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Destiny: Das Erwachen der Eisernen Lords - Test

In der Zukunft gibt es wieder Schnee im Winter.

Kurze Story, seltsames Setting, schwache Strikes: Die Eisernen Lords bieten ein solides Mehr an Auslauf aber mehr auch nicht.

Destiny ist ein seltsames Spiel, war es vom Start weg, ist es immer geblieben. Auch jetzt, nach zwei Jahren und der zweiten großen Erweiterung ist mir immer noch nicht klar, wohin das gehen soll, wenn überhaupt. Die Geschichte verwandelt sich auch mit dem Erwachen der Eisernen Lords immer mehr in eine Art Weltraum-Sitcom mit wechselnden Tagesbesetzungen. Diese verlassen sich, brav und immer in ihrer Ecke stehend, auf ihre One-Liner als wären sie J-RPG-Dorfbewohner. Das ursprüngliche Gefühl des ganz großen Proto-Science-Fiction im Foundation-meets-Rhodan-Widescreen-Modus ist längst verflogen. Die Feinde wirken wie vertraute alte Bekannte und sie wegzuholzen ist halt etwas, das auf gegenseitigem Einvernehmen beruht, wie das die meisten Sport-Treffen zum Wochenende halt so tun. Was der Reisende auch immer tun wollte und was seine Pläne mit der Menschheit waren - er hat keine Eile und kein Problem damit, es dümpeln zu lassen.

Und trotzdem spiele ich das schon wieder seit 30 Stunden. Nicht, weil es für den Test von den Eiserenen Lords wirklich nötig gewesen wäre, auch wenn keiner sagen sollte, dass er das Add-on kennt, nur weil er die paar Story-Missionen gespielt hat. Wie auch beim Taken King kommt der meiste Spaß im Anschluss daran. Aber nein, für eine Einschätzung wäre das nicht nötig gewesen. Ich habe es gern gespielt, weil es bis heute der sich - für mich - am besten anfühlende Loot-Shooter überhaupt ist. Division? Ja, gutes Loot, die Dark Zone hat ihren Charme, aber das Tempo von Destiny gibt einfach mehr her. Borderlands? Tolle Welt und das beste Loot, aber vom Spielgefühl nicht ganz da. Vielleicht, wenn endlich ein neuer Teil kommt. Halo 5, ist ja auch immer noch irgendwie Bungie drin? Nur, wenn ich spielen wollen würde, als wäre es 2008. Und man muss es Bungie lassen, sie wissen, wie sich ein Shooter mit dem Pad anfühlen muss und wenn das so gut ist wie hier, dann verfliegen die Stunden einfach, selbst wenn man im Spiel den Abend über nur wenig Sinnvolles gerissen hat.

Zumindest ist es mal ein neuer Hub. Selbst wenn er klein und verschneit ist. Außerdem: Willst Du nicht mal reingehen, Saladin? Ist kalt hier.

Aber zurück zu den Eisernen Lords und warum ich euch nur bedingt dazu raten kann, obwohl ich es für das Gesamtpaket, das Destiny nun ist, als gute Erweiterung schätze. Der erste Grund wären nämlich die 30 Euro. Das ist für ein Add-on ordentlich, oberes Limit. Dafür erwarte ich mindestens einen Spiel-Umbruch, wie ihn Taken King mit seinem Komplettumbau des Level- und Licht-Systems brachte. Genau darauf verzichtet Eiserne Lords aber. Der Charakter-Level-Cap bleibt bei 40, der maximale Licht-Level wird auf 385 erhöht, es gibt viele, viele alte Waffen und Rüstungen, die ihr nun mit neuen Werten einsammelt und auch viele neue, die sich gar nicht so neu anfühlen, weil es ja nichts so richtig Neues gibt. Selbst das neue Schwert juckt kaum jemanden, schließlich gab es in Taken King schon eines. Man benutzt es halt, aber es verändert das Spiel nicht wirklich. Das gleiche gilt für die "neue" Signature-Waffe Gjallarhorn. Ja, sie ist zurück und sie ist wieder viel zu gut. Nur mit dem Unterschied, dass sie jetzt jeder haben kann. Das ist wohl besser als eine willkürliche Elite-Klasse derjenigen zu schaffen, die die Ausdauer und das Glück hatten, das Ding in ihre Finger zu kriegen, aber jetzt senkt es einfach den Wert aller anderen Exotischen, schlicht, weil man immer nur eine davon benutzen kann. Und dann nimmt natürlich (fast) jeder die beste Verfügbare. Also das neue Gjallarhorn.

Die restlichen Drops waren für mich eine Reihe von Pech-gehabt-Vorfällen, die teilweise schon legendäre Ausmaße annahmen. Es dauerte bis weit nach dem Beenden der Story, bevor ich endlich ein neues Auto-Rifle fand, meine bevorzugte Kategorie und als es dann endlich passierte, war es genau die gleiche Waffe, die ich zuletzt in Taken King nutzte. Nur halt mit mehr Schaden. Da ich die Waffe mochte, okay, ich war glücklich, irgendwie. Aber ein neues Auto-Rifle wäre netter gewesen. In einem Strike sammelte ich nicht weniger als drei legendäre Marker ein und als ich sie dann einlöste... War es drei Mal genau die gleiche Körper-Rüstung. Na super. Sicher, ich kann sie in die Vault legen und mich dran erfreuen, aber wenn man bedenkt, dass Legendäre nun nicht ganz so häufig sind, ist drei Mal das gleiche Item in einem Run schon nah dran an einem Bug im Quest-System, wenn das überhaupt vorkommen kann.

Wo Schnee ist, muss auch ein wenig Lava sein. Logisch.

Die eigentliche Story dreht sich um etwas, das dermaßen kindisch daherkommt, dass es schon hart an die Grenzen dessen geht, was Destiny sein möchte. Sicher, es hat immer das eher fantastische Element, mehr Fiction als Science. Aber diesmal fragte ich mich doch, wo ich das schon mal sah... Ein großer Typ mit 'ner riesigen Axt... Wölfe um ihn herum... Richtig! Das ist ein Hammerfall-Cover! Super, wir bewegen uns nun im Power-Metal-Feld für 14-jährige Jungs. Nicht, dass die nicht auch Destiny spielen würden, aber ernsthaft: Das Design der Eisernen Lords ist einfach nur schräg. Dazu kommt, dass das neue Gebiet auch noch Russland, nur mit Schnee ist, was den Reiz der relativ kleinen Plaguelands etwas einschränkt. Aber der Schnee passt zu dem Axt-Typen und seinen Haustieren, so wie auch der neue, winzig kleine Social-Hub auf einer Bergspitze.

Zumindest der neue Widersacher fühlt sich etwas mehr nach Science-Fiction an, selbst wenn es wieder mal ein Rückfall zu alten Feinden ist. Man nahm die Fallen, die ersten Gegner im Spiel überhaupt und jetzt sind sie "augmentiert". Splicer nennt sich das Ganze und bedeutet, dass sie etwas besser zielen, ein paar fiese, zielsuchende Granaten werfen oder diese bei Kopftreffern generiert werden und dass ihre kritische Trefferzone winzig klein ausfällt. Sie sind halt etwas härter zu bekriegende Fallen und dass für die ach so gefährlichen Priester einfach das Modell für die Captains genommen wurde - die es auch noch gibt - ist schon ein ganz klein wenig auf der billigen Seite der Entwicklungsarbeit. Immerhin sind die neuen Bewegungsmuster interessanter und intelligenter als bei den sehr berechenbaren Taken.

Im PvP kam ein neuer Modus dazu - von Abschüssen müsst ihr auch noch die Marker einsammeln, damit es zählt - ein paar Maps und vor allem natürlich die generell immer noch hervorragenden Abstimmungen zwischen Klassen, Bewegungen und Waffen. Das ist aber nichts, was es nicht vorher gegeben hätte. Neu, egal ob mit oder ohne Eisenlords, ist der private Modus. Ihr bestimmt, wer reindarf, was gespielt wird und es ist die Grundlage dafür, dass Destiny ein wenig in Richtung E-Sports schielen darf.

Diesmal kriegt sie jeder. Immerhin am Ende der vielleicht besten Quest-Reihe des Add-Ons.

Im Koop gibt es bisher einen Raid - seit Freitag -, der zwar insoweit nett ist, als dass er ein wenig an der frischen Lust spielt, aber sonst wenig bewegt. Drei Strikes, davon zwei alte, die neu besetzt wurden, und ein wirklich neuer, der aber zu den schwächsten gehört. Magere Ausbeute also. Viel mehr zu bieten hat da die Archon's Forge, ein von Spielern per zufälligen Drops ausgelöster Horde-Modus, der durchaus anspruchsvoll und motivierend ist, aber eben davon abhängt, ob mal jemand gerade einen der nötigen Schlüssel hat, die sich übrigens nicht farmen lassen. Ihr könnt immer nur einen davon tragen, danach müsst ihr einen neuen finden. Das soll natürlich Farmen an diesem Punkt verhindern und die Schmiede zu etwas Besonderem machen. Aber es bewirkt aktuell in erster Linie, dass da niemand ist, wenn ihr nicht selbst mit Leuten dort auftaucht, und allein braucht ihr es gar nicht versuchen.

Überhaupt setzt Eisenlords für ein Spiel, das selbst heute noch denkt, dass der Verzicht auf In-Game-Party-Mechaniken eine gute Sache sei, sehr auf die Gruppe. Vieles auch jenseits der Raids lässt sich nur zu Dritt bestreiten, was Solo-Spieler mehr frusten dürfte als der Taken King, wo man eigentlich fast alles zur Not auch alleine schaffen kann. Angesichts hoher Spielerzahlen werdet ihr schon jemanden finden, aber die Wege, das zu tun, wirken immer noch denkbar unausgegoren.

Eines Tages werden wir mehr von der Erde sehen als nur einen russischen Schrottplatz. Vielleicht.

Das Problem, das ich mit dem Erwachen der Eisenlords habe ist nicht mal so sehr sein Inhalt. Die eher kurze Geschichte um die Fantasy-Typen mit Schwertern und Wölfen wirkt zwar etwas unpassend und vor allem nicht weiterführend was das große Ganze angeht, aber unterhaltsam genug war es. Das was folgt an Aufgaben, ist wieder deutlich besser und umfangreicher. Das neue Gebiet ist willkommen, selbst wenn es mehr wie Erde im Winter statt etwas wirklich Neues wirkt. Die Eisenlords kommen einfach nicht in die Nähe von Taken King, wenn es darum geht, das Spiel weiterzubringen. Taken King baute die gesamten Mechaniken auf eine sehr sinnvolle Weise um und ergänzte das bisher Dagewesene zu einem neuen, viel runderen Gesamtpaket.

Das kann man natürlich nicht jedes Mal machen, aber da die Eisenlords den gleichen Preis an der Kasse einfordern, bleibt bei einem soliden, aber nichts verändernden Add-on nun mal automatisch ein Nachgeschmack. Ich würde den Kauf nicht bereuen, allein weil ich bei gut unterhaltenen verbrachten 30 Stunden für ebenso viele Euros mich jetzt nicht über einen mangelnden Gegenwert beschweren kann. Aber wenn ich ehrlich mit mir selbst bin, dann war es sehr gepflegtes Auf-der-Stelle-treten in einer Umgebung, die man liebgewonnen hat und in der man deshalb gern die Zeit verbrachte. Nicht, weil sich das Universum entschieden weiterbewegt hätte.


Entwickler/Publisher: Bungie/Activision - Erscheint für: PlayStation 4, Xbox One- Preis: ca. 30 Euro - Erscheint am: erhältlich Getestete Version: Xbox One - Sprache: Deutsch, Englisch und andere - Mikrotransaktionen: Ja (nach wie vor nur kosmetisch)

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Destiny

PS4, Xbox One, PS3, Xbox 360, PC

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Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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