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Steel Battalion: Heavy Armor - Vorschau

Wie man durch lockere Handbewegungen mehr als nur räumliche Tiefe erzielen kann.

Nach knapp zwei Stunden mit Steel Battalion: Heavy Armor kann ich mich immer noch nicht entscheiden, ob Kinect bloß ein kostengünstiger Ersatz für den monströsen Controller oder sogar die bessere Steuervariante darstellt. Im Vorfeld wagte ich es gar nicht erst, mir diese Frage zu stellen und trauerte bei der Anfahrt zum Event in Hamburg schon der schweren Steuerungseinheit hinterher. Wie soll die Eingabe durch simple Handbewegungen auch den präzisen Druck von über 40 Tasten ersetzen? Tut es nicht. Heavy Armor wagt erst gar keinen Versuch, Kinect auf das alte Layout zu übertragen, sondern passt die neue Spielweise genau an das Gerät an.

Zusammen mit drei Kollegen, die vornehmlich mit dem Beladen eurer Kanonen beschäftigt sind, steuert ihr den Vertical Tank. Vor euch erkennt ihr um das kleine Sichtfenster herum eine Reihe an Hebeln, die hell aufleuchten, sobald ihr die Hand über sie bewegt. Durch einen kurzen Ruck betätigt ihr dann beispielsweise den Rauch-Abzug, startet den Motor oder erhöht die Laufgeschwindigkeit. Benutzt ihr beide Hände an der Steuerungseinheit vor eurem Bauch, zoomt das winzige Blickfeld an euch heran und ihr könnt den Schauplatz genauer betrachten.

Nun verlagert sich das Geschehen auf das Pad und ihr übernehmt direkt die Steuerung ohne den Einsatz von Fuchteleien. Bewegt euch mit den Sticks und feuert Raketen sowie das Maschinengewehr mit den Schultertasten. Mehr Funktionen übernehmen die Knöpfe nicht.

Somit gestalten sich auch die Kämpfe ein wenig anders. Ihr besitzt keine Ausweich-Funktion, mit der ihr Missile-Attacken blitzschnell aus dem Weg geht. Stattdessen bestehen gute Strategien in der richtigen Positionierung eurer Maschine, damit ihr Feinde frühzeitig erledigt, noch bevor sie euch sehen. In einigen Situation erweist sich der frontale Kamikaze-Angriff als beste Variante. Nur wer alle verfügbaren Optionen ausprobiert, findet schließlich die für ihn erfolgreichste Vorgehensweise.

Steel Battalion - Gameplay-Trailer

Im Anschluss an ein kurzes Tutorial geht es direkt in die erste Mission, bei der ihr eine Festung am Strand stürmt. Kein Problem, habe ich doch Augenblicke zuvor alle Ziele mit Bravour getroffen. Langsam setze ich die Maschine in Bewegung und wage die ersten Schritte nach vorne, erkenne eine rote Zielmarkierung und visiere an. Volltreffer! Nur leider nicht beim Feind. Statt einer glorreichen Explosion, färbt sich die Welt vor meinen Augen rot, während Rauch das Innere des Mechs füllt. Also schnell die Lüftung aktivieren. Mist, die Sichtscheibe ist gesplittert, die dicken Risse verwehren mir den sauberen Ausblick. Einen weiteren Treffer später erledigt sich das Problem, da die Scheibe nicht mehr existiert. Panisch strecke ich den rechten Arme nach vorne, um die Klappe zu schließen und sprinte wie ein Huhn, dem gerade der Kopf entfernt wurde, gedankenlos umher. Augenblicke später begrüßt mich der Ladebildschirm nach einem plötzlichen Game Over. Der gesamte Vorgang dauerte keine 60 Sekunden.

Immerhin handelt es sich hierbei um ein Spiel von From Software und der fast schon unmenschliche Schwierigkeitsgrad des Vorgängers zwingt auch in Heavy Armor zum häufigen Neustart. Natürlich komplett ohne Checkpoints. Der Wechsel zu Kinect mag zwar die komplexe Steuerung ein wenig gedämpft haben, die Freude, den Spieler unter steigenden Anforderungen verzweifeln zu lassen, haben sich die Entwickler jedoch bewahrt.

Und genau wie im ersten Steel Battalion heißt es in solchen Momenten: Ruhe bewahren. Selbst in kritischen Momenten, in denen ein Teammitglied verletzt nicht so schnell nachladen kann oder eure Sicht vermindert ist, müsst ihr tief durchatmen und eure Arme präzise einsetzen. Ein Großteil der Spielerschaft wird diese Eigenschaft hassen und bereits in den ersten beiden Mission wutentbrannt das Handtuch werfen. Gehört ihr dagegen zu meiner Fraktion, zieht euch dieser Druck noch mehr in das Szenario hinein und lässt die Grenze zwischen Spiel und Realität langsam schwinden. In solch kritischen Momenten seid ihr mental nicht mehr vor dem Fernseher, sondern direkt in der Maschine. Ganz ohne Knöpfe.

Bis ihr diesen Zen-Zustand erreicht, bedarf es einer längeren Eingewöhnungszeit. Ihr müsst ein Gefühl für die genauen Positionen entwickeln, an die eure Hände wandern sollen, damit ihr alle Hebel richtig greift. Besonders in der ersten Mission zieht ihr statt des Teleskops schnell die Sichtklappe nach unten oder gelangt nicht auf Anhieb in die Fahrer-Ansicht. Dass euch die Feinde dabei ständig von allen Seiten befeuern und drei schwere Treffer schon das Aus bedeuten, verhilft dem Titel nicht gerade zu einem seichten Einstieg.

Abseits von Steuerung und Schwierigkeitsgrad stechen ganz besonders die Interaktionen mit eurem Team hervor, die im Spielverlauf sogar das Zeitliche segnen, falls ihr zu viel Schaden im Gefecht kassiert. Bereits in der zweiten Mission zeigen sich die Auswirkungen. Überstehen alle Beteiligten den vorigen Auftrag, bietet euch der bekannte Kollege ein Stück Kaugummi an. Alternativ interagiert ihr in der Sequenz mit einer Frau, die den kürzlich verstorbenen Kameraden ersetzt. Da ihr ständig mit eurem Team kommuniziert - damit meine ich hauptsächlich den Austausch des F-Wortes - und jeder seine eigene Persönlichkeit besitzt, dürfte der Verlust einer Person in späteren Missionen sicherlich schmerzen. Ob sich der Tod auf die Stärke eurer Truppe auswirkt, ließ sich anhand der ersten vier Missionen nicht feststellen.

Steel Battalion: Heavy Armor - Trailer

Diese variieren bereits stark in ihrem Aufbau. Erfordert der Angriff auf die Strandfestung nur rohe Gewalt und aggressives Vorgehen, erkundet ihr danach die von Minen verseuchten Straßen einer Großstadt und befreit Hausdächer von großen Radarsendern. Jedes Mal erhaltet ihr nur eine grobe Vorgabe und müsst euch ohne Hilfe durch die Kriegszonen kämpfen. Eure Kameraden rufen zwischenzeitlich nützliche Hinweise, viele Situation verlangen dennoch wiederholtes Spielen, bis ihr den richtigen Weg oder die perfekte Strategie gefunden habt.

Dafür bestraft euch Heavy Armor nicht mit der unliebsamen Abweisung seines Vorgängers. Ihr könnt euren Mech nicht im Kampf verlieren, müsst keinen Schleudersitz aktiveren oder ein Ersatzfahrzeug kaufen. Versemmelt ihr den Einsatz, startet ihr ohne Strafe zurück am Anfang. Nur bei einem From-Software-Titel kann man da von Milderung reden.

Ich nehme es wirklich niemandem übel, wenn er bei dem Gedanken, Steel Battalion mit Kinect zu spielen, fragwürdig die Braue anzieht und sich mental auf den Absturz der Serie vorbereitet. Doch ganz besonders Fans möchte ich klarmachen, dass ihr mit einer offenen Meinung auf diesen Titel zugehen und ihn buchstäblich mit offenen Armen empfangen solltet. Ja, das Spielprinzip hat sich ein wenig verändert, bietet dafür aber ein ganz anderes Erlebnis, das euch auf eine völlig neue Weise in den Mech versetzt. Die Steuerung funktioniert nach der etwas längeren Eingewöhnungszeit tadellos und die Handbewegungen brennen sich genauso in euer Unterbewusstsein ein, wie es zuvor die Positionen der über 40 Tasten getan haben.

Dennoch bleibt das endgültige Urteil bis zur fertigen Version schwer abzusehen. Faktoren wie die Entfaltung der Beziehungen zu euren Kameraden, das restliche Missionsdesign und der Wiederspielwert auf höheren Schwierigkeitsgraden können bei enttäuschender Umsetzung fatal wirken. Zudem konnte ich bisher noch keinen Blick auf den Multiplayer-Modus werfen, bei dem ihr mit drei Kollegen einen Trupp bildet und gemeinsam über Karten streunt.

Dennoch bewies meine Erfahrung bereits, dass ihr keinen 200-Euro-Controller mit mehr Tasten als ein Taschenrechner benötigt, um euch wie ein Mech-Pilot zu fühlen.

Steel Battalion soll am 22. Juni in Europa exklusiv für Xbox 360 erscheinen und lässt sich ohne Kinect nicht steuern.

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