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Windforge - Test

Steampunk, Walöl, Eigenbau-Luftschiffe, Contra-Action, Minecraft, RPG und noch mehr. Ein bisschen viel, oder?

Ideen und Mut im Überfluss, Dutzende von Spielelementen, leider keines davon so ausgereift, wie es für ein gutes Spiel sein müsste.

Ein in gewisser Weise fast einzigartiger Stil in 2D, Steampunk mit fliegenden Inseln, Schiffen und Walen, die auch alle fliegen, weil die Welt im Stile von Skies of Arcadia einfach keinen Boden kennt. Dazu Rollenspielelemente, Minecraft-Anleihen, Hüpfen und Schießen, als wäre es Shadow Complex, Kletterseil-Schwing-Akrobatik und vieles mehr, alles in einem einzigen, großen, glücklichen Brocken von Indie. Finanziert von Backern, befreit von den Fängen der Publisher, komplex und doch zugänglich, tiefgründig und endlos lange neu und erforscherfreundlich. Die Welt könnte so schön sein, wenn das Wörtchen "wenn" nicht wäre.

Ich will Dich mögen, mach es mir nicht so schwer!

Statt ob dieses Gewinnerkonzeptes in grenzenlosen Glücksgefühlen zu schwelgen, habe ich hier eines der seltsamsten Spiele der letzten Monate vor mir. Es sagt mir auf der einen Seite mit seinen visuellen Freuden und jeder Faser seiner Einstellung „Spiel mich!", scheint mich aber gleichzeitig mit hundert Kleinig- und Nicht-ganz-so-Kleinigkeiten zum Benutzen der letzten Taste ganz unten im Menü treiben zu wollen. Es gab genug Momente, in denen die Rückkehr zum Desktop mehr als nur ein wenig verlockend klang.

Die Luftkämpfe sind derzeit das mit Abstand Beste am Spiel...

Dabei ist dies bereits die inzwischen deutlich zurechtgepatchte Version von Windforge. Die Erstveröffentlichung stürzte gerne ab, fraß Spielstände für ihr Leben gern und war auch sonst auf jede Art garstig, wo es nur ging. Diese Probleme haben sich mittlerweile verflüchtigt - weitestgehend zumindest -, und es zeigt sich, woran dieses so hübsche Spiel wirklich krankt: Es spielt sich einfach umständlich. Und oft auch recht langweilig.

Fangen wir mit letzterer Sünde an. In einer fliegenden Welt, in der besagte fliegende Wale die wichtigste Energiequelle darstellen - kein Steampunk derzeit, das nicht auf Walöl läuft -, stellt deren kurz bevorstehende Ausrottung ein echtes Problem dar. Auch für die Wale wahrscheinlich, vor allem aber für den Energiehaushalt. Gut, dass es diese alte Legende von Tempeln einer vorherigen Zivilisation gibt, die eine bessere Energieversorgung kannten und diese auf verschiedenen Tafeln niederschrieben. Damit dürfte die Mission klar genug sein, auf geht's im eigenen Luftschiff.

... vor allem auch dank des Greifhakens, der wilde Manöver erlaubt und einfach zu handhaben ist. Im Gegensatz zu vielen anderen Dingen im Spiel.

Nach einem mehr oder weniger aufregenden Tutorial - fast alles ist aufregend, wenn es noch neu ist -, in dem ihr den ersten Tempel erkundet, den ersten Boss erledigt und euer erstes Luftschiff abstürzt und repariert wird, stellt sich eine gewisse Routine ein. Ihr sammelt Ressourcen, die ihr oft genug mit einem Presslufthammer aus der weitestgehend komplett zerlegbaren, dynamisch beim Spielstart generierten Landschaft holt. Minecraft lässt grüßen. Andere wichtige Bausteine für eure wachsende Flotte von Luftschiffen werden darauf gebaut oder gleich von mehr als oft genug vorbeischwebenden Luftpiraten geplündert.

Offen und endlos ist manchmal auch bedeutungslos.

Diese Kämpfe sind die Würze des Spiels und wenn ihr euch mit eurem Greiferseil an der Unterseite des Feindschiffes entlangschwingt, nur um auf der anderen Seite emporzuhechten und die Crew von hinten mit überzüchteter Feuerkraft zu bezwingen, dann fühlt sich das Leben gleich besser an. Für ein paar Sekunden, denn dann fällt das Spiel schnell wieder in die Ressourcen-Routine mit minimalem Erkundungsreiz zurück, bevor ihr schließlich einen neuen Tempel findet. Am Anfang hat man ja noch die Hoffnung, dass nur der erste Tempel ein leeres Nichts mit ein paar Gegnern, langweiligen Kisten und einem ganz netten Boss war. Dann zeigt sich, dass dies das Motto dieser ebenfalls immer neu errechneten Bauwerke ist. Die besten Momente sind die hektischen, Schwingseil-getriebenen Bosskämpfe und die Flucht aus dem Tempel. Alles, was davor liegt, ist Langeweile in Tüten, sei es in der Optik wie auch im Aufbau. Dafür, dass die Tempel ein zentrales Element sein sollen, das, wofür man spielt, vergleichbar mit den Dungeons eines Zelda, haben die Dinger wirklich nicht viel zu bieten.

Dafür, dass die Tempel ein zentrales Element sein sollen, das, wofür man spielt, vergleichbar mit den Dungeons eines Zelda, haben die Dinger wirklich nicht viel zu bieten.

Ja, die Tempel werden dynamisch generiert. Genauso spannend, wie es hier aussieht, spielen sie sich aber leider auch.

Die Idee, eine offene Spielwelt mit offenem Ende durch eine Geschichte zu beleben sowie im Rahmen der Offenheit natürlich mit weitgehend zufälligen NPCs und Quests zu bereichern, ist gut. Aber dass ihre ideale Umsetzung noch weit entfernt ist, zeigt sich schon bald. Es ist generisch, was einem Windforge meist vorsetzt. Nicht per se schlecht, es funktioniert im Rahmen des Flugschiffbaus und Weltenrettertums, aber für sich ist keine dieser Aufgaben auch nur ansatzweise interessant. Vor allem jedoch würden sie weit besser funktionieren, wenn es schlicht Spaß machte, einfach zu nur zu spielen, weil eben das Spielgefühl auf den Punkt sitzt und man nicht ständig daran denken würde, dass man selbst schon ein paar Gedanken hätte, wie die Steuerung zu überarbeiten sei.

Und, oh meine Güte, muss an der Steuerung was getan werden. Sie ist nicht direkt kaputt, es funktioniert alles irgendwie, aber nichts davon fühlt sich gut an. Das Springen ist ein seltsames Gleiten, die Anzeige für das Benutzen geht beim Abbau der Ressourcen gerne mal im Pixelchaos unter, das Zielen wird durch die gerade bei beweglichen Feinden eher krude Kollisionsabfrage und träge Flugbahn der Geschosse behindert und so weiter und so fort. Es sind alles Kleinigkeiten, aber vielleicht mit Ausnahme des Schwingens am Seil gibt es keinen Aspekt dieses Spiels in der Bewegung, der ohne solch unerfreuliche Kleinigkeiten auskommt. Es fühlt sich nie rund an, scheint immer ein wenig gegen euch zu arbeiten und da das den Dauerzustand des Spielerlebnisses beschreibt, ist das leider ein echtes Problem. Es fehlt einfach noch viel Feintuning, selbst bei Indies ist man inzwischen anderes gewöhnt.

Jetzt muss nur noch eine bessere Struktur für die 1200 Gegenstände gefunden werden, dann ist man schon ein gutes Stück weiter auf dem Weg zu dem Spiel, was Windforge sein sollte.

Das zieht sich leider auch bis in die konfusen Menüs hinein. Das Crafting funktioniert, aber wirkliche Übersicht suche ich nach wie vor. In einem Spiel, in dem Bauen so wichtig ist, muss es mehr Spaß machen. Sammeln ist nicht alles, Steuerung und Benutzerführung sollten sich dem restlichen Vergnügen nicht ständig in den Weg stellen. Genießt also am besten einfach den Stil. Und ignoriert irgendwie, dass es bis auf die Auflösung keine Grafikeinstellungen gibt, womit auch V-Sync fehlt und das Spiel ein beachtliches Tearing an den Tag legt. Wahrscheinlich gibt es irgendwo eine .ini-Datei dafür, aber ich will im Spiel bauen und nicht am Spiel. Zumindest bei so grundlegenden Dingen des Lebens, das reichte mir schon bei Dark Souls (Chance auf Wiedergutmachung dafür steht direkt vor der Tür, From Software. Gebt euch Mühe.). Schade, denn die Mischung aus den Bauelementen der Welt und der Schiffe, den eingestreuten Bitmap-Elementen für Spielfiguren, Hintergrundelementen und fliegenden Riesenwalen strotzt vor Charme und Charakter.

Es gibt wohl kein Element von Windforge, das nicht bestrebt scheint, sich auf die eine oder andere Weise ein Bein zu stellen oder gleich ins Knie zu schießen. Die Idee folgt mutig dem üblichen Größenwahn eines solch offenen Spiels, das alles bieten möchte, und folgerichtig hapert es dann bei der Umsetzung an tausend Details, die das eigentliche Spielvergnügen deutlich einschränken. Schade im Moment und wie glorreich für die Zukunft, wenn dann eines Tages alles gepatcht, nachgetragen und verfeinert wurde. Dann kann diese Mischung aus Bauwut, Erkundungsdrang und viel kreativer Action zu den Besten gehören, das Potenzial ist sicher da. Derzeit jedoch ist es leider zu sperrig in seiner Spielbarkeit, wird von langweiligen Dungeons, zu redundanten Nebenmissionen und einer Reihe von Problemchen hier und da geplagt, die sich alle zu etwas auftürmen, was Windforges innere Größe nicht richtig nach außen dringen lässt. Wenn ihr Tüftler seid, geduldig, in der Ausführung vergebend und im Ablauf auch mal genügsam, dann belohnt euch das Spiel oft genug mit Freude und Spaß. Ich hoffe wirklich, dass sich alles so weiterentwickelt, dass ich diese Einschränkung nicht mehr machen muss. Windforge ist eben eines dieser Spiele, das man lieben will, es einem aber nicht gerade leicht macht.

6 / 10

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Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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