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Crouching Pony Hidden Dragon - Test

Der neue Retro-Trend: Frische Flops für alte Kisten!

Ein neues Neo-Geo-Spiel ist an sich eine nette Sache, aber hätte man nicht einen Hit statt eines Flops basteln können?

Das Neo Geo, diese lächerlich teure Monstrosität der frühen 90er. Es gibt darauf eine Reihe an Spielen, die man heute noch gut spielen kann. Tournament-Prügler wie Samurai Showdown sind exzellent, Shoot'em'ups wie Viewpoint hammerhart, aber fair, dazu visuell interessant. Eine Runde Windjammers oder Metal Slug, wer sagt da schon nein? Das ist für mich Neo Geo. Nicht Crouching Pony Hidden Dragon. Das ist infantiler, spielerisch unwürdiger Mist.

Viel Spaß beim Auseinandersortieren von roten und blauen Feinden. Dieser Mob hat euch übrigens in 1,2 Sekunden erreicht, womit sich Thema zum Glück eh erledigt hat und ihr von vorn anfangen dürft.

Dass ein französisches Team - Lecortex - sich vornahm, historisch wertvoll unterwegs zu sein, indem sie ein Neo-Geo-Spiel mit den Mitteln, Werkzeugen und Limitationen dieser Konsole schreiben, da habe ich nicht viel dran auszusetzen. Ein nettes Projekt, ein „mal gucken, was man da herausholen kann". Last Hope und Fast Striker sind sehr positive Beispiel aus dem letzten Jahrzehnt, wie ein Indie-Studio für eine alte Konsole ein paar sehr gute Spiele schreiben kann. Technisch kompetent, spielerisch konservativ, aber mit genannten Tugenden der guten Neo-Geo¬-Spiele ausgestattet.

Was mich wieder zu Crouching Pony zurückbringt, ein Spiel, das ich als so unangenehm empfinde, dass ich lieber gute Spiele aufzähle, als an diese letzten schmerzhaften Stunden zu denken. Fangen wir mit dem Design an. Es ist Neo Geo, also bereitet euch auf die niedrige Auflösung vor und dass es natürlich keine großen Effekte gibt. Das heißt aber nicht, dass ein Spiel mit der Farbpalette eines NES auskommen sollte. Durch die Bank wirken alle Level farb- und freudlos. Für eine Konsole, bei der selbst die größten Flops seinerzeit noch farbenfroh und einladend wirkten, ist das schon eine gewisse Leistung.

Das Level-Design ist das relative Highlight. Viele versteckte kleine Räume und Extras. Wenn es doch nur Spaß machen würde sie zu finden.

Dieser trübe Look hat den Sinn, dass ihr Rot und Blau besser auseinander halten sollt. Auf dieser Farberkennung basiert der einzige Kniff dieses an sich hohlen Prüglers. Blaue Feinde sollt ihr mit blauen Ninja-Sternen beschießen. Rote Feinde mit roten. Schießt ihr auf einen roten Gegner mit einem blauen Stern, dann prallt er ab und wird angesichts sehr kurzer Distanzen im Spiel mit hoher Wahrscheinlichkeit euch selbst treffen.

So weit, so einfach. Der Haken dabei ist, dass ihr in dem Chaos und Gewusel keine echte Kontrolle habt, was jetzt wo gleich abprallt und wen trifft. Die einzige Rettung ist es, sobald drei oder mehr Feinde in Sicht sind - was der Normalzustand ist -, nah heranzugehen, lieber ein paar Treffer einzustecken und draufzuschlagen. Das ist nämlich farbunabhängig. Spaßbefreit, strategielos und dämlich, aber zumindest steckt man nicht ganz so viele Treffer durch eigenes Feuer ein. Das ganze Elend gilt auch für die in Rot und Blau verteilten, dicht beieinanderstehenden und gut gemischten Kisten, in denen ihr ganz selten mal Lebensenergie, oft Zeit für den Timer und Geld für die rar verstreuten Shops findet. In keinem Spiel zuvor musste ich so viel Schaden einstecken, weil eine Kiste unter den Tritten kaputtging und die dahinterstehende dann die Sterne abprallen ließ, die nun folgen, weil ja keine Kiste mehr im Nahbereich herumsteht. Für ein Spiel mit diesem Tempo und diesen kurzen Distanzen ist es ein völlig ungeeignetes System, das ich mit einer Inbrunst hasse, die ich nach den ersten, nur leicht nervigen Minuten nicht erwartet hätte.

Solche speziellen Kämpfe sehen brutal aus und sind es auch, aber sie sind weit fairer als der Rest des Spiels, da sie nach einem geplanten Muster ablaufen.

Der Umstand, dass das Game auch sonst absolut unfair ist, hilft da nicht wirklich. Ihr steckt ein. Immer. Ausweichen ist an manchen Stellen schlicht unmöglich, zumindest ohne ein wenig zu kassieren. Gelegentlich beschließt das Spiel, dass es genug von euch hat, geht in den Arena-Modus, in dem ihr einen Screen nicht mehr verlassen dürft bevor ihr nicht sieben oder mehr Gegner getötet habt, die alle als chaotischer Mob über euch herfallen. Spätestens hier könnt ihr den ganzen Schwachsinn aus roten und blauen Sternen in die Haare schmieren. Habt ihr keine Smartbomb - teuer und selten -, war es das. Ihr könnt den ganzen Abschnitt noch mal spielen, ihr habt nur ein einziges Leben und in den höheren Stages steigt vor allem die schiere Masse an Glück, die ihr braucht, um das nächste Stück durch die Kreise dieser sehr eigenwilligen Hölle zu überstehen, in astronomische Höhen. Zu zweit im Koop ist es etwas besser, zumal man sich koordinieren kann, wer sich auf welche Farbe konzentriert und auch die Updates, die ihr euch nach und nach erarbeitet helfen ein wenig. Aber Spielfreude und die Illusion sinnvoller Härte bei gleichzeitiger Fairness ohne Willkür will einfach nicht aufkommen.

Es ist ein wenig schade um die recht offen aufgebaute Spielwelt und das generelle Ninja-Design des Games. Da ist nichts, was besonders innovativ oder aufregend wäre, aber es hat seinen Charme. Zumindest solange die Story und ihr Humor nicht dazwischen funken. Humor ist persönlich und ich denke, dass es genug Leute gibt, die so überdrehte wie abgestanden Ninja-Witze als spaßig empfinden. Ich schau mir für meinen Teil lieber noch mal Kung Pow! an, aber warum nicht, jedem seins. Nur warum der eine Spielcharakter ein aufrecht gehendes Pony ist - oder ein Typ in einem solchen Kostüm? - und der andere ein Pornomodell im Bikini mit einer Ledermaske... was weiß ich. Ist halt lustig. Oder so.

Diese freundliche Dame beugt sich bei jedem verkauften Extra weit vor. Das ist alles, kein weiterer Witz drum herum. Haben die französischen Entwickler von Lecortex nun Humor oder sind es infantile Sexisten? Das überlasse ich einfach mal euch.

Das ist eh das kleinste Problem dieses Horror-Ausflugs in eine Zeit, die zum Glück für das Neo Geo ganz anders war, als es dieses Machwerk suggeriert. Ja, man kann sich durchquälen. Es ist spielbar, irgendwie, eigentlich nur zu Zweit. Es ist auch interessant zu sehen, dass ein Team ihr Spiel mit den Limitationen einer alten Konsole entwirft und die technischen Klippen umschifft. Aber das Ergebnis sollte gutes Spieldesign ergeben, das trotz dieser Limitationen auf den eigenen Beinen stehen kann. Einen beim Spielen fast schmerzhaften Flop für ein altes System zu veröffentlichen ist weniger beeindruckend - wenn auch irgendwie recht innovativ. Das Team selbst sagt, dass man es nun auf dem PC veröffentlicht, weil man nicht elitär sein möchte. Alle sollen Crouching Pony Hidden Dragon spielen können, nicht nur ein paar Neo-Geo-Besitzer. Sie hätten ruhig elitär sein dürfen. Als das ebenfalls wohl erhältliche kuriose Modul in Kleinstauflage für ein totes System - 400 Euro -, hätte es als niedliches Sammler-Kuriosum enden können. So ist es peinlicher, spaßbefreiter Ramsch, den in Zeiten von Shovel Knight und Co. wirklich kein Mensch braucht.

2 / 10

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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