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No Man's Sky: Music For An Infinite Universe - Soundtrack auf Vinyl - Review

Komponist:65daysofstatic

Label: Laced Records

Stil: Außerirdisches Elektro

Erhältlich über: Amazon, Label, Discogs

Das Spiel: Weltraumtourismus der craftingwütigen Art

Die Editionen: Es ist etwas ungewöhnlich, dass es den gleichen Soundtrack von zwei Labels gibt. Einmal gibt es eine Version von iam8bit mit einem Gatefold-Artwork, das weitestgehend dem des Spiels entspricht. Hier habt ihr die 10 Tracks des regulären Soundtracks auf schwarzem 180g Doppel-Vinyl für erstaunlich kleines Geld. Für ein klein wenig mehr Geld bekommt ihr die Doppel-Vinyl-180g-Ausgabe von Laced-Records. Nicht im Gatefold, aber mit einem sehr anderen Cover-Design und vor allem mit sechs der sogenannten Soundscapes, also der Tracks, die das Spiel als Hintergrundberieselung variiert. Deutlich mehr Musik also. Noch mal mehr Musik in einem etwas zu engen Schuber kommt auch von Laced Records in Form einer Vierer-Box mit vier einzelnen Schubern, jede mit ihrer 180g-Platte in Schwarz. Diese Box enthält dann noch mal vier weitere Soundscapes, womit ihr hier die maximale No Man's Sky Spielzeit bekommt. Diese Version ist hier auch besprochen. Die Laced-Records-Versionen enthalten einen Download-Code für die jeweils komplette Track-Liste.


Angehört

Seite 1: Wenn das der erste Ausblick auf eine neue Welt ist, dann ist es klar, dass man sie verlassen will. Das eigene Schiff zerstört und euch wird davon berichtet. Ein langsamer, tragender Auftakt donnert euch um die Ohren, während die Lage begutachtet wird. Sie ist nicht gut und nach einem angestrengten Lauschen in eine bedeutungsschwangere Pause hinein, wird sie schnell noch viel schlimmer. Ein breiter, elektronischer Teppich mit viel verzerrten Elementen übernimmt zusammen mit einem schnellen Rhythmus die Landschaft und dann... Apokalypse. Heftige Bass-Einschläge erschüttern alles, eine Art Melodie versucht sich durch die Kakophonie zu schieben, aber die Statik überlagert mit Macht die Szenerie. So abrupt wie sie kam, endet die Katastrophe und allein steht der Held auf einer weiten Ebene und wägt seine beste Chance ab. Zu sphärischen Synthies mit unregelmäßigen Drum-Samples schweift sein Blick über ein fremdes Land voller Gefahren und Möglichkeiten. Diesmal arbeitete sich die Melodie klar nach vorn und der Chor begleitet den Helden auf dem Weg zu seinem Schiff zurück. Vielleicht etwas zu episch für einen solchen Akt, aber es ist ja auch der Beginn einer großen Reise.

Seite 2: Die dezent treibenden Beats der Drums sind ein Zeugnis der Bestimmung des Spiels, das nur eine Richtung kennt, während die sich überlagernden Melodien und Soundebenen eines so komplexen, wie experimentellen Indie-Songs von all den vorbeiziehenden Welten berichten, die nie ein Mensch zu Gesicht bekommen wird. Die Pause ist fast ein Lament dieser Verschwendung von Galaxien im Speicher des Systems. Dieser Gedanke schlägt mit der Macht eines Slowbeats direkt in die Magengrube, die Bässe zerfetzen die Harmonie der Szene fließender Sterne, alles verfällt hinter euch im Nichts, während ihr zu einer langsamen Version des fast heroischen, fast kontemplativen Themas die Reise fortsetzt. Zeit jedoch, nicht nur zu vergessen, was nie sein sollte, sondern zu bewundern, was es zu bewundern gibt. Mit einer sphärischen, verspielten Leichtigkeit, fast zarten, einzelnen Noten nehmt ihr die Wunder einer neuen Welt auf, die sich wie ein alternatives Eden ausbreitet. Unbekannt, fremdartig wie ein Aquarium, das durch eine wabernde Zerrlinse beobachtet und bewundert wird. Nicht ohne Fehler, aber glücklich, wer es sah.

Seite 3: Als Entdecker, gibt es viel zu sehen und so fremdartig, vielschichtig wie dessen wertvolle Funde baut sich nun eine vielschichte Wand auf. Ein sphärisches Fundament wird Schicht um Schicht erweitert, zwischen seltsamen elektrischen Beats und langsamen 90s-Trance und undefinierten High-Hats liegt eine Welt versteckt. Zeit ist kein Faktor und es wandelt sich zwar nicht das Tempo, wohl aber die Intensität, die von einem leisen Flüstern zu einem Aufröhren der Turbinen reicht. Und diese dann wieder zurückfährt, um sie langsam ausglühen zu lassen. Statik legt sich über die Stille, das Thema verliert sich in dem Signal to Noise. Die Welt löst sich auf, es ist der Soundtrack zu einer einzigartigen Entropie in einem kosmischen Zeitraffer, während der Gleichklang des Partikelzerfalls als gezogener Ton durch das Rauschen schwebt und sich fast widerwillig zu einer Melodie lenken lässt. Die Schwärze ist absolut, aber ihr öffnet die Augen und die Welt kehrt mit allem zurück. Eine leise, ruhige Piano-Melodie stimmt euch darauf ein, dass das Universum nicht endete und eure Reise noch nicht ihr Ziel erreicht hat. Aber es war auch real, denn dieser sägende, scharfe Unterton einer außergalaktischen Melodie lässt sich nicht aufhalten, während das Klavier weiter die Wirklichkeit zusammenhält.

Seite 4: Zeit konkreter zur werden, und mit einem Blaster in der Hand, wird ein Planet zu einer ominösen Stimmungsmelodie mit einem aufschwellenden Verzerrerdrama im Hintergrund aufgebaut. Was ihr findet ist... ein außerirdisches Punk-Konzert, in dem der Gitarrist gerade zu schnellen Drums ein Kick-Ass-Solo hinlegt! Interdimensionaler Moshpit for the win! Das Event geht auch eine ganze Weile, während der Alien-Guitar-Hero alles durchprobiert, um dann über eine Ewigkeit im Quadrat seine Axt verglühen zu lassen. Wieder führt euch das Piano zurück in die Chillout-Area eures Cockpits, wieder zieht eine Schöpfung an euch vorbei und lässt euch allein mit euren Gedanken. Es war ein langer Weg, aber das Ziel scheint zum Greifen nah. Lichtjahr um Lichtjahr baut sich die Sehnsucht auf, eine flüsternde Statik weicht respektvoll, vor einer sphärischen Melodie zurück, bevor dann der elektronische Beat mit einzelnen Störelementen daran erinnert, dass es noch nicht vorbei ist. Wie ein arrhythmisch schlagendes Herz sucht die Musik wie ihr auch den Weg auf den letzten Metern, der Beat verstärkt sich, neue Elemente kämpfen sich aus dem Hintergrund voran und überlagern sich gegenseitig, bis die verzerrte E-Gewalt durchgreift und alles zurück in Richtung des Hauptthemas zwingt. Nicht, dass sich der Rest der Struktur nicht dagegenstemmen würde, aber die Dominanz ist eindeutig und bringt das Schiff sicher zu seiner Bestimmung.

Seite 5: Die folgenden vier Seiten nennen sich Soundscapes und sind exklusiv auf der Laced Records Edition. Was das bedeutet? Wenn ihr vorher schon verloren wart, jetzt steckt ihr in einem Ozean aus White Noise fest, der nur von einer gelegentlichen Welle eines sphärisch gehauchten Effekts bewegt wird. Es ist ein akustischer Bildschirmschoner, der sich langsam aber sicher wandelt, indem er die ruhige tragende Stimmung beibehält, aber sie variiert. Das Rauschen geht zurück, ein Piano übernimmt mit langen, modulierten Anschlägen diese Aufgabe, diese Wellen bleiben, werden aber seltener. Es ist ein langsamer Fluss, der dann merklich schneller wird und eine fast 8,5-Bit Samplespur miteinströmt, die dann die Stimmung kippen und sehr unruhig werden lässt. Schließlich folgen wieder die dumpfen, harten Drums, es ist eine komplett andere Landschaft in den letzten Minuten entstanden. Auf dieser verweilt ihr dann ein wenig, bis sich schließlich die Melodie des Themas in Form einer extrem verzerrten E über den Himmel spannt. Alles zerfällt schließlich in sich und endet. Einfach so. Was folgt, beginnt ungewöhnlich... Eine sehr normale, entfernt wirkende Synth-Melodie, die sich nach dem Chip des SEGA-Saturn anfühlt. Dieses zieht sich als Thema dann durch eine dunkle Stimmung, deren ferner Herzschlag immer unter allem pulsiert. Die Wellen eines dunklen Meeres schlagen in diesem Takt ruhig gegen eine ferne Küste, bis sich das Thema, mit dem es anfing wieder hervorarbeitet. Es endet, aber es hört nicht auf. Leise rauscht die Ewigkeit weiter, bis sich aus diesem Nichts unerwartet eine neue Klangwelt zu erheben scheint, aber nie die Oberfläche durchbricht. Die finalen Klänge beenden mit etwas, das sich wie ein geborstenes Nebenhorn anhört, diesen psychedelischen Ausflug so seltsam, wie er dann auch war.

Seite 6-8: In unterschiedlicher Intensität wiederholt sich das Thema einer sich wandelnden Sound-Kulisse, zusammengesetzt aus bekannten Elementen, sei es das tiefe Brummen eines akustischen Untergrundes, die verzerrten und stark modulierten Instrumente aus E-Gitarre und Piano, die schwebenden Synth-Elemente. Verstörenden Ruhe folgt auf donnerndes Gewitter, es ist ein akustischer Wegbegleiter durch ein Universum aus fremdartigen, nur selten irdisch wirkenden Sounds. Ein 2001-Finale, das es euch überlässt, zu interpretieren oder einfach nur es aufzunehmen und wirken zu lassen. Nur: Erwartet nicht auf jeder Seite neu überrascht zu werden. An diesem Punkt sind alle Stilelemente bekannt und werden immer neu variiert, was natürlich gut klingt, aber da dann schon längst nicht mehr aus dem stabilen Klang-Orbit wirft.

Eine Platte wie: Ein Mash-up der Enden von 2001 und 2010, wenn sie nur aus Akustik bestehen würden. Irgendwie cool und irgendwie unbegreiflich.

Eine Art Fazit: Die Box selbst ist ein kleines "Meh", die Platten in Schwarz klassisch und trotzdem sicher nicht audiophil, aber für den relativ kleinen Preis muss man nicht zu sehr meckern und ihr bekommt hier eine mehrstündige Soundlandschaft der ganz eigenen, wirklich ein wenig außerirdischen Art, die gut das Verlorensein im endlosen Raum und die Fremdartigkeit dieser Reise einfängt. Wäre schön, wenn das Spiel das auch getan hätte.


Selbst anhören


Gehört und genossen auf...

Dies ist die "Eurogamer-Referenz-Anlage": Plattenspieler - Thorens TD 203 (Test); Phono-Verstärker - Pro-Ject Phono Box DS2 USB; Stereo-Verstärker - Teufel Kombo 62 CD-Receiver; Boxen - Nubert nu Vero 30 (Test); Kopfhörer: Beyerdynamic Amiron (Test) + A20 (Test)


Tracks

A1 Monolith 06:18
A2 Supermoon 04:22
B1 Asimov 05:52
B2 Heliosphere 04:23
C1 Blueprint For A Slow Machine 05:54
C2 Pillars Of Frost 02:57
C3 Escape Velocity 02:55
D1 Red Parallax 04:47
D2 Hypersleep 02:53
D3 End Of The World Sun 07:26
E1 NMS_exteriorAtmos1 / False Suns 09:29
E2 Tomorrow / Lull / Celestial Feedback 10:54
F1 Departure / Shortwave / Noisetest 11:50
G1 temporalDissent / ascension_test1 / koaecax 10:07
G2 Borealis / Contrastellar 08:52
H1 Outlier / EOTWS_Variation1 11:59
Über den Autor
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Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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