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Zwei Chaoten auf dem Weg nach Osten - Strider HD

Kasachstan erinnert sich an sein metroidvanisches Erbe.

Double Helix aus der Kunststadt Irvine, Kalifornien - Blizzard und Obsidian sitzen gleich um die Ecke - ist ein Studio, das seinen Weg noch nicht gefunden hat. Silent Hill: Homecoming war ein solider Start. Hätte schlimmer kommen können. Dann G.I. Joe, die erste Niete. Front Mission Evolved, MX vs. ATV Evolved, Green Lantern, Battleship, alles Flop bis geht so. Im letzten Jahr kam man mit Killer Instinct wieder auf einen grünen Zweig und nun steht im Auftrag von Capcom das erste Strider seit fast 15 Jahren an, eine Serie, die ebenfalls ihren Weg auch nach einem Vierteljahrhundert nicht gefunden hat. Die Zwei scheinen gewissermaßen wie füreinander gemacht.

So kennt man das …

Das allererste Strider aus 1989 war ein Arcade-Klassiker und auch auf Mega Drive und den Heimcomputern ein für seine Animationen und verrückten Gegner beliebter Action-Sidecroller. Dann kam Strider II für besagte Heimgeräte, ein trauriger Aufguss. Strider II - auch unbekannt als Strider Returns - sollte man jedoch nicht mit Strider 2 verwechseln, ein ebenfalls nicht zu bekannter PlayStation-Titel aus 2000, der durchaus an das Original erinnerte. Spielte sich gut, war so schnell vorbei, wie er kam, während sich das Erste in etwas mehr als 10 Minuten beenden ließ. Jetzt also Strider HD. Ja, es sieht so aus, als hätten mit dem Spiel und dem Studio zwei Chaoten zueinandergefunden.

Viele Wege führen zum Grandmaster

Das Erstaunliche ist, dass dieses Zusammentreffen von Spiel und Studio durchaus gesegnet wirkt. Strider HD ist nicht, wie der Titel andeutet, ein schlichtes Remake des Originals. Hielt sich Capcoms letztes aufwändiges Remake, Duck Tales, sehr nah an das Vorbild, nimmt sich Double Helix, was es braucht und fügt es in eine Art Metroidvania Light ein. Sehen die ersten Minuten noch nach der sehr direkten Von-links-nach-rechts-Action des Arcade-Klassikers aus, beginnt sich das Spielfeld schnell in viele Ebenen und Wege aufzuteilen. Der erste Abschnitt ist noch recht gradlinig, aber dann geht es in die Hauptstadt des Evil Empire und auf Konfrontation mit vielen Hindernissen, die andeuten, dass ihr hier ein paar Stunden und Extra-Talente später weiterkommen könnt. Bestimmte Bodengitter oder Portale, die einladend leuchten, eure Anwesenheit aber zunächst mit einem „Du kommst hier nicht rein“ quittieren.

… so krümelig sieht es jetzt gelegentlich aus. Trotzdem hübsch.

Also hüpft und schnetzelt ihr euch entlang des relativ deutlich markierten Weges auf der Suche nach dem nächsten Upgrade durch Horden an Robotern, die die damals doch recht menschlichen Gegner ersetzen. Andere Zeiten. Auch der Hauch des kalten Krieges verblasst immer mehr. Im Jahr 2050 oder so ist die ja durchaus real existierende Kasachische Sowjetische Volksrepublik als Schauplatz nun nicht mehr ganz so prominent genannt und die Hauptstadt scheint nicht länger St. Petersburg zu sein - es hat wohl mal jemand auf eine Karte geguckt. Vor allem jedoch gibt es kein vielköpfiges Zentralkomitee mehr, aus dessen Mitgliedern sich eine Metallschlange formt. Ach ja, andere Zeiten, als die Russen noch böse waren … Oh. Stimmt, da ist ja immer noch was. Aber Metallschlangen aus Zentralkomitees, das machen sie nicht mehr.

Und eigentlich ist es ja auch nur ein unterdrücktes Volk, dass der Grandmaster versklavt hat und nun vom Super-Ninja gerettet werden muss. Der ein klein wenig berühmte Sprung mit einer Purzelbaum-Rolle blieb natürlich erhalten und auch das Klettern an Wänden und Decken gibt es noch. Dieses wurde sogar noch viel wichtiger, gibt es nun besagtes Level-Labyrinth, bei dem ihr von Zeit zu Zeit immer wieder mal auf die Karte schauen müsst. Upgrades für die Lebensenergie und die Spezialattacken gehören seit jeher dazu und auch das Schwert wurde keinesfalls gegen eine andere Waffe getauscht. Damit ist die wichtigste Taktik auch hüpfen, schnell auf die praktisch durchgehend mit Schusswaffen gerüsteten Gegner zustürmen und bloß keine Zeit dabei verschwenden, auf dass sie mit ein paar Hieben sofort in mehrere Teile zerfallen.

Altes Tempo trotz neuer Bremse

Der Spielablauf erhält sich trotz der verästelten Pfade so sein Tempo. So lange ihr es mit Feinden in einem Bereich zu tun habt, findet ihr euch gerade später so massiv unter Feuer, dass ihr nicht umhin kommt, erst einmal aufzuräumen und dabei Arcade-Instinkten zu vertrauen. Anschließend orientiert ihr euch und guckt mal, wo es langgeht und wo noch versteckte Boni schlummern könnten. Es war bisher eine solide Mischung aus dieser Hoch-Adrenalin-Action und ein wenig Erkundungsausflügen mit mal mehr, mal weniger befriedigenden Funden in Form besagter Upgrades oder Archivbildchen.

Es bleibt ein Spiel, das sich am elegantesten mit einem Arcade-Stick lenkt.

Hangeln und Klettern sind immer noch überlebenswichtig.

Optisch gab man sich viel Mühe, sowohl den Charme des Klassikers einzufangen und übernahm stilistische Elemente wie die eigenwilligen Sprünge des Helden oder den generellen Look einzelner Levelteile. Dieser wird zwar immer wieder mal durch ein paar sehr generische Abschnitte mit metallischen Korridoren geschmälert, aber insgesamt wecken die Spielumgebungen schon ein Gefühl von Vertrautheit. Sehr überzeugt von der modernen Hardware wird dabei oft jedoch extrem weit herausgezoomt, um mehr Deko zu zeigen und auch den Überblick im Level zu wahren. Das ist sicher nicht unberechtigt, lässt die Action jedoch auf einem 42er TV mitunter ganz schön nach Mäusekino aussehen.

Selbst in diesen Momenten zwecks besserer Erkennung zusammengekniffener Augen tut die sehr flüssige Steuerung, die nun deutlich flexibler reagiert als in den vorigen Spielen, ihr Bestes, um euch den Weg zurück zum letzten Checkpunkt zu ersparen. Der Analog-Stick der Pads eignet sich seit jeher nur bedingt für so schnelle und präzise Richtungswechsel. Habt ihr die nötige Kontrolle, hält sich die Zahl der Tode arg in Grenzen. Waren die alten Titel in dieser Richtung sehr unvergebend, werdet ihr nun häufig und großzügig mit Heil-Items versorgt. Das passt zwar zu der Umgestaltung im Levelaufbau. Aber es lässt auch so manche Gegnerhorde sehr beliebig und redundant wirken, wo sie zuvor ein echtes Hindernis gewesen wäre, das man besser ohne anzuecken niedergestreckt hätte, will man den Boss kennenlernen.

Sterbt ihr durch einen Sturz, verliert ihr nur etwas Lebensenergie und werdet zurückgesetzt. Ist die Energie allerdings am Ende, merkt ihr, dass man mit den Rücksetzpunkten knauserig war.

Strider HD fühlt sich als Spiel gut an, es erinnert oft dank seiner präzisen Steuerung, schnellen Action und im Stil gut wiedererkennbaren Grafik an das Beste der zerrissenen Serie. Was den neuen Weg in das labyrinthische Gezweig der Metroidvania-Level angeht, bin ich noch nicht ganz so sicher. Die klassischen Arcade-Titel hatten es dank ihrer sehr kurzen Spielzeit und dem ebenso dünnen Umfang leicht, jeden Meter in etwas zumindest vage Erinnerungswürdiges zu verwandeln. Vieles, was jetzt dazukam, spielt sich zwar nicht schlecht, wirkt jedoch schon ein wenig wie ein etwas uninspirierter Platzhalter, gerade eben weil es immer wieder so eindrucksvolle Momente dazwischen zu bieten hat. Es sieht so aus, als wüssten weder Studio noch Spiel immer so ganz genau, wo die Reise hingeht. Aber angesichts des Spaßes an der purzelbaumschlagenden Bewegung des recht gut gealterten Helden dürfte sich das am Ende verzeihen lassen.

In diesem artikel

Strider (2014)

PS4, Xbox One, PS3, Xbox 360, PC

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Über den Autor
Martin Woger Avatar

Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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