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Kingsglaive - Final Fantasy XV (2016)

Die schönste Form von Werbung.

Regie: Takeshi Nozue
Buch: Takashi Hasegawa
Darsteller: Gō Ayano, Tsutomu Isobe, Shiori Kutsuna

Was Schönes für's Wochenende

"Die Mächte in dir" war ein bildgewaltiger Reinfall. Advent Children purer, aber gern angenommener Fanservice. Und Kingsglaive ist schamlose Werbung für ein Videospiel. Aber wenn Werbung ab sofort so aussieht und so viel Spaß macht, dann lass' ich mir die neue Strategie der PR-Abteilung gerne gefallen. Der Film zum Game ist nämlich in erster Linie das, wofür Square Enix seit vielen Jahren berühmt ist: actionreich und erhaben über jegliche Kritik an den Animationskünsten ... Na ja. Fast.

Kingsglaive: Final Fantasy XV erzählt die Geschichte, die den Beginn des lang ersehnten Triple-A-Titels einläutet und beleuchtet ein wenig die Hintergründe der dortigen Ausgangssituation. Wo befinden wir uns, welche Figuren werden noch wichtig sein und wer kämpft warum gegen wen? Die wirklichen Antworten bleiben im Schatten, aber ein Grundriss wird aufs Papier gebracht und macht die jüngst noch um zwei Monate verlängerte Wartezeit auf den Titel ein wenig erträglicher.

Wichtige Figuren wurden absolut meisterhaft animiert, Randcharaktere eher weniger gut.

Dass diese Geschichte wirklich gut erzählt würde, kann ich jedoch nicht behaupten. Es ist schwierig, einen Film zu fassen, der auf ein Videospiel vorbereitet, von dem wir bisher nur hoffen können, dass es uns wirklich gefällt. Bei Final Fantasy VII und seinem DVD-Ableger war es einfacher, da wir die Welt und die dort vorgestellten Figuren bereits lieben gelernt haben. Ob die Geschichte etwas löchrig ist, hat einen echten Fan nicht gestört. Hier ist es jedoch etwas komplett anderes.

Und das verursacht ein kleines Paradoxon. Denn auf der einen Seite läuft der Streifen mit fast zwei Stunden viel zu lange. Es entsteht unnötiger Leerlauf und Szenen werden präsentiert - oder bestenfalls angeschnitten - die erst im späteren Spiel beweisen können, inwiefern sie eine Daseinsberechtigung in diesem Machwerk haben. Auf der anderen Seite scheint diese Vorgeschichte dann aber wieder viel zu kurz. Was wirklich interessiert, wird nicht weiter erwähnt und zu viel passiert in gefühlt zu kurzer Zeit.

Man will den Kunden heiß auf ein Produkt machen, ihm aber noch nicht zu viel vom Inhalt verraten. Und darüber urteilen kann man nur schwer, wenn man keinen geeigneten Vergleichswert hat. Kingsglaive entzieht sich storybezogen weitgehend der Kritik, da erst Final Fantasy XV zeigen wird, wie viel vom Epos wirklich in die Verfilmung geflossen ist. Für sich alleine kann die Geschichte in der cineastischen Version kaum stehen. Sie wackelt und verliert oft das Gleichgewicht. Weiß scheinbar oft selbst nicht, wohin sie eigentlich will.

Ein Held, von dem wir im fertigen Spiel hoffentlich noch was hören werden: Nyx.

Weitere Kritikpunkte der negativen Art finden sich, wenn man noch etwas pingeliger wird. Die überragende Tricktechnik, die hier zum Einsatz kam, funktioniert nämlich lediglich für den Großteil der Welt - die Stadt, Gebäude, Straßen, etc. - und ihrer Hauptfiguren. Nebencharaktere wirken teilweise wie aus einem 08/15-Rendertrailer für ein x-beliebiges Spiel. Einige Szenen sind zudem entweder schrecklich abgehackt, laufen vergleichsweise zu schnell ab oder werden sogar komplett ausgeblendet. Die Grenzen des Budgets sind hier deutlich zu spüren.

Außerdem rollen sich mir selbst jetzt noch die Fußnägel hoch, wenn ich an die grauenhafte deutsche Synchronisation denke. Bestenfalls lustlos und träge, in einigen Momenten sogar ganz nah am Niveau eines thailändischen Kung-Fu-Films. Hier machen die Amerikaner definitiv einen besseren Job. Aaron Paul, Sean Bean und Adrian Bouchet passen besser zu ihren Figuren und sprechen diese auch mit weitaus mehr Leidenschaft. Wer aber auf Nummer sicher gehen will, guckt im Original mit Untertiteln. Keine Frage, dass der Film so am meisten Überzeugungskraft behält und weitaus mehr Spaß macht.

Abgesehen davon bekommt ihr mit Kingsglaive nette Abendunterhaltung - Popcornkino, wenn man so will. Aber eines, das sich gewaschen hat. Die Bildgewalt erdrückt in manchen Situationen; auf eine überraschend angenehme Weise. Und die musikalische Untermalung ist von jeder Kritik ausgenommen. Es macht Spaß, sofern man kein Meisterwerk der Marke Hollywood erwartet.

Fusion oder Bullshit?

Was mir abseits davon an der Welt und den Figuren besonders aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass mir vieles davon äußerst bekannt vorkam. Der gesamte Film wirkt wie eine Fusion aus Final Fantasy VI und VII. Nennt mich paranoid, aber ich glaube, hier hat Square Enix einen großen Sprung weg von ihrer bisherigen Strategie gewagt und auf ein besser platziertes Pferd gesetzt. Fan-Service, der nur augenscheinlich als gänzlich neu verkauft wird.

Ein guter König im Kampf gegen dunkle Mächte. Im Amerikanischen gesprochen von Sean Bean. Den Rest könnt ihr euch ja denken.

Viele Charaktere haben deutliche Ähnlichkeiten mit entsprechenden Pendants aus dem sechsten und siebten Teil. Und ich spreche nicht von den typischen, japanischen Klischees, die in jedem JRPG wieder und wieder verwertet werden. Sondern von nachvollziehbaren Analogien. Manche vereinen zwei bis drei Figuren in sich, die wir bereits kennen, andere Vertraute wurden auf zwei Figuren aufgeteilt. Wer den Film schon gesehen hat, darf mich gerne eines Besseren belehren.

Abseits davon gibt es aber noch mehr Anhaltspunkte. Die gesamte Welt - die einerseits hochmodern wirkt und über Technologien der Neuzeit und Zukunft verfügt (ganz, wie wir es aus FF7 kennen) und andererseits ein Ort der Magie, Ritter und alter, längst vergessener Götter ist, FF6 nicht unähnlich - ist mehr als eine flüchtige Bekanntschaft. Die Rückkehr eines echten, von Grund auf bösen Imperiums, mit einem alten, hinterhältigen Imperator an der Spitze, untermalt den Schritt zurück zu klassischen Final-Fantasy-Teilen. Spooky General in magischer Rüstung und kauziger Kanzler mit inbegriffen.

Hinzu kommt der Überraschungsauftritt eines alten Bekannten aus Teil sechs und das Design gewisser Kreaturen, welches eindringlich den siebten Teil ins Gedächtnis ruft. Gleichzeitig setzt man auch in dem Videospiel endlich wieder auf eine echte Open World. Vielleicht interpretiere ich da zu viel hinein, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie das Konzept in die Hose gehen kann. In Kingsglaive funktioniert diese Fusion - ob nun eingebildet oder nicht - ziemlich gut. Was nun noch fehlt, ist eine Geschichte, die sich mit FFXV zu einem schönen Ganzen zusammenfügt.

Bei solchen Bildern wird es Final Fantasy XV schwer fallen, mitzuhalten.

Sollte das gelingen, kann man diesen Streifen sicherlich noch ein paar Male ansehen und in Verbindung mit dem Spiel durchaus genießen. Sollte dem nicht so sein bleibt Kingsglaive: Final Fantasy XV ein willkommener Augenschmaus, den ich aber nur aus zwei abwegigen Gründen noch einmal einschalten würde: um einem Freund oder Bekannten zu zeigen, wie verdammt gut die Animationen im Durchschnitt gelungen sind. Und natürlich, um herauszufinden, ob diese Fusion aus Teil sechs und sieben nur in meinem Kopf existiert oder nicht ...

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Über den Autor
Heiner Gumprecht Avatar

Heiner Gumprecht

Freier Redakteur

No Goth, no Punk, no Emo - At most Human. Mag Filme, die jeder mag. Mag Filme, die sonst keiner mag. Bremst auch für Arthouse. Versteckt sich oft hinter den Spiegeln und spielt Schach mit der roten Königin.
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