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Final Fantasy X / X-2 HD Remaster (PS4) - Test

Es hat sich extra hübsch gemacht, also führe ich es mal aus. Und siehe da, wir fanden doch noch zusammen.

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X, X-2, jede Menge Extras, alle noch mal für die PS4-Version herausgeputzt. Da kann selbst ein einstiger Kostverächter nicht böse bleiben.

Schon wieder? Und keiner frei, dem ich das Ding auf die Backe drücken kann? Ich will aber nicht. Mir reichte das vor 10 Jahren schon. Der nervige Wasserball-Spieler in seiner Lederhose, seine nervige Bande, die Story, deren Fokus völlig falsch gesetzt wurde, die grausige Synchro, habe ich damals nicht schon genug gelitten?

Nun, es ist wohl eine Art Karma, das mich nun doch noch einmal zwingt, zumindest einen Blick auf einen meiner persönlichen Final-Fantasy-Tiefpunkte zu werfen. Ein Weg des japanischen RPG-Gottes mir zu zeigen, dass ich vielleicht falsch lag, dass ich nicht bereit war. Und nein, ich war es nicht. Nachdem schon Teil 7 nicht so ganz meins war und ich Teil 8 beinahe verachtete, ging der neunte gefühlt ein wenig zurück in die Richtung aus der Final Fantasy mal kam. Die Hoffnung war, dass sie diesen Weg weitergehen würden. Die große Nummer 10 schließlich beendete das jäh. Linear, unglaublich Story-lastig, mit nicht endenden, nicht abbrechbaren Szenen voller grausiger Stimmlagen. Ich habe es durchgespielt, weil ja jeder erzählte wie toll es sei und ich dachte, da müsste doch irgendwann die Genialität kommen. Am Ende hielt mich aber nur ein gutes Kampfsystem am Laufen. X-2 habe ich keine 20 Minuten ausgehalten, das Fan-Fiction-Intro ließ mich nur noch mit den Schultern zucken. Haken hinter, Final Fantasy wird nie wieder sein, was es mal war.

Aus einer Zeit, als CG-Cutscenes noch richtig was waren...

Schnellvorlauf, Mai 2015. Nachdem ich das Remake im letzten Jahr mit dem gleichen Schulterzucken weiterreichte, muss ich nun einsehen, dass das Spiel nicht die Intention hat, mich in Ruhe zu lassen. Also gut, schnell 'ne Stunde reinspielen, PS3-Version anwerfen, Unterschiede vergleichen, fertig. Aus der einen Stunde wurde eine sehr lange Nacht. Und dann noch eine für X-2.

Nein, ich habe beide Spiele noch nicht erneut durchgespielt. Aber wie es aussieht werde ich das wohl tun. Vielleicht. Die unerwartet lange Test-Spielzeit brachte aber zwei Erkenntnisse, nämlich dass ich damals wirklich einfach nicht bereit war, aber auch dass ich in einigen Punkten durchaus recht hatte oder zumindest bis heute einigen der bedingungslosen Lobpreisungen widersprechen würde.

Die tödlichste Waffe der Welt? Ein Wasser-Volleyball natürlich.

Nehmt die Geschichte. Sie ist sehr einfach gestrickt. Ich könnte sie in einem Satz mit weniger als zwei Dutzend Worten komplett und hinreichend gespoilert nacherzählen, ohne auch nur einen dramaturgisch wichtigen Aspekt auszulassen. Dadurch jedoch, dass ihr die Rolle des ahnungslosen Außenseiters spielt, quält einen das Spiel mit mehr Exposition als selbst George Lucas es für gut halten würde.

Belanglose Aspekte der Spielwelt, die eigentlich als Hintergrund die Fantasie des Spielers zur Arbeit zwingen sollten, werden fast schmerzhaft kleinlich durchdekliniert. Einige der dramatischen Wendungen sind eigentlich gar keine, sondern nur eine künstliche Verlängerung des Dramas, dessen Bogen so eigentlich viel zu weit gespannt wird. Der Figur, die ihr die ganze Zeit über spielt, fällt eigentlich die Rolle eines Nebencharakters zu. "This is my story."? Nein, Tidus, ist es nicht. Bestenfalls bist Du ein Katalysator, um die Hauptreaktion in Gang zu bringen. Und leider ein wahnsinnig nerviger. Oder zumindest nervig vertonter.

Ließen sich die Aeons eigentlich auch damals schon auf kurze Animationen umschalten? Falls ja habe ich damals viel Zeit verschwendet.

Das viele, recht langsame Laufen durch karge Areale mit vielen, vielen Zufallskämpfen ist auch nichts, was ich als Stärke eines Spiels bezeichnen würde. Das Sphären-Brett als Vortäuschung einer freien Charaktergestaltung ist immer noch ein Witz. Und die Synchro. Oh mein Gott, die Synchro. Das Lachen ist inzwischen fast berühmt. Aber auch der praktisch nie lippensynchrone Rest hat so viele goldene Momente, die einen zusammen mit der in Bezug auf das angestrebte Drama komplett unpassenden vorpupertären 90s-Attitüde des "Helden" immer wieder zusammenzucken lassen. Das gesprochene Wort im Videospiel hat es seitdem weit gebracht und wir sollten solche Neuveröffentlichungen als Moment nehmen, im Stillen dafür dankbar zu sein.

Die PS4 bringt die Farben besonders satt zur Geltung.

Also, da ist genug Legitimes, worüber ich nach wie vor herziehen kann. Aber ich habe in diesen letzten Stunden auch viel Positives erlebt, was mir so im ersten Anlauf nicht vergönnt war - oder um es ehrlich zu sagen: dem ich mich verweigerte. Denn auch wenn die Geschichte sich einfach zusammensetzen lässt, sie ist in vielen Punkten stimmig und interessant genug. Das Mittel des Ahnungslosen in der fremden Welt wird zwar etwas überstrapaziert, aber wenn die Grundregeln dann doch nach einer etwas schmerzhaften Weile aus dem Weg sind, beginnt es zu gewinnen und sogar zu vereinnahmen. Es finden sich immer glänzende, atmosphärisch hochwertige Abschnitte - meist außerhalb der etwas holperigen Dialoge - und vor allem gibt es eine Stärke, die praktisch gar nicht gelitten hat: Das Kampfsystem in X war eine der letzten Sternstunden des richtig alten J-RPG-Rundenkampfes.

Wenn man den Kämpfen etwas vorwerfen kann, dann dass die Zufallsrate etwas zu hoch ausfiel, auch wenn FFX hier sicher nicht der Spitzenreiter ist. Ansonsten ist das ganz saubere Rundentaktik nach allem klassischen Regeln und sogar mit der Option, die nervtötend langen und sich immer wiederholenden Aeon-Attacken - Super-Specials, wenn ihr so wollt - nur in ihrer Kurzfassung angezeigt zu bekommen. In der Masse der Standardgegner ein schneller und recht unterhaltsamer Grind, bei den Bossen eine übersichtliche, aber nicht zu unterschätzende taktische Herausforderung. Es ist das Konzept, das Final Fantasy seit den ersten Tagen beherrscht und hier noch einmal in einer sehr unverwässerten Pracht aufleben ließ. Es erinnert oft genug und immer wieder daran, warum die Serie damit einmal so erfolgreich war.

Der ganze Wahnsinn von FF X-2 in einem Kostüm. Und doch muss auch dieses sich dem Meister des schlechten Geschmacks schlechthin geschlagen geben...

Überhaupt ist da ein relativ eleganter Spielfluss - zumindest dann, wenn die Dialoge sich mal kürzer fassen. Selbst wenn die Handlung über Strecken nicht groß vom Fleck kommt, die Illusion des Fortschritts funktioniert. So gut, dass man schon immer wieder im Geiste einen Schritt zurücktreten muss, um zu sehen, dass man zwar Spaß hatte, aber eigentlich nicht viel passierte. Oder man lässt das und genießt einfach den Wechsel aus Kampf, Wandern und gelegentlichen Nichtigkeiten in fragwürdiger Synchronisation.

Noch größer war die Überraschung bei Final Fantasy X-2. Was war ich damals erschüttert. Nicht mal eine Stunde hielt ich das aus, bevor ich die DVD in die Ecke warf, etwas von "Fan-Fiction-Mist" grummelte und das Game zehn Jahre nicht mehr anfasste.

...denn niemand schlägt Maester Seymour Guardo in der Kategorie der beliebten Kategorie des schlecht sitzenden Bademantels.

Nun, im Grunde hat sich da nicht viel geändert, zumindest was diese Einschätzung angeht. Ja, Final Fantasy X-2 ist der gröbste Fan-Fiction-Mist, der je für viel Geld produziert wurde. Drei Mädels auf Schatzsuche, Cosplay-Porn-Kostüme als RPG-Klassen und J-Pop-Einlagen vom Peinlich-Feinsten, was ihr nur finden könnt. Ich bin immer noch ziemlich sicher, dass Square-Enix das Ding als Parodie produzierte und seinerzeit nur keiner den Witz verstanden hat. Ihr wollt Fan-Service? Ihr wisst doch nicht mal was Fan-Service ist! Hier bitteschön, das ist Final Fantasy X-2! DAS ist Fan-Service! Was haben sie wohl gelacht, als die Nerd-Rage hereinbrach.

Aber Spaß zumindest relativ beiseite, das Ding hat eine Handlung, aber ich könnte jetzt schon kaum zusammenfassen worum es geht. Irgendwas mit Dress-Sphären, die Powers haben oder so. Es ist, als würde man einen Anime ohne Untertitel gucken. Ist hübsch bunt und unterhaltsam, macht Spaß, auch wenn man nie ganz sicher ist, von was man da gerade Zeuge wurde. Dafür ist es aber weit offener, ihr erkundet viel auf eigene Faust und nach Lust und Laune, immer begleitet von einer endlosen Zahl an dieses Mal etwas dynamischeren, aber nicht schlechteren Kämpfen. Eine Art Final-Fantasy-Sandbox, die ihr mit wachsender und irgendwann auch wieder abnehmender Freude durchschreitet. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich das Ende sehen werde. Ich denke, die Welt muss gerettet werden und wahrscheinlich werde ich es auch tun. Aber nicht mehr heute oder morgen, für einen Moment muss ich erst mal sacken lassen, dass ich Spaß an Final Fantasy X-2 habe.

Your story oder auch nicht... Wir sehen uns wieder beim 16K-Super-HD-Remaster in ein paar Jahren.

Darüber hinaus findet ihr wie auch schon beim PS3-Remaster (siehe Test) eine Tonne an Extra-Features. Eternal Calm ist ein Film, der X und X-2 verbindet - nett, aber würde ich kein zweites Mal gucken. Der Creature Creator, das Pokemon der X-Teile, ist dabei, für alle die zu viel Freizeit oder zu wenige Spiele haben. Der Last-Mission-Rogue-Dungeon ist als Extra für X-2 dabei, in dem ihr zufällige Level abarbeitet und euch am Kampfsystem erfreut. Für zwischendurch könnte man sagen. Spielstände sind zwischen PS4, PS3 und Vita beliebig austauschbar und es ist Cross-Play-kompatibel. Bei der Musik habt ihr die Wahl zwischen Original und Arranged und meine Liebe geht ganz klar an die neuen Fassungen. Fantastische Sachen dabei und selbst wenn ihr euch den Retro-Kick der Original-Tunes holt, schaltet auch hin und wieder mal um, es lohnt sich wirklich. Alles in allem also alles dabei, das Paket ist wieder komplett. Aber das war es auch schon auf der PS3 im letzten Jahr. Warum also nun PS4?

Diese Frage stellte man sich wohl auch bei Square-Enix und wählte dort den offensichtlichsten Weg: Es muss noch mal hübscher werden. Wurde es auch. Ein wenig. Die auf der der PS3 noch sehr prominenten Kanten in den Charaktermodellen wurden etwas glattgezogen - womit die Figuren zwar irgendwie "besser" aber auch noch etwas künstlicher wirken -, es gibt ein leicht überarbeitetes Ausleuchtungssystem, entfernte Landschaften kommen besser zur Geltung. Es sind keine bewegenden Dinge, die hier passierten, schon gar keine, die man wirklich nur auf der neuen Konsole stemmen konnte, aber insgesamt wirkt es deutlich runder.

Würde ich, angenommen ich wäre ein Super-Duper-Über-Fan, es noch mal kaufen, nachdem ich letztes Jahr schon das Geld hinlegte? Nein, natürlich nicht. Die Inhalte sind letztendlich gleich, es sieht halt ein klein wenig netter aus. Das ist sicher kein Grund loszurennen, wenn man das "alte" Remaster schon hat. Ist das aber nicht der Fall und man gehört besagtem Fan-Kult an, dann husch-husch und los, kaufen gehen. Ist schließlich fürs erste und tendenziell mindestens die nächsten fünf Jahre die ultimative Version.

Aber auch wer es noch nie versuchte, darf es gerne wagen. Denn was mich am meisten verblüffte, ist, dass ich es jetzt nicht beim "die Fans macht es glücklich" belasse, sondern wirklich auch selbst in das Spiel fand. Ich evaluierte es für mich neu, legte alte Animositäten teilweise ab und hatte wirklich, ehrlich und aufrichtig viel, viel Spaß mit diesem Riesenpaket. Ist es perfekt, erkenne ich es nun auch als DAS Konsolen-Rollenspiel seiner Zeit an? Nein, dafür liegt mir immer noch zu viel quer. Aber ich erkenne gerne an, dass man sich immer wieder mal auf ein Spiel einlassen muss, dass es verdiente zweite Chancen gibt und dass Final Fantasy X und sogar X-2 zwei extrem unterhaltsame Spiele sind.

Hey, vielleicht sollte ich auch Metroid Other M noch mal eine Chance geben. Vielleicht bin ich jetzt bereit dafür. Man weiß ja nie.

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Final Fantasy X

PS2

Final Fantasy X-2

PS2

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Martin Woger

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Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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