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Toren - Test

Älterwerden im verfluchten Turm.

Ein Adventure um das Altern mit dichter Atmosphäre, rätselhafter Geschichte und einigen technischen Aussetzern.

Toren ist ein kryptisches, fast schon esoterisches Spiel. Nach der Endsequenz lässt es mich gleich aus mehreren Gründen ratlos zurück. Weder habe ich wirklich verstanden, was im Spiel gerade passiert ist, noch will mir in den Kopf, wie die Entwickler es zulassen konnten, dass ein so schönes Spielerlebnis durch Bugs und Glitches beeinträchtigt wird. Von Anfang bis Ende dauert Toren gerade einmal zwei bis drei Stunden und in dieser Zeitperiode haben Fehler das Spiel etwa vier oder fünfmal derart zerstört, dass ich einen alten Checkpoint laden musste. Einmal lud das Spiel daraufhin sogar einen Checkpoint, den ich noch gar nicht erreicht hatte.

Manchmal habt ihr in Toren lediglich die simple Aufgabe, den richtigen Weg zu finden.

Dabei enthält das Spiel ansonsten wirklich viele tolle Ideen. Ihr schlüpft in die Haut eines Mädchens, genannt Moonchild, das die Spitze eines Turms erreichen muss und nebenbei auch noch ihren Erzfeind bekämpfen, einen schwarzen Drachen mit einem Atem, der alles in Stein verwandelt. Warum, das ist dabei zumindest zu Beginn des Spiels nicht so ganz klar - allerdings liegt auf dem Moonchild eine Art Fluch. Es wird nach jedem Tod umgehend wiedergeboren und muss dann über die versteinerten Rest seiner Leiche weiter den Turm emporsteigen. Zudem durchlebt die Protagonistin ihr Leben in Rekordzeit: In jedem Kapitel ist sie ein kleines bisschen älter - wenn das Spiel beginnt, verkörpert ihr einen Säugling, gegen Ende eine etwa 16-Jährige.

Wie aus einem solchen Konzept nun ein Spiel wird, das habe ich mich leider bis zur Endsequenz gefragt. Ein Großteil von Toren besteht aus Laufarbeit, also einfach darin, den richtigen Weg zu finden. Zwischendurch gibt es eine Handvoll Schwertkämpfe gegen den Drachen, in denen ihr jeweils ein kleines Puzzle lösen müsst. Ihr versteckt euch hinter Blöcken um dem Atem des Monsters zu umgehen oder haltet euch an wie zufällig platzierten Griffen fest, um nicht in einen Abgrund geweht zu werden. Zudem enthält das Spiel eine Reihe von optionalen Traumsequenzen, die das Puzzlekonzept auf die Spielumgebung übertragen: Mal ist der Boden unsichtbar und erscheint nur als Spiegelbild im Himmel, ein andermal ist die Umgebung dunkel und wird nur durch sporadische Blitze erleuchtet.

Das Schwert ist die einzige Waffe im Spiel.

Ein Problem: Ein Großteil der ohnehin schon reichlich verworrenen Geschichte wird nur in den optionalen Traumsequenzen erzählt. Einige von ihnen sind leicht zu verpassen. Das bedeutet, dass die Chancen recht gut stehen, dass ihr einen wichtigen Teil der Story einfach nicht mitbekommt - was das Spiel noch seltsamer macht. Atmosphärisch bewegt es sich auf den Spuren von Spielen wie Ico. Schräg, verträumt, der Focus liegt klar weniger auf Gameplay als vielmehr auf der Ausgestaltung einer fantasievollen Spielwelt.

Dumm nur, dass die Grafik dazu nur bedingt passt. Der künstlerische Stil weiß durchaus zu begeistern, die Umgebungen sind abwechslungsreich, aber in einzelnen Momenten sieht Toren einfach aus, als sei es aus dem Jahr 2005 gefallen. Die Texturen sind verwaschen, die Bäume haben keine wirklichen Blätter, sondern flache und zweidimensionale Ast-Bitmaps, die aus ihrem sechseckigen Stamm herausragen. Hintergründe wirken bisweilen wie frühe Windows-95-Screensaver. Dafür ist der Soundtrack toll - er gibt dem ohnehin schon recht mystischen Geschehen einen noch mysteriöseren Touch und wirkt dabei nie aufdringlich.

Der Drache ist der Erzfeind der Protagonistin, ihn zu erledigen eines der Spielziele.

Ein wenig scheint es, als habe der Entwickler bei Toren zwar jede Menge gute Ideen gehabt, nicht jedoch die Ausdauer, sie auch angemessen umzusetzen. Herausgekommen ist ein Spiel mit vielen tollen Ansätzen, das jedoch an seinen spielerischen, technischen und grafischen Aussetzern leidet. Die Atmosphäre ist durchaus beeindruckend, aber sie ist leider auch wie weggeblasen, wenn die Hauptfigur plötzlich durch den Boden fällt oder nach rechts aus dem Bildschirm herausschwebt als stünde sie auf einem unsichtbaren Laufband. Oder wenn die Kamera plötzlich wie verrückt beginnt, um sich selbst zu drehen und den Focus verliert. Ein wirklich schlechtes Spiel ist Toren trotzdem nicht. Dafür sind die zugrundeliegenden Gedanken zu gut, die Atmosphäre zu dicht. Wer handwerkliche Fehler wirklich gut verschmerzen kann, sollte auf jeden ihm auf jedem Fall eine Chance gönnen.

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Toren

PS4, PC

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Über den Autor
Markus Grundmann Avatar

Markus Grundmann

Freier Autor

Seine ersten Videospiele konsumierte Markus auf dem Game Boy. Heute spielt er so ziemlich alles, bei dem er auf Knöpfe drücken kann – mit besonderer Vorliebe für Nintendo und extravagante Indie-Titel.

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