Skip to main content
Wenn du auf einen Link klickst und etwas kaufst, können wir eine kleine Provision erhalten. Zu unseren Richtlinien.

Mechanische Keyboards: Matias TactilePro 3 – Test

Wenn der Sound des Tippens gar nicht genug Klick drin haben kann.

Hier ist mal was anderes: ein mechanisches Keyboard für Macs. Allerdings eins, das auch auf Windows-Rechner ohne Abstriche funktioniert. Ok, mit einem kleinen Treiber, aber welches Gerät braucht den heutzutage nicht. Dumm nur, dass man diesen hier selbst noch in den Autostart einfügen muss. Nichts ist so erfrischend wie ein gutes Provisorium. Außerdem gerift das Keyboard in seiner Historie ja auch weit zurück, da kann man man froh sein, dass der Treiber nicht in die autoexec.bat musste.

Das Matias TactilePro 3 (FK302) - mit etwa 130 Euro im üblich hohen Rahmen der mechanischen High-End-Tastaturen - sieht sich in der mehr oder weniger direkten Nachfolge des praktisch legendären Apple Extended Keyboard I und II aus den frühen 90ern. Mehr oder weniger, weil das Tactile ein doch etwas anderes Design mitbringt. Legendär deshalb, weil zu der Zeit kein normaler Mensch außerhalb eines elitären Zirkels von Grafik-Designern, CD-ROM-Pionieren und reichen Menschen mit mehr Geld als Verstand einen Apple benutzte. Aber wer es doch tat, kam in den Genuss eines großartigen Keyboards, eben den besagten Extendeds. Großartig deshalb, weil sie mechanische Alps Electric Switches nutzten, die den nicht minder legendären Cherry-Switches nicht nachstehen und von manchen sogar als besser bezeichnet werden. Ob das stimmt oder nicht, ist eine Frage des bevorzugten Anschlaggefühls.

Die Beschriftung zeigt jedes Sonderzeichen, das ein Mac mit den Tastenkombinationen zu bieten hat.

Vor allem aber machen die Alps wunderbar Krach, und damit schnell zu tippen klingt, als würdet ihr in den 80ern auf einem Atom-U-Boot ein Telegramm absetzen, in dem ihr hektisch fragt, ob die Welt jetzt schon untergehen soll, oder ob noch gewartet werden muss. Es klingt alles automatisch wichtig, sogar der Satz, den ich gerade tippe. Der Sound ist ein klarer Fall von lieben oder hassen und das gilt auch für eure Umwelt. Ich stelle mir gerade ein Großraumbüro voller Macs in den frühen 90ern vor, wo alle Leute schnell wichtige Dinge tippen. Die Zahl der Telefonate dürfte auf ein absolutes Minimum zurückgegangen sein. Erstens, weil alle taub waren und das Klingeln nicht hörten und zweitens, falls doch mal jemand den Hörer abnahm, er kaum sein eigenes Wort, geschweige das des Gesprächspartners verstand. Mit anderen Worten: Der Sound der Extendeds war wundervoll und das Tactile 3 reproduziert ihn hin bis zum leichten metallischen Nachklang jedes einzelnen Tastenanschlags.

Ich gebe zu, das ist wirklich eine Frage des Geschmacks und der Umstände. Ganz ehrlich, das Tactile 3 und seine Alps Switches - japanische Firma - liegen mir persönlich fast noch mehr als die blauen, klickenden Cherry MX. Der Anschlag-Widerstand liegt zwischen den blauen und schwarzen MX und damit für mein Tipp-Gefühl perfekt. Während es bei den blauen MX genügt, kräftig genug zu pusten, um sie auszulösen, müssen die Alps schon etwas beherzter gedrückt werden. Die Finger können leicht darauf ruhen, aber trotzdem ist der Weg dann sehr kurz. Schon nach dem ersten Drittel des Anschlages erfolgt das Klicken, das den Kontakt signalisiert, der Rest ist dann nur noch der Weg zum Boden, den extrem schnelle Tipper nach einer Weile gar nicht mehr gehen. Ich habe leider nicht mit letzter herstellerseitig bestätigter Sicherheit herausfinden können, welche Switches im Matias stecken, aber es scheint sich um die Weißen zu handeln (nimmt man die Taste ab, kommt ein weißer Switch zum Vorschein, ist also recht eindeutig), also die, die auch im ersten Apple Extended steckten.

Der Sound ist ein klarer Fall von lieben oder hassen und das gilt auch für eure Umwelt.

Die USB-Ports sind das einzige Extra-Feature.

Wie immer, am Ende ist alles dabei eine Frage des eigenen Geschmacks. Mögt ihr den Sound (laut und fast retro)? Mögt ihr den Widerstand (mittel bis weich, klarer Kontaktpunkt)? Oder mögt ihr lieber die kurzen Wege eines Gummimatten/Rubberdome-Keyboards? Es kommt dabei komplett auf euch an, und wenn ihr noch nie ein mechanisches Keyboard versucht habt, kann ich euch nur ans Herz legen, das zu tun. Welches dann eures wäre, ist noch einmal eine eigene Frage. Das Tactile 3 ist auf jeden Fall das perfekte für alle Apple-Nostalgiker, aber auch für Leute, die es leichtgängig, aber nicht zu leichtgängig, und auf jeden Fall hörbar mögen. Mich zum Beispiel, der früher kein Apple Extended hatte, aber eben ein IBM Model M.

Das TactilePro 3 hat übrigens kein echtes n-key-rollover, es ist ein USB-Keyboard, womit die 6+2-Regel gilt. Zwei Umschalt-Tasten plus bis zu 6 Tastendrücke gleichzeitig werden erkannt, die nächste Taste nicht mehr. Das ist jetzt weder beim Arbeiten noch bei 99,9 Prozent aller Spiele ein Problem. Eine PS/2-Verion gibt es nicht.

Ein wenig kann es auch eine Frage des Geschmacks auf dem Tisch sein. Mac-Weiß mag man oder auch nicht. Es ist leuchtend weiß, ohne Tastenbeleuchtung und in eine Art transparente Hülle eingelassen. Das ist schon ein etwas anderer Look als ihn die Windows-Konkurrenz zu bieten hat. Die dortigen Bretter nenne ich so, weil sie eben die Form haben, das Schwarz ist eine fest definierte Größe. Wiederum, eine reine Geschmacksfrage, die nur ihr selbst beantworten könnt. Ich selbst hätte es wohl sogar bevorzugt, wenn man bei Matias - übrigens eine kanadische Firma - das Originaldesign der Extendeds benutzt hätte. Die waren so schön kantig.

Die TactilePro 3 ist leuchtend weiß, ohne Tastenbeleuchtung und in eine Art transparente Hülle eingelassen.

Die durchsichtige Hülle ist stabiler als sie aussieht.

Was keine Geschmacksfrage ist und alle diese Keyboards verbindet, ist die Verarbeitung. Auch das TactilePro 3 macht nicht den Eindruck, als würde es sich durch mittleren Gewaltgrad gegenüber der Hardware beeindrucken lassen, selbst wenn es sich ein klein wenig flexibler anfühlt als beispielsweise das Filco Majestouch. Mit dem könnte man wahrscheinlich in Notwehr ein Nilpferd erschlagen, etwas, wozu das Tactile wahrscheinlich nicht in der Lage wäre. Diese "Empfindlichkeit" dürfe der durchsichtigen Hülle geschuldet sein. Bei der Haltbarkeit der Tasten muss ich mich auf Erfahrungswerte mit Alps-Switches verlassen, aber da es dort in den letzten 20 Jahren nie zu großen Beanstandungen kam, verzichte ich auf den Dekaden-Test und behaupte einfach mal, dass ihr dieses Keyboard oder zumindest seine Switches länger nutzen könnt, als eure nächsten drei bis fünf PCs. Oder Macs.

Ein paar Besonderheiten bietet das TactilePro 3 dann auch noch: In dem Hubbel am oberen Ende verstecken sich links, rechts und hinten USB-Ports, die zwar nicht reichen, ein iPad aufzuladen, aber es immerhin zu synchronisieren oder um ein anspruchsvolles USB-Headset wie das Siberia II mit Licht und allen Extras zu nutzen. Sehr praktisch und etwas, das ich definitiv gerne bei allen mechanischen Keyboards sähe. Die Tastenbeschriftung könnte Windows-Nutzer ein wenig stutzig machen, aber wenn ihr euch bei cmd einfach das alt denkt und beim Einfüge-Block über den Cursor-Tasten kurz über die Symbole nachdenkt, sollte die Findungsphase recht schnell vorbei sein.

Zum Schluss noch die wenig überraschende Einsicht, dass das TactilePro 3 die inzwischen dritte Variante ist, eine vierte soll in den USA nächstes Jahr erscheinen, eine deutsche Version davon hat aber noch keinen Termin. Das Dritte beseitigte vor allem Probleme in der Verarbeitung des Gehäuses der ersten Generationen und optimierte den Tastenanschlag, der zwar wohl immer noch nicht hundertprozentig dem Apple Extended II gleicht, aber deutlich näher kommt. Das TactilePro 4 soll den Matias Click-Switch verwenden, eine eigene Version des Alps-Design. Besser oder schlechter? Gute Frage, mal gucken, wann ein deutsches Layout erscheint.

Ein paar übliche Beleuchtungen gibt es, aber sonst bleibt das Keyboard dunkel.

Das Matias TactilePro 3 ist eine Geschmacksfrage, sei es in seinem Mac-Design wie auch in seinen wundervoll lauten und weichen aber nicht zu weichen Anschlägen. Über die Verarbeitung muss man sicher nicht streiten, es ist robust und wird euch lange Freude bereiten, wenn ihr es ins Herz schließen solltet. Vielleicht ist mein einziger Kritikpunkt, dass es nicht das schöne, kantige Original-Design der Apple Extendeds besitzt, aber das ist wiederum eine Geschmacksfrage. Also bleibt mir hier nur: Schaut es euch an. An der Haltbarkeit und Qualität habe ich nichts, aber auch gar nichts auszusetzen. Nur ob ihr mit allem drum herum glücklich werdet, das könnt nur ihr selbst wissen.

Das Testmuster wurde von GetDigital.de zur Verfügung gestellt und kaufen könnt ihr die Matias TactilePro 3 auch dort.

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

Verwandte Themen
Über den Autor
Martin Woger Avatar

Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
Kommentare