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Speedball 2 HD - Test

Anfang der 90er war die 'Ice Cream' süßer.

Früher war alles besser. Vor allem weil es früher war und die rosarote Brille für den Rest sorgt. Nimmt man diese jedoch erst mal ab…

Man konnte die Uhr danach stellen: Bei jeder Zeitlupe eines der plötzlichen Tore schallte es von den Rängen "Ice Cream, Ice Cream!". Wir waren 1990 12, 13 oder 14 Jahre jung und dieses glasklare Sprachsample klang damals noch verhältnismäßig futuristisch, brannte sich auf ewig in unsere Gehörgänge. Dass das Spiel dazu einfach unerhört gut war - temporeich, kompromisslos und dank des Sportgedankens wundervoll wettbewerbstauglich - half natürlich. Jeder von uns hatte Rollerball gesehen, mehrfach. Das in einer nicht weniger brutalen Handballvariante selbst zu spielen, das war damals einfach das Größte.

Die Neuauflage die Vivid Games unter Leitung Jon Hares (Sensible Software, jetzt Tower Studios) und der Bitmap Brothers anfertigte, setzt spielerisch genau an derselben Stelle an. Es gleicht prinzipiell diversen anderen HD-Überarbeitungen, bei denen das neue, handgezeichnete Grafikkleid einfach auf dem alten Spielcode zu liegen scheint. Das bewirkt dankenswerterweise, dass sich Speedball 2 HD haargenau so anfühlt, wie noch vor 23 Jahren. Selbstverständlich bleiben die Animationen der Figuren ebenso spärlich wie damals und auch die arg primitive Ballphysik hat nicht wirklich etwas dazugelernt. Aber als Kenner des Originals ist man sofort wieder drin.

Auch dafür gibt's Punkte!

Und wer mit ein paar Jahren Abstand zum Original an die Sache herangeht, der muss sich zwangsläufig fragen, ob das so gut ist. Ein paar neue Items, Spielfelder und -Varianten kamen zwar hinzu, aber im Grunde gilt immer noch: Ein Knopf und das Steuerkreuz genügen, um sich durch diverse Ligen und Cups zu schlächtern. An beiden Seiten des Feldes ein kleines Tor, rechts und links an der Wand je ein Looping, durch den man die Kugel für einen Multiplikator kegelt. Die Sterne, die man für Bonuspunkte anknipst, finden sich ebenfalls noch an derselben Stelle, wie die Teleportschächte, bei denen der Ball auf der anderen Feldseite wieder ins Spiel gebracht wird. Der eigentliche "Sport" dahinter besteht dem Buttonkontingent entsprechend aus Werfen (bei Ballbesitz) oder Grätschen beziehungsweise Schlagen (in der Verteidigung). Und dementsprechend ist es ein Tasten zerquetschendes Geholze vor dem Herren.

Finesse ist weniger gefragt als Tempo, weshalb man schnell die Grenze des Machbaren erreicht und das Spiel dann an Reiz verliert. Die Wahl des aktiven Spielers regelt der Computer immer noch nicht 100-prozentig zufriedenstellend, was das allgemeine Durcheinander noch verstärkt. Und dass die Kollisionsabfrage auch schon 20 Jahre auf dem Buckel hat, merkt man ebenfalls direkt. Erfolgreiche Torwürfe registriert man nur wegen des Jubels und der einsetzenden Slo-mo - ICE CREAM!! - und warum bei eindeutigem Grätschenkontakt manchmal nichts passiert, ist nicht ersichtlich. Im Karrieremodus nutzt man überdies die doch ziemlich dumme KI sehr unverfroren aus. Die macht sich keine Gedanken, den Multiplikator des Spielers zu reduzieren. Sie ist im Angriff so bemitleidenswert geradeaus, dass man im Nu zwei oder drei der gegnerischen Spieler mit schweren Verletzungen vom Platz gefegt hat. Am Ende gewinnt man manchmal mit 100 Zählern Unterschied.

Im Sturm aufs gegnerische Tor hilft immer noch der einfache Exploit, den Torwart aussteigen zu lassen oder wahlweise ihm den Ball zuzuwerfen, um dann in ihn hineinzugrätschen. Das klappt so lange, bis man eine Liga aufsteigt - und genau das dann nicht mehr funktioniert. Auf einmal fallen die eigenen Leute bei Kontakt mit dem 'Feind' wie von selbst wie die Fliegen und man darf erst mal wieder endlos frustrierend Upgrade-Punkte grinden, bis es besser wird.

Gerade die Gesichter rufen doch Erinnerungen an Bitmap-Brothers-Titel wach.

Immerhin füllt die HD-Version in 1080p meinen Fernseher schön scharf und übersichtlich aus. Die Benutzerführung ist in den Mannschaftsmenüs allerdings unter aller Sau, jedenfalls, wenn man mit einem 360-Controller spielt. Regelmäßig muss man zur Maus greifen, um bestimmte Elemente anzuklicken. Visuell gibt sich das Ganze recht nah an der Vorlage, wofür man Vivid Games durchaus ein Kompliment machen darf. Allerdings hat es das Original mit seiner metallischeren Farbpalette und dem deutlich stringenter durchgezogenen Bitmap-Brothers-Stil natürlich einfacher, nostalgische Gefühle zu wecken.

Und die braucht es schon, will man mit Speedball 2 HD eine gute Zeit verbringen. Auf der Couch mit einem alten Freund - Online-Modi sind nicht vertreten - blitzt sie hier und da schon noch auf, die Magie von damals. Mehr als eine halbe Stunde am Stück hält sie 2013 aber leider nicht mehr an. Manchmal tut sie fast ein bisschen weh, die echte, ehrliche Erkenntnis, dass nicht alle alten Lieblinge gut gealtert sind.

5 / 10

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Speedball 2 HD

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Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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