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Destiny 2: Fluch des Osiris - Nett zu haben und erzwungenes Muss

Fluch der Paywall.

Update 12.12.17: Einige der hier angesprochenen Einschränkungen, die für Spieler ohne den DLC entstanden sind, hat Bungie in einem Statement adressiert und wird Korrekturen vornehmen. Dazu gehört das Problem, dass eine Trophäe / Achievement nicht mehr erreichbar war. Der Dämmerungs-Prestige-Strike bleibt auf Level 330, hier braucht ihr also den DLC. Der Leviathan-Raid dagegen wird auf Level 300 zurückgesetzt und kann damit von jedem gespielt werden.


Es gibt bestimmt eine Bezeichnung für den Komplex, den Destiny plagt. Es muss immer wieder die Welt retten. Total größenwahnsinnig, es kann gar nicht apokalyptisch genug sein und das alle sechs Monate. Wie die Menschheit oder überhaupt etwas in diesen Universum länger als drei Weihnachten überstanden hat, wird immer unklarer, wenn jeder ständig mit seiner Super-Duper-Doomsday-Waffe um die Ecke kommt. Das Gute daran ist wohl, dass es immer nur einen gelangweilten Wächter und etwas mehr als ein halbes Dutzend Missionen braucht, um hunderte von Jahren Endzeit-Planung über den Haufen zu werfen. Und es ist wieder mal soweit.

In dem Osiris-DLC geht es um alte Bekannte, die Vex, und die haben ihren eigenen, kleinen Plan ausgeheckt, um euch einen Grund zu geben, einmal wieder ordentlich zu ballern. Die Inszenierung lässt dabei nicht viel zu wünschen übrig und als etwas mehr als zweistündige Abendunterhaltung ist die kleine Kampagne auch wirklich ganz niedlich. Ihr seht ein wenig, wie Merkur zur Hochzeit des Terraforming aussah und es ist so schön, dass man sich wünscht, das dies das neue offene Gebiet wäre, in dem man später ein wenig vor sich hingrinden kann. Ein Blick auf eine Welt direkt aus den Trailern zu No Man's Sky: bunt, wild und einladend. Auch die anderen Locations sind nicht schlecht, wobei sie schon ein wenig zu oft auf bekannte Designs zurückgreifen. Vor allem die Feinde selbst sind echte Langweiler. Alle alten Bekannten machen einmal durchweg die Aufwartung, hier ist realistisch nichts, auf das ihr nicht schon längst vorher geballert habt. Technisch gibt es neue Gegner, aber erwartet nicht mehr als belanglose Variationen.

Ein Blick auf was sein könnte: Merkurs vom Traveller aufgehübschte Vergangenheit.

Schnell huscht diese Kampagne vorbei, nach einem nicht ganz abendfüllenden Programm habt ihr viele Eindrücke, ein wenig fantastische Grafik, solide Inszenierung und ein dramaturgisch am Ende runtergerotztes Finale zu etwas, das bei Netflix Season 1 gewesen wäre. Hier wird alles im Piloten verbraten und danach wurde der Rest der Serie abgesetzt. Es war nicht schlecht, ich hatte meinen Spaß, es zeigt viel Potential, vor allem welches, das ungenutzt am Sternenrand zurückblieb und als es vorbei ist, lehne ich mich zurück und will jetzt mal in Ruhe den Merkur erkunden. Aber da ist nichts. Wie sich herausstellt ist das neue, "offene" Gebiet ein schlechter Scherz, kaum größer als ein einzelner Sektor in einem der anderen Gebiete. Darin ist auch nicht viel. Ein obligatorischer Belohnungsgeber, ein paar Grind-Missionen der bekannten Art, ein paar noch bekanntere Feinde und alles dreht sich um ein Gebiet, dass ihr in drei Minuten gesehen und dank des langweiligsten Designs im ganzen DLC und Universum auch satthabt. Fantastisch.

Der Immerforst ist dabei der größte Witz. Die Idee ist, dass die Vex in einer Art Simulation unendlich parallele Welten durchspielen, um praktisch die Komplettlösung zur Universumseroberung zu finden. Statt aber immer neue Level zu spielen - betreten könnt ihr den Immerforst auch nach der Kampagne -, lauft ihr immer die gleichen Missionen ab und nur die Feindcluster variieren. Nicht auf wirklich spannende Art, mehr so pro forma. Das ist wohl besser als immer die gleichen respawnenden Feinde wegzuholzen, aber echte Hingabe zu der Idee unendlicher Variationsmöglichkeiten sieht anders aus. Nehmt es als traurigen Trostgrind dafür, dass das eigentliche Merkur-Gebiet das bisher schwächste Destiny-Gebiet überhaupt ist.

Und das was ist: Das ist ungefähr die Hälfte dessen, was Merkurs offenes Gebiet zu bieten hat.

In diesem dürft ihr genau ein neues Event spielen, das zwar den üblichen heroischen Modifikator bietet, aber sonst keine Abwechslung. Es startet immer am gleichen Punkt und läuft immer gleich ab. Das fällt schon etwas mehr auf als sonst, wenn es nur ein einziges Event gibt, das auch im Großen und Ganzen auf eine etwas hektische Verfolgung von Feindpunkten über die kleine Karte hinausläuft und wenig Überraschungen bietet, belangloser Boss inklusive. Der heroische Anlauf ist durchaus herausfordernd, aber ehrlich gesagt ist es von den Events in Destiny 2 keins der Top-Ereignisse.

An neuen Waffen gibt es nichts Osiris-spezifisch Spannendes und auch nicht allzu viel. Ihr müsst sogenannte Prophezeiungen erfüllen, um sie zu bekommen, was übersetzt Ressourcen-Grind bedeutet. Das ist bei Destiny nicht weiter erstaunlich, aber der Loop wurde in den Jahren des Vorgängers schon ein paar Mal zu oft durchexerziert. Ich werde sicher nicht endlos in einem winzigen Gebiet im Kreis laufen und Kisten in bestimmten Reihenfolgen abklappern, um Ausrüstung zu bekommen, die nicht besser ist als das, was ich eh schon habe.

Was den Raid angeht, ist es eigentlich kein neuer Raid, sondern eine Quasi-Fortsetzung des Leviathan-Raids. Oder vielmehr ein neuer Besuch, nachdem der Gastgeber einen Teil des Hauses neu eingerichtet hat. Ihr habt ein paar neue Puzzles, Gegner wurden neu verteilt und es wurde alles deutlich härter, aber ein richtig neuer Raid ist es eben auch nicht. Ihr hüpft ein wenig, dann rennt ihr ein wenig, schließlich habt ihr eine Menge Arbeit, um die richtigen Elemente aufzuladen und große Schilde zu zerstören, und einen Boss, der eines Raids würdig ist. Aber ein Leviathan ist es am Ende dann auch wieder nicht. Trotzdem nett und sicher das Highlight des Add-Ons.

Ab jetzt nur noch mit Level 330 oder mehr: Nightfall-Strike auf Prestige.

Bis hierhin wäre das alles eine etwas maue, wenig aufregende, aber auch nicht weiter verwerfliche Ergänzung für ein immer noch sehr nettes Spiel, nur leider gibt Osiris genau diesem eine ganz schön heftige Breitseite mit auf den Weg. Es ist schön, dass die Level-Caps und Schwierigkeitsgrade für die Prestige-Raids und -Strikes erhöht wurden und so neue Herausforderungen für High-Level-Spieler geboten werden. Warum jedoch der Power-Level mit DLC höher geht als ohne, lässt sich nur auf eine Art erklären, denn technisch dürfte es wohl nicht viele Gründe geben, dass der Level mit 305 endet, Prestige-Aktivitäten aber erst bei 330 anfangen. Ein Level, den nur erreichen kann, wer den DLC hat. Nicht unbedingt die Waffen darin oder andere Inhalte, es reicht, wenn ihr das Geld ausgebt und den alten Content spielt. Dann dürft ihr auch bei den Aktivitäten wieder mitspielen, die ihr bisher eh hattet, wenn auch auf einem niedrigeren Power-Level.

Es lässt sich sicher hier viel argumentieren, dass die weitere Pflege eines Spiels heutzutage auch Geld kostet, Balancing und andere Dinge nicht umsonst zu leisten sind und auf die eine oder andere Art wird jede Firma ihren Weg finden müssen, um damit umzugehen, dass Spiele einfach nicht mehr "fertig" sind. Sie werden einfach nicht mehr für diesen Zustand konzipiert, sondern für ein kontinuierliches Weiterlaufen. Aber zum Beispiel den PC-Spielern gerade mal etwas mehr als einen Monat nach dem Start gleich wieder Geld abzunehmen, um sie an die High-Level-Inhalte ihrer frisch gekauften Spiels zu lassen... Ein Abo wäre dann von vornherein ehrlicher, aber für ein solches bietet Destiny 2 bisher einfach nicht genug. Sei es, wie es sei, am Ende ist es eine weitere dunkle Sternstunde in Sachen Monetarisierung in diesem damit nicht gerade knauserigen Jahr.

Auch wenn es kein durchgehend neuer Raid ist: Die Raids bleiben das Highlight des Spiels.

Eine Anmerkung der Fairness halber: Bungie hat angekündigt, das Problem, dass Trophäen und Achievements aus dem Hauptspiel ohne den DLC nun nicht mehr zu erreichen sind, anzugehen. Wie und was sonst passiert, wurde noch nicht erläutert.

Der Fluch des Osiris wirft einen großen Schatten auf Destiny 2, aber nicht in Form monumentaler Inhalte, sondern dank einer hohen, künstlichen Paywall für High-Level-Spieler, die sich mit dem, was sie hatten, begnügen wollten oder dieses noch sicher nicht alte Spiel gerade erst gekauft haben. Sicher, High-Levels sind mit hoher Wahrscheinlichkeit die ersten, die auch einen DLC kaufen, aber das ändert wenig an der Tatsache, dass ihr Geld bezahlen müsst, um das Hauptspiel weiter so nutzen zu können wie bisher, nämlich mit den Prestige-Level-Aktivitäten. Ich würde vielleicht nichts - oder weniger - sagen, wenn Osiris wenigstens ein echtes Muss von einer Erweiterung wäre, ohne die Destiny 2 einfach nicht Destiny 2 wäre, aber die nette, kleine Kampagne, der Witz von einem offenen Gebiet und ein klein wenig mehr Strike und Raid reißen wirklich keine Bäume aus, nicht mal in dem etwas trostlosen Immerwald. Insgesamt hilft Osiris Destiny 2 nicht, stattdessen schädigt es dieses eigentlich sehr gute Spiel. Vielleicht sollte Bungie Osiris dafür verklagen. Ich würde es tun.

In diesem artikel

Destiny 2

PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X/S, PC

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Martin Woger

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Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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