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Turtle Beach Earforce Z60 PC-Headset - Test

Gut ausgestattetes Surround-Headset für 120 Euro?

Surround-Headsets sind bekanntlich so eine Sache. Bei gut abgemischten Spielen genügt vielen Spielern schon ein ordentlicher Stereo-Kopfhörer für halbwegs präzise Ortung spielrelevanter Geräuschquellen. Und während 7.1 Lösungen mit mehreren kleineren direktionalen Treibern häufig darunter leiden, dass der "Raum" im Kopfhörer einfach nicht ausreicht, um den Klang präzise dreidimensional abzubilden, unterliegen mit nur zwei Treibern emulierte Surround-Lösungen immer der Interpretationshoheit einer Software. Es ist demnach eine reine Glaubensfrage, ob man 3D-Klang-Headsets etwas abgewinnen kann oder nicht.

Turtle Beach nutzt nun als erstes Headset DTS Headphone:X. Auf Knopfdruck sollen die ohrumschließenden Kannen Spielen, Filmen und Musik eine ungeahnte Räumlichkeit verschaffen. Und wer darauf verzichten will, der nutzt die mit wirklich gigantischen 60-Millimeter-Treibern ausgestatteten Schallwandler eben im Stereobetrieb. Viel falsch machen kann man also - zumindest in der Theorie - nicht.

Mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 120 Euro landet das Z60 genau im oberen Mittelfeld etablierter Spieler-Headsets. Öffnet man die ansprechend gelöste Verpackung wartet in einer Plastikschale neben dem flexiblen Ansteckmikrofon ein Pappetui mit einem übersichtlichen, aber leider nur englischen Quick Start Guide auf Leute, die noch Anleitungen lesen. In diesem Fall empfiehlt sich das sogar, denn hier steht, wie man unter Windows und Mac Os die 7.1-Magie aktiviert, die einem ansonsten verwehrt bleibt. Nur wenige Klicks waren vonnöten, da war auch schon alles eingerichtet.

Anders als auf diesem Bild angezeigt, verfügt das Mikro nicht über einen Schaumstoff-Popschutz.

Das Headset selbst hält sich mit seinem nüchternen Look angenehm zurück. Es vermittelt nicht ganz die teutonische Seriosität eines Sennheisers, ist aber auch nicht so martialisch-transformerig wie viele andere in diesem Segment. Einen Hingucker wie etwa das exotisch anmutende Steelseries Siberia holt ihr euch hier zwar nicht ins Haus, aber mir gefällt seine neutrale Note. Auffällig ist, dass Turtle Beach beim Z60 nicht, wie so viele andere Hersteller auf Kunstleder für die Ohrmuscheln setzt, sondern eine Art Mesh-Stoff verwendet. Der hält den Sound zwar geringfügig schlechter drinnen, sodass sich Nebenleute durch entweichende Restgeräusche irritiert fühlen könnten. Dann wiederum war das Kunstleder, das in meinem Fall immer auch etwas zu heißen und feuchten Ohren führte, auch nicht das Maß aller Dinge, was das anging.

Der Kunststoff von Bügel und den Rändern der Muscheln bekam ein mattes Finish, das sich gut und auch nicht billig anfühlt, aber in das man selbst mit dem Fingernagel noch Kratzer hinterlässt, wenn man es darauf anlegt. Eine Transporttasche, wie sie einige andere Hersteller ihren Headsets beilegen, wäre daher nett gewesen. Auf den Muscheln setzt poliertes Plastik ein klavierlackiges Highlight. An der Oberseite des Bügels findet man dann aber doch ein handschmeichelndes Kunstleder, während die Kopfauflage einmal mehr mit dem Mesh der Muscheln gepolstert ist. Ich hatte nicht den Eindruck, mit dem Set allzu vorsichtig umgehen zu müssen und tat dies auch nicht.

Der Tragekomfort ist durchweg als gut zu bezeichnen, leicht unterhalb meiner Bequemlichkeitsreferenz, meinem altgedienten Steelseries V2, aber trotz des höheren Gewichts und etwas stärkeren Andrucks problemlos stundenlang tragbar. Meine Ohren werden gerade richtig umschlossen, Blasengefahr sehe ich keine. Allerdings muss ich sagen, dass ich - bei 1,76 Körpergröße und nicht überproportional großem Schädel - die Muscheln schon bis aufs Maximum ausziehen musste. Menschen mit sehr großen Hutgrößen - meine weiß ich beim besten Willen nicht - könnten Probleme bekommen.

"Die Ausstattung samt Monitorfunktion ist in dieser Preisklasse alles andere als selbstverständlich."

Die Gelenke wirken stabil und knarzen nicht beim Drehen.

Das Z60 kommt mit 80 cm langem 3,5mm Klinkenkabel, das überall Anschluss findet, sollte man auf die Idee kommen, es an iPad oder dem Smartphone zu nutzen. Am PC tut man aber gut daran, ihn in die integrierte Soundkarte zu stecken, die noch einmal etwas über 1,20m USB-Kabel mitbringt, das dann wiederum in den PC wandert. Leider ist das Kabel nicht textilumwickelt, wie es mehr und mehr Einzug hält in die Welt der Spieleperipherie. Das ist nicht ehrenrührig, vermittelt aber einen weniger wertigen Eindruck als es könnte. Die Soundkarte fungiert gleichzeitig als Fernbedienung für die Lautstärke. Zwei analoge Stellrädchen finden sich hier: eins für den Spielsound und eines für die Lautstärke des Chats. Nicht unüblich, aber nicht weniger lobenswert und hier gut und intuitiv gelöst.

Auf der anderen Seite je ein Knopf für die Mikro-Stummschaltung und die Aktivierung der drei Surround-Presets. Ist die Leuchte aus, gibt's reines Stereo. Allgemein kann sich die Ausstattung wirklich sehen lassen, denn Turtle Beachs Z60 kommt sogar mit einem Mic-Monitor daher, der dafür sorgt, dass ihr euch selbst hören könnt und demzufolge nachts um zwei Uhr nicht Nachbarn, Mitbewohner oder Angetraute/n wachhaltet. Ausgezeichnet und in dieser Preisklasse alles andere als selbstverständlich.

Nun zum Wichtigsten: dem Klang. Die ersten Runden drehte ich im Stereobetrieb und schon hier fiel auf, dass Turtle Beach die 60mm-Treiber nicht umsonst installiert hat. Was hier an Bass aufgefahren wird, haben nur die wenigsten Kopfhörer zu bieten. Wenn in Wolfenstein: The New Order die Granaten die Wände zum Wackeln bringen oder doppelte Sturmgewehre donnern, freut man sich über druckvollen und auch bei hohen Lautstärken sehr pegelfesten Sound. In Arma 3 ratterte ein Panzer dermaßen nah und ohrenbetäubend an mir vorbei, dass ich mich wunderte, dass die Dielen unter meinen Füßen nicht vibrierten und in einer Strandszene in Tomb Raider krachte die Gischt der Wellen mit einiger Naturgewalt auf die Felsen. Die Höhen können erwartungsgemäß nicht mithalten mit dem, was die Tieftöner abfeiern. Aber das können sie bei Gaming-Headsets so gut wie nie. Doch auch sie krachen zu keinem Zeitpunkt. Die Mitten lassen sich wenig zu schulden kommen, sind definitiv präsent und unaufgeregt. Das Klangbild ist in jedem Fall sehr sauber, wenngleich nicht das homogenste, auch wenn sich die Bässe sehr präzise ins Geschehen einfügen.

"Im Musiktest schillert TV on the Radios 'Halfway Home' wie eine regennasse nächtliche Stadtautobahn vor sich hin."

Das abnehmbare Mikro rastet satt ein.

Der Druck auf die Preset-Taste versetzt uns dann in den 7.1 Modus für Spiele. Hier tauscht man klangliche Direktheit gegen einen leichten Hall-Effekt, an den man sich einen Moment gewöhnen muss. Dann aber überzeugt die Räumlichkeit durch tatsächlich punktgenaue Ortung. Einmal mehr The New Order: In einem Eisenbahntunnel züngelten aus zwei beschädigten elektrischen Leitungen in der Decke biestige blitzartige Entladungen, deren statisches Knistern ich auch mit dem Rücken zu ihnen noch genau dort zu verorten war, wo es hingehörte. In der folgenden Schlacht fand ich mich inmitten eines gut gemischten Regimerudels wieder und vermochte allein anhand der Akustik sagen, von wo mir normale Soldaten blühten und ob der Mech-Faschist auf der anderen Seite die schützende Deckung in meinem Rücken schon umrundet hatte. Hat man sich erst einmal an das leichte weiße Rauschen des virtuellen Raumes gewöhnt, ist DTS Headphone X tatsächlich eine Hilfe beim Spielen. Durchaus beeindruckend.

Weniger gefallen haben mir die anderen beiden Einstellungen Film und Musik. Beide haben gemein, dass sie menschliche Stimmen vom restlichen Sound ein wenig hohl röhrend "freistellen". Das tut natürlich der Verständlichkeit gut, gefiel mir aber besonders beim Musikgenuss nicht. Die Lösung dieses durchaus subjektiven Problems war aber denkbar einfach: Filme schaute ich einfach im Gaming-Modus - in dem sich die Schauspieler auch anhörten, als würden sie sich in der Szene befinden und nicht in einem Aufnahmestudio - und Musik einfach so wie sie gedacht war: Im Stereomodus.

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Es ist natürlich klar, dass der Z60 im Musikbetrieb mit echten Stereo-HiFi-Kopfhörern nicht mithält. Trotzdem ist er gut genug, um beim Nebenbeihören am Arbeitsrechner nicht direkt das Bedürfnis zu haben, seine Audiophilen rausholen zu müssen. James Blakes Feist-Cover "Limit to your love" ist in Sachen Basstiefe mit den Z60 fast nicht bis zum Ende durchzustehen, was bei Dubstep und artverwandter Musik ja durchaus ein Kompliment ist. TV on the Radios Halfway Home schillert unterdessen angemessen wie eine regennasse nächtliche Stadtautobahn vor sich hin und kommt auch im Wechsel von energischen Handclaps und Standtom-Prügel nicht allzu sehr ins Schwitzen. Und selbst mit Deafheavens im Blast-Beat-Sturm wehendes Gitarren-Lametta "Dream House" verknotet sich unter diesen Muscheln nicht übermäßig. Druck gibt es eine Menge, alle Tonbereiche sind in voller Mannschaftsstärke an Deck, auch wenn es natürlich an Transparenz und allzu eleganten Feinheiten ein wenig fehlt: Mein altes Steelseries V2 lässt er in Sachen Spielfreude und Dynamik mit Leichtigkeit hinter sich.

Massenkompatibler, neutraler Look für alle Lebenslagen.

Bleibt mir noch, über das Mikro zu sprechen. Es ist das, was man in dieser Preisklasse erwarten darf. Ich habe in diesem Segment sowohl bessere als auch schlechtere benutzt. In Sachen Klarheit und Klang der Stimmaufnahmen überzeugt das Z60 vollends, es ist keinerlei Knarzigkeit zu vernehmen. Allerdings verzeichnete Audacity etwa bei Sennheisers U320 "out-of-the-box" keinerlei Hintergrundrauschen. Nicht, das es in sonderlich störendem Umfang beim Z60 vorhanden wäre oder gar der Stimmübermittlung Konkurrenz machte. Aber ich musste schon eine Weile mit den Pegeln und der Mikroposition herumspielen, bis ich dem ansatzweise beikam. Für den gefragten Preis ist das Gebotene aber vollkommen in Ordnung. Auch in der Preisklasse um 100 Euro hatte ich schon schlechtere Headset-Mikros vor den Lippen.

Also kurzum: Wer keinen allzu großen Dickschädel auf den Schultern trägt, auf typischen Gamer-Look, extravagantes Design und HiFi-taugliche Höhen verzichten kann, bekommt mit Turtle Beachs Z60 einen toll ausgestatteten und robusten Raumklang-Schallwandler auf die Ohren. Es ist ein solides Stück Hardware, das seine Versprechen ohne große Aufregung und zu fairen Konditionen einlöst. Schön, wenn man genau bekommt, was auf der Packung steht.

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Über den Autor
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Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

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