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Ar Nosurge: Ode to an Unborn Star - Test

Das erste J-RPG, bei dem ich gerne etwas mehr gegrindet hätte.

Kein Mangel an inhaltlich spannenden Ideen in diesem eigenwilligen J-RPG-Psycho-Thriller. Leider schwächelt Technik und Spielsysteme.

Man kann sich das Leben auch schwer machen. Ich, indem ich mir zur Entspannung zwischendurch endlich mal wieder ein J-RPG gönne. Die Entwickler von Ar Nosurge: Ode to an Unborn Star, indem sie ihre Story so kompliziert wie möglich verpacken und diese auch noch mit unzähligen Sub-Plots hinterlegen, um euch so lange im Dunkeln zu halten, obwohl das alles gar nicht so schwierig ist.

Aber das Offensichtliche zuerst: Dieses Spiel ist abgrundtief hässlich. Technisch rückständig zu sein ist eine Sache, aber im Design so dermaßen Belangloses abzuliefern, das ist schon eine eigene Kunst. Alle erfolgreichen Formen des Anime haben einen eigenen Stil, seien es aufwändige Neuzugänge wie Attack on Titan oder altbewährtes Kinderkino wie Dragon Ball Z. Bei jedem kann man recht schnell sagen, was ihren Stil ausmacht. Hier? Resteverwertung aus den PS2-Jahren, und zwar von allem, was entlang des Weges dort vom Zeichenbrett fiel und nicht genutzt wurde. Dazu kommt mal wieder das Fremdschämen, wenn sich visuell offenkundig Minderjährige in viel zu knapper Kostümage räkeln. Muss das wirklich sein? Zumindest wird inhaltlich klargestellt, dass die Protagonisten alle alt genug sind, und bei denen, die nicht wie zwölf aussehen, lässt sich das auch anhand besonders großer Oberweite und altkluger Stimme festmachen. Es ist einfach ein Spiel zum Weggucken und da auch die Umgebungen aussehen, als wären sie zu Zeiten der ersten PlayStation entworfen worden, kann man das ruhig die meiste Zeit tun.

Das ist ein Dungeon. Mehr oder weniger der ganze Dungeon. Die späteren werden größer. Sie haben sogar mehrere Screens. Schöner wird es aber nicht.

Was die Handlung angeht... Nun, wie schon gesagt, eigentlich ist sie nicht so komplex, wie sie gerne tut. Es ist das übliche Mischmasch aus Fantasy und Sci-Fi, Magie und High-Tech, dazu ein wenig Glaubensfragen und die Konflikte, die aus der Notsituation entstehen, wenn man als Spezies im All auf einer fliegenden Stadt treibend zusammen mit einer Horde von Monstern gefangen ist. Im Rahmen von Anime ist das ziemlich das Übliche. Der halbwegs neue und überraschende Teil ist der Punkt, an dem es von Sci-Fi ins eher Magische übergeht. Um mächtige Attacken zu landen, ist die „Magic of Song" nötig, die wortwörtlich beinhaltet, dass die Heldin musikalische Töne von sich gibt. Um diese aber zu finden, müssen die Emotionen stimmen und dafür muss der Held mittels einer Art VR-Maschine in ihr Unterbewusstsein abtauchen und dort im Rahmen einer eigenen fortlaufenden Handlung Entscheidungen treffen, die beeinflussen, wie sie dem Helden im Inneren gegenübersteht. Das wiederum beeinflusst, welche Magie zutage gefördert wird. Das ist selbst für einen Anime nicht ganz alltäglich, zumal eine Reihe von Figuren und damit Parallelhandlungen durchlaufen wird. Verknüpft wird es wiederum mit äußeren Einflüssen, in denen ihr Punkte durch Interaktion sammelt, die ihr dann im Inneren für besondere Entscheidungen einsetzen könnt.

Das unterhaltsame Kampfsystem ist am Ende wie immer deutlich weniger kompliziert als es zunächst wirkt.

Das ist am Ende als spielerisches Konzept gar nicht so abgefahren, da die Mechaniken relativ übersichtlich sind, aber das Spiel gibt sich alle nur erdenkliche Mühe, es genau wie seine Handlung in einen großen Kokon aus seltsamen Namen und erfundenen Wörtern zu verpacken, möglichst viele gleichzeitig zu knappe wie zu lange Erklärungen hinterherzuwerfen, alles wahrscheinlich in der Hoffnung, dass Verwirrung als Tiefgang missverstanden wird. Eigentlich hat das Ar Nosurge nicht mal nötig, die Handlung ist am Ende recht gut und auch nicht zu platt. Selbst die äußerlich komplett zu vergessenden Charaktere, die allen Billigklischees des Anime entrissen wurden, gewinnen durch die Einblicke in ihre Persönlichkeit beträchtlich.

Die Karte zur Psyche eines der Charaktere.

Es scheint aber einen großen Wettbewerb zu geben, welches Anime-Spiel es schafft, neue Spieler am meisten zu verwirren. Das zieht sich hier nicht nur durch die sehr japanischen Anteile, etwa die Excel-Saga-würdige Kochsequenz, sondern wie immer auch durch das viel zu unnötig kompliziert erklärte Kampfsystem. Eigentlich geht es nur darum, dass ihr mittels drei Angriffsbuttons in einer Runde die richtigen Feinde stark genug attackiert, um ihren Gegenangriff zu unterbrechen und so gleich wieder an der Reihe zu sein. Klappt es nicht, könnt ihr ein paar Angriffe abwehren, die wiederum die Konzentration der Heldin stören. Diese baut den magischen Superangriff auf, der den Kampf beendet. Sieht auf den ersten Blick wahnsinnig kompliziert aus, bekommt im Laufe der Zeit auch noch ein paar neue Facetten und Faktoren dazu, ist am Ende aber alles nicht so wild und eigentlich macht man schon im ersten Kampf wahrscheinlich alles richtig, auch wenn man es da noch nicht weiß.

So weit die Funktionsweise, jetzt das Wichtigste: Der Kampf macht Spaß! Das System ist schnell, nicht sonderlich dynamisch, bietet dafür aber genug taktische Tiefe und mit den hinzukommenden Figuren variiert es im Laufe der genretypisch langen Spielzeit auch genug. Ar-Tonelico-Fans werden sich an dieses Spiel erinnert fühlen - logisch, stammt auch von Entwickler Gust -, denn Tempo und Deckungssystem sind durchaus ähnlich. Eigentlich ist Ar Nosurge aber Teil der Surge-Concerto-Reihe, sein direkter Vorgänger ist Ciel Nosurge (Japan-only Vita-Release) und Kenntnisse über diesen sind hoffentlich nicht nötig.

An Sprachen habt ihr English und Japanisch zur Auswahl, auch in der Kombination japanischer Sprachausgabe mit englischen Untertiteln. Deutsch gibt es leider nicht.

Das Design der Figuren und Welt ist nicht schlecht, es wurde nur schon hunderte Male sehr ähnlich umgesetzt.

Egal, der Kampf ist das, was das ansonsten behäbige, unnötig verklausulierte und wie schon erwähnt monströs hässliche Ar Nosurge: Ode to an Unborn Star trägt. Schade, dass zwischen den viel zu seltenen Kämpfen so viel verkompliziert gequasselt wird. In kaum einem Spiel hatte ich so sehr den Eindruck, dass sich zwei Seiten Script eigentlich auf drei Sätze hätten reduzieren lassen, ohne dass es zu Verlusten kommt. Dabei ist die Handlung gar nicht übel. Die Idee des Abtauchens in die Persönlichkeiten zum Zwecke des Beziehungs- und Magieaufbaus gibt den sonst blassen Figuren etwas Hintergrund. Wenn es alles nur etwas fokussierter ablaufen würde. Ar Nosurge wirkt wie ein Spiel, bei dem jemand sehr viele Ideen im Vorfeld hatte und dann kein Gerüst fand, um sie in die richtige Form zu bringen. Außerdem scheinen Zeit und Budget limitiert gewesen zu sein, und es bleibt etwas übrig, das ich nur den ganz harten JRPG-Fans ans Herz legen kann. Die jedoch werden ihren Spaß hier finden.

6 / 10

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