Wenn du auf einen Link klickst und etwas kaufst, können wir eine kleine Provision erhalten. Zu unseren Richtlinien.

Murdered: Soul Suspect - Der Tod ist noch lange nicht das Ende!

Als Geist auf der Jagd auf den eigenen Mörder

Da habe ich gerade erfahren, dass in Salem, Massachusetts ein Killer sein Unwesen treibt und mein Spielcharakter, der Polizist Ronan O'Connor, sich auf einer heißen Spur befindet, da naht auch schon dessen Ende. In extremer Zeitlupe fliegt Ronan aus dem Fenster, Glasscherben wirbeln dramatisch um seinen Kopf und im Fensterrahmen weit über ihm ist schemenhaft eine Gestalt zu erkennen. Keine fünf Minuten im Spiel und sein Körper liegt zerschmettert auf der Straße - das ist mal ein wirklich ungewöhnlicher Anfang.

Um wichtige Spuren zu sichern, müsst ihr auch eure eigene Leiche untersuchen.

Keine fünf Minuten im Spiel und mein Körper liegt zerschmettert auf der Straße.

Jetzt stehe ich also da: Der durchscheinende Körper, niemand kann mich hören oder sehen - ich bin ein Geist und schaue fassungslos auf meinen eigenen Körper, der auf dem Beton liegt. Gemeinerweise macht mir das Spiel jetzt Hoffnung und verlangt, dass ich meinen Astralkörper durch gefühlvolle Bewegungen des Controllers mit meiner leblosen Hülle ausrichte. Kurz bevor ich wieder Besitz von meinem Körper ergreife, taucht mein Mörder auf, um seine Arbeit zu vollenden. Gnadenlos zielt er mit meiner eigenen Dienstwaffe auf mich und feuert ein ganzes Magazin ab. Das war es dann, ich bin gefangen in der Geisterwelt.

Über die Brücke musst du gehen!

Warum wurde O'Connor getötet? Wer ist der Killer? Und warum wandelt ihr noch als Geist auf der Erde? Die ersten beiden Fragen müsst ihr in mühsamer kriminalistischer Kleinarbeit im Laufe des Spiels selber herausfinden. Warum ihr ein Geist seid, wird gleich zu Beginn erklärt. Menschen können euch weder hören noch sehen, aber ihr seid in der Geisterwelt nicht alleine. Ein kleines Mädchen, der Kleidung nach offensichtlich schon länger dahingeschieden, lockt euch in einen Hinterhof und weiht euch in die Grundkenntnisse des Jenseits ein. Wird man nach dem Tod zum ruhelosen Geist, dann hat man noch etwas Wichtiges zu erledigen. In unserem Fall steht noch die Aufgabe den eigenen Mörder zu fassen aus. Erst dann dürfen wir aus der gruseligen Zwischenwelt fliehen und „Über die Brücke gehen". Was euch auf der anderen Seite besagter Brücke erwartet, wird nicht genauer definiert. Hoffen wir mal, dass es das Paradies ist. Oder zumindest nicht die Hölle.

Praktisch: Mauern stellen für einen Geist kein Hindernis dar.

Ein paar wichtige Regeln bekommt ihr auch gleich mit auf den Weg gegeben: Gegenstände könnt ihr nicht anfassen. In einem Haus könnt ihr bequem durch Wände gehen, um aber erst mal herein zu kommen bedarf es aber einer offenen Tür oder einem offenen Fenster. Ihr sollt ja nicht überall hinlaufen, sondern bitte nur da, wo es das Spiel gerade verlangt. Und dann wäre da noch die geisterhafte Parallelwelt, Dusk genannt, die sich euch in weißlichen Schlieren überall präsentiert und im späteren Verlauf nützliche Dienste erweist.

Der Sherlock Holmes der Geisterwelt

Das Dasein als Geist hat auch seine Vorteile und ihr verfügt über ein ganzes Arsenal übersinnlicher Fähigkeiten. So könnt ihr eine Person übernehmen und deren Gedanken lesen, durch ihre Augen sehen und Gespräche durch eigene Fragen beeinflussen. Eure erste Aufgabe: Den Tatort der eigenen Ermordung untersuchen und eine vorgegebene Anzahl an Indizien finden. Ihr belauscht Kollegen, manipuliert die Befragung von Zeugen und untersucht eure Leiche. Habt ihr genügend Hinweise gefunden, könnt ihr euch auf zum nächsten Handlungsort machen.

'Wir haben uns gedacht, was wäre wenn John McClane in „Stirb langsam“ gestorben wäre.'

Dumm aber gemeingefährlich: Geratet ihr in die Fänge eines Dämonen bedeutet das in der Regel „Game Over“.

Die Präsentation und Vorgehensweise erinnert an die Detektiv-Spiele wie Das Testament des Sherlock Holmes und erfordert, zumindest in den zum Probespiel freigegebenen Kapiteln, keine kriminalistischen Meisterleistungen. Mehr Potential zeigt sich im späteren Verlauf. Ihr besucht das Haus, in dem ihr auf euren Mörder gestoßen seid. Die Aufgabe: Vom Erdgeschoss in die letzte Etage gelangen.

Zur Auflockerung der Detektivarbeit kommt jetzt der Action-Anteil von Action-Adventure zum Tragen. In der Geisterwelt warten fiese Dämonen auf euch, die eure Seele einsaugen wollen. Glücklicherweise gehört auch ein Röntgenblick zu euren Fähigkeiten und ihr könnt die Biester als orangefarbene Schemen durch Wände hindurch erkennen. Eine direkte Konfrontation endet allerdings immer mit einem Game Over, also nutzt ihr den Dusk. Einfach in eine weiße Schliere eintreten und per Knopfdruck zur nächsten teleportieren. Gelang ihr so hinter eine der Kreaturen, greift ihr an und schickt es mittels eines Quick-Time-Events zur Hölle.

Stirb langsam

„Wir haben uns gedacht, was wäre wenn John McClane in „Stirb langsam" gestorben wäre. Er hätte bestimmt nicht aufgegeben, sondern einen Weg gefunden die Bösen zu besiegen", antwortet Eric Studer, Produzent bei Airtight Games, auf die Frage nach der Inspiration zu der Figur des Ronan O'Connor. Auch der Tränendrücker Ghost - Nachricht von Sam und Rockstar Games L.A. Noir standen nach Aussage Studers Pate bei der Entwicklung von Murdered.

Die Filmaffinität der Entwickler ist der Präsentation des Spiels auch deutlich anzumerken. So wird zum Beispiel das bewegte Leben von Ronan in kurzen Sequenzen erzählt und jedes wichtige Ereignis, von seinem Weg auf die schiefe Bahn bis zu seiner Läuterung durch seine Frau Julia, mit dem Entstehen einer Tätowierung auf seiner Haut visualisiert.

Im Gegensatz zu den schnellen Schnitten und eindringlichen Erzählweise der Zwischensequenzen, zeigt sich das Spiel in den ersten Stunden eher behäbig. Achtet man auf die strunzdumm agierenden Dämonen, kann man sich in aller Ruhe mit seinem Fall oder den zahlreichen Nebenhandlungen beschäftigen.

Ein Sturz aus dem Fenster und sieben Einschusslöcher, da lohnt es sich nicht das Rauchen aufzugeben.

Hier liegt für mich dann auch der besondere Reiz des Spiels. Überall trefft ihr auf Geistergenossen, die ihre eigene Leidensgeschichte erzählen. Eine Frau die einfach ihre Leiche nicht finden kann, ein verhinderter Selbstmörder in der Badewanne oder ein Gauner, der selber hereingelegt wurde. In sogenannten Side-Cases könnt ihr den unglücklichen Geistern zum „Gang über die Brücke" verhelfen. Die optionalen Aufgaben sind dabei keine bloße Spielzeitverlängerung, sondern bieten einen echten Story-Mehrwert. Denn man erfährt bei den Missionen auch mehr von Ronan und dem Schicksal seiner Frau Julia.

Lara Croft, Agent 47 und aktuell Meisterdieb Garrett: Square Enix hat in der letzten Zeit eher mit der Reaktivierung alt gedienter Helden von sich reden gemacht. Mit Murdered: Soul Suspect darf jetzt auch mal wieder eine frische Spielidee an die hart umkämpfte PC- und Konsolenfront. Einen toten Polizisten der auf Gangsterjagd geht gab es zwar auch schon in Ghost Trick - Phantom Detektiv für den Nintendo DS, aber was das Entwicklerstudio Airtight Games anbietet, ist ein auf den ersten Blick interessantes Action-Adventure - mit einem klaren Fokus auf Adventure - in schicker Film Noir-Optik.

Was mir gefallen hat ist die dezent unheimliche Atmosphäre, die schön schwarzhumorigen Dialoge mit meinen Mitgeistern und die kriminalistische Kleinarbeit. Schon nach der recht kurzen Anspielzeit ist mein Interesse an der Identität und den Beweggründen meines Mörders hoch. Was mir nicht gefällt, ist der Einsatz von Quick-Time-Events. Dieser nicht sonderlich kreative Action-Ersatz birgt immer die Gefahr schnell für Überdruss zu sorgen. Anschleichen, auf dem Bildschirm angezeigtes Knöpfchen im richtigen Augenblick drücken, der nächste Dämon bitte - ich hoffe die Anforderungen werden im Verlauf des Spiels deutlich differenzierter.

In diesem artikel

Murdered: Soul Suspect

PS4, Xbox One, PS3, Xbox 360, PC

Verwandte Themen
Über den Autor
Ulrich Wimmeroth Avatar

Ulrich Wimmeroth

Freier Autor

Mag Rollenspiele und Ego-Shooter, sammelt Retro-Konsolen und nutzt seinen PC hauptsächlich zum Schreiben über Spiele. Und für Strategie natürlich. Und das seit Dekaden.

Kommentare