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Tales of Zestiria - Test

Zwei Schritte vor und einen zurück.

Tales of Zestiria bringt frischen Wind in die angestaubte Serie, leidet aber zu sehr unter dem Ballast einer drögen Handlung.

In meinen Augen befand sich die traditionelle Tales-of-Reihe in den letzten Jahren auf einem leicht absteigenden Ast. Die Spiele waren nie wirklich schlecht, aber qualitativ eher durchschnittliche JRPG-Kost. Mein letztes Highlight, das fantastische Tales of Vesperia, liegt mittlerweile sieben Jahre zurück und obwohl Tales of Zestiria nicht ganz den Anschluss findet, ist es dennoch eine deutliche Steigerung gegenüber seinen direkten Vorgängern.

Zur größten Neuerung gehört das neue Kampfsystem. Serienveteranen brauchen jetzt keine Angst bekommen, da auch Zestiria auf den altbewährten Grundlagen aufbaut . Wie früher legt ihr Attacken und Fähigkeiten auf verschiedene Tastenkombinationen. Allerdings liegt der Fokus nun auf dem kontrollierten Einsatz eurer Spezialattacken, denn der Verbrauch von Spirit-Chain-Energie - quasi die Manapunkte des Spiels - ist wesentlich höher als zuvor. Ohne kann euer Charakter keine Kampfaktionen ausführen und muss zur Erholung still in der Ecke hocken. SC-Energie kann jedoch durch perfektes Blocken oder Ausweichen jederzeit generiert werden, was die Kämpfe von Zestiria wesentlich reaktionsbasierter macht.

Groß ist die Welt. Nur leider auch leer.

Passend dazu wechselt das Geschehen nicht länger auf ein separates Schlachtfeld. Trefft ihr einen Gegner auf der Oberwelt, zoomt die Kamera nur ein wenig heran und das Schnetzeln beginnt. Zestiria verfolgt damit die Struktur eines Open-World-Rollenspiels, wobei ihr nicht die riesigen Areale eines Xenoblade Chronicles erwarten solltet. Ihr besitzt zwar mehr Freiheiten als zuvor, jedoch sind einzelne Gebiete klar voneinander getrennt und ihre Grenzen zeigen sich schnell. Verglichen mit anderen Tales-of-Spielen ist es trotzdem eine willkommene Änderung, selbst wenn die Umgebung weit hinter ihrem Potenzial zurückbleibt.

Jeder Raum eines Dungeons gleicht dem anderen und selbst in äußeren Arealen fällt der geringe Detailgrad auf. Ja, Zestiria ist größer und gewinnt an Freiraum. Nur geschah dies nicht ohne seinen Preis. Ich stehe den Änderungen dennoch positiv gegenüber. Denn Zestiria fühlt sich dadurch frisch an und zeigt den Willen zur Evolution, ohne die grundlegenden Spielmechaniken abzuwerfen.

Wenn das Gleiche doch nur für die Handlung gelten würde. Wer in RPGs gute Geschichten zum motivierten Weiterspielen benötigt, sollte lieber zurück zum Hexer gehen. Ich kann mich jedenfalls an keinen nennenswerten Moment oder Dialog erinnern. Es ist alles so banal, so offensichtlich und so schmerzhaft in die Länge. Jedes Ereignis muss von eurer Truppe langatmig durchgekaut und analysiert werden. Das Ganze wäre nicht so schlimm, wenn die Charaktere zumindest interessante Merkmale aufweisen würden. Aber bis auf wenige Ausnahmen ist jede Figur ein abgestandener Archetyp, mit vollkommen vorhersehbaren Reaktionen.

Die einzige Spannung besteht in der Frage, welche Klischees jeder einzelne Charakter bedient.

Leider bildet Protagonist Sorey da keine Ausnahme. Ich war zu Beginn sehr froh, dass er im Gegensatz zum Hauptcharakter aus Xillia 2 sprechen konnte, nur verging die Freude darüber sehr schnell, als mir seine nicht vorhandene Persönlichkeit bewusst wurde. Er ist einfach da, stört niemanden und fällt kaum auf. Keine wirklich gute Voraussetzung für die tragende Rolle eines sich über dutzende Stunden streckendes Abenteuers. Leider ist die Pappnase der Auserwählte seiner Welt und es liegt an ihm und einer ebenso blassen Gruppe, jedes Gebiet von den hasserfüllten Hellions zu befreien.

Zum Glück habe ich kein Problem damit, mich komplett von einer Geschichte zu distanzieren und mich allein auf die Spielmechaniken zu konzentrieren. Und in dieser Hinsicht hat mich Zestiria wunderbar unterhalten. Vielleicht half es, dass ich vergangene Woche krank im Bett lag und die hypnotisierende Abfolge ähnlich verlaufender Gefechte genau die richtige Beschäftigung war. Dennoch möchte ich deutlich machen, dass Zestiria für mich das bisher beste Kampfsystem der Serie ins Feld führt. Prinzipiell beinhaltet es die gleichen Systeme, nur fühlt es sich etwas intensiver an. Die starke Restriktion eurer SC-Energie zwingt in den Auseinandersetzungen zum schnellen Reagieren. Ihr rattert nicht länger bloß auswendig gelernte Kombos runter und achtet mehr auf das Gegnerverhalten. Schließlich müsst ihr feindlichen Attacken nicht nur zur Schadensvermeidung ausweichen, sondern damit aktiv die Auffüllung eurer SC-Energie kontrollieren. Es gestaltet die Kämpfe dynamischer und ihr fühlt euch involvierter.

Fast jeder Feind besitzt Elementar-Schwächen, die ihr ausnutzen könnt.

Ebenso begrüße ich die leicht ausgebauten Anpassungsmöglichkeiten eurer Ausrüstung. Jeder Gegenstand besitzt nun eine Art Karte, auf der verschiedene Punkte markiert sind. Dort könnt ihr Fertigkeiten oder Boni anlegen, die im Zusammenspiel mit anderen Ausrüstungen oder Charakteren zu weiteren Verbesserungen führen. Die Bandbreite dieser Kombinationen ist wirklich erstaunlich und ich will gar nicht wissen, wie viel Zeit ich allein deswegen in den Menüs verbracht habe. Zum Durchspielen nicht unbedingt notwendig, aber für jeden Freund von Optimierungsprozessen eine wirkungsvolle Droge.

Falls ihr mit den letzten Ablegern der Tales-of-Reihe nicht richtig warm werden konntet oder euch schlicht die Qualität eines Symphonia, Abyss oder Vesperia zurückwünscht, lohnt sich zwar ein ausführlicher Blick auf Zestiria, trotzdem solltet ihr eure Erwartungen niedrig ansetzen. Die neuste Iteration der Serie ist zweifelsohne eine Steigerung, dennoch reichen die Areale längst nicht an die Detailverliebtheit oder das Design eines Xenoblade Chronicles heran. Man erkennt besonders in Dungeons zu leicht die Copy-Paste-Mentalität und selbst in größeren Gebieten mangelt es an Abwechslung. Der größte Schwachpunkt ist hingegen die Handlung gefüllt mit ihren belanglosen Charakteren, deren Namen ich zur Hälfte schon wieder vergessen habe.

Für Fans lohnt sich der Titel aber schon allein für das verbesserte Kampfsystem sowie den gewonnenen Freiraum beim Anpassen eurer Ausrüstung und Strategien. Ich hoffe sehr, dass die Entwickler mit dem Sprung auf neue Hardware beim nächsten Mal das verborgene Potenzial der neuen Struktur entfalten können. Außerdem sollte man sich vielleicht qualifizierte Autoren ins Boot holen, um die Geschichte endlich über den Standard 20 Jahre alter Rollenspiele zu heben.

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Tales of Zestiria

PS4, PS3, PC

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Björn Balg Avatar

Björn Balg

Freier Redakteur

Freier Autor und wahrscheinlich der letzte Mensch ohne einen Facebook-Account. Liebt Trash und verbringt zu viel Zeit mit dem Ansehen von Katzenvideos.
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