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The Last of Us' Factions-Multiplayer: Das beste Spiel, nach dem keiner gefragt hat

Nicht alle Spiele brauchen einen Mehrspielermodus. Ich bin trotzdem froh, dass dieses einen bekam.

Ein besonderer Twist ist der Gedanke, dass man nach einem tödlichen Treffer nur schwer verletzt am Boden zusammenbricht und dann aus der Schusslinie kriechen kann. Erreicht einen ein Kollege, bevor man verblutet, ist man im Handumdrehen wieder im Match, sucht sich ein Medikit und hat damit eines der so kostbaren Leben gespart. Jeder potenzielle Abschuss wird damit zu einem taktischen Element: Verbrauche ich aus der Ferne Munition für den Gnadenschuss, die mir in der nächsten Konfrontation fehlt, verlasse ich meine Deckung und geb' dem getroffenen Feind sparsam aus nächster Nähe den Rest? Oder lasse ich ihn dort liegen, auf dass sein Geschrei seinen Freund anlocken möge? Das Risiko ist klar: Läuft es nicht so, wie man es sich vorgestellt hat, hat man es anschließend wieder mit zwei putzmunteren Feinden zu tun - und jetzt wissen sie, dass man da ist.

Untermauert wird das alles von dem interessanten Crafting-System, bei dem man einmal mehr genau abwägen muss, wofür man seine wenigen Bauteile aufwenden will. Lieber die Nahkampfwaffe aufrüsten, die leise Angriffe ermöglicht, nach denen man nicht leuchtend für alle auf der kleinen Karte oben rechts eingeblendet wird, oder doch lieber eine Sprengfalle zum Werfen oder heimtückischen Platzieren? Brauche ich unter Umständen Medizin oder baue ich darauf, ein paar Gänge weiter einen Rotkreuzkasten zu finden? Da alle Bauteile nun an fixen Punkten im Level zu finden sind und es jedes Mal einen Ausschlag auf der Karte gibt, wenn einer geöffnet wird, ist auf den übersichtlichen, aber verwinkelten Karten auch Leerlauf nie ein Thema - aber die Gefahr hätte wohl auch ohne nicht bestanden, denn der Tod kann aus jeder Ecke kommen.

Einzig der DLC wirft der galoppierenden Freude ab und an einen Stock zwischen die Beine.

Es ist bewundernswert, wie das Loadout-System actionorientierte und schleichbasierte Spielweisen mühelos auf dieselbe Stufe stellt. Zu Beginn habt ihr zwölf Ausrüstungspunkte. Jede Waffe, die ihr mitnehmt, jedes Talent, das ihr wählt, zieht einen festen Wert von eurem Punktekonto ab. Das wird mit der Zeit zwar aufgestockt, aber ihr müsst euch immer zwischen Spezialisierung oder Vielseitigkeit entscheiden. Wollt ihr für den aus der Kampagne bekannten, hier aber in seiner Einsatzdauer stark limitierten Lauschmodus unsichtbar sein, wenn ihr euch geduckt fortbewegt? Oder lieber Feinde für alle Teammitglieder effektiver markieren können? Ich habe mittlerweile drei verschiedene Loadouts, von denen jedes perfekt auf verschiedene Situationen abgestimmt ist. Es war beinahe ein Spiel für sich, die für mich richtige Zusammensetzung herauszufinden.

Falls ihr es noch nicht gemerkt habt: Ich liebe The Last of Us' Factions-Spielvariante. Sicher, es gibt auch Probleme: So ist es etwa manchmal nicht ganz nachvollziehbar, warum man nun getroffen wurde, obwohl man sich doch in Deckung wähnte, und wie so oft in Naughty-Dog-Spielen überleben Spieler hier und da einen Kopfschuss, der hätte tödlich sein sollen. Auch die Ladezeiten und das Matchmaking - das durch den gestern erschienenen Patch jetzt etwas besser funktioniert - sind nicht über jeden Zweifel erhaben.

Vor allem aber stoßen die Mikrotransaktionen sauer auf, die dann anfallen, wenn man an gewisse Perks oder Waffen kommen will. Ich komme mir nicht benachteiligt vor, kann gut auf das Gebotene verzichten. Aber es fühlt sich an, als würde das Spiel in meinem eigenen Hinterhof einen Zaun errichten. Trotzdem habe ich große Probleme, mich von diesem eleganten, spannenden und einfach anderen Multiplayer-Modus loszueisen. Hier werden nicht die schnellsten Reflexe und ein kräftiger Abzugsfinger belohnt, sondern in erster Linie Cleverness und Übersicht.

Es gibt so viele Spiele, die nie einen Mehrspielermodus brauchten. Einige wenige haben aber trotzdem einen bekommen, an den man sich Jahre später noch mit Wonne erinnert. The Last of Us' Entwurf zum Thema steht in einer Reihe mit dem des zweiten Splinter Cell oder des dritten Mass Effects. Ein Modus für Leute, die allgemein kein Interesse daran haben, sich mit anderen zu messen. Wer hätte gedacht, dass "Kommt für die Kampagne, bleibt für den Multiplayer" tatsächlich einmal funktioniert?

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Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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