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Hack 'n' Slash - Test

Double Fines bildhübsche Entblätterung eines Mediums verlangt einiges an Durchhaltevermögen.

Auch das große Double Fine hat nicht immer nur goldige Indie-Tage. Regnet es mal, dann kommt so etwas wie Hack'n'Slash dabei raus.

Irgendwie passend, dass Hack 'n' Slash mit Akt 2 beginnt und den ersten auch bis zum Finale nicht mehr nachreicht. Fand ich im Laufe der ersten zwei Dungeons noch zunehmend den Spaß darin, die Regeln dieses knobeligen Zelda-Faksimiles und seiner Bewohner zu manipulieren wie ein Programmierer - pardon: "Hacker" -, fühlte ich mich im vierten der fünf Akte endgültig, als hätte ich etwas Entscheidendes verpasst. Wer weiß, vielleicht ist Akt 1 ja ein Grundkurs in Lua?

Es ist eine Sache, einer grummeligen Verlieswache sein USB-Schwert in den Allerwertesten zu stecken und seinen "Faction"-Wert von "Bad" auf "Good" umzustellen. Oder böse Schildkröten auf seine Seite zu holen und sie nach dem Spawn einmal nach links und acht Felder nach oben spazieren zu lassen, "Explode on impact" auf "True" zu setzen und zuzusehen, wie die ehemaligen Panzerkriecher des Bösen den Bossgegner weiter oben in die Luft jagen. Das alles ist so selbsterklärend, einleuchtend und im Resultat unmittelbar im Spiel ablesbar, dass Hack 'n' Slash für tolle drei Stunden immer wieder verblüffte.

Bis hierhin ist alles noch Spaß. Hack 'n' Slash deutet in der ersten Hälfte reizvoll an, was hätte werden können, hätte Double Fine den Spieler ein wenig mehr bei der Hand genommen.

Ohne große Worte, aber mit viel Witz und Charme, befreit ihr einen Sumpf von einer Verderbnis, die ihre Bewohner zu gefährlichen, wenngleich immer noch niedlichen Biestern macht. Ihr erfahrt, ein gewisser Zauberer namens Christo steckt dahinter, und geratet prompt in Gefangenschaft, aus der man nur mithilfe eines Hutes entkommt, der euch die Funktionen einblendet, die der Spielwelt zugrunde liegen. Das ist der Moment, in dem man erstmals um die Ecke denken muss, und doch kommt man stets weiter voran. Wenn schon nicht, weil auf einmal der Groschen gefallen wäre, dann zumindest, weil man eine Variable zufällig auf den richtigen Wert stellte.

Und dann rennt man in Akt 4 auf einmal gegen eine Wand aus fehlenden Erklärungen und lustigen, aber irreführenden oder zumindest nicht hilfreichen Dialogen. Das Anforderungsprofil steigt auf einmal, als hätte man in der Schule ein Halbjahr verpasst. Plötzlich stapft euer weibliches Link-Gegenstück höchstselbst durch den virtuellen Raum immer verschachtelterer Funktionen. Auf einmal öffnen sich Türen nicht mehr durch [Open: True], If-then-else-Ketten mit verschiedenen Variablen müssen so hingebogen werden, dass am Ende das Gitter Platz macht. Ähnlich komplex wollen versteckte Botschaften entschlüsselt und diverse Brückenteile an die richtige Position verschoben werden. Der Übergang von netter, bisweilen sogar augenöffnender Code-Puzzelei hin zum drögen Entschlüsseln schwierigerer Sachverhalte endet im ungewollten, schmerzhaften Spagat zwischen Entertainment und Hausaufgaben. Hier werden sich viele Spieler ohne Programmierkenntnisse komplett ausklinken.

Das hier ist nicht die übliche verdünnte Videospiel-Hacking-Zauberei. Es ist eine grafische Oberfläche, mit deren Hilfe man direkt mit dem Spielcode interagiert und dabei viele der Tricks kennenlernt, die ein Programmier tagtäglich einsetzt. Tatsächlich ist es problemlos möglich, den Code zum Absturz zu bringen und seine CPU komplett auszulasten, indem man etwa aus einem Spawner Tausende Schildkröten sprießen lässt. Das ist insofern kein Problem, dass einem auf diese Weise leicht bereifbar Vorsicht im Umgang mit seinen mächtigen Werkzeugen beigebracht wird. Später, wenn man aber in Algorithmen herumfuhrwerkt, wird Double Fines lange Leine ein wenig nervig. Schließlich lassen mit "Nullwert" quittierte Änderungen an den Funktionen das Spieluniversum zusammenbrechen.

Oben das Rätsel, unten ich im Innern eines Algorithmus. Und nein, mir hat keiner gesagt, dass ich mit der Lupe auf RB auch noch 'f0' betreten kann - und muss.

Programmierern wird ein solcher Fehler nicht unterlaufen, klar. Alle anderen müssen aber übers Experimentieren zum Ziel kommen. Und das ist nur halb so spannend oder interessant, wenn man den Raum nach einem solchen Fehler jedes Mal von Neuem beginnen muss. Alle Änderungen, die man bis dahin vornahm, darf man dann erneut angehen, jedes einzelne Textfenster einmal mehr wegklicken. Mal eben eine Variable verändern und sich so durchzubeißen, wird so anstrengender, als es sein sollte. Eine schlichte Fehlermeldung, dass man so den Algorithmus nicht verlassen könnte, hätte einen größeren Lerneffekt bewirkt. Wenn man nicht auf die Schnelle einen Fehler korrigieren darf, wird es mühsam.

"Es hilft nicht, dass das Spiel bei aller hübscher Art-Direction einfach nicht die klare Bildsprache Zeldas beherrscht."

Es hilft nicht, dass das Spiel bei aller hübscher Art-Direction einfach nicht die klare Bildsprache Zeldas beherrscht, die einem immer genau vermittelt, wo man hintreten darf, ohne runterzufallen, an welche Stelle man den USB-Bumerang werfen muss, damit er im 90-Grad-Winkel in Richtung Buchse abprallt, und welche Dinge wie ineinandergreifen. In einem Abenteuer mit derart vielen und mächtigen Variablen setzt hier schnell Verwirrung und manchmal sogar Frust ein, weil etwas nicht funktioniert, obwohl es eigentlich sollte. Und allgemein ist der Look zwar der eines Wachsmalkreiden-Zelda, das Spiel fühlt sich jedoch seltsam körperlos, unpräzise und langweilig zu steuern an, wenn man mal wieder ohne Trägheit oder die Möglichkeit auf Beschleunigung etwas zu lange Wege gehen muss. Hier entlarvt sich das Spiel selbst als Puzzler, der lediglich das Kostüm eines Action-Adventures angelegt hat. Schwamm drüber.

Damit wären wir beim Thema Bugs. Unvermittelt verpixelte Bildschirme, aus denen es kein Zurück gibt, fehlende Animationen und Sounds (etwa wenn man im Verlies die Wachen dazu bringt, sich zu bekämpfen) und Türen, die sich eigentlich hinter mir schließen sollten, mich aber aussperrten, weil ich leicht den Türrahmen touchierte, bevor ich durch war. Das sind die Dinge, die dafür sorgen, dass man mehr als einmal das Gefühl hat, die eigenen Hackereien hätten ein eigentlich funktionierendes Spiel sabotiert.

Unten rechts drehen sich Hindernisse um 'Port 5'. Die Lücke zwischen ihnen mit dem USB-Bumerang zu treffen, hat mehr mit Glück als mit Übung zu tun.

Einmal steckte ich in der Todesanimation fest, weil ich zum Zeitpunkt meines Ablebens gerade am Hacken war. Nachdem ich mich in die nächste Grube stürzte, bekam ich zwar meinen Körper wieder, dass ich für das Spiel aber immer noch als tot galt, merkte ich erst, als mir einen Dungeon später wichtige Informationen und sogar Gegenstände fehlten. Ich hatte große Teile des vorherigen Verlieses umgangen, ohne es zu merken, weil der Torwächter am Ausgang meine "untote" Spielfigur passieren ließ, wo er mich doch eigentlich hätte stoppen sollen. Dank der Möglichkeit, durch Raum und Zeit zu springen.

Im Ergebnis bleibt ein Titel, dessen Anschaffung sich auch Spieler, die bislang blind jedes Double-Fine-Spiel kauften, besser zweimal überlegen sollten. Geht ihr ohne Programmierkenntnisse oder -interesse in das Abenteuer, verdrängen die ab Kapitel vier häufig unklaren Aufgaben mit maschineller Regelmäßig- und Kaltherzigkeit allen Spaß aus dem Prozedere. Bringt ihr dagegen viel Zeit mit und habt kein Problem damit, den Titel mit nebenher geöffnetem Lua-Wiki zu knacken, dann ist Hack 'n' Slash ein endlos faszinierender Blick hinter die Fassaden der Spielentwicklung. Es ist mutig, hübsch und streckenweise sehr, sehr lustig. Allein, ein in jeder Hinsicht einnehmendes und unterhaltsames Spiel, das ist es leider nicht.

6 / 10

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Hack 'N' Slash

PC, Mac

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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