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Brian Fargo - Von Wasteland zu Wasteland 2

Wie man Legenden mit Hilfe der Community aufrechterhalten kann.

Brian Fargo mag postapokalyptische Rollenspiele. Ist auch nicht weiter verwunderlich, schließlich ebnete man damals mit Wasteland den Weg für Fallout. Und Wasteland ist dank Kickstarter nun auch wieder in aller Munde, denn gemeinsam mit anderen Veteranen aus dem Team des Vorgängers werkelt Fargo derzeit mit inXile an der Fortsetzung, die voraussichtlich im Oktober 2013 erscheinen soll.

Und dieses Genre will er danach ganz sicher nicht aufgeben, wie er im Interview mit Eurogamer.de erklärt: "Ich will definitiv nicht aufhören, postapokalyptische RPGs zu machen, aber ich hoffe auch, ein weiteres Projekt starten zu können, bevor Wasteland 2 fertig ist", so Fargo. "Ich möchte gerne etwas Zeit haben, um Kommentare von Spielern zu bekommen und auch den Autoren etwas Zeit geben, die sie brauchen, bevor wir mit einem weiteren Projekt anfangen. Es kann für ein großartiges Franchise gefährlich sein, wenn man mit dem nächsten Teil zu früh anfängt."

Dabei ist es sicherlich auch Titeln wie dem Double Fine Adventure oder eben Wasteland 2 zu verdanken, dass Kickstarter derzeit einen echten Boom erlebt. Schon früh war Fargo klar, dass das nach dem Erfolg von Double Fines Kickstarter-Kampagne "keine einmalige Sache" sein würde.

"Es war unglaublich mitanzusehen, wie Tim auf diese bedeutsame Art und Weise mit seinen Fans sprach und ich wusste, dass andere diesem Beispiel schnell folgen oder neue Partnerschaften eingehen würden. Sobald man im digitalen Zeitalter einmal dieses Momentum hat, geht es sehr schnell. Daher war die Zahl der Projekte, die danach aufblühten, für mich keine Überraschung. Was mich jedoch erstaunt hat, war, wie viele davon erfolgreich finanziert wurden und wie begeistert die Leute von diesen Veränderungen waren."

Brian Fargo

Bis die ersten dieser doch namhaften Kickstarter-Projekte erscheinen, wird es noch ein Weilchen dauern. Für Fargo hat das keinen Einfluss auf die Menge an Geld, die in kommende Projekte investiert wird. In diesem Jahr waren es zum Beispiel bislang rund 50 Millionen Dollar, wie Kickstarter jüngst verriet. Eine eindrucksvolle Summe, wenn man auch vorherige Jahre in Betracht zieht. 2011 flossen in den Spiele-Bereich von Kickstarter immerhin bereits 3.615.841 Dollar, in den beiden Jahren zuvor waren es 519.885 Dollar beziehungsweise 48.190 Dollar.

"Obwohl die großen Projekte noch nicht erschienen sind, scheint das Ganze nicht an Schwung zu verlieren. Ich beobachte, wie ein Spiel nach dem anderen finanziert wird und weitere tolle werden bald folgen. Das ist auch ein interessantes Phänomen, das ich an mir selbst beobachtet habe. Ich habe Spiele finanziert, die ich andernfalls vielleicht nicht gekauft hätte. Die Leidenschaft dieser Teams zu sehen, hat mich dazu angespornt, in ihre Träume zu investieren. Und ich denke, ich bin nicht der Einzige, der so denkt."

Fargo selbst hat auch das Projekt "Kicking it Forward" ins Leben gerufen, mit dem man fünf Prozent der Profite wieder in andere Kickstarter-Projekte stecken. Investiert hat er bereits in einige, unter anderem auch in Ouya: "Das meiste Geld habe ich als Unterstützter in Ouya investiert. Einfach für das, was es repräsentiert und aufgrund der Möglichkeit, dass es den derzeitigen Markt der geschlossenen Systeme öffnet."

"Ja, es gibt Risiken, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Bei mir fing das alles mit einem Apple II an und es war immer fantastisch mitanzusehen, was die Leute mit einem offenen System anstellen", fügt er hinzu.

1988 - Wasteland

Besonders namhafte Projekte bekommen auf Kickstarter natürlich viel Aufmerksamkeit und mit Marken wie Wasteland, Leisure Suit Larry, Shadowrun, Carmageddon oder Baphomets Fluch befinden sich darunter viele bekannte Marken, die zum Teil schon vor längerer Zeit vom Markt verschwanden. Für Fargo spielt es aber keine entscheidende Rolle, ob ein Projekt nun auf einer bekannten Marke basiert oder nicht.

"Anfangs wurde ich oft gefragt, ob Kickstarter nur mit bekannten Marken funktionieren würde. Aber diese Frage hat sich mittlerweile wohl selbst beantwortet", so Fargo. "In der Welt der Publisher wird viel über die 'Produktstrategie' gesprochen, aber bei Kickstarter- und Indie-Games geht es einzig und alleine ums Gameplay. Die Spiele kommen zuerst ... dann das Geschäftsmodell. Die Spieler werden es auch weiterhin kaufen, wenn es ihnen gefällt, was sie da zu hören bekommen - ob das nun eine neue oder eine bekannte Marke ist."

Durch einen möglichst transparenten Entwicklungsprozess hofft man dabei, die Erwartungen der Spieler unter Kontrolle halten zu können, damit sie am Ende nicht einfach zu viel erwarten und enttäuscht sind.

"Die Erwartungen zu kontrollieren, ist in der Unterhaltungsindustrie immer eine riskante Sache, unabhängig davon, wie ein Spiel finanziert wird. Was uns betrifft, haben wir einen sehr transparenten Entwicklungsprozess, also hoffe ich, dass dadurch das Risiko minimiert wird. Wir kontrollieren die gesamte Philosophie des Spiels, die Screenshots, Kameraperspektiven, das Interface, die Musik und alles andere sehr genau", erklärt er.

"Und wir haben eine Beta-Test-Periode. Wenn die Mehrheit ein gutes Gefühl im Hinblick auf all diese Elemente hat, sollte die Gefahr für eine Enttäuschung gering sein. Trotz des großen Drucks, unter dem wir hier stehen, bin ich deutlich zuversichtlicher als in der Vergangenheit, als wir uns lediglich auf unsere Instinkte verließen."

Fargos Ziel ist außerdem der Aufbau eines "eigenständigen Unternehmens ist, das wieder Rollenspiele produzieren kann." Was aber im Umkehrschluss nicht bedeute, dass man nie wieder mit Publishern zusammenarbeiten wolle. In bestimmten Situationen könnte es auch zwingend notwendig sein.

1994 - The Lord of the Rings - Volume 1

"Ich liebe jeden einzelnen Teil dieses Prozesses und ich hoffe, dass ich das noch für viele weitere Jahre tun kann. Nahezu jeder Entwickler will die kreative und finanzielle Kontrolle über sein Unternehmen haben, wie das etwa bei Valve der Fall ist. Dennoch wird es auch Zeiten geben, in denen wir vielleicht wieder mit einem Publisher arbeiten, aber das würde sich davon unterscheiden, von ihnen finanziert zu werden und für sie zu arbeiten. Wenn wir vielleicht irgendwann beispielsweise die Xbox unterstützen wollen, bliebe uns keine andere Wahl, als die Vertriebswege eines Publishers zu nutzen, um Zugang dazu zu erhalten."

Ob Kickstarter bei Publishern zu einem Umdenken führt und diese wieder mehr in kleinere Projekte finanzieren lässt? Fargo zufolge bedeute ein Erfolg für einen kleineren Entwickler jedenfalls nicht automatisch, dass auch ein größerer Publisher das als Erfolg betrachten würde: "Es ist schwierig zu sagen, was sich bei ihren Produktstrategien verändern könnte, aber sie haben sehr hohe Geschäftskosten und brauchen große Hits. Ein Erfolg für einen kleineren Entwickler würde bei einen größeren Publisher oftmals als Fehlschlag betrachtet. Das reale Problem wird sein, ob kleinere, fähige Entwicklerteams ihre Spiele zu einem Publisher bringen, anstatt sie über Seiten wie Kickstarter oder Indiegogo zu finanzieren."

Seit der Veröffentlichung des ersten Wasteland sind mittlerweile ganze 24 Jahre vergangen. In der Zeit hat sich auf dem Spielemarkt natürlich so einiges getan und dementsprechend wird auch bei Wasteland 2 vieles moderner, auch abseits der Grafik. Aber was ist eigentlich der größte Unterschied?

"Offensichtlich hat sich die Grafik seit dem Original deutlich weiterentwickelt. Wir hatten keine Musik oder echte Effekte, also wird die Spielwelt deutlich einnehmender sein. Wir sind in der Lage, eine Stimmung zu erzeugen, die so zuvor nicht möglich war. Außerdem unterscheiden sich Umfang und Ausmaß sehr. Die Spieler verlangen nach einem deutlich dichteren Spielerlebnis und aufgrund des zur Verfügung stehenden Speichers gibt es deutlich mehr Texte zu schreiben", erklärt er.

"Technisch gesehen war das zuvor nicht möglich. Wir haben Elemente aus dem ersten Spiel genommen, die wir mochten, etwa den Fernkampf, die Skill-Systeme, die Weltkarte, die düsteren Texte und moralischen Dilemmas, und steckten eine völlig neue Hülle obendrauf. Wir konzentrierten uns auf die Elemente, die unterhaltsam und zeitlos sind."

1997 - Fallout

Wasteland 2 wird laut Fargo wesentlich taktischer werden als sein Vorgänger, da sich nun alle Charaktere einzeln über die Karte bewegen. Überhaupt unterscheide sich der Kampf im Vergleich zum Vorgänger am meisten: "Im Original steuerte man eine Gruppe, die weitestgehend dicht beieinanderblieb. Der Spieler konnte die Gruppe aufteilen, aber sie bewegten sich als einzelne Einheit durch das Spiel."

"Wasteland 2 ist wesentlich taktischer, da sie sich alle als Individuen über die Karten bewegen (die Weltkarte ist wieder etwas völlig Anderes). Mit den Kämpfen wird man am meisten Zeit verbringen, also gestaltet man sie am besten so, dass man wirklich nachdenken muss, aber andererseits auch ein zufriedenstellendes Feedback bekommt. In Wasteland 1 gab es keine Deckung, Höhenvorteile oder Formationen, die man berücksichtigen musste."

Fargos Ziel besteht hier außerdem darin, sowohl die Veteranen als auch die Neueinsteiger zu befriedigen. Gespielt haben muss man das Original daher nicht zwingend, um Wasteland 2 zu verstehen oder seinen Spaß damit zu haben.

"Es gibt zwei sehr wichtige Aspekte bei der Fortsetzung. Einerseits wollen wir sicherstellen, dass man kein Wissen aus dem Vorgänger braucht. Und andererseits sollen die Spieler von Wasteland 1 das Gefühl bekommen, als würden sie an einen nostalgischen Ort zurückkehren. Die Story in Wasteland 2 beginnt gerade mal 15 Jahre nach dem Ende des ersten Teils, was bedeutet, dass die Charaktere noch immer leben oder man sich an sie erinnert", so Fargo.

"Ihr werdet einige vertraute Orte besuchen und sehen, was über die Jahre hinweg passiert ist. Und ihr werdet überrascht sein, dass sich die Leute vielleicht sogar noch an einige Passwörter aus dem Vorgänger erinnern. Einige Anspielungen auf den ersten Teil sind für die alten Fans unterhaltsam und für die neuen Spieler praktisch unsichtbar."

Besonders freut er sich darüber, dass er für Wasteland 2 viele der ursprünglichen Entwickler wieder zusammentrommeln konnte, etwa Ken St. Andre, Liz Danforth, Michael A. Stackpole oder Jason Anderson: "Es ist immer toll, mit alten Freunden arbeiten zu können und ich bin stolz, dass ich über diese vielen Jahre hinweg weiterhin gute Beziehungen zu ihnen hatte. Sie haben wirklich die Absicht, aus Wasteland 2 etwas Besonderes zu machen und wollen beweisen, wie gut es werden kann."

2004 - The Bards Tale

Dabei können sie verständlicherweise auch deutlich von den modernen Technologien profitieren und mehr aus ihnen herausholen, als es damals überhaupt möglich war. Die Designer sollen "ihrer Kreativität wesentlich mehr freien Lauf lassen können als beim Original. Man darf nicht vergessen, dass wir Texte aus dem Paragraph Book aufgrund des limitierten Diskettenspeichers entfernen mussten. Und die Texte waren eines der stärksten Elemente im ersten Spiel."

Im direkten Konkurrenzkampf mit dem heutigen Fallout sieht Fargo sich dabei nicht unbedingt. Vielmehr würden das alle aktuellen Rollenspiele sowieso tun. Er konzentriere sich eher darauf, was er "mit diesem Spiel erreichen möchte und auf die Qualität, die es haben soll."

"Natürlich konkurrieren alle RPGs untereinander und Fallout hat die Messlatte im Hinblick auf Stimmung und Texte hochgelegt. Daher bin ich mir voll bewusst, dass ich mich auf Basis dessen, was zuvor getan wurde, verbessern muss. Ich bin ziemlich sicher, dass jeder, der mit der Fallout-Reihe Spaß hatte, das mögen wird, was wir mit Wasteland 2 tun. Wir wollen hinsichtlich der bedeutsamen Ursachen und ihrer Auswirkungen bis an die Grenzen gehen und auch der moralische Aspekt ist nie eindeutig. Es gibt so viele Entscheidungen, die das Gameplay beeinflussen, wodurch es nahezu unmöglich ist, dass zwei Leute in einem Durchgang das exakt Gleiche erleben."

Die Unterstützer des Projekts haben natürlich auch ein wenig Einfluss auf das Ganze. Laut Fargo fragte man sie zum Beispiel, welche Elemente für sie wichtig sind und welche sie entsprechend priorisieren sollten. "Die große Mehrheit stimmte dafür, dass wir nicht zu viel in den Audio-Bereich investieren. Sie wollten vielmehr ein umfangreicheres und tiefgründigeres Spiel, also haben wir exakt das getan", erklärt er.

Wasteland 2

"Die Unterstützer waren schon kritisch in ihren Kommentaren und Beiträgen, bevor wir überhaupt mit Kickstarter anfingen. Wir haben eng mit ihnen zusammengearbeitet, um sicherzustellen, dass die einzelnen Stufen [der Finanzierung] einen echten Gegenwert boten und fair waren. Und das war auf jeden Fall ein Erfolg. Wir lesen immer die Foren, um uns daran zu erinnern, was wichtig ist. Und das werden wir auch weiterhin tun."

Wasteland 2 ist jedenfalls nur ein klassisches Franchise, das derzeit über Kickstarter wiederbelebt wird. Aber welchen anderen Klassiker würde Fargo denn gerne zurückbringen, wenn er könnte? "Oh, es gibt da ein paar sehr spezielle Franchises, die ich unbedingt gerne angehen würde, aber ich würde es nicht wagen, jetzt schon darüber zu sprechen."

"Außerdem bin mag ich die klassischen Top-Down-Mittelalter-RPGs wie Ultima oder das wenig bekannte Faery Tale Adventure sehr gerne. Sie gaben einem immer ein tolles Gefühl für die Erforschung und die Zeit, die man darin steckte, wurde belohnt. Es gab viele JRPGs, die dieses Genre abdeckten, aber es ist immer noch ein unterhaltsames, mit dem man experimentieren kann", fügt er hinzu.

Überrascht war indes nicht nur Fargo, als Interplay vor kurzem die Rückkehr der Black Isle Studios verkündete. Seine Meinung dazu: "Wie viele Leute war ich verwirrt, weil die meisten Leute, die Black Isle ausgemacht haben, weg sind und die Rechte an all diesen Titeln verloren gingen. Bringen sie die Leute wieder zusammen oder wollen sie einfach nur die Marke zurückbringen?"

Eine berechtigte Frage.

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Benjamin Jakobs

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Benjamin Jakobs ist Leitender Redakteur, seit 2006 bei Eurogamer.de und schreibt News, Reviews, Meinungen, Artikel und Tipps.
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