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Lords of Football - Test

In der Theorie: Fußball Manager meets FIFA meets Die Sims. In der Praxis: langweilig.

Dass viele verschiedene Faktoren Einfluss auf die Leistung eines Fußballers haben können, ist klar. Dazu zählen offensichtliche Dinge wie die aktuelle Form, die Motivation oder die Fitness, aber auch Geschehnisse abseits des Platzes, etwa im Privatleben, haben natürlich ebenfalls Einfluss darauf. Und das ist ein Punkt, der in den meisten Fußballspielen - ob nun FIFA/PES oder Fussball/Football Manager - meist nicht wirklich beachtet wird.

Das dachten sich wohl auch die Entwickler des italienischen Entwicklerstudios Geniaware und wollten genau diesen „Lifestyle"-Aspekt in Lords of Football mit einbringen. Was ergibt das also in der Theorie? So etwas wie einen wilden Mix aus Fussball Manager, FIFA und Die Sims. Grundsätzlich kein schlechter Gedanke, doch wenn die Umsetzung so langweilig und halbgar ist wie hier, mangelt es schlussendlich vielmehr dem Spieler vor dem Bildschirm an Motivation. Wie gesagt, das Konzept ist grundsätzlich kein schlechtes und sicherlich auch etwas, von dem sich die Platzhirsche auf dem Markt ein Scheibchen abschneiden könnten. Doch wenn es darum geht, all diese verschiedenen Aspekte miteinander zu kombinieren, scheitert Geniaware letzten Endes an seinen eigenen Ambitionen.

Nichts Halbes, nichts Ganzes

Nehmen wir den Management-Part als Beispiel. EAs Fussball Manager oder SEGAs Football Manager präsentieren sich im Vergleich zu Lords of Football als wahre Komplexitätsmonster. An so gut wie jeder noch so kleinen Schraube eines Vereins lässt sich drehen, aber hier läuft alles nur sehr, sehr oberflächlich ab. Und das ist noch freundlich ausgerückt. Finanzen regeln? Neue Gebäude bauen? Transfers tätigen? Jugendspieler entdecken? Mitarbeiter einstellen? So ziemlich alle Tätigkeiten, die man mit der Führung eines Vereins verbindet, könnt ihr praktisch nicht beeinflussen.

Es mangelt schlichtweg an Interaktivität, die euch in den Minuten während des Tagesablaufs - direkt danach erfolgt das nächste Match - in irgendeiner Form ausgiebig beschäftigen würde.

Die Mannschaft beim Training.

Neue Gebäude und Trainingsmethoden werden durch Erfolge einfach freigeschaltet, bei Transfers gebt ihr nur Empfehlungen dazu ab, welchen Spielertyp ihr gebrauchen könntet. Der Rest liegt in den Händen des Vereinsbosses. Es mangelt schlichtweg an Interaktivität, die euch in den Minuten während des Tagesablaufs - direkt danach erfolgt das nächste Match - in irgendeiner Form ausgiebig beschäftigen würde. Stattdessen seht ihr das Trainingsgelände und die Stadt von oben, könnt Spieler in verschiedene Trainingssessions einteilen, bestraft sie für Fehlverhalten, befreit sie von etwaigen Süchten und äh ... ja, das war's im Grunde.

Es geht mehr darum, ihre Stimmung zu heben, also weniger mit Tiefgang wie in Die Sims, sondern mehr oberflächlich wie etwa in The Movies. Doch wo Letzteres noch Spaß machte und das Spiel euch auch ansonsten einiges zu tun gab, habt ihr hier die meiste Zeit über den Eindruck, nicht wirklich etwas erledigen zu können. Meist teilt ihr dann den Spielern verschiedene Trainingsaufgaben zu und nutzt die Zeitbeschleunigung, um die Wartezeit zu überbrücken. Leider gibt es hier nur die doppelte Geschwindigkeit, sodass man meist immer noch gelangweilt vor dem Bildschirm hockt. Und obendrein ruckelt das Spiel dabei leicht, selbst der Mauszeiger reagiert schwerfällig und verzögert, wenn man die Zeit beschleunigt.

Genau damit beschäftigt ihr euch also den Großteil des virtuellen Tages. Abends stürzen sich die Spieler wiederum ins Nachtleben - und zwar immer. Erstaunlich, dass nicht auch mal jemand irgendwie Zeit zu Hause verbringen möchte oder man den Akteuren aufgrund schlechter Leistungen nicht einfach verbieten kann, etwas zu unternehmen. Der Grundgedanke sieht jedenfalls so aus, dass ihr hier eure Spieler zu den Örtlichkeiten schickt - Kasino, Radiostation, Restaurant, Disco, etc. -, die die passende Aktivität anbieten, die sie sich wünschen. Das kann Glücksspiel, Aufmerksamkeit, Tanzen, Essen oder auch Sex sein. Wer will, kann schon mal zehn seiner Kicker zum Speed-Dating schicken. Und wenn ihr sie direkt vom Platz mit eurem göttlichen Mauszeiger „aufhebt" und vor Ort absetzt, tun sie das sogar in ihren Trikots. Da die Spieler aber nach Feierabend eigentlich auch schon die passenden Gebäude selbst ansteuern, müsst ihr hier ebenfalls selten eingreifen, um mal einen von ihnen zu verschieben.

Selbst bewegen kann man die Spieler nicht, aber immerhin Kommandos geben.

Halten wir also fest: Die meiste Zeit im Manangement-Part verbringt ihr damit, die Spieler schnell bestimmten Aufgaben zuzuteilen, wobei sich immerhin ihre Leistung verbessert und gegebenenfalls auch ihre Stimmung. Doch abseits davon lehnt man sich eher im Stuhl zurück und sehnt sich nach Beschäftigung. Zum Glück hat Steam einen In-Game-Browser ...

Kontrollierte Langeweile

Schon in den allerersten Minuten fühlt sich Lords of Football so dermaßen uninspiriert und ermüdend an, dass einem schnell die Lust vergeht. Aber eine Hoffnung bleibt noch: Die eigentlichen Matches, die ihr euch komplett anschauen könnt - auch das zieht sich über Minuten hinweg eher quälend hin - oder sie simulieren lasst. Ein FIFA ist es sicher nicht, da ihr die Spieler nicht direkt über den Platz lenken könnt. Es besteht aber die Chance, aus verschiedenen Kommandos zu wählen und das Spiel so zu beeinflussen: Spielt Pässe, gebt Torschüsse ab, startet Konter oder beordert alle Spieler schnell in die Verteidigung.

Um diese Aktionen ausführen zu können - zumindest alles außer Konter und Verteidigung -, müsst ihr das Geschehen kurz pausieren, den jeweiligen Spieler per Maus auswählen und dann noch das Ziel anklicken. Ein optional etwas direkterer Ablauf wäre hier wünschenswert gewesen, etwa per Tastendruck ein Pass dorthin, wo sich der Mauszeiger befindet. Oder ein automatischer Schuss, wenn man wiederum die dafür vorgesehene Taste drückt. Aber wenigstens lassen sich über diese Funktion dann doch ein paar gelungene Aktionen auf den Bildschirm zaubern, wenn man erst einmal den Dreh raus hat.

Ein kleiner Snack neben dem Trainingsplatz? Ab zum Straftraining!

Allzu ausgereift wirkt das alles aber dennoch nicht wirklich. Die Ballphysik ist schrecklich mit anzusehen, das Leder klebt zuweilen regelrecht an den Schuhen der Spieler und vollführt immer wieder ziemlich interessante Richtungswechsel. Ebenso agieren die Spieler nicht immer klug, verlieren unnötig und ohne Druck den Ball, anstatt besser postierte Kameraden anzuspielen. Ansonsten präsentiert sich Lords of Football grafisch zumindest ganz okay. Wählen könnt ihr übrigens zwischen verschiedenen Ligen und Mannschaften - die ihr selbst anpassen könnt. Offizielle Lizenzen hat man erwartungsgemäß nicht anzubieten.

Das Problem von Lords of Football ist, dass es für so ziemlich jeden Aspekt des Spiels einen anderen Titel gibt, der es deutlich besser und umfangreicher macht. Ihr wollt den Manager spielen? Greift zum Fussball oder Football Manager. Ihr wollt eure Kicker direkt über das Spielfeld scheuchen? FIFA oder PES sind hier die richtige Wahl. Ihr wollt das tägliche Leben eines beziehungsweise mehrerer Charaktere verwalten? Dann holt euch Die Sims oder The Movies. Nur weil man diese funktionierenden Erfolgsformeln alle in einen Topf wirft, kommt dabei aber noch leider nichts Gutes bei heraus.

Das Konzept an sich ist sicherlich nicht schlecht. Tatsächlich ist es ein Punkt, der in den anderen Fußballspielen noch etwas zu kurz kommt. Aber Geniawares Ambitionen waren offensichtlich viel zu hoch, denn die spielerische Tiefe der eben genannten Titel erreicht Lords of Football zu keinem Zeitpunkt. Und selbst, wenn man damit leben könnte, sitzt man aufgrund der nicht gerade vielfältig vorhandenen Interaktionsmöglichkeiten meistens doch nur gelangweilt vor dem Bildschirm. Mit den 24,99 Euro, die man für den somit nicht gerade günstigen Titel verlangt, lässt sich auf jeden Fall Sinnvolleres anstellen.

4 / 10

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Lords of Football

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Benjamin Jakobs

Leitender Redakteur News

Benjamin Jakobs ist Leitender Redakteur, seit 2006 bei Eurogamer.de und schreibt News, Reviews, Meinungen, Artikel und Tipps.

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