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Regalia: Of Men and Monarchs - Das Beste aller Welten

Die strategische Visual Novel mit Kampfeinlagen - die eierlegende Wollmilchsau unter den JRPGs.

Manchmal, gerade wenn ich ein Rollenspiel konsumiere, muss ich mit den Augen rollen. Meistens gar nicht aufgrund der Spielmechaniken selbst, sondern weil ich das Gefühl habe, das Spiel nimmt sich viel zu ernst. Die in jedem Atemhauch epischen Gespräche eines Dragon Age, die allzeit mit Pathos und Pubertätspoesie gefüllten Dialoge von Skyrim - sie geben mir das Gefühl, das Plattencover einer Metal-Band aus der fränkischen Provinz zu spielen. Kurzum: Rollenspiele könnten manchmal ein bisschen unschuldiger daherkommen, keine Geschichte von Weltuntergängen und deren Verhindern erzählen, ein bisschen zurückhaltender sein eben. Ein paar Entwickler namens Pixelated Milk haben meinen Ruf offenbar erhört und bei Kickstarter ein Spiel namens Regalia - Of Men And Monarchs zur Finanzierung durch die Öffentlichkeit freigegeben. Rund 90.000 Dollar sind so zusammengekommen und ich konnte glücklicherweise schon jetzt eine frühe Version spielen.

Wenn ihr neue Figuren kennenlernt, schließen sich diese häufig eurer Gruppe an.

"Glücklicherweise" meine ich ernst - denn Regalia macht Spaß. Auch durch die unkomplizierte Story: Der Protagonist macht zu Beginn, was alle Rollenspielhelden gerne machen, er öffnet alles, was sich irgendwie öffnen lässt und isst bisweilen das, was er findet. Dazu gehört in Kays Fall nun dummerweise auch die Asche seines Großvaters, der ihm prompt als Geist erscheint und ihm aufträgt, sein verfallenes Königreich wieder aufzubauen. Umso wichtiger ist das, weil Kay eine Art Fantasy-Inkasso-Büro auf den Fersen ist, dass die Schulden seiner offenbar wirtschaftlich eher erfolglosen Vorfahren eintreiben will. Das wiederum setzt euch auch noch unter Zeitdruck, denn wie jeder Schuldeneintreiber weiß, gibt es Fristen. Und wenn bis dahin gewisse Schulden nicht beglichen sind, werden Knochen gebrochen.

Die zeitlichen Fristen sind bei Regalia schon wörtlich zu nehmen, denn bei vielen eurer Aktionen vergehen Stunden oder Tage. Aktionen können vielfältig sein. Entweder, ihr baut euer Dorf aus und zieht damit neue Bewohner an - Händler oder Schmiede beispielsweise. Die können euch dann wichtige neue Gegenstände und Waffen verkaufen, die ihr wiederum nutzen könnt, um in der Wildnis ein paar Feinde auszuschalten. Das wiederum müsst ihr auch tun, um in der Geschichte voranzukommen, aber auch das verbraucht Zeit. Und somit wird Zeit zur wichtigsten Ressource im Spiel. Spielerisch zentral sind aber durchaus auch andere Mechaniken - der eben schon erwähnte Kampf beispielsweise. Der findet nämlich rundenbasiert statt, noch dazu auf einem hübschen Strategiebrett. Vergleichbar ist der Kampfmodus am ehesten mit den jüngsten X-COM-Spielen. Ihr habt Bewegungspunkte und dürft einmal die Runde eine Fähigkeit einsetzen, im Idealfall einen Angriff. Die Fähigkeiten eurer Figuren unterscheiden sich dabei erheblich und es dauert eine Zeit bis man sie verinnerlicht. Taktische Tiefe ist vorhanden, das Spiel überfordert aber nicht.

Die Weltkarte - hier sucht ihr euch den nächsten Schauplatz aus.

Die Entwickler haben sich offenkundig viel Mühe gegeben, den Kampf im Spiel zwar interessant zu machen, ihn aber nicht zu dem einen spielbestimmenden Element werden zu lassen. Obwohl die Geschichte des Spiels so unschuldig präsentiert wird, nimmt es sich viel Zeit, sie zu erzählen - in größtenteils glaubwürdigen Dialogen, die bereits in der aktuellen Preview-Version des Spiels sehr schön vertont sind. Trotz der isometrischen Perspektive wirken die storylastigen Abschnitte so dennoch schön lebendig. Optisch gibt sich das Spiel zwar hübsch und handgezeichnet, wirkt aber stellenweise etwas hölzern. Das könnte jedoch auch daran liegen, dass einige der Grafiken in der Preview-Fassung noch Platzhalter sind.

Weitere Spieltiefe gewinnt Regalia durch seine Figuren. Die sind nämlich nicht nur austauschbare Rollenspielklassen-Abziehbilder, sie haben Beziehungen untereinander, sind teilweise eifersüchtig oder vertragen sich mit bestimmten Kollegen besonders gut, was sich dann wiederum auf ihre Fähigkeiten im Kampf auswirkt. Und weil all diese Figuren auch einen Platz zum Wohnen brauchen, müsst ihr euch eben um den oben erwähnten Ausbau des Dorfes kümmern, was sich ebenfalls auf den Skills in den Scharmützeln niederschlägt. Baut ihr beispielsweise eine Schmiede, schließt sich Gunther eurer Gruppe an, ein Schmied der Waffen und Rüstungen verbessern kann. Die Vorbereitung auf Missionen fühlt sich mindestens ebenso wichtig an wie der eigentliche Einsatz selbst. Und wo wir schon bei den Missionen sind: Die Entwickler von Pixelated Milk setzen auf größtmögliche Abwechslung. Während ein Teil der Weltkarte festgelegten Content enthält, finden sich nebenbei genauso prozedural generierte Dungeons, Schätze und Crafting-Materialien.

Die rundenbasierten Kämpfe folgen den bekannten Regeln des Genres.

In einem klassischen Sinne frei bewegen könnt ihr euch über die Weltkarte übrigens nicht. Viel mehr klickt ihr euch von Schauplatz zu Schauplatz um dort dann nach und nach Kampfsequenzen oder Story-Segmente zu erleben. In Letzteren gilt es häufig, Entscheidungen zu treffen, die sich dann wiederum auf den nächsten Kampf auswirken können. Das wirkt teilweise ein bisschen abgehackt. Ihr erlebt das Spiel gewissermaßen häppchenweise - allerdings sorgt der einheitliche Comic-Grafikstil dafür, dass sich das Spiel trotzdem immer anfühlt wie aus einem Guss.

Regalia ist schon in der Vorab-Version vollgestopft mit vielen verschiedenen Features, wirkt dabei aber sehr geschliffen und keinesfalls übermäßig kompliziert. Wer will, kann sich in der ausführlich erzählten Story verbeißen, die Beziehungen der Figuren untereinander ausbauen und sich das Fantasy-Dorf seiner Träume zusammenbasteln. Wer mit einer solchen Komplexität nichts anfangen kann, klickt sich eben einfach durch die Dialoge und freut sich an den rundenbasierten Kämpfen. Das Spiel könnte auf diese Weise zwar deutlich anspruchsvoller werden, aber die Entwickler zwingen niemanden, jedes Spieldetail auch wirklich zur Kenntnis zu nehmen. Kleine, aber an sich nicht zwingend nötige Details sind es aber, die ein gutes Spiel oft von einem mittelmäßigen unterscheiden. Und Regalia ist voll von solchen Details, man spürt förmlich, dass hier Entwickler, Programmierer, Redakteure, Grafiker, Sprecher und Musiker mit viel Herzblut bei der Sache waren.

Im Dorfbildschirm könnt ihr einzelne Gebäude ausbauen und andere ganz neu errichten.

Wenn das fertige Spiel wird, was die Preview-Fassung verspricht, könnte Regalia ein neuer Indie-Geheimtipp im JRPG-Genre werden. Für Windows, Mac und Linux soll das Spiel am 27. April erscheinen, eine PS4- und Vita-Version ist laut Kickstarter-Seite zumindest in Planung.


Entwickler/Publisher: Pixellated Milk - Erscheint für: PC, Mac, PS4, Vita - Geplante Veröffentlichung: 27. April 2017 - Angespielt auf Plattform: PC

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Markus Grundmann Avatar

Markus Grundmann

Freier Autor

Seine ersten Videospiele konsumierte Markus auf dem Game Boy. Heute spielt er so ziemlich alles, bei dem er auf Knöpfe drücken kann – mit besonderer Vorliebe für Nintendo und extravagante Indie-Titel.
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