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Army of Two: The Devil's Cartel - Test

Dumm schießt gut. Aber wie lange?

Egal wie sehr man dieses Hobby liebt und auch dazu steht: Es gibt sie schon, diese Sorte Spiel, bei der einem ein bisschen peinlich ist, dass man sie mag, und die man pausiert, wann immer Freunde, Verwandte oder Lebensgefährten durch die Tür reinschauen. Wer weiß, wovon ich rede, entnimmt schon der losesten Beschreibung von Army of Two: The Devil's Cartel, dass auch dieses hier das Zeug dazu hätte, ein solches schaminduzierendes Vergnügen zu sein.

EA Montreal macht in diesem Spiel nicht mehr und nicht weniger als das, was man schon vom Titel her erwarten kann: einen Koop-Shooter, in dem man allein oder zu zweit durch Kartell-Horden bollert, als wäre man eine ganze Armee. Keine Experimente an dieser Drogenkriegs-Front, einfach eine derbe Schießbude ohne große Schnörkel oder Finesse. Ein glorreich dummes Spektakel, das man an einem verkaterten Samstag in Schieflage von der Couch zu drei Vierteln wegbombt, um es schon am Sonntag nach der Dusche wieder unverrichteter Dinge zu vergessen.

Zwei Mann gegen ihre eigene Halbwertszeit

Auf dem Weg zur unvermeidlichen Gleichgültigkeit tags darauf verlebt man man ein bisschen belanglose fünf bis sechs Stunden, während der man sich trotzdem halbwegs kompetent unterhalten fühlt - sofern man nicht gerade 60 Euro dafür hingelegt hat. Dafür ist das Spiel bei aller Liebe zum debilen, aber ehrlichen Shootout zu mager ausgestattet, einfallslos und schlicht zu unfertig.

Die 'TWO-Vision' hilft, das Schlachtfeld zu lesen und markiert Feinde für den Kollegen. Ich habe sie nie gebraucht.

Wer mit Salem und Rios bereits Bekanntschaft gemacht hat, weint den beiden keine Träne nach, wenn sie nach der einführenden Mission komplett in den Hintergrund treten, um mit Alpha und Bravo noch generischeren Fleischköppen hinter Hockeymasken die Bühne freizumachen. Was man aber sehr wohl vermisst, sind Aktionen wie das In-Sicherheit-Schleifen eines verwundeten Kollegen, der den Kopf nicht schnell genug hinter der überall vorhandenen hüfthohen Deckung eingezogen hatte. Gleichermaßen fehlen bekannte Moves, wie das Rücken-an-Rücken Rundumballern, das Zuwerfen von Munition und die Möglichkeit, sich zum Schein zu ergeben oder Deckung zu improvisieren.

Mit dem Hochhieven eines Kumpels auf eine höhere Ebene, gelegentlichen Abzweigungen der Wege und den pflichtbewusst eingestreuten Geschützturm-Sequenzen nach Schema F nimmt sich das sinnbildliche Dudebro-Spiel dieser Generation mit einem Mal kaum mehr vor, als alle anderen Spiele mit Koop-Modus da draußen und das ist irgendwie schon erschreckend ambitionsbefreit. Es ist der Rumpf dessen, was man unter einem Army of Two versteht. Zwei Typen, Masken und dicke Ballermänner. Das ist zugegeben etwas, was das Spiel ganz ordentlich beherrscht.

Alpha und Bravo kennen nur eine Marschrichtung

Den "Aggro" der Feinde zu ziehen, damit der Kollege flankieren kann, macht durchaus Laune, ebenso wie das Freischalten neuer Waffen und der dazugehörigen Komponenten - wenngleich diese in ihrer Stoppwirkung mit zunehmender Ausbaustufe schon ein bisschen gleichförmig wirken. Es ist nur erschütternd, dass sich das selbst in kleinen Dosen recht spürbar abnutzt, was die kurzen Unterkapitel und die insgesamt recht knappe Gesamtspielzeit zwar erklärt, aber nicht besser macht.

Frostbite 2 ist klar mit Blick nach vorne entwickelt worden. In TDC kocht sie auf Konsole auch nur mit Wasser.

Darüber hinaus leistet sich das Spiel den Klopper, keinen wirklichen Drop-In-Koop zu bieten. Startet ihr eine offene Xbox-LIVE-Partie mit einem KI-Partner und steigt ein weiterer menschlicher Spieler ein, muss das Kapitel noch einmal von vorne gestartet werden. Hat der neue Partner die Zwischensequenz zu Beginn noch nicht gesehen, müsst ihr Sitzfleisch beweisen und die tröpfchenweise Darreichung des dünnen Geschichtchens ein zweites Mal über euch ergehen lassen. Lustig wird's, wenn euer Mitspieler vor Ende des Kapitels keine Lust mehr hat, was angesichts des okayen, aber irgendwo auch sinnfreien Geballers schon mal passieren kann. Auch dann geht es zurück an den Anfang des Stages.

Diese Unterabschnitte sind zugegebenermaßen kurz, aber wenn man dann keine Lust hat, auf einen weiteren Mitspieler zu warten, muss man sich darauf einstellen, mitten im Level von Nachrichten zugespammt zu werden, dass andere Spieler um Einlass in die Partie bitten - Level-Neustart inklusive. Dieser Avancen erwehrt man sich dann mit zunehmender Aggression. In dieser Sorte Spiel ist es einfach ein Unding, dass der Prozess nicht nahtloser abläuft und es erhöht die Redundanz des sehr einfach gestrickten Gameplays vor nicht unbedingt spektakulärer Kulisse in ungesunde Regionen. The Devil's Cartel geht so einfach noch fixer die Luft aus als es ohnehin schon der Fall wäre.

Mehr Achtziger geht nicht

Wirklich punkten kann Army of Two eigentlich nur mit dem neuen Overkill-Modus, der vermutlich nur aus rechtlichen Gründen nicht "Stallone-O-Vision" getauft wurde. Mit der Zeit ladet ihr im Gefecht eine Leiste auf. Ist sie gefüllt, aktiviert ihr eine kurze Phase, in der ihr weder verwundet werden könnt, noch nachladen müsst. Unterdessen wird die Durchschlagskraft der Waffen ins Unermessliche gesteigert, gleichzeitig mit dem auf einmal deutlich für Zerstörung anfälligeren Physiksystem, bei dem Wände noch deutlicher nachgeben und Säulen in sich zusammenfallen. Aktivieren beide Spieler gleichzeitig ihren Overkill, kommt noch eine Zeitlupe dazu. Und es sind diese Momente, in denen man gar nicht mehr nachdenken muss, in denen sich das Spiel seine Existenzberechtigung sichert.

Der Overkill verwandelt den Stage in ein Schlachthaus - in der deutschen Version natürlich ohne Enthauptungen und Gekröse.

Auf technischer Seite wird hier am deutlichsten, dass Frostbite 2 zum Einsatz kommt. Wirklich schön ist Army of Two: TDC aber nicht. Auch nach der optionalen Installation der höher aufgelösten Texturen wirkt es noch etwas schäbig, grob und unsauber, wenngleich die Partikeleffekte beim Overkill sich durchaus sehen lassen können. Dass man es nicht unbedingt mit der Creme de la Creme aus EAs Produktkatalog zu tun hat, wird darüber hinaus an den zahlreichen Bugs sichtbar: Drei Mal stürzte mir das Spiel ab, ab und an gab es gerade im Koop Probleme, Aktionen wie das Aufbrechen einer Tür oder die Räuberleiter auszulösen und in einem eigentlich ganz lustigen Fehler schwebten Alpha und Bravo als körperlose Köpfe durch die Level. "Ausgereift" sieht anders aus.

Es kurz, kein schöner Anblick und verzichtet nebenbei auf Dinge, die man in dieser Sorte Spiel mit Blick auf die vergangene Hardware-Generation durchaus erwarten durfte. Dass mit dem Contracts-Modus nur eine Handvoll Nebenmissionen die Lebenszeit dieses Titels zu steigern versuchen, spricht Bände über die Erwartungshaltung, mit der Electronic Arts dieses Spiel in Auftrag gegeben hat. Es ist wohl von vorneherein als dumme, schmutzige und letzten Endes einmalige Wochenend-Bekanntschaft ausgelegt gewesen - und als solche ist Army of Two durchaus brauchbar. Mittlerweile bietet fast jeder Shooter am Markt aber nicht nur Vergleichbares, sondern deutlich Besseres. Also: Holt euch stattdessen Gears of War: Judgement und freut euch über ein Spiel, das ihr nicht reflexartig abschaltet, sobald jemand den Kopf durch den Spalt in der Tür zum Spielzimmer reinsteckt.

5 / 10

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Army of Two: The Devil's Cartel

PS3, Xbox 360

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

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