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PES 2015 - Test

Die beste Fußballsimulation, wenn… das Wörtchen "wenn" nicht wär'.

Und wieder ein verpasstes Jahr. Offline eine gute Weiterentwicklung in jeder Hinsicht, online ist es auch nach Monaten eine Katastrophe.

Vom großen Comeback war die Rede, nachdem PES im letzten Jahr den Sprung auf eine neue Engine wagte. Die Serie, die schon immer das Drama und die Langeweile des Fußballs gleichermaßen bestechend einfing wie keine andere, in der letzten Generation aber zu lange auf der Stelle trat, wollte und musste sich neu erfinden. Wer bereits meinen Ersteindruck zu PES 2015 im letzten Monat las, wird wissen, dass alles danach aussah, dass das auch gelingen würde. Ein ansehnliches Fußballspiel mit moderner Leichtfüßigkeit und viel Leidenschaft schickte sich an, sich seinen Posten als Referenz zurückzuholen.

Gerade in einem Jahr, in dem nicht wenige FIFA-Spieler sich mit Wechselgedanken umtrieben, sah es gut aus, denn die Tokioter PES Productions hatten von ihrem neu gegründeten europäischen Arm offensichtlich nur gute Impulse erhalten. Während der letzten Wochen bestätigte sich in vielen, vielen Offline-Sitzungen in mehreren Saisons der Meisterliga gegen die mit viel Köpfchen aufspielende CPU der blendende Eindruck eines Spieles, mit dem jeder Fußballfan glücklich werden könnte. Jetzt hätte Konami eigentlich nur noch der Online-Modus gelingen müssen und PES 2015 wäre das komplette Paket gewesen, das FIFA ein Schnippchen geschlagen hätte.

Jedes einzelne Duell ist aufs Neue spannend.

Das Problem ist nur, dass der japanische Konzern schon mehrfach in Folge bewiesen hat, dass er das Spiel im Netz nicht wirklich beherrscht oder versteht. Und genau hier verspielt auch das neue PES wieder sehr viel Kredit. Noch zehn Tage nach dem Start ist der Online-Modus eine unspielbare Zumutung, bei der man kaum begreift, wie es dazu kommen konnte. Wir sprechen hier schließlich nicht von riesigen, persistenten Online-Welten für ungezählte Spieler, sondern von einer schlichten Sportsimulation mit überschaubaren Interaktionsmöglichkeiten, bei der sich vornehmlich Leute im Eins-gegen-eins das Leder um die Ohren jagen. Trotzdem bekommt man selten überhaupt mal eine Partie zustande. Bei dem Verbindungsnotstand gerät es fast zur Randnotiz, dass die Entwickler mit der "Meisterliga Online" den stärksten Spielmodus vergangener Versionen aus dem Konzept kippten.

Kommt man doch einmal in ein Spiel, gibt PES 2015 online ein eigentlich ganz passables Bild ab. Abgesehen von sporadischen Rucklern laufen die Matches prinzipiell zufriedenstellend und sogar der fast schon traditionelle PES-Lag ist mir nicht aufgefallen. Und dann ist auf einmal wieder tagelang Sendepause. Konami arbeitet nach eigenen Angaben weiterhin an einer Lösung für die Probleme und am vergangenen Donnerstag war kurz Besserung in Sicht, die sich an einem traurigen Samstagnachmittag und einem vollends entmutigenden Sonntagvormittag jedoch als Fata Morgana herausstellte. Kurzum: So wie es aktuell steht, hat Konami nur ein halbes Spiel abgeliefert, und zehn Tage nach dem Launch ist von meiner Seite aus die Schonfrist einfach vorbei: Hier also die gebührende Warnung (die auch die Wertung ordentlich nach unten drückt): Jedermann, der vorhatte, PES 2015 vornehmlich online zu spielen, sollte die Finger davon lassen, bis Konami die Probleme behoben hat.

Einzelspieler oder Couch-Duellisten tangiert das natürlich nicht im geringsten und sie dürfen und werden eine beliebige Zahl an Punkten auf die Wertung unten aufschlagen, denn PES 2015 - man kann es nicht oft genug sagen - ist auf dem Feld wirklich ein Traum, der den gewohnten Tugenden der Reihe den Esprit moderner Sportsimulationen einhaucht. Die virtuellen Athleten steuern sich ungemein feinfühlig und vermitteln ihre Anlagen ganz ausgezeichnet über den Controller an den Spieler. Ob Filigrantechniker, Mittelfeldzerstörer oder ein wandelnder Ellbogen der Marke Thomas Müller - man merkt schon in der Handhabung, welchen Akteur man gerade unter den Daumen hat.

Das myClub-Kartenspiel hat sich PES von FIFA abgeschaut. Ohne allerdings einen vergleichbaren Lizenzumfang bieten zu können.

Das ist umso schöner, weil die Figuren auf dem Platz ihren individuellen Charateristika nun auch bei Kollisionen und Körperkontakt angemessen Ausdruck verleihen. Wenn einem Mario Götze ein Gegenspieler am Trikot hängt, sieht das resultierende Laufduell anders aus, als wenn sich ein Bastian Schweinsteiger am Leder behauptet. Es ist ein deutlich lebendigeres Gegeneinander als in früheren Versionen, auch wenn selbst die neue Fox Engine nicht ganz verhindern kann, dass sich hier und da einige Körperteile überschneiden oder einander grafisch unfein durchstoßen. Doch das fällt eigentlich nur in großformatigen Zeitlupen auf. Hier ist etwa die NBA-2K-Reihe technisch deutlich weiter.

Richtet man den Blick von den Spielern auf das Spielgerät, überzeugt die Ballphysik wie eh und je, was gerade dem verfeinerten Kurzpassspiel zugute kommt. Die Kombination aus schnellen Reaktionen auf eure Eingaben und ungezählten Animationen, um zum Beispiel den Ball für einen kurzen Pass nur kurz vom Außenrist abtropfen zu lassen, ermöglichen einen unglaublich eleganten Aufbau und eine befriedigende Verwertung von Angriffen. Wie man hier auf engstem Raum Ballstaffetten durch die gegnerischen Reihen fädelt, dürfte selbst den Ansprüchen eines Pep Guardiola in Gänze genügen. Wenn sie euch gelingen, sind diese Augenblicke fast ein noch schönerer Liebesbrief an die Schokoladenseite dieses Sports als die wirklich sehr schönen und bisweilen ordentlich krachenden Torschüsse.

Sobald es online rund läuft, feier' ich mit.

Selbst eine andere Achillesferse der Reihe konnte PES Productions beheben: Die arg trockene Präsentation lebt zwar in den etwas umständlich gestalteten Menüs weiter - gerade das Aufstellungsmenü könnte deutlich intuitiver zu bedienen sein. Dafür stimmt aber der Rest der Aufmachung mit schöner Beleuchtung, guten Spielerbildnissen und in Klang und Bild toller Stadionkulisse schön auf das ein, was in dieser Generation noch kommen mag. So zeitgemäß sah noch kein PES aus, was nicht zuletzt an der fabelhaften Rasenoptik liegt. Das Grün wird mit zunehmender Spieldauer immer zerschundener und spiegelt damit herrlich den Kampf wieder, der sich auf ihm abspielt. Für die nächste Version würde ich mir wünschen, dass Grätschen sogar noch tiefere Schneisen ins Gras schlagen.

Wie ihr der Mitte des Tests entnommen habt, halte ich PES 2015 für ein ungemein starkes und gut gemachtes Fußballspiel, das das Zeug dazu hätte, die Marke wieder dorthin zu schießen, wo sie mal war. Im Großen und Ganzen erlebe ich hier wieder diese unbeschreiblichen Momente, bei denen der Controller vor Freude in die Luft fliegt oder vor Fassungslosigkeit auf die Wohnzimmerdielen klatscht. Ich fluche, frohlocke und flüstere meinem Gegner - und sei er nur aus Bits und Bytes - hier und da sogar ein imponiertes 'Chapeau!' zu. PES 2015 ist einfach Fußball, immer genau so geradlinig oder verschnörkelt,so klinisch oder verspielt, wie man gerade will. Und nach all den Jahren guter, aber eben nicht unbedingt beeindruckender Iteration hatte ich das von Konami fast nicht mehr erwartet. Es ist nur zu schade, dass die Japaner auf der anderen Seite über die Jahre kultivierte Vorurteile über pathologisch wackelige Server und veraltete Architektur mit einem Nachdruck bestätigen, der beinahe betroffen macht.

Es hätte so schön sein können - vielleicht wird es das auch noch. Aber so leid es mir tut: Mittlerweile ist die Geduld, um die der interne Spielnachrichtendienst beinahe täglich bittet, eindeutig zu viel verlangt.

7 / 10

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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PES 2015

PS4, Xbox One, PS3, Xbox 360, PC

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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