auf der Brust doch die generischsten Abenteuer, die sich ein zurecht unterbezahlter Autor nur ausdenken kann.

In letzter Sekunde springen aber die Jungs von Twisted Pixel Games ein und machen dem Captain ein Angebot, das er nicht ablehnen kann: Wenn er sich nach der Absetzung seiner eigenen Reihe zu ein paar Gastauftritten in anderen Genres bereit erklärt und dabei zumindest eine halbwegs gute Figur abgibt, dann klappt es vielleicht mit einem zweiten Karriereschub. Und so kommt es, dass sich Captain Smiley auf einmal durch grobe Sword-&-Sorcery-Comics, kitschig-alberne Silver-Age-Abenteuer und schwarz-weiße Manga-Szenarien prügelt und ballert.

Das tut er wie viele seiner Download-Kollegen im aktuell ziemlich angesagten 2,5D-Stil und bedient sich da spielerisch vor allem bei Japans Elite-Entwickler Treasure. Meist fühlt sich Comic Jumper wie eine Twinstick-Version des furiosen Mega-Drive-Klassikers Gunstar Heroes an: Captain Smiley läuft von links nach rechts (und in der Manga-Welt clevererweise von rechts nach links) durch die Levels und wird permanent von unzähligen Gegnern bestürmt. Es ist laut, hektisch, es kracht und blitzt – Action wie zu 16-Bit-Zeiten, wenn auch zugegebenermaßen nicht ganz so gut spielbar und fair wie der alte Pixel-Klassiker.

Dann schneidet sich das Spiel wieder eine Scheibe von Sin & Punishment ab, lässt euch eine kurze Sequenz als Zielkreuz-Shooter spielen und gelegentlich fliegen auch die Fäuste, dann prügelt ihr euch für ein paar Meter in klassischer Brawler-Manier durch die Levels. Die bieten besonders optisch eine Menge Abwechslung: In der Conan-mäßigen Fantasy-Welt herrschen erdige Farbtöne vor, die Silver-Age-Levels replizieren dafür hervorragend den typischen Look alter Marvel- und DC-Comics – poppige Farben und Figuren mit deutlichen Outlines zeugen von der Detailverliebtheit der Entwickler. Und bei so manchem politisch hochgradig inkorrekten Gag treibt es chronischen Gutmenschen die Schamesröte ins Gesicht.

Comic Jumper - Gameplay-Video

Für uns gilt das natürlich nicht, schon nach kurzer Zeit werden wir von heftigen, lauten Lachanfällen geschüttelt, denn Comic Jumper ist einfach nur irre witzig. Die Wortgefechte zwischen dem Captain und seinem Stern sind herrlich fies und bissig, die Comic-Welten sind hervorragend parodiert, allerdings sind es tatsächlich die gut geschossenen und gnadenlos albernen Realfilm-Szenen mit den Entwicklern, die erst für ungläubiges Staunen und gleich danach für schallendes Gelächter sorgen.

Es ist schließlich die Smartbomb, die dem Wahnsinn die Krone aufsetzt: Wird es auf dem Bildschirm einmal zu voll, dann friert Captain Smiley das Bild kurz ein und jede Menge real abgefilmte Arme und Fäuste verprügeln die Gegner, bis schließlich ein bärtiger Mann auftaucht, wissend nickt und das Bild mit einem ordentlichen Kopfstoß zerschmettert.

So ist es letzten Endes vor allem die Neugier auf die Gags, die Dialoge und die Settings, die euch bei der Stange halten und gerne über gelegentliche Fruststellen oder besonders renitente Gegner hinwegsehen lassen. Comic Jumper ist ein kompetent inszeniertes Jump'n'Shoot, das sich nicht unbedingt durch frische Ideen, dafür aber von irrwitzigen Protagonisten, exzellenten Dialogen und einem herrlich eigenen Sinn für Humor von der Konkurrenz abhebt. Schreckt ihr nicht vor dem fast zwei Gigabyte großen Download zurück, dann solltet ihr doch zumindest die Demo anspielen. Und wer Stammkunde seines örtlichen Comichändlers ist, der kommt um Comic Jumper ohnehin nicht herum.

Comic Jumper ist für 1.200 Microsoft Punkte – ca. 15 Euro – auf dem Xbox Live-Marktplatz erhältlich.

7 / 10

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Comic Jumper

Xbox 360

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Über den Autor
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Thomas Nickel

Autor

Fest in der 16Bit-Ära verwurzelt, lehrt der freie Autor Spielegeschichte an der Frankfurter Games Academy. Wird eher selten vor Ego-Shootern gesichtet.

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