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Prey: Allein unter Aliens

Spiel-doch-wie-du-willst-Abenteuer mit schicker Retro-Sci-Fi-Optik und reichlich Genre-Anleihen.

Eine knapp abgewehrte Invasion aus dem All, moralisch zweifelhafte Gen-Forschung und die klaustrophobische Erfahrung, ganz alleine auf einer nahezu menschenleeren Raumstation gegen Alien-Gestaltwandler anzutreten. Das klingt alles nicht nur nach einem perfekten Story-Mix für ein sehr unterhaltsames B-Movie, das funktioniert auch als Hintergrundgeschichte für das im schicken Art Deco-Stil der Marke Bioshock gehaltene Action-Adventure Prey.

Ab und an gibt es moralisch relevante Entscheidungen zu treffen. Zum Beispiel: Lasse ich den Glatzkopf aus seinem Glaskäfig oder werfe ich ihn den Typhon zum Fraß vor?

Martin hat sich ja schon der ersten Spielstunden des Sci-Fi-Abenteuers angenommen und einen treffenden Vergleich zu Genre-Ikonen wie System Shock und Deus Ex gezogen. Ich konnte jetzt einige Zeit in einem weiter fortgeschrittenen Kapitel verbringen und mich mit Mimics, Phantomen und Webern herumschlagen. Zuerst aber kurzer Überblick über die Handlung.

Es ist das Jahr 2034 in einer alternativen Realität. Das Attentat auf John F. Kennedy 1963 hat zwar stattgefunden, aber nicht zum Tode des Präsidenten geführt. In der Konsequenz hat der weiterhin amtierende Kennedy die Weltraumforschung kräftig vorangetrieben, was allerdings die Aufmerksamkeit der Typhon genannten Aliens auf sich zog, die kurzerhand die Erde erobern wollten. Gemeinsam mit dem ehemaligen Erzgegner UDSSR gelang es, die Invasion abzuwehren und aktuell werden auf der gigantischen Raumstation Talos I Forschungen an den gefangenen Aliens durchgeführt, die über erstaunliche Kräfte verfügen. Die möchte man gerne auch selber anwenden können und mischt fleißig den Genpool von Aliens und Menschen. Was kann da auch schon schiefgehen?

Mit der Gloo-Kanone richte ich bei den Mimic nicht viel Schaden an, kann sie mit dem Kleister aber bewegungsunfähig machen. Das hilft schon mal enorm.

Natürlich allerhand, wie ich schnell erfahre, als ich in der Rolle des wahlweise weiblichen oder männlichen Protagonisten Morgan Yu versuche, die von Leichen übersäte Raumstation zu verlassen. Die Story bekomme ich übrigens nicht in Form von langweiligen Texteinblendungen vermittelt, die ich wahrscheinlich eh im besten Falle überfliegen würde, sondern narrativ clever über die Inschriften auf Gedenktafeln und in kurzen Videos präsentiert. Überhaupt eigne ich mir nur langsam Wissen an, in dem ich Sprachnachrichten abhöre, die Mails von dahin gemeuchelten Mitarbeitern lese oder auf die Stimmen von mysteriösen Helfern lausche, die mir an einigen Stellen im Spiel Hinweise auf meine nächsten Ziele geben. Ich weiß als Spieler immer nur so viel, wie mein Avatar und muss mir das Gesamtbild mühsam zusammenpuzzeln. Das hält die Spannung hoch und nach dem Ende der gut zweistündigen Spielzeit wollte ich wirklich wissen, wie es nun weitergeht.

Mein Abenteuer beginnt im Bereich Psychotronik der Talos I, ein Komplex, in dem Experimente mit den Typhon durchgeführt wurden, die wohl etwas anders verlaufen sind, als erwartet. Die Aufgabe erscheint simpel: Sieh zu, dass du eine Luftschleuse erreichst und die Raumstation verlassen kannst, um einen weiteren Bereich erkunden zu können. Ein Marker zeigt mir das Ziel, das gerade mal 130 Meter entfernt liegt, aber natürlich gibt es keinen direkten Weg und alle wichtigen Türen sind verschlossen. Es bleibt mir also nichts anderes übrig, als jeden Winkel genau zu untersuchen und Alternativen zu finden, indem ich durch Luftschächte krieche, Terminals hacke, mit meiner Kleisterbrocken verschießenden Gloo-Kanone Behelfstreppen baue, um Höhenunterschiede zu überwinden oder defekte Schaltkreise repariere. Das Level, zeitlich im dritten Kapitel angesiedelt, ist riesig und erlaubt es mir, Dutzende von Räume auf mehren Ebenen zu erkunden, die sich auf den ersten Blick allesamt als Sackgasse erweisen. Hier fehlt mir noch ein Schlüsselcode oder ist eine Tür nur von der anderen Seite zu öffnen, dort bringt mich eine spannend klingende Nebenaufgabe von meinem Weg ab. Keine schnöde Spielzeitverlängerung, sondern ein echter Ansporn an mein Vermögen, auch mal um die Ecke zu denken und einfach alles auszuprobieren, jeden noch so kleinen Notizzettel zu lesen und jedes Terminal nach einem entscheidenden Hinweis abzusuchen.

Morgans Raumanzug verfügt auch über ein Jet-Pack, mit dem es sich auch im All manövrieren lässt.

Meine Detektivarbeit wird immer wieder von unliebsamen Begegnungen mit den frei herumlaufenden Typhon unterbrochen. Die fiesen Aliens kommen in unterschiedlichen Formen daher, wie den flinken Mimics, die zwar nicht allzu viel Schaden anrichten, aber die unangenehme Eigenschaft haben, sich in Alltagsgegenstände zu verwandeln. Da kann es gut passieren, dass ich ahnungslos in einem Labor an einem Mikroskop vorbeigehe, es sich dabei aber um einen Gestaltwandler handelt, der mich dann hinterhältig angreift. Noch gefährlicher sind die Phantome, schwarze schattenhafte Gestalten, die sich über kurze Strecken teleportieren können oder die Weber, die zusätzlich zu den körperlichen Angriffen noch Energieblitze verschießen.

Aber ich bin nicht wehrlos und habe ein stattliches Arsenal an Waffen am Mann (oder an der Frau). Eine schallgedämpfte Pistole, eine Schrotflinte, die Gloo-Kanone, mit der ich die Aliens einkleistere und dann wäre da noch Heffy, meine treue Rohrzange, mit denen ich ordentlich austeilen kann. Aber auch wenn Prey von dem in Austin, Texas ansässigen Ableger der französischen Arcane-Studios (Dishonored) entwickelt wird, scheint schiere Gewalt keine echte Option zu sein, das Spiel zu meistern. Die Munition ist dafür einfach zu knapp bemessen, die Gegner zu zäh und zahlreich.

Es dauert bis zum dritten Kapitel, aber dann stehen auch Alien-Fähigkeiten zur Auswahl. Aber Vorsicht, wer zu viel Typhon-DNA injiziert, wird selber zum Alien.

Um halbwegs unbeschadet das nächste Ziel zu erreichen, gibt es bessere Möglichkeiten als die Schrotflinte sprechen zu lassen. Zum Beispiel kann ich Schleichen und den Typhon aus dem Weg gehen, das gelingt umso besser, wenn ich meinen Raumanzug mit Chipsätzen verbessere, die unter anderem das Aufspüren der Aliens erlaubt. Auch wenn diese sich als Klorolle oder Kaffeetasse tarnen. Ein spannendes Gameplay-Element besteht darin, sich Typhon-Kräfte anzueignen, in dem ich mir Neuromods, Spritzen mit extrahiertem Alien-Genmaterial, in den Augapfel injiziere. Beispielsweise kann ich mich dann auch in Gegenstände verwandeln und als Stück Metallschrott durch ein Loch in einem Fenster hüpfen, um einen weiteren Raum zu öffnen oder einfach still liegen bleiben, bis herumstreifende Phantome weitergezogen sind. Oder ich löse mit einer anderen Kraft verheerende Explosionen aus, die stärkere Gegner in ihre Schranken weisen.

In dem weit verzweigten Fähigkeiten-Baum finden sich ein halbes Dutzend Alien-Fähigkeiten, die sich jeweils mehrfach verstärken lassen, wenn ich mir die Zeit nehme, die Typhon-Typen zu scannen, bevor ich sie vernichte. Die dunklen Kräfte erweisen sich als erheblich effektiver als schnöde Schießeisen, haben aber auch so ihren Nachteil. Je mehr ich mein menschliches Genmaterial mit Alien-DNA anreichere, desto mehr werde ich zu einem Typhoon. Einerseits reagieren die Gegner dann zwar nicht mehr so aggressiv auf mein Erscheinen, andererseits erkennen mich die Verteidigungssysteme der Station nicht als einen Erdbewohner und automatische Kanonen nehmen mich ins Visier. Wie weit meine Transformation gehen kann? Laut den Entwickler bis zum kompletten Genaustausch. Aber das werde ich erst herausfinden, wenn ich Prey spiele und an eines der multiplen Enden gekommen bin.

Damit die Alien-Fähigkeiten zur Verfügung stehen, müssen die Typhon erst einmal gescannt werden. Das dauert eine Weile und so lange ist Morgan ungeschützt vor Angriffen.

Was das Alien-Abenteuer für mich besonders reizvoll macht, ist die Tatsache, dass Morgen Yu kein waffenstarrender Superheld ist, sondern wie Gordon Freeman aus Half Life ein ganz normaler Mensch, der sich mühsam in einer Albtraum-Situation zu Recht finden muss. Dabei ist Prey alles andere als ein reiner Shooter und überschüttet mich mit Optionen, meinen Charakter mächtiger zu machen. Es bietet eine fast schon unübersichtlich große Anzahl an Spezialisierungsmöglichkeiten der menschlichen und nicht-menschlichen Fähigkeiten.

Dazu lässt sich der Raumanzug mit Chipsätzen um weitere Funktionalität erweitern, Waffen können mehrstufig aufgepowert werden, eingesammelter Schrott wird in sogenannten Fabrikatoren recycelt und zu Crafting-Material gewandelt und und und. Schlussendlich wird man sicher nicht jede Fähigkeit und jede Erweiterung benötigen und sich auf seinen eigenen Spielstil konzentrieren können, wenn man die dazu sinnvollen Skills maximiert. Das Spiel lässt viel Freiheit, nimmt nur selten an die Hand und erlaubt es, weitgehend frei zu experimentieren. Und genau das gefällt mir.


Entwickler/Publisher: Arkane Austin/Bethesda - Erscheint für: PS4, Xbox One, PC - Geplante Veröffentlichung: 5. Mai - Angespielt auf Plattform: PC

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