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'Mehrere' Projekte von Gas Powered Games wurden in letzter Minute eingestellt

Chris Taylor spricht über die Industrie und ist 'schockiert', dass Leute seine Motive in Frage stellen.

Chris Taylor zufolge wurde mehr als ein Spiel von Gas Powered Games in letzter Minute wieder eingestellt.

„Es gibt mehrere Spiele, mit denen wir fast die Ziellinie erreicht haben", so Taylor im Gespräch mit unseren englischen Kollegen - nur wenige Tage bevor bekannt wurde, dass Gas Powered Games in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Wirklich ins Detail konnte er aufgrund von NDAs allerdings nicht gehen, was aber wiederum vermuten lässt, dass das alles noch nicht so lange her sein kann.

„Wir bekamen einen Anruf vom Publisher und sie sagten: 'Wir kündigen den Vertrag.' Und wir sagten: 'Ja, aber wir sind nur einen Monat von der Beta entfernt!' Und sie darauf: 'Ja, aber nichtsdestotrotz kündigen wir den Vertrag.' Und wir dann: 'Okay'."

„Eines Tages - und ich werde es nicht sein - wird irgendeine anonyme Quelle das alles leaken...", sagt er. „Ihr könnt einen Vertrag bezüglich einer Spieleentwicklung lesen und dann... es wird so sein wie bei den Nazis, als sie die Bundeslade öffneten: Euer Gesicht wird schmelzen."

Ein Grund für solche Vorkommnisse ist laut Taylor die Tatsache, dass es bei Publishern Veränderungen im Management geben kann. Die Person, die einen Vertrag mit dem Entwickler abgeschlossen hat, ist dann auf einmal nicht mehr da und dem Nachfolger gefalle das Produkt dann schlicht und ergreifend nicht. Und das passiere überall in der Industrie.

„Das zeigt sich, wenn die Leute bei Preisverleihungen auf der Bühne stehen und Leuten für ihre Unterstützung danken, denn das war genau das, was sie bekommen haben. Wenn jeder andere im Büro dagegen und der Meinung sei, dass es 'niemals funktionieren würde, es niemand spielen wolle', dann verwettete diese Person ihre Karriere darauf und sagte: 'Ich glaube daran'. Wenn diese Spiele es also auf den Markt schaffen, sind es diese Leute, die man wirklich hervorheben und ihnen danken muss, weil sie es erst möglich machten. In einer Industrie, die in den letzten fünf Jahren so viele Veränderungen im Hinblick auf die Wirtschaftslage, den Aufstieg des digitalen Marktes, den schwächelnden Handel und den daraus resultierenden Unsicherheiten durchlaufen hat, braucht man wirklich einige Leute mit etwas Rückgrat."

Man brauche laut Taylor Leute wie Steve Jobs, die auch mal mit der Faust auf den Tisch hauen und einfach „Arschlöcher" sind, weil sie so sehr an das glauben, was sie tun.

Dass die Leute, die einem Spiel von Gas Powered Games grünes Licht gaben, auf einmal nicht mehr da sind, sei jedenfalls schon mehrfach passiert. Noch vor der Kickstarter-Kampagne zu Wildman beendete zudem Microsoft seinen Vertrag mit Gas Powered Games, den man für Age of Empires Online abgeschlossen hatte.

Solche fehlgeschlagenen Projekte und die mangelnde Kontrolle über sie seien ausschlaggebend dafür gewesen, warum man sich letzten Endes auf Kickstarter konzentrierte. Ursprünglich dachte man schon eine Kampagne für das Projekt Kings and Castles.

„Das war das Erste, das uns in den Sinn kam", verrät er. „Wir sollten eine Kickstarter-Kampagne zu Kings and Castles machen. Nun war es aber so, dass wir das Konzept für dieses Spiel noch unter Berücksichtigung des alten Modells erstellt hatten und mindestens 5 bis 6 Millionen Dollar dafür brauchten. Wir konnten das Spiel einfach nicht mit weniger Geld machen, weil es schlicht das größte RTS überhaupt war - das habe ich in meinem ersten Video-Blog gesagt. Man kann nicht das größte RTS überhaupt für eine Million machen, es geht einfach nicht. Wir wollten nicht damit anfangen und zu dreist erscheinen. Stellt euch nur mal vor, wir würden eine Kickstarter-Kampagne mit einem Ziel von 5 Millionen Dollar starten... ich meine, das wäre einfach nicht gut."

Mit ungefähr 11,3 Millionen Dollar sei Dungeon Siege 2 laut Taylor das bislang teuerste Spiel des Studios gewesen, gefolgt von Supreme Commander mit rund 10,5 Millionen.

Für das aktuelle Projekt Wildman will man via Kickstarter 1,1 Millionen Dollar zusammentragen, was „für sich allein genommen schon eine astronomisch hohe Summe" sei. Allerdings könnte ein erfahrenes Team wie Gas Powered Games mit dieser Summe schon das grundlegende Konzept umsetzen und dann mit weiteren Stretch Goals oder Einnahmen daraus darauf ausbauen.

Aufmerksamkeit erregte man eben dadurch, dass kurz nach dem Start der Kampagne der Großteil des Teams entlassen wurde. Ob es nun überhaupt realisiert werden kann? Bei 23 verbleibenden Tagen steht man derzeit bei rund 309.000 Dollar, Zeit ist also noch ausreichend vorhanden.

„GPG ist in eine sehr interessanten Situation", schreibt Taylor in einem „Ask Me Anything" auf Reddit. „Wir hatten genug Geld, um bis zum Ende der Kampagne durchzuhalten. Am vierten Tag zeigte sich aber, dass die Kampagne so schleppend lief, dass es niemals klappen würde. Einige Leute sprachen mit mir darüber, sagten, dass es zu früh für ein Urteil wäre. Aber selbst nach dem Wochenende lief es nicht sehr gut... könnt ihr euch vorstellen, wie es ohne diese viele Berichterstattung der Medien über die Entlassungen ausgesehen hätte?"

Taylor versucht auf jeden Fall, realistisch zu bleiben: „Wenn ihr Wildman mit Project Eternity, Star Citizen, Wasteland 2 und anderen vergleicht, spielen wir nicht einmal in der gleichen Liga."

„Außerdem bin ich nicht gerade glücklich darüber, dass viele Leute etwas investieren, weil wir ihnen leid tun und nicht, weil sie das Spiel mögen. Darum geht es bei der Spieleentwicklung nicht! Das gibt mir ein schlechtes Gefühl. Ich will, dass die Leute es unterstützen, weil sie die Idee mögen. Andernfalls ist das einfach nicht ehrlich. Wenn es das falsche Spiel zur falschen Zeit ist, müssen sie uns abblitzen lassen."

Wie Taylor zuvor schon angegeben hatte, entließ man den Großteil der Mitarbeiter, um für die Zukunft des Studios nicht ihre Abfindungen aufs Spiel zu setzen.

„Ja, heute haben wir eine Reihe wichtiger Leute zurückgeholt", so Taylor. „Sie haben eine sehr klare Vorstellung von den Risiken und hatten über das Wochenende Zeit, ganz genau darüber nachzudenken, was sie wollen. Einige entschieden sich dafür, weiterzuziehen. Und diejenigen, die bleiben, wissen auch, dass die Zukunft ungewiss ist."

„Das Merkwürdige daran ist, dass GPG meiner Ansicht nach wirklich tot wäre, wenn ich das Team nicht entlassen hätte. Aber natürlich konnte ich nicht wissen, was passieren würde. Einige behaupten, dass das alles geplant wäre, um die Leute zu manipulieren... da denke ich mir nur, wow, das soll wohl ein Scherz sein... wer auch immer so etwas machen würde, hätte sicher größere Eier als ich. Ich bin noch immer schockiert darüber, dass Leute so etwas denken können, besonders Leute, die mich kennen... und ich bin seit 25 Jahren in diesem Geschäft. Ich habe einen Ruf und war niemals bekannt dafür, solche Sachen zu machen."

„Und was ich noch vergessen hatte... die gesamte Industrie wurde darauf aufmerksam und nie zuvor bekamen wir mehr Aufmerksamkeit von Unternehmen, die Leute einstellen. Anders gesagt: Durch diese Berichterstattung in den Medien haben wir die besten Chancen, Jobs für die Leute zu finden, die weiterziehen wollen. Es ist wirklich eine Win-Win-Situation."

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Benjamin Jakobs

Leitender Redakteur News

Benjamin Jakobs ist Leitender Redakteur, seit 2006 bei Eurogamer.de und schreibt News, Reviews, Meinungen, Artikel und Tipps.
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