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LEGO Harry Potter Collection - Test

Sieben magische Jahre.

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Technisch alles beim Alten, aber spielerisch keinen Tag gealtert. Die beste Art, noch einmal in das Potter-Universum einzutauchen.

Ach, die Harry-Potter-Bücher... Meine... späten Twens? So ungefähr. Glaube nicht, dass das mit "Young Adult" in den Buchläden gemeint ist. Wohl eher eine Generation, die Harrys Abenteuer zwischen zehn und 16 erlebte und so ihre Jugend prägte. Meine eigene wurde zum Glück nicht mit solch weichgespültem Pseudo-Fantasy verpudert. In der Fantasy meiner Zeit waren Männer noch Männer, Frauen noch Frauen und "Die Orks" eine zufällige Begegnung mit toten Orks am Ende und keine Schmuselektüre für Metamenschenrechtler. Echte Fantasy halt, klingende Namen wie "Buch der Schwerter", "Flusswelt", "Elric". Mit großen Schwertern und großen Muskeln und großen Brüsten auf dem Cover, gemalt von Boris Vallejo (Vorsicht, es ist nicht sicher, dessen Werke auf der Arbeit zu googlen). Ja, ich machte mir damals auch sorgen über die Kinder, als der Harry-Potter-Boom da war. Würden die Kleinen überhaupt noch zu der echten Fantasy finden?

Dinge, die man nie in Frage stellte: Woher hatte jemand wie Vernon Dursley den Schlüssel zu einem einsamen Haus auf einer verlassenen Insel? War er vorher schon da? Was tat er dann dort, wenn er sich nicht vor Eulen versteckte?

Deutlich älter, moderat weiser und zehn Jahre nach dem letzten Buch bin ich beruhigt. Enthauptungen sind bei Game of Thrones ausgesprochen beliebt bei allen Altersklassen, das Ableben von Ork und Oger wird in Peter-Jacksons-Hobbit-Fanfiction angemessen applaudiert und Jugendbücher wie Panem lassen schon auf ideologischer Horror-Ebene Sachen wie Running Man als leicht futuristischen Streichelzoo dastehen. Harry hat sie nicht alle verdorben und auch wenn niemand ein achtes Buch wollte, jetzt ist es halt da und die Filme werden auch kommen, wie auch die Spiele. Aber worum ging es noch mal? Sicher, da ist ahnungsloser Adept und der ist der eine, der die echte Welt hinter der Scheinwelt vom Bösen befreien wird und alle werden wieder sicher sein vor der namenlosen Bedrohung, wenn Neo es geschafft hat. Harry, ich meine natürlich Harry. Aber im Detail? Sieben Bücher waren das, drei- oder viertausend Seiten. Leute starben links und rechts als das Ganze schnell und deutlich an Tempo gewann. Eigentlich müsste ich jetzt ja noch mal alle Bücher lesen, bevor ich das achte aus dem Zellophan befreie. Aber wer hat Zeit dafür? Ich könnte natürlich alle Filme gucken, das geht an einem Tag, wenn man viel Kaffee parat hält. Oder man spielt es nach, ohne dass es nur eine Zeile Dialog gäbe.

Ich gebe zu, dass ich eine Neuauflage der Electronic-Arts-Potter-Spiele, die neben den Filmen zwischen 2001 bis 2011 erschienen, spannender gefunden hätte als die LEGO Harry Potter Jahre 1 bis 7. Qualitativ wären sie sicher nicht annähernd so gut gewesen, aber es wäre geradezu eine Zeitreise durch die letzten drei Generationen an Hardware mit ein paar interessanten Ausflügen wie dem 2003er-Quidditch-World-Cup. Auch ein paar Vollkatastrophen wie Deathly Hallows 2, aber trotzdem, historisch wertvoll. Aber nein, von dem Lizensierungsalbtraum mal abgesehen wäre es auch ein emuliertes Chaos gewesen und so müssen wir uns mit spielerisch Wertvollerem begnügen.

Etwas hüpfen, etwas Action, etwas puzzeln. Die Formel funktioniert, egal ob 2005 (LEGO Star Wars), 2011 oder heute.

Wie genau ein TT-LEGO-Spiel funktioniert, das musste man 2011 eigentlich schon niemanden mehr erklären und eines jetzt aus diesem Jahr zu sehen, 14 (!!) Spiele später... nein, zusätzliche Erklärungen sind nicht nötig. Der Koop war damals vorhanden, die Mischung aus ein wenig Hüpfen, ein wenig Kämpfen und einer ganzen Menge leichten Puzzles hat sich nie geändert. Gesammelt wurde vor fünf Jahren nicht weniger, goldene Steine, neue Figuren, neue Outfits und weiß ich was noch alles wird gehortet, als wärt ihr ein Zehnjähriger mit goldener VISA-Karte im LEGO-Land. Ob das Ding jetzt von 2011 stammt oder 2015 - Jurassic World, das letzte, das ich gespielt hatte -, es macht hart gesagt nicht den geringsten Unterschied.

Das Gute ist, dass das auch für den Spielspaß gilt. Er ist zeitlos, TT Games und LEGO haben die Methusalem-Formel zusammen mit dem Gott-Molekül des Games-Designs gefunden. Es lässt sich auf jeden Inhalt anwenden, es wird nie wirklich alt, es macht immer Spaß - mal etwas mehr, mal etwas weniger - und es scheint unveränderlich. Ich habe die ersten beiden und das fünfte Jahr gespielt, obwohl ich nach drei Minuten hätte ausmachen können. Okay, läuft, ist nett hochskaliert, abgebrochen hat sich bei dem Upgrade sicher niemand einen, ansonsten wie früher. HD-Review fertig. Drei Minuten hätten gereicht. Okay, fünf. Man kann die Zwischensequenzen immer noch nicht abbrechen. Stattdessen hockte ich aber einen ganzen Sonntag davor. Und war wirklich gut amüsiert. Ein wenig nostalgisch angesprochen - Harrys Kindertage liegen so lange zurück, das qualifiziert sich als Retro -, ein wenig schmunzelnd, denn TT und LEGO hatten schon immer eine Gabe, wenn es um das humoristische Einfangen des Quellmaterials ging. In Harry Potter toben sie sich im Zeitraffer aus, denn schließlich gibt es sieben Jahre an Material.

Wolle Eule kaufen? Übrigens, falls ihr zuviel Geld haben solltet: Sammelt echtes Harry Potter LEGO. Selbst kleinste Sets wie Hagrids Hütte gehen heute für über 200 Euro.

Selbst alte Macken der LEGO-Spiele halten sich engeren Grenzen als sonst. Die kleineren Areale sorgen dafür, dass ihr weniger sinnlos herumrennt, die schiere Masse an Figuren und Zaubern hält alles ein wenig länger frisch, ein paar der optionalen Puzzles sind fast schon clever und gar nicht mal so leicht. Von all den TT-LEGOs könnten diese beiden die bis heute besten sein, auch wenn ich da gerne für Verhandlungen offen bin. Der Koop zwischen den Figuren ist noch nicht so ausgereift, vielleicht traute man der KI damals noch nicht so sehr über den Weg, auch wenn sie ihre einfachen Aufgaben hier tadellos erfüllt. Das senkt natürlich minimal den Koop-Spaß, wenn beide Spieler eher neben- als miteinander ihr Ding machen.


Nur auf PS4?

Die beiden alten Spiele - die Jahre 1-4 und 5-7 - gibt es natürlich auch auf dem PC, zusammen für etwa 25 Euro. Entgegen einiger Legenden sind die Xbox 360 Versionen aktuell nicht kompatibel mit der Xbox One, auch wenn das zur etwa gleichen Zeit erschienene LEGO Piraten der Karibik auf der One läuft. Vielleicht folgen die Harry-Potter-Teile noch, aktuell ist aber die PS4-Kollektion die einzige Variante direkt für die aktuellen Konsolen.


Technisch auf Stand. Hey, 2011 ist auch ein Stand. Aber das heißt ja nicht, dass es heute weniger liebenswert wäre.

Wenn jemand die Potter-Jahre noch einmal im Schnelldurchlauf erleben möchte, ohne ein paar tausend Seiten zu wälzen oder Discs zu jonglieren - bei den bekannteren Streaming-Diensten machen die Filme aktuell nicht ihre Aufwartung -, der findet hier den perfekten Weg, das zu tun. Ich habe mich schon vor langer, langer Zeit mit dem Universum, das Fantasy etwas anders interpretierte, als ich das kannte, versöhnt und es werden noch ein paar wundervolle Nachmittage sein, bis ich es einmal mehr zur Seite legen werde. Sicher, die Technik ist aus der letzten Generation und da blieb sie größtenteils auch. Aber das tut dem Charme und Witz genauso wenig Abbruch wie den spielerischen Qualitäten, die sich hier wie bei kaum einer anderen Serie wirklich von allen Altersklassen zusammen erleben lassen. Vielleicht passen TT-LEGO und Potter deshalb so gut zusammen: Beide waren schon immer nicht nur für die Zielgruppe spannend, für die sie vielleicht mal ursprünglich gedacht waren. So wie damals - und heute vielleicht immer noch - praktisch jeder etwas in den Potter-Büchern und Filmen fand, kann auch hier jeder mitspielen und genießen.

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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