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Narcos, Season 2

Warum denkt noch irgendjemand, Drogen wären ein gutes Geschäft?

Creator: Carlo Bernard, Chris Brancato, Doug Miro, Paul Eckstein
Darsteller: Wagner Moura, Boyd Holbrook, Pedro Pascal, Paulina Gaitan

Gut oder böse? Egal. Er ist der Mann mit den Drogen

Netflix setzt sein Programm ambitionierter Eigenproduktionen ungebremst fort. Die Breite des Portfolios ist mittlerweile ziemlich beachtlich, einige Serien als feste Größen etabliert. Obwohl freilich nicht alles die schiere Qualität eines House of Cards oder die Frische von Jessica Jones erreicht, so lässt sich doch mehrheitlich nur Gutes über den Output des Streaming-Dienstes sagen.

Gerade wie bisweilen Stoffe, die andernorts vielleicht keine Chance gehabt hätten (Love, Stranger Things, Lovesick) eine Bühne bekommen, ist eine schöne Sache. Ebenso gewagt mutete für mich vor ziemlich genau einem Jahr Narcos an - die Fiktionalisierung der Jagd auf einen der berüchtigtsten Drogenbosse aller Zeiten.

Stoffe wie dieser sind immer schwierig umzusetzen. Vordergründig drängt sich das Serienformat für Jahrzehnte umspannende reale Begebenheiten förmlich auf. Aber zum einen sind reale Geschichtsverläufe nicht durchweg so spannend, wie es für ein Unterhaltungsprodukt notwendig ist und zum anderen läuft man bei der Dramatisierung des Lebens eines Kriminellen Gefahr, ihn ein bisschen zu verklären.

Narcos Staffel eins machte seine Sache eigentlich ziemlich gut, sprang vorwärts durch die Zeit, wie es die tatsächlichen Begebenheiten zuließen, und bekam es hin, einen Pablo Escobar zu inszenieren, der zu gleichen Teilen ein offenes Buch und eine mysteriöse Urgewalt war. Treusorgender Familienvater, aufrichtig liebender Ehemann und doch ein durchtriebener, berechnender, kaltherziger Taktiker. Ein Held der Armen und ein skrupelloser Massenmörder.

Das Wichtigste war also vollumfänglich gelungen, auch dank Wagner Moura, dem Brasilianer, der den zweigesichtigen Drogenboss so unheimlich faszinierend mimt. Der Trick, Escobar so unberechenbar und mysteriös erscheinen zu lassen, gelang aber wohl erst dadurch vollends, dass man ihn aus der Ferne inszenierte, durch die Linse zweier amerikanischer DEA-Agenten. Gleichzeitig geriet das aber auch zum Problem, denn Steve Murphys (Boyd Holbrook) Erzählung, die sich zu oft über das Gezeigte legte, nervte ein bisschen. Und was er und sein Kollege Javier Pena (Pedro Pascal, "Oberyn Martell" aus Game of Thrones) so machten, war trotz ordentlicher schauspielerischer Leistungen im Vergleich zu Escobars Treiben nur leidlich interessant. Staffel zwei bekommt das nun besser hin, lässt Boyd deutlich seltener seinen Senf abgeben und richtet den Blick mehr auf den geflüchteten, selbst erklärten Volkshelden. Boyd und Pena interessieren immer noch deutlich weniger, aber die Handlung reflektiert das angemessen.

Die Sorte Performance, die Shooting Stars hervorbringt: Wagner Moura (rechts) als Pablo Escobar.

Die besinnt sich darauf, wie die Lage in Kolumbien von 1992 bis 1993 eskalierte, wie sich Escobar zwischen den Gesetzeshütern und rivalisierenden Cartels aufrieb. Und auch die harten Bandagen, die die Polizei bisweilen anlegte, werden überdeutlich thematisiert. Hier lief etwas dermaßen aus dem Ruder, es schockiert fast, dass es noch kein Vierteljahrhundert her ist.

Auch wenn natürlich alles auf einen Fixpunkt hinausläuft, bleibt die Serie stets spannend, filmisch überzeugt sie, wenngleich eher handwerklich als künstlerisch, aber das ist bei diesem Stoff in Ordnung. Die Charaktere sind allesamt sehr gut gespielt, auch wenn sie das Pech haben, gegen Mouras Darbietung anstinken zu müssen. Dass der besonders skrupellose, aber komplett ausgedachte Colonel Carillio wieder ausgepackt wird, mögen einige missbilligen, aber einer musste wohl sinnbildlich für die Grausamkeiten stehen, die sich die Polizei während der Zeit leistete.

Alles in allem auch wegen des veränderten Tempos eine sehr gute Fortführung einer echten Serienüberraschung. Mit Blick auf die realen Geschehnisse darf man gespannt sein, ob und wie sich die bereits bestätigte dritte Staffel schlagen wird.


Was ist Freitagskino?

Jeder Mensch braucht mal Abwechslung. Wir alle mögen Kino, also schreiben wir (fast) immer freitags über Filme oder Serien. Keine Sorge, wir versuchen nicht, etablierten Filmkritikern große Konkurrenz zu machen, sondern einfach nur zu berichten, wie ein Film auf uns wirkte und ob wir dazu raten würden, ihm eine Chance zu geben. Welche Filme oder Serien das sind, hängt davon ab, was derjenige Autor in den letzten Wochen sah. Wir unterwerfen uns jedenfalls nicht vollends dem Diktat der Aktualität.

Es können aktuelle Blockbuster, ausgemachtes Genre-Kino, aber auch Arthouse-Geheimtipps sein, die noch im Filmspielhaus um die Ecke laufen. Die neueste Netflix-Serie kommt ebenso unter die subjektive Lupe wie ein alter HBO-Liebling, der sich nach Jahren unserem unter Umständen veränderten Geschmack stellen muss. Ebenso werden immer wieder nach Ewigkeiten wiederentdeckte Schätze zur Sprache kommen, überbewertete Klassiker oder unterschätzte Perlen. Wie gesagt, wir wollen euch damit nur ein wenig Diskussionsstoff über das zweitbeste Geek-Hobby liefern - und ein paar Inspirationen, was sich vielleicht lohnen könnte. Wir hoffen, euch macht die Rubrik genau so viel Spaß wie uns, auch wenn diese Sorte Unterhaltung zur Abwechslung mal nur bedingt interaktiv ist.

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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