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Devil May Cry: HD Collection - Test

Geht doch

Bis vor kurzem hielt ich die Tests von HD-Remakes ja eher für Formsache. Mal schauen, welche Soundfehler sich einschlichen, mal gucken, wie das eventuelle 3D aussieht und natürlich, wie die Games generell so alterten. Dann kam Silent Hill HD und zeigte nicht nur, dass die Portierung von Altmaterial mitunter mal unter dem Niveau einer eingeworfenen Xbox-1-Version landen kann, sondern auch eine fragwürdige Auslegung des Wortes "Collection". Die gute Nachricht ist, dass dies kein genereller Trend zu faulerem Gebaren zu sein scheint, denn angesichts der Devil May Cry Collection kann man kurz und bündig sagen: 'Geht doch!'

Erst mal sind alle drei der PS2-Legenden auf der Disc. Der Dritte in der leicht erweiterten Special Edition und der Zweite mit beiden Kampagnen. Alles da. Wenn auch etwas seltsam im Startmenü präsentiert. Ist eines der Spiele ausgewählt, gibt es kein einfaches Zurück mehr in dieses Menü. Die Xbox warnt vor diesem Umstand, die PS3 nicht, warum lässt sich nicht sagen. Ebenso wenig, warum die Auswahl der beiden Storys in Teil 2 an dieser Stelle und nicht jenseits der Warnung aller drei Games vor viel Blut geschieht. Aber das verbucht man schnell als Randkuriosum und gut ist.

Geht nicht gleich in medias res, bleibt noch eine Sekunde im ersten Menü und werft einen Blick in die Sammlung an Videos und Bildern, Artworks und Schnipselchen. Es wirkt alles etwas willkürlich gewählt, aber dafür ist es eine Menge und vor allem eine nette Geste im Rahmen einer "Collection", die sich diesen Namen verdienen möchte.

Der HD-Teil beginnt mit einer Schrecksekunde. Aus Gründen, die nur Capcom kennt, beließ man die Menüs der Spiele - und zwar alle, auch die im Spielablauf selbst - im 4:3-Format. Kein Beinbruch, zeigt sich wenige technisch schlecht gealterte Intro-Videos (ebenfalls in 4:3) später, dass das eigentliche Spiel im Widescreen-Format läuft und den 16:9-TV vollständig ausfüllt. Um noch ein Wort zu den Videos zu verlieren: Es ist die übliche Krux. Man müsste sie halt komplett neu rendern, das tut sich kaum ein Entwickler an und so sieht man halt Dinge, die seinerzeit der Röhren-TV und die PS2 mit ihren niedrigen Auflösungen gnädig verbargen. Längst also keine Augenweide mehr, aber als historisch wertvoller Rückgriff durchaus schönredbar.

In dem Teil, in dem ihr die meiste Zeit zubringen werdet, gibt es dann jedoch praktisch nichts auszusetzen. Ja, einige der Texturen sind ein wenig zu billig hochskaliert und lassen eine Wand oder einen Boden seltsam hervorstechen. Aber im Allgemeinen erfuhren alle drei Spiele eine wirklich anständige Aufarbeitung, laufen durchgehend sehr flüssig und insbesondere bei den Charaktermodellen aller Beteiligten gab man sich angemessen Mühe. Ich würde nicht behaupten, dass man es für ein aktuelles Spiel halten könnte, DMC4 sieht einfach noch in sich schlüssiger und schöner aus. Auch liegen die God-of-War-Remakes oder Shadow of the Colossus noch dieses eine, entscheidende Stückchen drüber, aber das hat auch etwas mit dem Stil der Spiele zu tun. Dort sind eher dezente, dunkle Farben gefragt, während es in DMC auch gerne mal farbenfroher wird. Dadurch poppen die Fehlerchen etwas mehr hervor. Trotzdem, alle drei Spiele, befindet man sich eben im Spiel selbst, wurden mit genügend Liebe nachbearbeitet, sodass sie sich heute als durchaus vorzeigbar bezeichnen zu können.

Devil May Cry: HD Collection - Trailer

Das heißt natürlich nicht, dass damit die Probleme beseitigt wurden, die den Games schon immer anhafteten. Damit meine ich nicht die Storys, von denen eigentlich nur die des Dritten halbwegs etwas taugt, sondern die Kamera. Gerade im Ersten - trotz meiner Ansage zur Story bis heute mein persönlicher Favorit - bringt sie euch in jedem zweiten Raum in die Verlegenheit, auf Monster zu schießen oder zu hacken, die dort stehen, wo ihr sie nicht seht. Drehen lässt sich da nichts und beim Herumwandern, um einen sinnvollen Blickwinkel zu finden, rennt es sich schnell in liebevolle Dämonenarme. Da hilft auch das im Ersten dezent angepasste Steuerungsschema nicht viel. 2001 war das keine so große Sache, freie Kameras bei so technisch anspruchsvollen Spielen waren nicht die Regel. Heute fühlt es sich schlicht falsch an. Unterschätzt es nicht, selbst wenn ihr die Spiele seinerzeit kanntet und spieltet, 10 Jahre Evolution werden euch umerzogen haben. Es dauert ein wenig, sich damit abzufinden. Es geht. Ich konnte nach ein paar Stunden darüber hinwegsehen, aber es bleibt eine unschöne Erinnerung an eine Zeit, als dieses Element nicht nur geschickt wie in den alten Resident Evils genutzt wurde, sondern manchmal auch einfach nur eine technische Limitation war.

DMC2 und 3 halten sich in diesem Punkt etwas besser und man sieht vor allem dem Dritten an, dass er ein Produkt der endenden PS2-Ära war. Ein schönes und schön designtes Spiel, das euch in einem gewissen Rahmen sogar die Kamera etwas schwenken lässt. Der zweite Teil dagegen hatte ganz andere Probleme. Zwei Kampagnen, die sich nicht so groß unterschieden, eine dünne Handlung, die nur vage nachvollziehbar blieb - zumindest ohne Foren-Fan-Fiction zu konsultieren - und viele ein wenig zu große, leere und pseudo-offene Areale ohne den Goth-Appeal des Ersten. Eigentlich nur zu breit geratene Korridore.

Letztlich jedoch sind die Kämpfe das Herzstück aller drei Spiele. Kennt ihr die Games nicht, reicht als erste Kurzerklärung, dass ihr durch ein relativ simpel angelegtes Labyrinth aus Räumen manövriert und Dämonen schlachtet. Und wie ihr sie schlachten werdet. Dante als König des Emo-Haars verströmt nicht nur Lässigkeit in allen Bewegungen, es sind die geschickten, schnellen Wechsel aus Nahkampf mit eigentlich viel zu großen Schwertern und anderen scharfkantigen Waffen und Schussgeräten aller Art. Ein paar entschiedene Schwerthiebe mit einem Schuss aus der Shotgun abzuschließen und die dämonische Entität durch den halben Raum segeln zu sehen, hat in den Jahren kaum Spieler-Befriedigungs-Potential eingebüßt und zusammen mit den Kombos und schnellen Bewegungen entstehen fast schon kleine Kampfchoreografien. Wenn es mal gut läuft. Wenn es schlecht läuft, war meistens die Kamera schuld.

Devil May Cry: HD Collection - Launch-Trailer

Der schiere Umfang an Metzeleien, den ihr hier im Dreierpack bekommt, ist auch locker sein Geld wert. Dies sind drei sehr umfangreiche und vor allem auch keineswegs einfache Spiele. Im Gegenteil, gerade den Ersten empfand ich immer noch als ganz schön Old-School, was das angeht. Ihr müsst euch schon verbeißen, um noch mal durchzukommen und noch mehr, wenn ihr zum ersten Mal mit Dante auf Tour geht.

Eine letzte Sache, die bis heute zumindest für mich funktioniert, ist Dante und der restliche Cast an so dermaßen herrlich überzeichnetem Cool, dass es mir ein wenig Angst macht, wenn manchmal Leute in Foren erzählen, wie ernst sie das alles nehmen. Der Auftakt zu Teil Drei alleine, eine Kneipenschlägerei zwischen dem weißhaarigen Epitom der Emo-Parodien und zwei Dutzend Dämonen gehört zu den wundervollen Momenten, in denen man daran erinnert wird, dass in Videospielen jeder Blödsinn möglich ist. Nahm sich der erste Teil noch in begrenztem Rahmen für voll, zeichnet man hier über drei Spiele schön nach, wieso der Vierte dann in diesem Punkt in die Belanglosigkeit abglitt. Den Dritten zu toppen, war halt schwierig. Wenn überhaupt möglich.

Ob es die drei Devil May Crys für euch heute noch bringen, ist eine sehr individuelle Frage. Dank des weitestgehend gelungenen HD-Ports ist es glücklicherweise eine, die sich um die eigentlichen Spiele dreht. Dass sie damals wichtig und einflussreich waren, ist heute nicht mehr viel wert und es wird mehr als genug Leute geben, die keine Lust haben werden, sich mit der stellenweise unmenschlichen Kameraführung anzufreunden. Arrangiert man sich jedoch damit - und mir gelang das zu meiner eigenen Überraschung sehr gut -, dann wartet hier eine umfangreiche Mischung aus genialen Kämpfen, stimmigen Umgebungen, hammerharten Bosskämpfen und einer gesunden Dosis lustvoll überzeichneten Wahnsinns. Meinen Segen haben sie damit bis heute, aber gleichzeitig gebe ich euch diese Warnung mit auf den Weg: Modernes Action-Kino-Gaming sieht halt anders aus. Mitunter erstaunlicherweise viel langweiliger, aber dafür geschickter ins Bild gerückt. Ich denke, ich wähle für heute Abend noch einmal die alte Variante.

8 / 10

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