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Bloodborne - Als alles andere wieder einmal leer und hohl zu werden schien

Ein erster Blick in eine größere, schönere Welt.

Zwei Stunden mit Bloodborne. Nörgeln? Klar. Die englische wie die deutsche Übersetzung hat drollige Momente zu bieten. Für alle größeren Kleinigkeiten, die man im Inventar so vorhat, muss man einen Ladescreen über sich ergehen lassen, wo ein einfaches Menü genug gewesen wäre. Die Kamera im Bosskampf ist noch immer nicht optimal gelöst. Für... Äh... Nun... Nein, das war es. Der Rest ist grandios, pre-ordern, und zwar sofort, Pre-Review Ende, Martin out.

Der erste Boss. Alles wie immer also.

Zumindest fürs Erste. Wer weiß, was die restlichen tausend Stunden Spielzeit so bereithalten? Mein spielerischer Erstkontakt brachte mir nichts als das beste Grauen, denn es wurde ganz schnell klar, dass hier neben den Tausenden Toden meines Charakters vor allem meine Freizeit dran glauben wird. Allein dieses erste Gebiet, eine Art Vorspiel zu jedem etwas vorangeschrittenen Dracula-Film, in dem das Dorf schon von fackel- und mistgabelschwingenden Irren übernommen wurde, ist eine Welt für sich. Waren die etwas zu linearen Level ein großer Kritikpunkt an Dark Souls 2, scheint Bloodborne zurück zu dessen Vorgänger zu gehen und verschachtelt ein in der Fläche gar nicht mal so großes Areal meisterlich in der Vertikale. Abkürzungen werden freigeschaltet, Ecken und Nischen erkundet. Nicht nur nach zwei Stunden gibt es hier immer noch genug auszukundschaften, auch nach 20 sollten noch ein paar kleine Unwägbarkeiten übrig sein.

Dieses eine Gitter, das muss sich doch noch öffnen lassen. Diese seltsame Frau hinter der Tür, der ich derzeit nur ein "Nein" auf ihre schrägen Fragen anbieten kann, da muss noch mehr gehen. Dieser mörderische Troll in der einen Sackgasse, der scheinbar gar nichts bewacht - es kann nicht sein, dass er gar nichts bewacht, da muss mehr sein! Und so weiter, um gar nicht erst von den noch kryptischeren Dingen wie Jägergilden, Priesterschaften und Bestien anzufangen, all den losen Andeutungen, die jedes Souls und nun auch Bloodborne so sehr liebt. Die euch in die Abgründe einer verschlüsselten Geschichte ziehen und von der ihr als "normaler" Spieler nur hoffen könnt, wenigstens die Hälfte zu ergründen, während die echten Geheimnisse den Pad-Künstlern vorbehalten bleiben, die hierin eine Aufgabe und eine Bestimmung sehen. Also ja, wer inhaltlich Sorgen hatte, dass das alles für den Semi-Gelegenheitsspieler glattgezogen wurde, der muss sich keine Sorgen machen, wenn denn die ersten Abschnitte ein realistischer Ausblick auf das Kommende sind. Es heißt anders, es ist ein Souls.

Die Waffe gibt einen guten Eindruck des Detailgrades. Nicht, dass ihr im Spiel groß Zeit hättet, die Inschriften zu lesen, bevor sie euch den Schädel einschlägt...

Das allein wäre zwar schon genug, aber auch ein wenig langweilig, schließlich hatten wir schon zwei davon. Bloodborne scheint jedoch mehr als das zu sein. Was sofort ins Auge springt, ist die Grafik. Die Vorgänger waren für ihren Stil berühmt, nicht unbedingt für ihre technische Klasse. Beides gleichzeitig zu sehen ist umwerfend. Der etwas kitschig-gotisch-gothige Charme, gemischt mit einigen sehr dunklen Elementen und verstörenden Feinden, das ist schon ein Stil, der zuvor perfekt gepasst hätte. Ihn diesmal mit einer Fülle an Details versehen vorzufinden, zahllosen Feinheiten, aus denen heraus die Welt zu euch spricht und aus denen ihr kleine Geschichten ablesen könnt, und das jenseits der plakativen Platzierungen solch narrativer Design-Einsprengsel - die es natürlich auch hier immer noch gibt -, ist ein gewaltiger Atmosphäresprung. Seit den ersten Alpha-Versionen kam noch viel dazu und nun reicht der Blick von den seltsamen Verzierungen eines einzelnen Holzbalkens hinaus in die Ferne und zu dem noch Kommenden, das sich hinter majestätischen Kathedralen im Abendrot verbirgt. Manchmal können zu viele Feinheiten die Stimmung ruinieren, Blu-rays alter Filme haben uns das aufs Schmerzhafteste gelehrt. Hier ist das Gegenteil der Fall. Ihr könnt diese Welt greifen, sie rutscht beunruhigend nah an euch heran und flüstert aus tausend Details zu euch.

So wie sie aber an mich heranrückte, musste ich selbst erst mal einen Schritt zurücktreten, zumindest was ihre aggressiven Bewohner angeht. In Souls war ich 90 Prozent der Zeit ein Schildspieler. Immer schön nah ran, die Schläge fangen und dann kontern, der MO meiner Wahl, wo es nur möglich war. Das ist jetzt keine Option mehr, das dürfte sich herumgesprochen haben. Was mich überraschte: wie verdammt gut sich anfühlt, was Bloodborne stattdessen anbietet. Nicht von der ersten Minute an, nicht für mich, dafür sterben alte Gewohnheiten viel zu langsam. Aber nach einer halben Stunde begann ich zu erfassen, wie genial dieses System aus mehr Ausdauer für Bewegungen - oder vielmehr: Die Rollen und Sprünge ziehen nun deutlich weniger als die Schläge -, der noch besser fließenden Kombination aus beidhändiger Führung und schneller einhändiger Handhabung aller Waffen ist.

Statik im Kampf ist euer schlimmster Feind, das instinktive Zurückhüpfen nicht unbedingt ein Freund, es ist ein System, das Offensive belohnt. Per schnellem Sprung nach vorn, während dem ihr weitestgehend unverwundbar seid, kommt ihr in die Reichweite und mit entsprechendem Timing müssen dann die Schläge sitzen. Das und auch Seitwärtsrollen sind in schneller Folge möglich, ohne dass der Held gleich röchelnd zusammensackt. Dank dieser Gestaltung haben Kämpfe gegen etwas schnellere Gruppen endlich mehr Sinn, etwas, das in Souls nie so richtig funktioniert hat. Da die Rückwärtsbewegung auch die mit der kürzesten Reichweite ist, forciert das Spiel das Herangehen an den Feind und das Lernen des Timings, denn billiges Vor-und-zurück-Gehüpfe ist fast nicht möglich. Der erste Eindruck, so jetzt im Live-Betrieb? Es muss sich noch beweisen, aber Bloodborne hat das Zeug, seine Vorgänger in Sachen Kampf abzuhängen. Schneller, direkter, kein Stück weniger taktisch und sehr viel aufregender.

Die Pistole ist weniger eine Waffe, mehr ein Weg, um die Deckung des Gegners aufzubrechen und dann nachzusetzen. Kugeln sind zu limitiert, um damit allein den nötigen Schaden zu verursachen.

Ich sollte dankbar sein, dass ich mir dieses Spiel bis zum Test - oder zumindest kurz davor - aufgehoben habe. Seit ich Bloodborne spielte, wirkt nun alles andere plötzlich öd und schal. Billig, langweilig, unter meiner Würde als Spieler. Es gab seit dem ersten Souls kein Dutzend Spiele, mit denen ich mich nach der Präsentation in einen Raum einschließen wollte, ungestört für die nächsten paar Wochen. Nein, ich weiß nicht, ob Bloodborne bis zum Ende so bleiben wird, wie es dieser erste Ausflug verspricht. Nur, bisher hat mich kein Spiel der Souls-Erfinder auf der Reise durch ihre unvergebenden Welten enttäuscht, seine Magie entlang des Weges verloren. Drei Spiele, drei jede für sich einmalige Entdeckungstouren durch Abgrund und Wunder, ergeben genug Kreditwürdigkeit für den vierten Anlauf. Vor allem wenn dieser auf seinen ersten Metern nicht für eine Sekunde wankt, nicht einmal aus dem Tritt kommt, sondern so souverän das erste Stück unseres langen, gemeinsamen Weges in den Schlund voller Mysterien und ewiglich neuen Todes schreitet. Ich kann es nicht mehr abwarten, endlich auf ein Neues wieder und wieder zu sterben.

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Bloodborne

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Martin Woger

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Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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