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Phoenix Wright: Ace Attorney Trilogy - Test

Phoenix aus der Tasche.

Aller Wahnsinn, alle Fälle, alle INTERVENTION!s. Kennt ihr die Serie nicht, dann wird es höchste Zeit, und das ist der ideale Anlass.

Die ersten drei Teile von Phoenix Wright gibt es jetzt auch in höherer Auflösung für den 3DS in Nintendos eShop. Und obwohl die Reihe sich bis heute bester Gesundheit erfreut, ist der erneute Kontakt besonders mit dem ersten Teil ein echter Flashback für mich. 2006 hatte ich die blendende Idee, meine damalige Frischfreundin zu Videospielen zu bekehren. Tetris mochte sie schon immer und neuerdings genoss sie Super Princess Peach auf dem DS in erstaunlicher Regelmäßigkeit, wenn auch immer nur bis zu dem jeweiligen Endgegner, den ich dann für sie erledigen durfte. Sie las viel, liebte Krimis und weil mir zu ihrem ersten Geburtstag, den wir zusammen feiern würden, nichts Besseres einfiel, war es das erste Phoenix Wright, um das ich buntes Papier und Schleifchen wickelte. Ich weiß nicht, was mich damals geritten hat.

Ich glaube nicht, dass ich jemals einen Menschen wieder ein dermaßen langes Gesicht habe machen sehen. Der Moment, in dem ihr Herz einen Knacks erhielt, war dabei nicht genau zu bestimmen. Das Glitzern in ihren Augen schwang schon beim Anblick des verdächtigen, fast quadratischen Formats der Packung in nur noch höflich vorgetäuschte Freude um. Und als die Papierfalz am unteren Rand sich vom Tesa löste und weißes Plastik zum Vorschein kam, wanderte die komplette Gesichtspartie erdrutschartig geschätzte fünf Zentimeter nach unten. Schwamm drüber, wir sind heute trotzdem verheiratet und meine Geschenke treffen mittlerweile deutlich besser ihre Vorstellungen. Aber Phoenix Wright ist bis heute einer der langlebigsten "Running Gags" unserer Beziehung, nicht zuletzt, weil es damals in erster Linie ich war, der den Titel dann spielte, und nicht sie.

Die ikonische Pose. Hier im Bild ein Vergleich zwischen Original und Überarbeitung.

Das Spiel konnte zugegebenermaßen nichts für meinen maskulin-juvelinen Geschenk-GAU. Genau genommen ist Capcoms Gerichts-Adventure sogar eines der definierenden Erlebnisse des ein Jahr zuvor noch als exotisch und schräg empfundenen Handhelds, der zu Nintendos größtem Verkaufsschlager werden sollte. Die anfassbare Natur dieser Ermittlungen trug ohne große Mühe einen Titel, der sich trotzdem nicht allein auf die von früheren Nörglern als Gimmick verschrienen Technikspielereien verließ. Die clever geschriebenen Dialoge, die mysteriösen Fälle und die liebenswerten Charaktere hätten auch jedes andere Spiel auf jeder anderen Plattform mühelos getragen.

Wo sonst darf man schon als Anwalt mit zackigem Haar vor Gericht Widersprüche in den Aussagen von Zeugen durch Beobachtungsgabe aufzeigen und - fast wie Matlock - den wahren Täter noch unter den Augen des bis gerade noch siegessicheren Staatsanwaltes entlarven? Das klassische Erkennen und Kombinieren von typischen Krimiindizien zwischen den Verhandlungsszenen befriedigte unterdessen nicht nur Tatort-affine Spieler in einer Weise, wie es wenige andere Spiele konnten. Nein, das hier war etwas ganz Besonderes, und das ist es irgendwie noch bis heute.

Knobeln, Kombinieren und Lesen - Phoenix Wright zu spielen ist immer auch eine entspannende Angelegenheit.

Der zweite Teil - Justice for All - fiel in Sachen Handlung etwas ab, schwang sich zum Ende hin aber doch noch in beachtliche erzählerische Höhen auf, als man es schon gar nicht mehr erwartete. Trials and Tribulations war dann der vorläufige Höhepunkt einer Reihe, die es sich auf angenehmste Art in ihrer Nische passgenau bequem gemacht hatte. Alle drei jetzt warten jetzt zusammen in höherer Auflösung und - wenn man das 3D des Handhelds schätzt - separiertem Vorder- und Hintergrund in einem digital erhältlichen Bundle auf Leute, die sie einst verpassten. Allzu große Veranlassung, sie noch einmal zu kaufen, besteht für Fans, die die Teile bereits spielten und sogar vielleicht noch besitzen, zwar nicht. Wer hier aber noch eine Bildungslücke zu schließen hat, kann eigentlich gar keinen besseren Griff machen als diesen.

Die Genres der Virtual Novels und der Adventure-Spiele haben Phoenix Wright viel zu verdanken. In Zeiten, in denen das eine noch nicht allzu bekannt war und das andere sich gerade aus dem Kollektivbewusstsein der Spieler verabschiedete, hielten die ersten Titel der Reihe, seinerzeit noch auf dem Gameboy Advance, humorvoll und doch spannend ihre Fahnen in den Wind. Der Erfolg, der mit den Umsetzungen auf den DS auch im Westen einsetzte, ist ein wunderbarer Beweis dafür, dass interaktiv erlebte Geschichten immer Konjunktur haben, wenn sie nur gut genug erzählt sind.

Auch wenn die Mitte etwas schwächelt, sind das hier summa summarum drei außergewöhnlich Gute, die sich die Blöcke auf eurer SD-Karte redlich verdient haben.

8 / 10

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Phoenix Wright: Ace Attorney Trilogy HD

iOS, Nintendo 3DS

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Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

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