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ICO & Shadow of the Colossus Collection

Ihr wollt ein Liebeslied?

Hinweis: Braucht ihr Hilfe bei der Bewältigung der beiden Klassiker? Dann schaut in unsere Komplettlösung zur ICO & Shadow of the Colossus Collection.

Der Text war zwar eigentlich schon lange fertig, in einer Woche, die mittlerweile aber unwiderruflich geprägt ist von der Diskussion über den vermeintlichen Niedergang der deutschen Spiele-Journaille, gleicht die Abgabe eines Artikels über dieses Doppelpack Spiel gewordener Poesie ja praktisch einer Klausur im Deutsch-LK. Wer weiß, wer mitliest und so.

Aber keine Panik! Ich kann mit dem Druck umgehen, immerhin standen auch nach meiner Abitur-Arbeit zur "Reflexion über Sprache" im Sommer 1999 sage und schreibe 6 Punkte zu (Studien-)Buche. Ich fuhr also nicht schlecht damit, das zu tun, was ich verbriefterweise am allerbesten kann: Reflektieren. Fiel bei dieser hochauflösenden Reinkarnation der PlayStation-2-Klassiker ICO und Shadow of the Colossus auch eigentlich nicht allzu schwer. Und Waffen, über die zu sprechen wäre, gibt es schließlich auch keine.

Eigentlich war ich fein raus.

Nach einigen Verschiebungen erscheint dieses schon im Titel als Sammlerstück ausgegebene Team-ICO-Komplettwerk endlich Ende September. Erstmals wollen die beiden Abenteuer von Autoren-Spielemacher Fumito Ueda die Augen nicht mehr aufgrund ihrer Flimmerpixel und Diashow-Bildrate bewässern, sondern mithilfe ihres rührenden (ICO) bis todtraurigen (SotC) Vibes.

Dieser trifft einen durch die überaus solide technische Politur durch Bluepoint Games erstmals mit voller Resonanz, von den höchsten Höhen bis in die tiefschwärzesten Tieftonregionen hinunter. Unter reinen Spieldesign-Aspekten fallen beide Spiele theoretisch bequem durch jegliche Bewertungsraster in mittelmäßige Notenregionen hinab, ohne auch nur an irgendeiner Stelle hängen zu bleiben. Es dürfte sich wohl um die bekanntesten Love-it-or-hate-it-Titel seit Beginn der PS2-Ära handeln.

Wir hätten da eine nervöse Kamera, die einen entweder bevormundet (ICO) oder oft genug Oben und Unten, Rechts und das andere Rechts durcheinander wirft (SotC), ein Checkpunkt-System und eine befreundete KI, die man verstehen will, aber nicht kann, sowie viel zu viele, lange und simple Kämpfe (wieder ICO). Im Schatten der Colossi gibt es dagegen eine Welt, mausetot und demnach frei von Interaktionen - auf dem Papier wenig mehr als eine mit gewaltig Leerlauf versehene Arena für 16 Bosskämpfe. Man kann es also niemandem verübeln, wenn er die Spiele als Emo-Quatsch abtut, dem auf spielerischer Ebene immer mehr Substanz flöten geht, je weiter man in ihnen voranschreitet.

Und trotzdem haben sie bis heute weit mehr Existenzberechtigung als die meisten anderen Spiele, die über die Jahre gekommen und wieder aus dem Kollektivbewusstsein verschwunden sind. Es gibt im Grunde nichts Vergleichbares. Es sind Games für Schönspieler und Heulsusen. Für Leute, die den Gedanken, mit einem Mädchen aus Licht, dessen Sprache man nicht begreift, aus einem bösen Schloss wegzulaufen, immer noch romantisch finden. Menschen, denen die Tragik, sich für seine tote Liebe bis an den Rand der Selbstzerstörung - und der potentiellen Zerstörung anderer - zu begeben, immer noch einen kleinen Stich versetzt. Ich bin einer von denen, das gebe ich gerne zu.

Für diese Spiele muss man eine Schwäche für große und kleine gefühlsechte Gesten haben, leidensfähig sein, spielerisch ebenso wie emotional. Auch wenn man oft genug genauso gegen Designverfehlungen kämpft wie gegen die überlebensgroßen Herausforderungen, die einem Team ICO in den Weg stellt: Die Verantwortlichen schaffen es seit ziemlich genau zehn Jahren, Themen wie Freundschaft, Zusammenhalt und bedingungslose Treue in unser liebstes Medium zu übersetzen.

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

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