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Dark Souls 2: Scholar of the First Sin haut alles wild durcheinander

Ihr kennt das Spiel in- und auswendig? Da wäre ich mir nicht mehr so sicher.

Zuerst das Wichtigste: Scholar of the First Sin ist kein Grafik-Upgrade, das Dark Souls 2 an die inzwischen fast berühmte, irgendwo vom Lkw gefallene New-York-Variante heranrückt. Die bleiben uns From Software und Namco wohl auf ewig schuldig. (Die erste Präsentation des zweiten Teils fand 2013 in New York statt und zeigte hübschere Oberflächenstrukturen und Beleuchtungseffekte als das finale Spiel.) Als vor Kurzem eine PS4-Version ankam, war ich nach gedanklichem Abschluss mit Drangleic und über 200 Stunden nicht gerade übereifrig.

Zurück in der Zuflucht der Mutlosen. Bereits auf dem kurzen Weg hierher merkt man, wie viel From Software seit seinem ersten Entwurf von Dark Souls 2 verändert hat.

Ich wollte nur schnell eine Antwort: Wie sieht's auf den neuen Konsolen aus? Wie auf dem PC eben, und selbst das würde ich unter Berücksichtigung erweiternder Mods erst einmal relativieren, bis Digital Foundry mit allen Details zur Stelle ist. Insofern hat sich für Konsolenspieler das Warten auf die Technik der Current-Gen-Versionen besonders im Hinblick auf 1080p und 60 Frames pro Sekunde bezahlt gemacht. Letztere hält das Spiel nicht durchgehend, Schluckauf kann vorkommen, zum Glück nicht allzu oft.

Auf den zweiten Blick zeigen die Oberflächen etwas weniger Blur und mehr Details, doch nie so viel, dass man vergessen könnte, welches Entwicklerstudio hier am Werk war. Das Spiel ist mit ausgeprägtem Detailblick immer noch keine Schönheit. Sein Ursprungsmaterial wurde eben im Flaschenhals der alten Konsolen entworfen und hat den Stein nach wie vor zu schleppen. Trotzdem, einmal die PS4-Version ausprobiert, will man nicht mehr zurück. Abseits von diesem Schritt darf man keinen augenöffnenden GTA-5-Effekt erwarten. Was wir letzte Woche von Bloodborne spielen konnten, ist optisch eine ganz andere Klasse (sowohl generell als auch für From Software).

Dann die Momente beim Weg zum Soldier's-Rest-Leuchtfeuer, wo es seine schönen Schattenseiten zeigt. Fackel anzünden, Treppe runter und wohooo, die Eisentracht-Ritter im Kellergeschoss haben ihre Zelte zugunsten von Skeletten abgebrochen. Die Fackel ist diesmal hilfreicher, nach wie vor aber nicht elementar, das Dunkel in den Ecken bedrohlicher und die ganze Szenerie halb beleuchteter Schutthaufen einfach packender.

Die Beleuchtung ist eine Ecke besser und stimmiger. Besonders im Loch.

Das Loch unter dem Heiligengrab ist mehr noch als im Urspiel einfach nur, wonach es klingt: stockdunkel und voll mit morschen Eingeweiden in Form von Bretterbuden. Bei der Ankunft wunderte ich mich über kleine leuchtende Punkte in der Ferne, das einzig Sichtbare inmitten dieser Schwärze. Es waren die Fackeln der ruhelos umherwandernden Untoten. Eine schöne Sache, und wenn ich an die im Paket enthaltenen DLCs denke - besonders Sunken und Iron King mit ihren in Finsternis eingemurmelten Gebieten -, wird mir warm ums Herz.

Wie gesagt, wollte nur kurz eine Antwort. Und trotzdem blieb ich die ganze Nacht, vom Letzten Riesen bis zum Verkommenen, der Sünderin und der Liebsten des Herzogs. So schnell nicht aufhören zu können, wenn man erst mal "drin" ist, das spricht für die Güte eines Dark Souls 2. Und letztlich sind es unzählige neue Randdetails und Fixes in Scholar of the First Sin, die dem bekannten Spielgefühl einen netten Drall geben. Auf oberster Ebene bedeutet das eine Umstellung für jeden, der die Fundorte von Schlüssel, Estus-Scherben, Waffen und Ringen auswendig kennt. Vieles liegt nicht mehr am angestammten Platz. Für From Software bedeutete dieser Port auch Überlegungen, wie man die Umwelt besser mit der ihr ureigenen Geschichte verknüpfen kann.

Wer sich fragte, wieso man die Wächterdrachen-Parma auf dem Weg von Majula zum Flammenturm so nebenbei abgreift, statt sie aus einem Drachenrachen zu pflücken, muss nur mal einen Blick in Richtung der Blauen Kathedrale werfen. Davor schlummern neuerdings vier geschuppte und geflügelte Tonnen Gewicht, bis es jemand schafft, an all den hier Stellung haltenden Heide-Rittern vorbeizukommen.

Und wieder ein Neuer.

War der Weg zum Drachentöter einst mit Fersengeld durchaus zu berappen, müsst ihr euch jetzt durchkämpfen. Zumal sich diese vier müden Tonnen feuerspuckend aufrichten und erst nach einem zähen Kampf den Hebel zum Absenken der Brücke freigeben. Andererseits: Drachen, ach Mann, warum müssen es immer Drachen sein? Ist ja nicht so, dass Dark Souls nicht genug davon hätte.

Was es ebenfalls hat, nicht nur in Heides Turm: eine Neupositionierung vieler Gegner und Finstergeister, die traumwandlerisch-sicher durch Drangleic ziehenden Spielern die Beine wegknüppeln. Einerseits, um unfertige, abgeschnitten wirkende Ecken reizvoller zu machen. Andererseits, um Profis in einen neuen Rhythmus einzuspannen. Ich wäre gern dabei gewesen, als die Entwickler Überlegungen anstellten wie: "Also... lasst uns den Zellenschlüssel im Jägerhain woanders verstecken und über dem Verschlag, in dem man ihn fand, einen Giftschmetterling platzieren". Vermutlich klatschten viele für die Idee und jemand warf ein: "Ja, und wir haben doch damals im Wald der Riesen, wenn man die erste Leiter hochklettert, ein paar Hansels als Gegner gesetzt. Machen wir zwölf draus. Sicher ist sicher". Weiteres Klatschen. "Wenn ich genau darüber nachdenke, waren vielleicht auch die Armbrustschützen am Sünderhügel-Leuchtfeuer kein so brillanter Einfall."

Nein, schön ist Dark Souls 2 nach wie vor nicht, aber so atmosphärisch und ansehnlich wie nie zuvor.

Insgesamt spielt sich Scholar of the First Sin fordernder und überraschender. Es siebt schon früher mit größeren, aktiver im Level tätigen und sogar neuen Gegnern entlang des Weges aus, bleibt so aber auf lange Sicht interessanter und lebendiger. Der Spannung wegen sage ich über den brandneuen, rundum verbesserten "Verfolger" nur, dass er sich deutlich bedrohlicher ins Spielgeschehen einfügt, mit dem, was sein Name verspricht. Neulinge bekommen, was From Software wohl als ultimative Version von Dark Souls 2 im Sinn hatte. Quasi Dark Souls 2: Master Quest oder Super Dark Souls 2. Für alle anderen stecken genug Überraschungen drin, die wenigstens das kostenlos herunterladbare Inhalts-Upgrade für die alten Konsolen wert sein dürften.

Offenbar haben die Entwickler auch ein paar Mal gehört, die Idee mit den Duftzweigen sei prima gewesen, und kurzerhand fundamentale Pfade mit neuen Statuen blockiert. Es gibt jetzt mehr Zweige, logisch, und für jeden zusätzlich geopferten erhielt ich etwas Wertvolles, kein blödes Löwenmagier-Set. Womit wir wieder bei der Renovierung der im Original manchmal recht merkwürdig abgeschnittenen Areale wären. Scholar of the First Sinn nutzt sie besser im Sinne der Spielerfahrung, auch wenn es natürlich nicht verstecken kann, dass in so manchem Gebiet ursprünglich mehr geplant war. Es hat unzählige Neuerungen, einige klein, andere gewaltig, dass man selbst als erfahrener Drangleic-Tourist ins Wow!-en gerät. Es kann einige seiner konzeptionellen Fehlgriffe nicht rückgängig machen. Aber es ist immer noch eine ganz eigene Klasse von Spiel.

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Sebastian Thor

Freier Redakteur - Eurogamer.de

Steht auf Bier und Bloodsport. Mag weiche Sofas und verliert sich gern in Gedanken an dies und das. Seit 2014 bei Eurogamer dabei, aktuell als freier Redakteur.
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