Wenn du auf einen Link klickst und etwas kaufst, können wir eine kleine Provision erhalten. Zu unseren Richtlinien.

Metal Gear Survive: Vier Stunden mit der Kampagne

Auferstanden von den Toten?

Unbeirrt von der Häme, die ihnen nach der Ankündigung entgegenschlug, macht Konami weiter mit Metal Gear Survive und tatsächlich nimmt das Spiel immer mehr Form an. In Zeiten, in denen Fortnite wie aus dem Nichts in aller Munde ist, wirkt die Mixtur aus Basenbau und Überlebenskampf sogar aktueller denn je. Davon konnte ich mich bei einem Anspieltermin im Frankfurter Konami-Büro überzeugen. Die Frage ist zumindest für mich nicht länger, ob hierin eine valide Idee für ein Spiel steckt. Vielleicht war das nie die Frage. Konami spielt mit Survive allein dagegen an, dass die größten Fans dieser Reihe mit ihr schon längst abgeschlossen hatten und der Hersteller bei ihnen aus besonderen Gründen in besondere Ungnade gefallen ist.

Doch das Spiel: Es funktioniert. Ein eingangs etwas zäher, zunächst noch zu oft graubrauner und seltsam gesichtslos wirkender Überlebenskampf, der im Verlauf immer mehr auf die Beine kommt und irgendwann immer interessantere Möglichkeiten eröffnet. Kurz vor Ende meiner Session spürte ich sogar so etwas wie einen kleinen Suchteffekt nach mehr Ressourcen und eine einsetzende Eitelkeit in Bezug auf ein angemessen befestigtes Basislager. Ich würde nicht sagen, dass ich hiervon schon komplett überzeugt wäre - der erste Satz dieses Abschnitts steht da nicht umsonst -, aber hier arbeiten definitiv einige Leute, die versuchen, ein ordentliches Spiel auf die Beine zu stellen.

Das Quadrat aus Trümmern vorne rechts wird eure neue Basis

So ganz am Anfang ließ uns Konami zwar nicht beginnen, allein weil man uns direkt in den Spielanteil entlassen wollte. Deshalb zur Geschichte nur so viel: Teile der in Ground Zeroes zerstörten Mother Base werden samt Crew durch ein geheimnisvolles Wurmloch in die Downside-Version des Afghanistan-Levels von Phantom Pain transportiert, in der ein geheimnisvolles Element die Menschen in Monster verwandelt. Euer Hauptcharakter, den ihr selbst erstellt, wird Zeuge und dabei ebenfalls infiziert. Auch deshalb wird er nachträglich in diese Welt geschickt, um ihr auf den Grund zu gehen. Nagelt mich hinterher nicht drauf fest. Der mündliche Schnelldurchlauf, den ich bekam, war notgedrungen ebenso löchrig wie zügig. Das fertige Spiel wird das einnehmender schildern. Hoffe ich.

Auf der anderen Seite jedenfalls beginnt ihr vor den Resten der Mother Base euer eigenes Basislager aufzubauen. Zu Beginn seid ihr nur mit einem Speer und den Rezepten für einen Maschendrahtzaun ausgestattet. Ein paar Werkbänke für das Herstellen von primitiven Waffen, Kleidung, Ausrüstung und Gadgets nutzt ihr, um eure Kapazitäten zu erweitern. Schaltzentrale für euer Vorhaben, hier Fuß zu fassen, ist eine KI-Einheit namens Virgil, die ebenfalls aus den Resten der Mother Base stammt. Der Computer fungiert als zentraler Questgeber, anhand seiner Haupt- und Nebenaufträge treibt ihr nicht nur die Geschichte voran, ihr findet auch neue Blaupausen, die euch immer mächtiger machen.

Die Zombies sind dumm, aber zahlreich - und sehr, sehr tödlich.

Als allererstes müsst ihr die Versorgung mit Wasser und Nahrung sicherstellen. Denn Lebensenergie- und Ausdauerbalken laden sich zwar von selbst auf, aber immer nur so weit wie Hunger- beziehungsweise Durstwerte es zulassen. Ein nahegelegener Tümpel hält brackiges Wasser bereit, dass ihr in gefundene leere Glasflaschen füllt. In direkter Nähe sonnen sich ein paar Schafe, denen ihr das spitze Ende eures Speers zeigt. Tragt alles zurück zum Lagerfeuer in der Basis und ihr macht aus dem nur mäßig nahrhaften rohen Fleisch ein Gericht, das euch länger bei Laune hält. Das Wasser könnt ihr erst abkochen und so reinigen, wenn ihr die Feuerstelle aufrüstet. Das ist mir in den ersten vier Stunden nicht gelungen, weshalb ich und mein Charakter das schmutzige Wasser mitsamt des Infektionsrisikos duldsam herunterwürgten.

Die Geschichte war bislang noch recht ereignisarm und wird dazu etwas gelangweilt von den beiden im Wechsel ihre Texte ablesenden Sprechern der KI dargeboten. Auch wenn gerettete Mitbewohner eurer Basis sich in die Gespräche einschalten, es wird nicht gerade prägnanter. Auf erzählerischer Seite stützt sich Survive allein auf das Mysterium, das diese Parallelwelt darstellt. Ob das packend oder zumindest faszinierend aufgelöst wird, bleibt abzuwarten. Ansonsten ist dieses Spiel eine eher systemische Angelegenheit, fast nur darauf aus, euch mit seinen Werkzeugen spielen zu lassen. Das konnte man von Phantom Pain ebenfalls sagen und ist bei vielen anderen Survival-Titeln nicht anders. Immerhin wird man nicht unentwegt zugetextet und kann weiter seinem Sammeltrieb nachgehen.

Auch Verteidigungsanlagen fertigt und platziert ihr an einer Werkbank.

Die ersten weiteren Story-Missionen, nachdem man seine Grundbedürfnisse gestillt hat, bestanden in erster Linie darin, in die umliegenden Bereiche zu wandern, dort Lager zu infiltrieren und am Zielpunkt eine Platine aus einem Mainframe zu reißen. Die bringt man dann zum Informationsgewinn zu Virgil zurück und erfährt, neben neuen Rezepten, mehr über das Phänomen, das die Mother Base hierherbrachte und die Leute, die vor euch da waren. Später ging das Spiel zu etwas über, was offenbar einen Fokus des Ablaufes darstellt: Teleporter in Stand zu setzen, mit denen man gewissermaßen eine Schnellreisefunktion in die Welt hinaus freischaltet. In die vom giftigen "Dust" zugestaubten Bereiche, in denen man nur ein paar Meter weit sieht und wo man sich nur mit einem (begrenzten) Sauerstofftank aufhalten darf - und darüber hinaus. Die Erweiterung des Einflussbereichs als zentrale Triebfeder.

Sobald ein Teleporter hochgefahren wird, stürmen die entstellten Zombie-Derivate auf ihn los und versuchen, ihn zu zerstören. Hier wird das Spiel dann mehr oder weniger Fortnite, während ihr die Gegner, die immer den kürzesten Weg zum Ziel suchen, mit Zäunen, Fallen und anderen Barrikaden eben davon abhaltet, bis das Zeitlimit ausgelaufen ist. Die Gegner erledigt ihr meist im Nahkampf - in einem Spiel, in dem man die Munition für Pistolen Schuss für Schuss craften muss, kein Wunder. Das Spiel unterscheidet Hiebwaffen für den offenen Kampf und Stichwaffen, mit denen man durch Zäune pieken kann, sowie beidhändige Waffen. Bögen sind ebenso verfügbar wie Pistolen, wenngleich etwa Stabwaffen und Bögen jeweils auf dem Rücken getragen werden und ihr euch für eins von beiden entscheiden müsst.

Wer den Hebel zu schnell betätigt, alarmiert umstehende Feinde.

Der Ablauf vereint den Gedanken von Knappheit und nicht ganz trivialer Action - die Gegner sind zwar dumm, überwältigen euch aber recht schnell - ganz gut und stellte sich als tragfähiges Element für einen Titel dieser Art heraus. Allerdings muss sich erst noch beweisen, dass er auch langfristig nicht zu eintönig wird. Am Ende meiner Session war ich bereit dafür, dass sich hieran mal was tut, aber da deutete sich auch schon an, dass das Augenmerk mehr und mehr auf den Ausbau der Basis und dem Management meiner Truppe gelegt würde, nachdem ich ein weiteres Crewmitglied mit neuer Spezialisierung - eine Krankenschwester - gerettet hatte. Wie genau das aussieht, abseits der Fertigung immer neuer Zäune und Verteidigungsanlagen, muss der Test zeigen.

Weitere Notizen: Dass wirklich alles über die Spielwährung Kuban läuft, die man unter anderem getöteten Zombies entzieht - von Levelaufstiegen im Skilltree über das Aufrüsten von Gegenständen bis hin zum Fertigen von Verbrauchsgegenständen wird das Element für fast alles gebraucht -, hat mir Anfangs Bauchschmerzen bereitet, denn jeder Zaun und jeder Molotov-Cocktail, den ich baute, kostete mich wieder ein paar Meter bis zum nächsten Levelaufstieg. Damit muss man arbeiten. Es empfiehlt sich, gerade zu Beginn verstärkt auf die Charakterentwicklung zu setzen, um seine Schlagkombos mit den verschiedenen Waffen zu verlängern, eine Attacke aus der Luft oder schnellere Bewegungen freizuschalten.

Die Karte werden MGS5-Spieler wiedererkennen.

Gerade Letztere sind bitter vonnöten, denn gerade zu Anfang dauert selbst das Aufheben von Pfeilen bis hin zum Knacken von Schatztruhen einfach zu lang. Die Idee ist nachvollziehbar: Ihr sollt stets befürchten müssen, von umherschwankenden Feinden überfallen oder eingekreist zu werden. Aber zum Auftakt des Spiels wirkt es bisweilen noch mühsam. Wiederum: auch das kann zu einem guten Survival-Titel dazugehören. Aber wenn man vor einem ohnehin schon nicht kurzen "Leise-die-Kiste-öffnen"-Minispiel auch noch eine Animation durchlaufen muss, in der man sieht, wie der Charakter das Schloss mit einem Dietrich bearbeitet. Nun denn, mit dem entsprechenden Skill wurde das deutlich weniger irritierend.

Ebenfalls gewöhnungsbedürftig ist das Interface, das seine vielen Informationen und Möglichkeiten in Forschung, Ausrüstung und Lagerung doch sehr verschachtelt. Irgendwann hatte ich raus, wo, was liegt und wie ich gewisse Dinge ihren entsprechenden Ausrüstungs-Slots zuordne und wusste immer mehr zu schätzen, wie bereitwillig Metal Gear Survive mich in den Tod schickte. Das galt gleichermaßen für den Einzelspielermodus, in dem ich mehrere Male beim Beschützen eines Teleporters starb, wie für den Koop, in dem Zombies selbst unterhalb eures Levels noch verdammt tödlich sind, der sich aber für das Loot mehr als nur lohnt.

Von hinten vollführt ihr eine unmittelbar tödliche Attacke.

Survive wird weiter gegen die Erwartungshaltung der Fans anspielen müssen, dass Konami hier nur noch schnell ein paar Dollar aus ihrer größten Marke pressen will und diese Quittung kommt nach dem Kojima-Debakel nicht von ungefähr. Ob das hier letzten Endes für sich genommen funktioniert, wird trotzdem unabhängig davon entschieden, wie man zu diesem Publisher steht. Optisch wird es wohl ein Stück weit beliebig bleiben und die Mixtur aus Basenbau und Survival wird nicht neuer. Wenn das Spiel aber den Balanceakt zwischen Überlebensbeschwerlichkeit und lockerer Spielbarkeit stabil hinbekommt, könnte es sich nach Acid und Rising als drittes Metal-Gear-Spin-off etablieren, auf das sich vielleicht nicht alle, aber doch ein paar alte - und neue - Weggefährten einigen können.


Entwickler/Publisher: Konami - Erscheint für: PS4, Xbox One, PC - Geplante Veröffentlichung: März - Angespielt auf Plattform: PS4

In diesem artikel

Metal Gear Survive

PS4, Xbox One, PC

Verwandte Themen
Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

Kommentare