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Knack - Test

Der Architekt der PlayStation 4 zeigt der Konsole in seinem eigenen Spiel die Grenzen auf.

Eigentlich sollte Knack mit toller Technik glänzen, scheitert aber daran genauso wie an einem vernünftigen Spieldesign.

Kaum ein Konsolenstart zieht ins Land, ohne einen bunten Hüpfer, der ein neues Maskottchen unter die Leute bringen soll. Im Fall der PlayStation 4 soll Knack in die Bresche springen und jüngere Videospieler auf Sonys neues Flaggschiff neugierig machen. Im Chefsessel der Sony-Japan-Entwicklung hockte dabei niemand Geringeres als der Architekt der PS4, Mark Cerny. Dass der aber in erster Linie Techniker ist, offenbart Knack schon in den ersten drei seiner über ein Dutzend Kapitel.

Denn, seht ihr, Knack setzt seinen Helden aus Hunderten, vielleicht sogar Tausenden verschieden Einzelpartikeln zusammen, was natürlich darin begründet liegt, dass dies dank der Rechenleistung der PS4 nun erstmals in dieser Form möglich ist. Bezeichnenderweise fällt dem Entwickler abseits einiger optischer Spielereien im Grunde nur eine Sache ein, die man mit einem potenziell so flexiblen Helden machen könnte: er wächst. Meist beginnt man einen Abschnitt als Dreikäsehoch, nur um durch das Sammeln immer weiterer Relikte schließlich zu einem gewaltigen Golem anzuschwellen.

Die Geschichte ist recht vorhersehbar.

In welcher Form auch immer, 80 Prozent des Spiels bestehen aus extrem gleichförmigen Kämpfen in abgesteckten Räumen, bei denen man es meistens mit einem Nahkämpfer, einem Distanzschützen und einem Gegner mit Area-of-Effect-Angriff zu tun bekommt. Durch die prügelt man sich durch, weicht mit dem rechten Stick aus oder nutzt eine von dreien durch Sammelitems aufgeladene Spezialattacken. Das "Kombosystem" - man beachte die Anführungszeichen - ist eher Timing-lastig, begnügt es sich doch mit einer Taste. Das wäre gar nicht so schlimm, wären die Angriffe der Gegner nicht so schlecht aufeinander angestimmt, dass man nach einer erfolgreichen Ausweichbewegung oft noch direkt im Cooldown einen Treffer reingewürgt bekommt.

Zu allem Überfluss haben die Entwickler vergessen, warum man in Spielen wie diesem eine Lebensenergieleiste integriert. Knack hat zwar eine, wenn bei ihm aber ungeachtet seiner Größe sowieso immer meistens nach zwei oder drei Treffern das Licht ausgeht, fehlt einfach die Nachvollziehbarkeit dieses Systems. Es soll dem Spieler Aufschluss darüber geben, wie es um ihn bestellt ist. Wenn man aber mit zwei Dritteln Energie trotzdem einem einzelnen Schwertstreich noch erliegt, ist das wenig hilfreich.

Nochmal, weil's so schön war ...

Folglich stirbt man in Knack häufige, oft unverdiente Tode, die dank der vermasselten Checkpunkte für reichlich Controllerknirschen sorgen. Oft sind es drei oder mehr Räume, die ihr zurückgesetzt werdet, was besonders ärgert, wenn dazwischen nicht viel von Interesse passierte, euch eine der langweiligen Sprungsequenzen aufhielt oder der schwerste Kampf gleich zu Beginn dieses Bereiches kam. Wie oft wurde ich nach einem Gefecht, das ich nur durch Glück und stetes Ausweichen gewann, von einem kleineren Gegnermob zwei Türen später erledigt und durfte mich noch einmal an Dingen versuchen, die ich bereits gemeistert hatte.

"Die versteckten Bauteile für bestimmte Apparaturen, zum Beispiel ein Zeitlupengerät, das die Kämpfe verlangsamt, freuen hier und da suchfreudige Spieler."

Ein oft gesehenes Bild: Knack löst sich in seine Einzelteile auf.

Die versteckten Bauteile für bestimmte Apparaturen, zum Beispiel ein Zeitlupengerät, das die Kämpfe verlangsamt, freuen hier und da suchfreudige Spieler. Diese Gegenstände sind ein Versprechen, dass das Spiel schon noch interessanter wird, je genauer sich man in dieser Welt umsieht. Aber letzten Endes liegt dazwischen zu viel zähes Gekloppe, zu viele sterile, langweilige Innenarchitektur und zu viel anspruchsloses Jump and Run nach Zahlen, als dass man sich der Jagd nach den verlorenen Items gerne hingäbe. Zu zweit im lokalen Koop hätte das Spiel etwas besser werden können, doch dank der fixen Kamera, die nicht bereit ist, beiden Spielern einen eigenen Blickwinkel auf das Geschehen zu kredenzen, ists auch damit Essig.

Seine besten Momente zieht das Spiel aus den Situationen, in denen ein Ork mit Keule, der noch vor fünf Minuten ein Respekt einflößender Gegner war, bequem unter die satt zulangende Handfläche eines jetzt haushohen Knack passt. So aufgeblasen schaut man auf den letzten Metern eines Levels verächtlich auf seine Feinde herab, auch wenn diese Winzlinge selten weniger tödlich sind und das Spiel nicht vergisst, euch ähnlich große Kreaturen in den Weg zu stellen. Diese Momente zumindest optisch gut vermittelter Macht sind aber nicht von Dauer. Zusammen mit seiner menschlichen Begleitung kommt man regelmäßig an Generatoren zum Stehen, die den weiteren Weg nur durch Einspeisung eines Großteils von Knacks Relikten öffnen. Und so geht Zyklus aus Wachsen und Schrumpfen regelmäßig wieder von vorne los, ohne dass viel Neues passieren würde. Ab und an sammelt man mal andere Partikel auf, wie etwa Eisklumpen, wodurch Knack dann in der Sonne nach kurzer Zeit wieder auf normale Größe zusammenschmilzt. Viel interessanter wird es aber nicht.

Thema verfehlt

Wo ein durchschnittlicher Gute-Laune-Klopper mit Hüpfeinlagen in kleinen Dosen oft noch keine allzu schlechte Idee ist, ist vielleicht die größte Enttäuschung, dass der Erfinder der PlayStation 4 das System mit seinem eigenen Titel maßlos überfordert. Die Partikeldichte und die belebte Effektarbeit sollten eigentlich die Power der neuen Konsole demonstrieren. Stattdessen erinnert Knack mit teilweise gruslig gestrigen Texturen, starken Slowdowns und Grafikrucklern daran, dass auch die neue Wunderhardware nur mit Wasser kocht. Eine Tatsache, die ich ob der mustergültigen Demonstration eines Killzone: Shadow Fall bisher gut verdrängte.

Sieht nach mehr Spaß aus, als es macht.

Knack fehlt letzten Endes eine Idee, die über eine Rechtfertigung für verschwenderische Partikeleffekte hinausginge. Es ist tumbe, einschläfernde und dabei doch anstrengende Stangenware, bei der man sich nicht wundern würde, wenn sie das Begleitspiel eines mittelmäßigen Animationsfilms wäre. Nur haben derartige Werke dieser Übung in Geistlosigkeit meistens zumindest interessantes Art-Design oder die Grundzüge einer fesselnden Geschichte voraus. Knack hat nichts dergleichen. Es ist von vorne bis hinten zwar problemlos erträglich, setzt aber Persönlichkeit und Charme mit Knopfaugen und dicken Nasen gleich.

Den größten Bock schießt das Spiel aber, indem es seine eigene Prämisse mit der schwachen Technik selbst entkernt. So kommt es, dass Knack weder als technisches Showcase noch als stumpfer, kurzweiliger Zeitvertreib wirklich zu gebrauchen ist. Viel endgültiger kann man sich seine Daseinsberechtigung nicht selbst entziehen.

4 / 10

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In diesem artikel

Knack

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Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

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