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Luxusschiff oder Schrottfrachter? Eine erste Bestandsaufnahme von X Rebirth

Im Weltall hört mich jeder schreien.

Kennt ihr das? Ihr vertieft euch so sehr in ein Spiel, dass ihr schon mal vergesst, einen Spielstand anzulegen. Und dann, ganz plötzlich ... zack ... „X Rebirth funktioniert nicht mehr." Toll, danke. Okay, dank Autosave werde ich ja zumindest nicht allzu viel verloren haben. Aber Moment, bei der Rückkehr ins Spiel muss ich feststellen, dass es gar kein Autosave gibt! Und das im Jahr 2013. Was zur Hölle? Ich dachte eigentlich, das wäre mittlerweile Standard.

In solchen Augenblicken würde ich am liebsten den Controller vor Wut gegen die nächste Wand pfeffern, aber dazu ist mir das gute Stück dann doch zu schade. Und es verdeutlicht ganz gut, dass X Rebirth leider immer wieder ein echtes Miststück sein kann.

Zumindest war das in puncto automatisches Speichern bis zum Wochenende so, am Samstag hatte Egosoft endlich ein Einsehen und fügte diese Funktion über einen neuen Patch hinzu. Gleichermaßen verdeutlicht die Situation aber zwei Dinge: Einerseits kümmert sich Egosoft um sein Spiel, hat bereits sechs Patches veröffentlicht. Allerdings ist das auch bitter nötig, denn es liegt einiges im Argen, sodass die Entwickler in den kommenden Wochen und Monaten mit Sicherheit noch einiges zu tun haben werden.

Was nun?

Zu Beginn des Spiels habt ihr zwei Optionen: Einmal könnt ihr die Kampagne spielen. Die dient gewissermaßen als Einführung in das X-Universum und ihr könnt in der Haut von Ren Otani ein paar Abenteuer erleben, in deren Verlauf ihr dann eben auch Kontakt mit diversen anderen Elementen des Spiels bekommt. Ihr handelt etwa Waren, dem Abbau in Asteroidenfeldern Mineralien ab oder Erfüllung Missionen. Dabei seid ihr jedoch nur auf ein einzelnes Schiff beschränkt, könnt keine anderen kaufen.

Nein, die Galactica hat sich nicht im Universum geirrt.

Das eigentliche Herzstück ist aber das freie Spiel, in das ihr euch ohne irgendeine Form von Hintergrundgeschichte stürzt. Euer Ziel besteht hier einzig darin, euch die Karriere eurer Wahl aufzubauen. Ob Händler, Pirat oder Kopfgeldjäger, es bleibt euch überlassen. Die bekannte X-Formel also. Und auf den ersten Blick ist diese Welt riesig. Es gibt diverse Sternensysteme und Sektoren mit Raumstationen, zwischen denen ihr hin- und herfliegen könnt. Und die sehen obendrein noch ganz schick aus. Ob ihr nun zwischen diversen Asteroiden herumfliegt oder euch recht nah an einer Sonne aufhaltet, optisch stimmt das Ganze schon mal.

Und währenddessen herrscht reger Betrieb. Ihr seht ganze Schlangen an Frachtern, kleineren Transportern und dergleichen, während die Polizei Schiffe scannt oder um die Stationen herum patrouilliert. Im Grunde könnt ihr hier so gut wie jedes einzelne Schiff kontaktieren, in jedem Hangar landen. Dabei zeigt sich aber auch schon eine der Schwächen des, nun, sagen wir suboptimalen Interfaces. Dass einzelne Andockpunkte auf den Stationen verteilt sind - etwa für verschiedene Einrichtungen wie Bars, Werkstätten und dergleichen -, macht ja noch Sinn. Aber selbst jedes kleine Informationshäppchen über eine Station - die bringen euch zum Beispiel Rabatte ein, wenn ihr die Module scannt - oder auch Aufträge müsst ihr anhand wirklich kleiner Symbole direkt vor Ort abklappern. Ein allgemeines Anschlagbrett für Aufträge? Gibt es nicht. Ihr müsst mühsam von einer Ecke der Station zur anderen fliegen, um etwaige Aufträge zu entdecken. Mitunter werden die Symbole gar verdeckt, wenn sein anderes Objekt das Sichtfeld blockiert ...

Die Aufgaben selbst sind - abgesehen von den Missionen der Hauptkampagne - zufällig erstellte Einsätze, in denen ihr mal einem Piraten sein Schiff unterm Hintern wegschießen sollt, dann begleitet ihr einen Frachter in den recht langatmigen Eskortmissionen oder sollt für eine Station eine bestimmte Ware besorgen. Das ist alles okay und es lässt sich gutes Geld damit verdienen, ein paar interessante Aufgaben hier und da wären aber schon wünschenswert gewesen. Warum nicht mal hier und da ein paar kleinere Handlungsbögen einstreuen, die mich für drei Missionen oder so beschäftigen?

"Obendrein ist X Rebirth zuweilen unnötig kompliziert. Das Spiel erklärt euch zwar manche Dinge, aber bei anderen könnt ihr auch manchmal einfach nur raten."

Zumindest außerhalb der Stationen wird durchaus optische Abwechslung geboten.

Raketenwissenschaft

Obendrein ist X Rebirth zuweilen unnötig kompliziert. Das Spiel erklärt euch zwar manche Dinge, aber bei anderen könnt ihr auch manchmal einfach nur raten. Grundsätzlich passt das Interface recht gut zum Gamepad - mit dem 360-Controller hat man das Schiff auch vernünftig unter Kontrolle -, aber insgesamt leidet das Spiel doch darunter, dass man es scheinbar primär darauf ausgerichtet hat. Die Folge: Verschachtelte Menüs, bei denen man mitunter wirklich suchen muss, bevor man das Richtige gefunden hat. Von der Karte wollen wir dabei gar nicht erst anfangen. Ich weiß ja nicht, was man sich bei manchen Spielelementen gedacht hat, aber wenn man auf der Karte nur feste Vergrößerungsstufen hat, sich nur anhand fixer Punkte umschauen kann - wählt eine Station, ein Schiff oder was auch immer - und nicht einmal in der Lage ist, seine Schiffe zu ganz individuellen Positionen zu schicken, ist das im Jahr 2013 schon ein starkes Stück.

Was ich dem Spiel zumindest bei mir zugutehalten kann, ist, dass es nach dem zu Anfang beschriebenen Absturz zumindest dahin gehend stabil lief. Dafür sinkt immer mal wieder an bestimmten Stellen die Performance ohne wirklich ersichtlichen Grund. Es gibt Abschnitte, in denen fast alles gut läuft, aber dann wiederum bricht alles zusammen. Ich hing mehrere Stunden an einer Stelle fest, weil ich unterschiedliche Probleme mit meinem Frachter hatte. Einmal wollte er keine Befehle mehr ausführen, dann fror das Handelsmenü ein, weil ich mehr als die 100 abzuliefernden Energiezellen gekauft hatte ... Das sind dann Momente, in denen man auch in der Story nicht mehr vorankommt und langsam, aber sicher zu verzweifeln beginnt. Hätte ich das Spiel gekauft, wären die ersten fünf, sechs Stunden ein guter Grund gewesen, mein Geld zurückzuverlangen.

Um beim Interface zu bleiben ... ein X Rebirth ist zuweilen sogar den Wing-Commander-Spielen unterlegen. Warum kann ich Ziele nicht per Tastendruck wirklich fest einrasten? Und warum ist es mir nicht möglich, das am nächsten befindliche Feindschiff als Ziel zu bestimmen? Das sind die Dinge, die ich in einem Weltraumspiel eigentlich standardmäßig erwarte. Und kommt mir bloß nicht dem Controller als Ausrede, ich nutze den auch gerne im Zusammenspiel mit meiner Tastatur, an Tasten mangelt es da sicher nicht. Erfasst werden Ziele somit nur, wenn ihr für kurze Zeit das Fadenkreuz auf sie richtet, was in gewissen Situationen aber auch nicht immer so einwandfrei klappt, wenn sich etwa mehrere Schiffe auf einem Haufen tummeln oder ihr euch mitten im Gefecht befindet.

"Problematisch wird es für euch meist nur dann, wenn ihr ins Visier einer ganzen Gruppe von Feinden gelangt - oder euch im Schussfeld größerer Schiffe aufhaltet, die euch mit ihren Geschütztürmen bearbeiten."

Auch mit größeren Schiffen nehmt ihr es auf.

Die Kämpfe an sich sind, nun, ganz okay. Einerseits sorgt die eben erwähnte Zielaufschaltung nicht immer für ganz so dynamisch und unkompliziert ablaufende Kämpfe, weil man sich eher erst einmal auf das Ziel konzentriert, das vom Spiel bestimmt wurde. In Wing Commander und vergleichbaren Titeln hatte ich zwischendrin auch mal ganz bequem das Ziel gewechselt. Davon abgesehen scheinen so gut wie alle feindlichen Piloten noch ziemliche Anfänger zu sein, zumindest lassen das ihre immer gleichen Manöver der Marke „Basiskurs Weltraumfliegen" vermuten. Draufhalten, ein bisschen davonfliegen, umdrehen und wieder von vorne. Problematisch wird es für euch meist nur dann, wenn ihr ins Visier einer ganzen Gruppe von Feinden gelangt - oder euch im Schussfeld größerer Schiffe aufhaltet, die euch mit ihren Geschütztürmen bearbeiten.

Auf der Autobahn

Für die Reise zwischen Systemen und Sektoren setzt man auf die Highways, quasi mehrspurige Autobahnen im Weltraum. Ein bisschen erinnert das System auch an Freelancer. Jedenfalls könnt ihr in den Highways von X Rebirth zwischen den insgesamt neun Spuren wechseln und auch mittendrin einfach den Highway verlassen. Wenn ihr wirklich schnell ankommen wollt, seid ihr dazu gezwungen, euch im „Windschatten" anderer Raumschiffe aufzuhalten, die euch dann quasi mitziehen. Und hier gibt es dann wieder etwas langsamere und auch extrem schnelle Schiffe.

Weniger gut umgesetzt ist da schon die Idee, dass ihr praktisch an jedem Hangar aussteigen könnt. Wobei: Grundsätzlich klingt das ja gar nicht mal schlecht, nur seht ihr in der Praxis immer und immer und immer wieder dieselben vier, fünf Örtlichkeiten. Den Hangar von Schiffen könnt ihr gar nicht erst verlassen, ansonsten gleichen sich Bars, Handelsposten und dergleichen in ihren Innenräumen nahezu wie ein Ei dem anderen. Ein bisschen optische Abwechslung hätte dem Spiel hier gut getan - im Weltraum selbst klappt das ja auch.

Was man sich aber dabei gedacht hat, überall Kisten und Spinde zu verteilen, die ihr aufmachen und alles Zeug darin mitnehmen könnt - ich weiß es nicht. Zugegeben, es bringt euch ein paar Credits ein, wenn ihr lange genug gesammelt habt, aber durch Missionen verdient ihr weitaus mehr und das auch schneller. Es fühlt sich vielmehr wie eines dieser Spielelemente an, die man halt eingebaut hat, weil ... ja, weil man es einfach kann. Oder so. Mir fällt jetzt jedenfalls kein wirklich vernünftiger Grund dafür ein.

"Was man sich aber dabei gedacht hat, überall Kisten und Spinde zu verteilen, die ihr aufmachen und alles Zeug darin mitnehmen könnt - ich weiß es nicht."

X Rebirth - Trailer

Und landen müsst ihr so oder so schon recht häufig, wenn ihr bestimmte Händler besuchen oder neue Mitglieder für eure Crews anheuern wollt. Das wirkt zuweilen so, als würde man euch dazu zwingen wollen, dieses neue Feature auch zu nutzen, indem man die Händler schön darin verteilt. Hier wäre weniger mehr gewesen. Ihr stoßt dabei zudem stets auch auf identisch aussehende Figuren, zuweilen sogar noch im selben Andockbereich.

Eigentlich möchte ich als alter Privateer- und Freelancer-Veteran X Rebirth wirklich mögen. Aber Egosoft macht es mir derzeit leider unnötig schwer. Das liegt einerseits schlicht an offensichtlichen Fehlern und Bugs, andererseits aber auch an grundlegenden Designentscheidungen. Zuweilen ist das Spiel einfach unnötig kompliziert, erklärt euch Dinge nicht oder erwartet, dass ihr bestimmte Sachen schon selbst herausfinden werdet. Hinzu kommt ein schwaches Interface, für das man sich zu steif auf den Controller fokussiert und dabei wichtige Elemente, die man in so ziemlich jeder anderen aktuellen und auch früheren Weltraumsimulation findet, schlichtweg vergessen hat.

Ja, X Rebirth ist derzeit eine große Baustelle. So sehr, dass ich mich wirklich frage, warum man das Spiel nicht über den Early Access auf Steam veröffentlicht hat? Denn genau dorthin würde es im aktuellen Zustand noch am ehesten passen: Es ist ein Spiel, das sich derzeit noch entwickelt.

So viel also zur ersten Bestandsaufnahme. Unser abschließendes Urteil zum Spiel folgt in Kürze.

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X Rebirth

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Benjamin Jakobs

Leitender Redakteur News

Benjamin Jakobs ist Leitender Redakteur, seit 2006 bei Eurogamer.de und schreibt News, Reviews, Meinungen, Artikel und Tipps.
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