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Seven Deadly Sins: Knights of Britannia - Test

Wahnsinn in Routine

Unterhaltsames Anime-Thema geht in endlosen Wiederholungen spielbarer, aber oberflächlicher Kämpfe unter.

Ich habe von der Serie The Seven Deadly Sins noch nie gehört, aber das macht ja oft den meisten Spaß: Einfach kopfüber in die komplett irre Welt eines Anime reinhüpfen und gucken, was passiert. In diesem Punkt enttäuscht das Spiel in keiner Weise. Ich weiß immer noch nicht wirklich, was los ist, warum das Schwein mal die Taverne auf dem Rücken durch die Welt trägt und mal in der Taverne aus einem Trog schlabbert, warum hier wer unsterblich, gesucht, verfolgt, gestorben, auferstanden, gerächt, gerettet, geächtet, geliebt und überhaupt ist. Wenn euch diese Fragen in Bezug auf Schwein, Riesenfrau in Hotpants, Ritter vs. Piraten - vielleicht, auch in diesem Punkt herrscht Unsicherheit -, Feenkönig und mehr bewegen sollten, dann fangt nicht mit dem Spiel Seven Deadly Sins: Knights of Britannia an, sondern mit der Serie selbst. Die ich jetzt gucken werde, denn ich habe nach ein paar Einblicken auf Youtube den Verdacht, dass dieses Spiel am Ende nur ein trauriger Schatten des Wahnsinns dort sein könnte.

Ich spiele übrigens das Schwein in diesem Kampf. (Seven Deadly Sins: Knights of Britannia - Test)

Die Handlung im Fantasy-Reich "Name habe ich vergessen, könnte Britannia sein?" dreht sich um eine Prinzessin, die eine legendäre aber verstoßene Truppe von Helden finden muss, um alles zu retten. Dies sind die Seven Deadly Sins, ein chaotischer Haufen aus magiebegabten Figuren aller Formen und Größen. Wortwörtlich, gleich der erste Neuzugang ein Stündchen in den Story-Modus hinein ist 20 Meter hoch und trägt Hotpants. Die hält sie in den Zwischensequenzen prominent ins Bild, als würde sie in einem Michael-Bay-Film ein Motorrad besteigen. Es ist Otaku-Japan, wie es leibt und lebt, wer damit nicht umgehen kann, der hat hier nichts verloren und wird auch nichts finden. In diesem Fall bitte auf Ni No Kuni 2 warten.

Nein, nicht das Schwein im Hintergrund, das ist der Held. Ihr spielt auch immer wieder das Schwein links. (Seven Deadly Sins: Knights of Britannia - Test)

Das eigentliche Spiel wandelt sich dann schnell von ganz nett in eine solide Enttäuschung, wenn euch nach ein bis zwei Stunden endgültig klar wird, dass da nichts mehr kommt. Wenn ihr nicht in den Menüs oder auf der Oberwelt herumhantiert, finden alle Kämpfe immer in einer winzigen 3D-Arena statt, durch die ihr euch frei bewegen dürft. Dort kämpft ihr allein oder mit einem Begleiter gegen ein paar zum Verlieren verdammte Feindhorden oder ein oder zwei mehr oder weniger würdige Gegner. Eigentlich immer "weniger", denn der Schwierigkeitsgrad ist ein Witz. Ich bin in keiner der Hauptmissionen auch nur ein einziges Mal gestorben. Nicht am Anfang, als ich keine Ahnung hatte, was ich tat. Und auch nicht später, als der Level vorgab, anzuziehen. Lediglich die optionalen Kämpfe im letzten Drittel hatten hier und da ein wenig mehr zu bieten, aber auch sie waren alles andere als unschaffbar. Sucher der großen Herausforderung werden hier auch nichts finden.

Auf der Karte ist das Schwein riesig und trägt das Kneipenhauptquartier auf dem Rücken. Ich muss diese Serie gucken. (Seven Deadly Sins: Knights of Britannia - Test)

All die verschiedenen Charaktere mit eigenen Fertigkeiten und Spezialangriffen suggerieren dann eine Tiefe, die am Ende nicht da ist. Es gibt zwar eher langsame Nahkämpfer, Figuren wie den Haupthelden in der Mitte und bewegliche Fernkämpfer. In den Extremen müsst ihr euren Spielstil ein wenig anpassen. Aber letztlich läuft es immer darauf hinaus, per Tastendruck in den Rücken des Gegners zu kommen, die Lieblingsspezialattacke zu spammen und darauf zu warten, dass entweder der Magiebalken hierfür nach ein paar Sekunden automatisch wieder gefüllt ist oder der Super-Special als Finisher das Elend gleich ganz beendet. Die Bewegungsabläufe sind immer fast identisch und so habt ihr nicht die geringsten Probleme, selbst wenn euch das Spiel plötzlich mal wieder eine ganz neue Figur spielen lässt. Es fühlt sich nicht schlecht an, die Specials sind teilweise witzig und das Herum-Zippen in der Luft hat den gewissen Dragon-Ball-Z-Charme - eine Serie, die zuletzt übrigens mit einem weit besseren Spiel gesegnet wurde -, aber das nutzt sich alles zu schnell ab, um es ein paar hundert Mal wiederholen zu wollen.

Am nächsten seid ihr dem Anime noch in dem Super-Specials, die leider immer gleich sind und schnell wie das meiste andere auch langweilen. (Seven Deadly Sins: Knights of Britannia - Test)

Richtig gelesen, ein paar hundert Mal. Es gibt eine endlose Zahl an optionalen Missionen, mit denen ihr Gerüchte sammelt, wo es neue optionale Missionen gibt, die dann wieder neue Orte freischalten. An denen ihr immer den gleichen, banalen Kampfablauf erneut durchexerziert. Also ja, ich weiß nicht, wie eure Erwartungen an ein Story-getriebenes Anime-Action-Adventure so bestellt sind. Aber eine endlose Aneinanderreihung von Kämpfen, die sich nach einer Weile oft nach dem immer gleichen, belanglosen, wenig tiefschürfenden Scharmützel anfühlen, ist nicht meine erste Wahl.

Es gibt auch sonst nur wenig, was euch das Gefühl gibt, Fortschritte zu machen. Nach und nach schaltet ihr minimale Perks auf einem endlos großen Brett frei - wofür ihr wiederum zig der optionalen Quests bestreiten müsst, um die Materialien zu haben. Ihr könnt weitere Boni bei den einzelnen Charakteren ausrüsten und so ihre Stärken ein wenig herausarbeiten, aber dank des eh schon niedrigen Herausforderungslevels fühlt sich nichts davon wichtig an.

Die Riesendame im Badeanzug muss ja irgendwie am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Deshalb posiert sie so. Otaku-Japan... (Seven Deadly Sins: Knights of Britannia - Test)

Selbst wenn ihr Seven Deadly Sins als reinen Vs.-Prügler im Duellmodus nutzen wollt, müsst ihr erst durch große Teile der Kampagne, denn der allergrößte Teil der Charaktere und Locations ist gesperrt, bis er im Adventure-Modus freigespielt wurde. Technisch sieht man dem Ganzen gerade im Vergleich zum Beispiel zu Dragon-Ball- oder One-Piece-Spielen an, dass das Budget extrem übersichtlich gewesen sein dürfte. Die Figuren unter dem Cell-Shading-Look können nicht gerade mit eleganten Animationen protzen, die Lokalitäten recyceln oft und gern das Wenige, was sie zu zeigen haben und die Zwischensequenzen sind selten mehr als eine Visual Novel. Da fällt kaum noch auf, dass der Soundtrack auch nicht viel zu bieten hat.

Im Kampf spielt sie sich mit ihrer Unbeweglichkeit als eine Art sexy Godzilla leider noch furchtbarer als alle anderen. (Seven Deadly Sins: Knights of Britannia - Test)

Das, was Seven Deadly Sins: Knights of Britannia vor dem Absturz bewahrt ist der Rest-Charme, den es sich von einer scheinbar sehr unterhaltsamen Anime-Serie herübergerettet hat und seine generelle Spielbarkeit. Es ist Langeweile in Tüten nach zwei Stunden, aber man kann es spielen. Die Kämpfe mit den zig Fertigkeiten für eine Horde an Figuren tun zwar so, als würde da Spieltiefe drinstecken, aber das hält nicht lange, bevor ihr praktisch blind durch die viel zu einfachen, immer gleichen Missionen marodiert. Fans der Seven Deadly Sins können das gerne tun, es ist leider auch nicht so, dass sie eine große Auswahl an Titeln hätten. Alle anderen halten sich an die Blu-rays.

Entwickler/Publisher: NatsumeAtari / Bandai Namco - Erscheint für: PS4 - Preis: ca. 60 Euro - Erscheint am: erhältlich - Getestete Version: PS4 - Sprache: englisch (Untertitel, japanisch (Sprache) - Mikrotransaktionen: Nein

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Martin Woger

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Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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