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Insanely Twisted Shadow Planet

Stil und Substanz in einer Untertasse

Insanely Twisted Shadow Planet für die Xbox 360 – fortan ITSP, wenn ihr mir die Abkürzung erlaubt – ist in dieser Woche bereits der dritte Indie-Titel, den ich euch im Rahmen eines Hands-On vorstellen darf. Das liegt allerdings nicht allein daran, dass es im Moment nicht allzu viele Doppel-, Triple- oder Quadrupel-A-Titel zu besprechen gibt. Es sind schlicht eine ganze Menge wirklich ausgezeichneter, vollwertiger Download-Titel von kleinen Studios zugleich im Anmarsch auf XBLA und PlayStation Network. Und die können wirklich alles, was die "Großen" sonst so machen.

Soll heißen: Gutaussehende und vor allem herrlich spielbare Unterhaltung liefern, die ganz im Gegensatz zu verpackten Multi-Millionen-Dollar-Produktionen auch noch zu verdammt erschwinglichen Preisen angeboten werden. Titel wie BloodRayne: Betrayal, From Dust und eben ITSP, das hier und heute im Zentrum stehen soll, kosten euch zusammen bedeutend weniger als übliche Blockbuster.

Dass ich diese drei im Geiste überhaupt zu einem solchen Paket zusammenschnüre, liegt wohl daran, dass dieses Trio eine so wunderbar ausgewogene Bandbreite an Spielerlebnissen liefert. Während Chahis Gottspiel atmosphärisch-strategisch unterwegs ist und WayForward den geradlinigen, aber facettenreichen Schlitzer stellt, ist ITSP nun ein originelles und kunstfertiges Adventure mit leichten Metroid-Anleihen geworden.

Alles geht eigentlich ganz schnell. Aus der Ferne beobachtet ein kleines Ufo, wie sich sein Planet auf einmal in eine düstere Schattenwelt verwandelt. Bei der freien, zweidimensionalen Erkundung des beinahe nach einem filigranen Scherenschnitt aussehenden Schattenplaneten deckt ihr in Form der retro-futuristischen Untertasse peu à peu die Weltkarte auf. Die Antwort auf etwaige Sackgassen liefern immer neue Werkzeuge und Gadgets, mithilfe derer ihr weitere Upgrades und selbstverständlich den Weg zur Ursache dieses Übels freilegt.

Anders aber als einige andere Spielen, die sich dieses erprobte Template zunutze machen, gelingt es ITSP, alles andere als formulaisch rüberzukommen. Die Gadgets entschlüsseln die Routen sehr organisch und jedes eurer neuen Spielzeuge ist überzeugend und vor allem unterhaltsam einzusetzen. Etwa, wenn ihr das erste Mal die gewaltige Kreissäge benutzt, die größer ist, als euer im Flug charmant wackelndes Raumschiffchen. Mit diesem Gerät fräst ihr euch zum Beispiel durch loses Geröll.

Zusätzlich verfügt ihr über einen aufrüstbaren Laser, später einen Raketenwerfer, einen beweglichen Energieschild sowie einen putzigen mechanischen Greifarm. Jedwedes Werkzeug ragt an einem filigranen Teleskopstengel aus der Unterseite des Ufos hervor und kann mit dem rechten Stick stufenlos in jede Himmelsrichtung bewegt werden. Wenn ihr etwa mit eurem Greifer größere Steine aus dem Weg schleppt, Schlüsselitems hinter euch her zieht oder verschiedene lichtbündelnde Kristalle justiert, macht die Interaktion mit dieser Welt einfach Spaß. Selbst einige Gegner können gegriffen und geworfen oder in andere Feinde hineingedrückt werden.

Insanely Twisted Shadow Planet - E3-Trailer

Bewundernswert ist, wie der toll steuerbare Titel regelmäßig durch die Einführung einer neuen Gerätschaft dafür sorgt, dass sich euch echte neue Optionen im Umgang mit der Welt und ihren zumeist feindseligen Bewohnern gewähren. Gleichzeitig halten sich Action-, Geschicklichkeits- und Denkanteil angenehm die Waage. Ich bin noch mitten im Spiel, werde mir demnach kein vorschnelles Urteil erlauben, aber schon jetzt gefällt mir extrem gut, wie wenig zugewonnene Upgrades als bloße Türöffner fungieren – und wie sehr schon die Low-Level-Interaktion mit dem Spiel Spaß macht.

Obendrein stimmt auch noch die Optik. Die hohe Bildrate mag bei einem 2D-Titel nicht weiter verwunderlich sein, sorgt aber dafür, dass eure Eingaben noch crisper ansprechen und die apart scrollend und zoomende Umgebung in maximaler Klarheit erstrahlt. Das Art-Design stammt unterdessen von niemand geringerem als dem Kanadier Michel Gagné, der unter Don Bluth an Animationsklassikern wie Feivel der Mauswanderer oder In einem Land vor unserer Zeit arbeitete.

Später trug er noch seinen Teil zum brillanten Der Gigant aus dem All bei und auch für die Effekte von Star Wars: Clone Wars zeichnete er sich verantwortlich. Gagnés Expertise resultiert in einer toll stilisierten 2D-Welt mit recht eigener Atmosphäre und einem Gefühl von Echtheit, das es aufgrund seiner Perspektive eigentlich gar nicht haben dürfte.

Insanely Twisted Shadow Planet liefert am Ende den Beweis, dass noch eine Menge Leben in 2D-Twin-Stick-Konzepten steckt. Die einzelnen Elemente mögen zwar durchaus handelsüblich erscheinen. Eine Vision jedoch und Ideen, wie man sie am besten verwirklichen kann, die gibt es im Spielehersteller-Bedarf bislang noch nicht zu bestellen. Gagné und Fuelcell Games haben sie ganz von selbst mitgebracht. Xbox-User freuen sich auf Anfang August.

Notiz am Rande: Fuelcell Games und Gagné arbeiten bereit seit 2007 zusammen an dem Projekt.

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

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