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Baphomets Fluch: Der Sündenfall - wurde ja auch langsam Zeit

George und Nico - seid ihr es wirklich?

Wie sag ich das jetzt nur? Nun, vielleicht einfach so wie es ist: Ich hatte eine ganze Weile das Gefühl, mit Adventures nichts mehr anfangen zu können. Weite Teile der Point-and-Click-Renaissance der letzten fünf Jahre ließen mich kalt - oder gaben sich damit zufrieden, mich daran zu erinnern, wie gern ich diese Sorte Spiele einmal mochte. Vieh Chroniken? Gespielt, okay gefunden, vergessen! Edna? Ohne mich! Whispered World? Schön, aber unlogisch. Geheimakte 3? Funktionaler Abklatsch von allem, was mir heilig war. Positive Ausnahmen gibt es natürlich auch, aber ehrlich gesagt spielt selbst bei Vorzeigetiteln die Faszination von früher schon lange nicht mehr mit.

Die Frage ist jetzt natürlich, ob ich dem Genre einfach entwachsen bin oder die Spiele tatsächlich nicht ganz so gut sind wie damals? Es haben genau 45 Minuten mit dem iOS-Remake des ersten Baphomets Fluch ('Broken Sword' nennt sich die Reihe im Original) gereicht, um mir in Erinnerung zu rufen, dass es wohl nicht allein an meinen veränderten Spielgewohnheiten liegt. Dramaturgie, Dialoge, Figuren - Charles Cecils Revolution Software ist in Sachen Geschichtenerzählen eben noch eine andere Hausnummer als viele andere Adventure-Entwickler.

Crème de la crème

Das ist jetzt auf niemand Spezielles gemünzt und gerade das wankelmütigen, aber in letzter Zeit beinahe erschreckend gute Daedalic oder die wunderbar fantasievollen Gestalter von Amanita Design bringen regelmäßig kleine Juwele heraus. Dennoch merkt man: Die Revolution-Leute sind vom alten Schlag und haben das klassische Abenteuern nicht einfach von anderen Games gelernt, sondern es selbst mitgeprägt. Im Zuge des Kickstarter-Erfolgs von Tim Schafers Double Fine Studios ist es nicht weiter verwunderlich, dass sie nun auch wieder in dem Genre mitmischen wollen. Und sie haben sogar das Glück, dass sich keine neue Marke einfallen lassen zu müssen. Cecil ist voll und ganz Herr über das Franchise Broken Sword.

Mal wieder beginnt alles mit einem Mord.

Und so setzen wir also im Winter, wenn alles gut läuft, nach knapp sieben Jahren endlich Nicos und Georges Geschichte fort. Diesmal wieder mit handgezeichneten Hintergründen, die sofort an die Klassiker erinnern, die sich bis heute so exzellent gehalten haben. George und Nico feiern ein zufälliges Wiedersehen in einer Galerie, als ein maskierter Räuber einen weiteren Gast erschießt und ein augenscheinlich eigentlich wertloses Gemälde mitgehen lässt. Klar, dass sich die beiden direkt an die Aufklärung des Falls machen. Viel mehr als das und die kryptischen Versprechen des Trailers - "ein Gemälde vom Teufel verflucht, ein Geheimnis älter als das geschriebene Wort" - ist aktuell zur Handlung nicht bekannt, aber man kann wohl schon jetzt sagen, dass es genau die Sorte Abenteuer ist, in der man den US-amerikanischen Patentanwalt und seine französische Reporter-Flamme vermuten würde.

Allem Anschein nach kommt die Geschichte wie von der Serie gewohnt gleich auf den Punkt und macht direkt die Fallhöhe klar. Ein Kunststück, das vielen Adventures neueren Datums bis heute nicht so richtig gelingt. Ergänzend zum traditionellen Spielsystem arbeitet Revolution zudem an einem System, bei dem ihr Erkenntnisse beider Charaktere so kombinieren müsst, dass ihr dabei auf die Lösung für eure aktuelle Situation kommt. Sozusagen ein Inventarrätsel, bei dem erlangtes Wissen die zu kombinierenden "Gegenstände" sind. Eine gute Idee, um Rätsel und und Handlung enger miteinander zu verweben, als es viele andere artverwandte Spiele tun. Wie oft vergaß man über die wilde Basteleinlagen vergleichbarer Titel schon mal, weshalb man das alles eigentlich überhaupt macht?

Paris, London, Türkei

Ansonsten wird es in jedem Fall eine bewährte Point-and-Click-Ermittlung rund um den Globus. (Natürlich) Paris, London und die Türkei sind bereits bestätigte Tatorte. Fans der Vorgänger dürfen sich dabei entscheiden, ob sie mit dem vereinfachten Inventar des iOS-Remakes oder dem des Originals spielen wollen, was ein feiner Schachzug ist. Ein deaktivierbares Hilfesystem sorgt unterdessen dafür, dass man das Spiel so old-school oder so flott erlebt, wie man will. Eine Sache, die mir schon jetzt etwas sauer aufstößt, ist der Look der Charaktere. Die werden nämlich in 3D vorgerendert und dann als 2D-Sprite gespeichert, in etwa so wie Pendulo das zuletzt in den Runaway-Titeln machte.

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Das ist unter anderem dem gewaltigen Budget geschuldet, das eine klassische Animationsweise in dieser Auflösungs-Größenordnung verschlingen würde. Allerdings sorgt es auch leider dafür, das von dem früheren Look, der nach Don-Bluth-für-Erwachsene aussah, nicht mehr so viel übrig ist. Steril und vor allem etwas steif fehlt es Nico und George dieses Mal zumindest optisch etwas an Charakter. Doch vielleicht gewöhne ich mich auch noch daran. Dass Adventure-Fans jedoch Nico erneut scharenweise so hoffnungslos verfallen werden wie damals, halte ich in diesem Gewand für ausgeschlossen. Im Grunde ist eine gute Handlung alles, was es dazu braucht. In der klassischen Totalen wird das zudem nicht so auffallen - vor allem nicht auf der PlayStation Vita, für die der Titel jüngst ebenfalls angekündigt wurde.

Wie positiv die Rückkehr von Baphomets Fluch zu bewerten ist, sieht man alleine schon daran, wie viele Nachahmer das Genre in den vergangenen 15 Jahren zu sehen bekam. Von Black Mirror über Geheimakte bis hin zu Memento Mori sind im Grunde alle mit mehr oder weniger Erfolg auf der Suche nach dem Rezept, wie man ein spannendes Mysterium mit peppiger Charakterchemie und klasse Dialogen zu einem Klassiker der nicht ganz so sehr der Comedy verschriebenen Adventure-Schule macht. Alle wollen wie Baphomets Fluch sein, nicht ahnend, dass Nico und George so schnell wohl keinem dahergelaufenen Doppelgänger Platz machen würden. Sollten die beiden ihren Nachahmern auch nur annähernd die Tracht Prügel verleihen, die ich mir gerade vorstelle, dürfte dieses spezielle Sub-Genre seine Trittbrettfahrer fürs erste los sein. Ich werde sie nicht vermissen.

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Über den Autor
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Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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