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Was können andere Shooter von Wolfenstein: The New Order lernen?

Ein bisschen old school schadet nie.

Einfach herrlich, dieses Old-school-Feeling, das ich beim Spielen von Wolfenstein: The New Order verspürte. MachineGames' Debüttitel ist für mich einer der besten Shooter der letzten Jahre und macht vieles richtig. Dinge, die ich gerne auch vermehrt in anderen Shootern sehen würde, die allzu oft ins typische Schlauchmuster verfallen. Was also können andere Vertreter des Genres von Wolfenstein: The New Order lernen?

Bevor ihr weiterlest: Ja, hier gibt es Spoiler bezüglich einiger der späteren Schauplätze im Spiel, also achtet bitte darauf, falls ihr Wolfenstein: The New Order bislang noch nicht gespielt habt. Soll ja nachher niemand behaupten können, ich hätte euch nicht gewarnt. Zur Story an sich wird aber nichts verraten.

Es muss nicht immer alles 100 Prozent linear sein

Manch einer von euch mag ein Call of Duty nicht mal mit der Zange anfassen, aber ich dann da ganz ehrlich und sage, dass ich einmal im Jahr doch für ein paar Abende - ich spiele nicht alles in einem Rutsch durch - meinen Spaß damit haben kann. Verlaufen kann man sich da ja sowieso nicht. Nun, auch in Wolfenstein nicht unbedingt, aber es gibt eben weit mehr Optionen. Hier ein kleiner Lüftungsschacht, dort ein anderer Weg - und das regelmäßig. Auch wenn ihr die ganzen Sammelobjekte finden wollt, müsst ihr mitunter ein gutes Stück abseits des eigentlichen Weges suchen und herumschnüffeln. Oder anders gesagt: Es sollten nicht immer nur zu 100 Prozent lineare Level-Schläuche sein. Lasst mich durch Nebenräume gehen, anstatt immer vor verschlossenen Türen zu stehen, lasst mich durch Schächte kriechen, Feinde umgehen und ihnen in den Rücken fallen. Kurz gesagt: Gebt mir mehr Freiheiten.

Lasst dem Spieler die Wahl, ohne ihn auf eine Sache zu beschränken

Dieser nächste Punkt hängt auch mit dem ersten zusammen. Je weniger linear das Spiel ist, desto mehr Möglichkeiten hat man. Und wenn man den Spieler dann nicht zu einer Sache zwingt, umso besser. Wenn es beispielsweise mit dem Schleichen mal nicht klappt, heißt es nicht gleich „Game Over", was mitunter schon mal recht frustrierend sein kann, stattdessen entwickelt sich halt ein offener Schusswechsel. Wichtig ist hier aber, dass das Spiel weiterläuft. Es klappt nicht auf die eine Art, dann mache ich es eben auf die andere. Der Spielfluss bleibt erhalten. Wenn ich bei jedem Mal, als man mich beim Schleichen entdeckte, wieder hätte beim letzten Speicherpunkt anfangen müssen, hätte ich mit Wolfenstein: The New Order wohl weit weniger Spaß gehabt. Oder auch mit einem Deus Ex: Human Revolution.

Um die Ecke schauen kann ganz nützlich sein

In den wenigsten Shootern kann man sich zur Seite lehnen. Hier macht es natürlich umso mehr Sinn, wenn man die Stealth-Elemente des Spiels berücksichtigt. Hinter einer Kiste warten, bis eine Wache vorbeigelaufen ist, dann schnell ein ganz klein bisschen aus der Deckung hervorschauen und mit der schallgedämpften Pistole zuschlagen. Sam Fisher könnte es nicht besser. Aber davon mal abgesehen sind auch die Gegner in Wolfenstein ziemlich treffsicher, wodurch es zuweilen sehr schwierig wird, wenn man nicht in Deckung geht beziehungsweise gehen würde. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich würde auch gerne in anderen Shootern mal ein wenig um die Ecke schauen können, um zu sehen, was mich erwartet, anstatt gleich ins Schussfeld zu laufen und schon die ersten Treffer einzustecken, bevor ich mir überhaupt einen ersten Überblick verschafft habe.

Abwechslung und Story sind Trumpf

Was für eine Reise. Wolfenstein: The New Order geizt nicht mit Abwechslung und schreckt auch nicht davor zurück, euch für einen Level in ein Konzentrationslager zu schicken. Davon abgesehen geht es unter die Meeresoberfläche, nach Berlin, London und sogar hoch hinaus in die Nazi-Mondbasis (Iron Sky lässt grüßen). Ihr haltet euch nie so lange in einer Region auf, dass ihr euch daran satt seht, gleichzeitig hat man nie das Gefühl, dass man diese Schauplätze nur besucht, weil es die Designer so wollten, sondern weil die Geschichte das so verlangt.

Verdammt, sogar die kurze Sexszene wurde hier ohne großes Trara, glaubwürdiger und kontextueller umgesetzt als das, was man bislang in vielen Spielen gesehen hat. Und das in einem Wolfenstein. Wer hätte das vorher erwartet? Noch dazu hat The New Order erinnerungswürdige Charaktere und, was vielleicht sogar noch wichtiger ist, richtig hassenswerte Bösewichter zu bieten. Es nimmt sich selbst nie zu ernst, ohne aber dabei ins Lächerliche abzudriften. Und stellenweise erinnert es sogar ein bisschen an Tarantino-Filme.

Auf regenerierende Gesundheit kann man auch verzichten

Über regenerierende Gesundheit wird immer mal wieder fleißig diskutiert und Wolfenstein: The New Order setzt hierbei auf ein gelungenes Hybrid-System, das im Endeffekt das Beste beider Welten vereint. Grundsätzlich stärkt ihr eure Gesundheit durch Health Packs, aber bis zu den jeweils nächsten 20 Gesundheitspunkten, also zum Beispiel bis 20, 40 oder 60, regeneriert sie sich nach kurzer Pause ohne Treffer auch von selbst. Im Zusammenspiel mit den gut zielenden Gegnern könnt ihr in Wolfenstein: The New Order nicht einfach unüberlegt vorgehen, sonst seht ihr schneller die Radieschen von unten, als euch lieb ist.

Was das betrifft, bekommt man hier ein ganz gutes Gefühl dafür, nicht unverwundbar zu sein. Gleichzeitig bestraft euch das System auf die Art und Weise nicht ganz so sehr, wenn es mal nicht so gut läuft. Mit 20 Gesundheitspunkten eine schwierige Stelle in Angriff zu nehmen, ist zwar einfacher als mit fünf, aber trotzdem noch alles andere als leicht - vor allem dann, wenn man keine Möglichkeit hat, einen früheren Spielstand zu laden. Finden die Entwickler bei diesem System die richtige Balance, stellt es die Spieler genau vor die richtige Herausforderung, ohne allzu frustrierend zu werden.

Nicht jedes Spiel braucht einen Multiplayer

Endlich mal wieder eine Multiplayer-Diskussion. In Anbetracht der Spiele aus den letzten Jahren, von denen man im Vorfeld nicht unbedingt erwartet hätte, dass sie einen Mehrspielermodus bieten - etwa Uncharted 2, Tomb Raider, Max Payne 3 oder Mass Effect 3 -, wurde darüber schon recht häufig gesprochen und die Ergebnisse in den Spielen selbst waren mal mehr, mal weniger erfolgreich. Tatsache ist, dass man für den Multiplayer Ressourcen aufwendet, die ansonsten dem Einzelspieler-Part zugute kommen könnten. Und das ist es, woran sich viele stören. Will man wirklich in einem Tomb Raider ein Online-Deathmatch spielen? Zumindest was mich betrifft, kann ich diese Frage mit einem „Nein" beantworten.

Vermisst habe ich einen Mehrspielermodus in Wolfenstein: The New Order absolut nicht. Und das, obwohl ich etwa Wolfenstein: Enemy Territory eine ganze Weile online gespielt und geliebt habe - apropos, das wäre doch mal was für ein HD-Remake... Jedenfalls bot mir The New Order auch ohne Online-Part genügend Spielspaß und eine umfangreiche Kampage mit einer Länge von rund neun bis zehn Stunden. Und für so ein gutes Singleplayer-Spiel zahle ich auch gerne den Vollpreis, ohne mich hinterher schlecht fühlen zu müssen. Ein angetackerter Mehrspielermodus wirkt zuweilen wie ein unpassender, uninspirierter Fremdkörper. Dann doch lieber gleich darauf verzichten, wenn man keine vernünftigen Ideen hat.


Entwickler MachineGames hat bereits betont, dass man gerne eine Fortsetzung zu Wolfenstein: The New Order machen würde und dafür auch schon einige Ideen habe. Aber ob es dazu kommt, bleibt abzuwarten. Unverifizierten Daten von VGChartz zufolge hat sich der Shooter weltweit bislang knapp über eine Million Mal auf allen Plattformen verkauft.

In diesem artikel

Wolfenstein: The New Order

PS4, Xbox One, PS3, Xbox 360, PC

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Über den Autor
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Benjamin Jakobs

Leitender Redakteur News

Benjamin Jakobs ist Leitender Redakteur, seit 2006 bei Eurogamer.de und schreibt News, Reviews, Meinungen, Artikel und Tipps.
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