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Dragon Age 2

Ernsthaft?

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Eines muss man Dragon Age 2 lassen: Es will sich durchaus von seinem Vorgänger Origins absetzen. Leider vergisst es dabei ein paar erzählerische Grundregeln und lässt euch für sehr lange Zeit im dramaturgischen Regen stehen. Wenn Origins etwas außergewöhnlich gut hinbekam, dann war es die Einführung der Charaktere und die Bindung des Spielers an diese Figuren.

Jede der Einleitungen erzählte ein wenig über den Hintergrund des eigenen Helden, setzte ihn in seine gewohnte Umwelt und krempelte diese dann um, bevor es auf die große Reise ging. Dragon Age 2, im weiteren DA2, dreht dies komplett um. Und das funktioniert nicht besonders gut. Hat es noch nie getan.

Der Held Hawke – inzwischen dürfte sich herumgesprochen haben, dass ihr in diesem Punkt nicht mehr viel Mitspracherecht habt, aber dazu später noch mehr – flüchtet aus seinem Dorf Lothering zusammen mit seiner Mutter und seinen Geschwistern. Das Dorf wurde bereits von den Darkspawn, der örtlichen Ork-Variante, überrannt, der Vater getötet und die folgende Flucht ist eine seltsam losgelöste Sammlung von Ereignissen, bei denen der Spieler daneben steht statt emotional eingebunden zu werden. Wer sind diese Leute? Was tun sie da? Worüber reden sie? Und vor allem, warum zur Hölle sollte mich das für eine Sekunde interessieren?

Hallo? Hat mal einer 50 Goldstücke?

Das Ganze wird dazu noch in eine Rahmengeschichte eingebunden, die das erste Dutzend Stunden ebenfalls im zusammenhangslosen Raum vor sich hin driftet. Ein Zwerg und eine Kirchenagentin, die vom englischen Akzent her russische Spionin im SM-Outfit sein könnte, debattieren das Schicksal des großen Champions Hawke. Aha. Fein. Zumindest habe ich einen Hinweis, dass mal was aus ihm wird, vielleicht kann ich mich daran gefühlsmäßig ihm gegenüber hochziehen. Viel wird einem ja nicht gereicht, man nimmt, was man kriegen kann.

Dabei wäre es so simpel gewesen. Selbst Conan der Barbar – ein Film, der jetzt nicht für subtile Charakterentwicklung bekannt ist – gönnte dem noch kindlichen Helden ein paar Momente mit Papi auf dem Berg, der ihn drauf vorbereitet, ein seltsamer Typ zu werden. Warum war es also nicht möglich, Hawke und seine Vertrauten in einer dafür geeigneten Umgebung vorzustellen? Man hätte einfach Lothering ein paar Tage vor dem Angriff zeigen müssen. Das Thema wäre natürlich der große Krieg in der Nähe und man hätte den Spieler die Positionen der Figuren innerhalb einer Stunde oder sogar weniger definieren lassen können, ähnlich, wie es Origins tat. Man muss schon zeigen, was der Held verliert, um den Verlust relevant werden zu lassen. So wandert man vage interessiert los und schaut mal was kommt, statt innerhalb kürzester Zeit investiert zu sein. Ein solcher Ansatz hätte auch nicht gegen die Einbindung in die Rahmenhandlung gestanden, wenn man es richtig macht.

Wir haben also einen komplett überhasteten und schwer verstolperten Start, der sich nach einer Stunde voll auf die Fresse packt. Verzeiht meine Ausdrucksweise, aber ich will, dass in diesem Punkt Klarheit besteht. Nach einer Stunde stehe ich mit ein paar Typen, die ich kaum kenne und die mich noch weniger interessieren, vor einer Gold-Sammelquest der absurd dämlichen Art. Nach einem kaum bewusst gemachten Zeitsprung von einem Jahr ist man in der neuen Heimat Kirkwall, weit entfernt von seiner eigentlichen Heimat, aus der man flüchtete, mehr oder weniger eingelebt angekommen. Nur ein wenig Gold fehlt noch, um sich ein neues Leben aufzubauen.

Hawke hört von einem Zwerg, der die Deep Roads nach legendären Schätzen durchstöbern möchte. Ein guter Plan, ist die Plage doch vorbei, der Erzdämon aus Origins bereits besiegt, König oder Königin sitzen in Ferelden auf dem Thron und die Darkspawn haben sich in die tiefsten Tiefen zurückgezogen, zumindest für den Moment. Nur will uns der Expeditionsleiter nicht dabei haben.

Also tritt aus dem Nichts sein Bruder an unsere komplett mittelose, leicht schäbig wirkende, in der Stadt nun nicht gerade hochsituierte Gruppe und will sie als Finanziers und Partner dabei haben. Man muss nur 50 Goldstücke zahlen. 50 Goldstücke! Wie kommt der auf die Idee, dass die hier zu holen wären? In Dragon Age ist das eine Geldsumme, mit der man sich zur Ruhe setzt! Wenn ich 50 Goldstücke hätte, würde ich nicht in die blöden Deep Roads wandern! Bullshit! Aber nein, man lehnt natürlich nicht ab, sondern ist ab Stunde zwei bis zehn gezwungen, alles Gold zusammenzukratzen, was nur geht, weil 50 Goldstücke eben ein veritables Vermögen darstellen.

Um das zu schaffen, nimmt man jede Mission an, die des Weges kommt, was nicht hilfreich dabei ist, den Charakter des Helden für sich zu etablieren. Vielleicht würde ich gerne mal eine rechtlich gesehen schattige Mission auslassen oder Entscheidungen nicht nur mit Blick auf die Belohnung treffen. Geht aber nicht. Oder vielmehr: Geht schon, aber das Spiel verrät euch das nicht. Ich will endlich zu dieser Expedition, die zumindest in dieser Phase des Spiels, welche immerhin ein Drittel des Ganzen ausmacht, den einzigen Hinweis auf eine Marschrichtung darstellt.

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Dragon Age II

PS3, Xbox 360, PC

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Martin Woger Avatar

Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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