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E3 2016: Technik-Analyse: Xbox Project Scorpio - Digital Foundry

8 CPU-Kerne, über 320 GB/s Arbeitsspeicher-Bandbreite, 6 TFLOPs GPU-Leistung - wie haben sie das geschafft?

“Barrieren entfernen... Innovation und neueste Technologie... Die leistungsstärkste Konsole der Welt abzuliefern, ist etwas, was wir auf definitiv tun wollen... Die leistungsstärkste Grafikkarte, die jemals in einer Spielekonsole enthalten war... Die höchste Auflösung... Die beste Framerate... Keine Kompromisse... Wir können mit 60 Hz rendern... Wir können vollständig unkomprimierte Pixel rendern... Die qualitativ besten Pixel... Echtes 4K-Gaming...“

Das Konzept von Project Scorpio, das Microsoft auf seiner E3-Pressekonferenz präsentierte, war klar und einfach verständlich. Während einiger der Behauptungen ein wenig bizarr oder gar lächerlich klingen (unkomprimierte Pixel?), besteht Microsofts Ziel darin, mit seinem eigenen Mid-Generation-Refresh die technologische Führung zu übernehmen. Was wir hier sehen, ist im Vergleich zur PlayStation 4K Neo in puncto Technologie ein ambitionierter Sprung nach vorne, wobei Microsoft die modernsten Bestandteile von Hardware-Partner AMD verwendet - Technologie, die im PC-Sektor noch nicht gänzlich enthüllt wurde.

Tatsächliche Angaben zur Performance und harte Fakten zu den Spezifikationen sind dünn gesät, aber es gibt genügend Informationen, damit wir uns ein Bild dessen zusammenstellen können, was Scorpio zu bieten hat und ob man tatsächlich die Versprechen erfüllen kann.

So hat Microsoft in dieser Woche Project Scorpio auf der E3 vorgestellt.Auf YouTube ansehen
PS4 PS4K Neo Xbox One Project Scorpio
CPU 8 Jaguar-Kerne mit einer Taktrate von 1,6 GHz 8 Jaguar-Kerne mit einer Taktrate von 2,1 GHz 8 Jaguar-Kerne mit einer Taktrate von 1,75 GHz 8 Kerne, Spekulation: übertaktete Jaguar-Kerne oder ähnliches
GPU 18 Radeon GCN Compute Units mit 800 MHz 36 verbesserte GCN Compute Units mit 911 MHz 12 GCN Compute Units mit 853 MHz Spekulation: 56/60 GCN Compute Units mit 800 bis 850 MHz
Arbeitsspeicher 8 GB GDDR5 mit 176 GB/s 8 GB GDDR5 mit 218 GB/s 8 GB DDR3 mit 68 GB/s und 32 MB ESRAM mit maximal 218 GB/s Mehr als 320 GB/s Bandbreite - Spekulation: 12 GB GDDR5

GPU: Viel schneller als die PlayStation Neo

Sprechen wir zuerst über die GPU - ein Bereich, auf den Microsoft offensichtlich besonders stolz ist. Die Gerüchte über 6 TFLOPs an Rechenleistung haben sich bestätigt und übertreffen die 4,2 TFLOPs der PlayStation Neo um ein gutes Stück. Sie ist rund 40 Prozent schneller, was an den Vorteil der PlayStation 4 gegenüber der Xbox One erinnert.

Wir wissen, wie Sony sein Performance-Ziel erreicht hat - mit ziemlicher Sicherheit verwendet man einen Polaris-10-Grafikkern von AMD, der 36 Next-Gen-GCN-Compute-Units mit einer Taktrate von 911 MHz nutzt. Effektiv handelt es sich um eine beschnittene Version einer Radeon-RX-480-Grafikkarte - AMDs kommende 199-Dollar-Next-Gen-GPU, die auf Mainstream-Spieler abzielt und dabei gute VR-Fähigkeiten auf Einstiegsniveau bietet. Wir können mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass diese GPU eine beschnittene Version eines bislang unangekündigten Produkts ist, womöglich eines mit 40 Compute Units. Indem man einen Teil der CUs deaktiviert lässt, kann man auch nicht perfekte Chips aus einer Produktionslinie verwenden - diese Taktik nutzt man bereits bei PS4 und Xbox One, bei beiden wurden zwei CUs auf dem Silizium deaktiviert.

Aufgrund der Unterschiede bei den Spezifikationen von Neo und Scorpio ist es jedoch unwahrscheinlich, dass die neue Microsoft-Konsole überhaupt auf Polaris setzt. Bei einer 40-CU-Komponente wäre eine gewaltige Übertaktung nötig, um auf 6 TFLOPs zu kommen. Und basierend auf den gerenderten Bildern, die wir gesehen haben, scheint die für die Kühlung von Scorpio geplante Komponente nicht dafür ausgelegt zu sein. Wenn man das berücksichtigt, würden wir auf AMDs kommende Vega-Technologie mit einer niedrigeren Taktrate wetten.

Dank eines AMD-Technikers, der so unklug war und Teile der Vega-Spezifikationen auf seinem LinkedIn-Profil veröffentlicht hat (!), wissen wir, dass der Prozessor über 64 Compute Units verfügt. Gehen wir davon aus, dass dies auf 56 CUs beschnitten wird (wie bei der Radeon R9 Fury, eine beschnittene Version der 64-CU-Fury-X), erscheint eine Taktrate von 830 bis 850 MHz wahrscheinlich. Alternativ - und das ist womöglich wahrscheinlicher - könnten wir 60 CUs mit einer Taktrate von 800 MHz sehen. Beide repräsentieren eine deutliche Steigerung gegenüber der PlayStation 4K Neo, während die Steigerung der Rohleistung im Vergleich mit PS4 und Xbox One natürlich noch viel größer ist.

AMDs Technologie-Roadmap zeigt, welche Teile Sony und Microsoft zur Verfügung stehen. Wir wissen, dass die Neo Polaris 10 nutzt, während eine beschnittene Version von Vega die wahrscheinliche Option für Scorpio ist.

Speicher: 12 GB GDDR5?

Microsoft nannte ein paar harte Zahlen, was die Speicherbandbreite angeht, und sagte, dass Scorpio über 320 GB/s an Datendurchsatz haben wird. Das gibt uns ein paar nützliche Data-Points. Erst mal ist damit praktisch sicher, das ESRAM bei der Xbox Geschichte ist. Microsoft dürfte damit Sonys Vorbild folgen und einen einzigen, einheitlichen Pool an Speicher nutzen, der auf PC-Grafikkarten-Technologie basiert. Welche Technologie genau, das wird man noch sehen. Wird es GDDR5 oder der schnellere G5X sein, den Nvidia in der GTX 1080 nutzt?

Die genannte Zahl kann erreicht werden, wenn man 8 GB G5X-Speicher mit einem 256-Bit-Bus nutzt, alternativ könnte es auch ein 384-Bit-Interface sein, hinter dem dann 12 GB GDDR5 liegen. Hier macht sich das stilisierte Rendering des Motherboards von Scorpio bezahlt, auf dem klar 12 Chips zu erkennen sind. Das bedeutet, dass Current-Gen-Technologie genutzt wird und nicht HBM2, das wir in Vega und Nvidias Next-Gen-Titan erwarten. Das deutet einen weiteren Vorteil von Scorpio gegenüber Neo an, denn dann wären es nicht nur über 100 GB/s mehr an Datendurchsatz, sondern auch 4 GB mehr Speicher.

Gut so, wenn Microsoft sein erklärtes Ziel, eine würdige 4K-Spielerfahrung zu bieten, wirklich erreichen möchte. Die PlayStation Neo bietet nur 512 MB mehr an RAM im Vergleich zur bisherigen PS4, was bedeutet, dass es nur begrenzten Platz für hochaufgelöste Texturen gibt. Scorpio wird also nicht nur höhere Auflösungen bieten, sondern auch genug Platz für hochaufgelöste Texturen haben. Die einzige Frage ist, wie schnell dieser Speicher befüllt werden kann. Wenn man davon ausgeht, dass man immer noch eine 5.400er Festplatte nutzt, wird das bei 12 GB eine Weile dauern. Auf der anderen Seite haben wir von ein paar Entwicklern schon gehört, dass die 8 GB der Neo nicht reichen, um das Maximum aus 4K-Displays herauszuholen.

Die Anordnung der Speichermodule um den Hauptprozessor herum deutet an, dass es 12 DRAM-Chips sind, was ein Indiz für einen 384-Bit Speicherbus ist, der an 12 GB GDDR5 anschließt.

CPU: Acht Kerne, aber was für welche??

Microsoft sprach nicht viel über die CPU-Technologie von Scorpio und wenn wir zynisch sein wollen, könnte man sagen, dass das so sein ist, weil es nicht viele Verbesserungen gegenüber der One gäbe. Nur ein spezifisches Detail wurde genannt und das waren die acht Kerne der CPU, was auf einer Linie mit Xbox One, PS4 und Neo liegt.

Es gibt für Microsoft aktuell zwei Möglichkeiten: Die bestehenden Jaguar-Kerne, eine aktuelle Version dieser oder AMDs Zen-Technologie. Wägt man die Wahrscheinlichkeiten ab, denken wir nicht, dass es Zen sein wird. Wenn es das wäre, hätte Microsoft es bestimmt gesagt oder angedeutet. Außerdem wissen wir, dass ein Acht-Kern-Zen eine High-End-Desktop-CPU ist, die eine Menge Silizium bedeuten würde und das neben eine auch schon große GPU zu setzen, wäre vielleicht doch etwas zu ambitioniert.

So kann es durchaus sein, dass das Ungleichgewicht zwischen CPU und GPU in der Konsole immer größer wird und die Wichtigkeit von DX12 und GPGPU weiter zunimmt. Immer mehr Aufgaben der CPU würden dann der GPU zugewiesen werden. Nimmt man mal an, dass Scorpio weiterhin AMDs Mobile-orientierte CPUs-Kerne nutzt, dürften zumindest die GHz-Zahlen etwas hoch gehen. So läuft die Neo mit 2,1 GHz, die bisherige PS4 mit 1,6 GHz.

Es gab die Hoffnung, dass Scorpio auf AMDs neue Zen-Technologie setzen würde. Aber hier ist nur ein Prozessor-Block zu sehen. Kombinierte man so eine Top-End-CPU-Lösung mit einer Top-End-GPU in einem Stück Silizium, wäre das extrem teuer und würde eine deutlich bessere Kühlung erfordern, als es in Microsofts Vorstellungs-Trailer zu sehen war.

Kann Projekt Scorpio die VR- und 4K-Versprechen einhalten?

Das Gerät basiert auf existierender AMD-Radeon-Technologie, wasbedeutet, dass die 6-TF-Grafik-Power nicht genug für ein überzeugendes 4K-Gaming-Erlebnis sind. Die R9 390 von AMD bietet rund 5,9 TF und hat Probleme, in modernen PC-Titeln 4K auf 30 Bilder die Sekunde zu bringen. Der Schritt in Richtung GCN-Architektur wird vermutlich mit besserer Effizienz einhergehen, aber es ist schwer zu glauben, dass dies eine Grafikkarte auf dem Level einer 390X in ein Gegenstück zur teureren Radeon R9 Fury X (8,4 TF) verwandeln wird.

Aber es muss gesagt sein, dass die Entwickler mittlerweile mehr aus Xbox One und PS4 herausholen, als PC-Spiele aus gleichwertigen Computerkomponenten. Das lässt sich nicht zuletzt anhand der E3-Demos von Gears of War 4 und Forza Horizon 3 sagen. Beide laufen bemerkenswerterweise auf dem Äquivalent zu AMDs 100-Euro-Karte R7 360. Vielleicht - ganz vielleicht - sehen wir ja doch noch native 4K-Titel.

Dennoch, Upscaling ist ebenso wahrscheinlich. Obwohl es sich nicht um das wahre 4K handelt, das uns versprochen wurde, kann dies hervorragende Resultate hervorbringen. Mit der Fury X konnten wir am PC zum Beispiel Star Wars: Battlefront mit 4K-Output bei 85-prozentiger Skalierung spielen. Überdies konnten wir die Qualitätseinstellungen höher als bei den Konsolen einstellen. Das Resultat sah phänomenal aus. Auch ein Upscale von 3200x1800 Bildpunkten auf 4K warf bisweilen superbe Ergebnisse ab. Was VR angeht - das sollte kein Problem sein. Eine 6-TF-Radeon-GPU ist problemlos schneller als die für VR-Ready-PCs erforderlichen R9 290 und GTX 970.

Angenommen Scorpio liefert die Performance der Fury X, dann wäre 4K-Gameplay vermutlich für viele Games vom Tisch. Aber wie Spiele wie Star Wars: Battlefront zeigen - hier im Bild -, können wir mit ein wenig Skalierung und Anpassungen an den Einstellungen fantastische Ergebnisse erzielen.Auf YouTube ansehen

Was bedeutet das für PlayStation 4K Neo?

Das ist eine bemerkenswerte Wendung. Die technische Überlegenheit der PS4 gegenüber der Xbox One und der Fokus auf Hardcore-Spieler sind zu einem guten Teil verantwortlich für den Erfolg der Plattform. Mit der nächsten Welle der Hardware wird der Vorsprung dahin sein - wir wissen bereits, dass sie in Cutting-Edge-Spielen keine wahre 4K-Auflösung leisten kann, denn wir haben die internen Unterlagen gesehen, in denen Sonys Upscaling-Strategien für 4K-Support aufgeführt sind. Ebenso würde es sich nicht lohnen, die Neo radikal zu überarbeiten. Die Chips sind fertig, die Entwicklerkits in Händen der Studios. Nachzubessern, um mit Scorpio gleichzuziehen, würde bedeuten, Neos aktuellen Prozessor komplett zu verwerfen.

Im Grunde ist die einzige Option, die Sony hat, die gleiche, die auch Microsoft blieb, um die Xbox One näher an die PS4 heranzurücken: Den Prozessor zu übertakten. Das könnte die Neo ein wenig näher an die von Scorpio anvisierten Spezifikationen bringen. Aber 6 TF zu erreichen, liegt nicht im Bereich des Möglichen. Dafür würde Sony einen Polaris 10 mit 40 CUs und 1,2 GHz brauchen. Und das würde am 100GB/s Bandbreitenlimit oder dem Speichervorsprung von 4 GB nichts ändern, der unserer Vermutung nach zwischen Neo und Scorpio liegen wird.

Aber diese Leistung hat auch einen Haken: Den Preis. Microsofts Briefing an AMD, um dieses Ungetüm eines mehr oder weniger individualisierten Designs zu fertigen, ist doch ziemlich offensichtlich: Die leistungsstärkste Konsole überhaupt zu schaffen. Wenn wir mit den zusätzlichen 4 GB Speicher richtig liegen, wird das definitiv nicht billig. Als wir AMDs Launch-Event der Fury X in München besuchten, sagte man uns, dass zusätzliche 4 GB GDDR5-Speicher auf der R9 390/390X rund 30 Dollar pro Stück kosten. Wir wären daher nicht überrascht, wenn Scorpio deutlich kostspieliger als Neo wäre, vielleicht sogar 100 Dollar teurer.

Aber auf Sony wird so definitiv Druck ausgeübt - besonders weil sich ihre nächste Konsole an den Hardcore-Spieler richtet, der nur das Beste will. Sollte Neo in diesem Jahr starten, hat sie einen gesunden Vorsprung vor Scorpio. Wenn es aber eher März 2017 wird, warten vielleicht einige Leute lieber auf Scorpio - besonders weil die neue Hardware ein spürbar eindrucksvolleres Upgrade gegenüber der etablierten PlayStation 4 darstellen wird.

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Richard Leadbetter

Technology Editor, Digital Foundry

Rich has been a games journalist since the days of 16-bit and specialises in technical analysis. He's commonly known around Eurogamer as the Blacksmith of the Future.
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