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Shadow of the Tomb Raider - Der Tod kam aus der Rankpflanze

Schluss mit weinerlich, Lara beendet ihre Transformation zur Action-Heroine.

Sie haben es ja gut geheim gehalten. Wer dachte, dass Shadow of the Tomb Raider ein Schnellschuss ist, der im Windschatten des Films noch eine Runde drehen soll, bevor ein "echter" neuer Teil fertig ist, der darf beruhigt sein. Shadow ist dieser echte neue Teil und seit nunmehr drei Jahren werkelt das Montreal-Team an dem Ausflug nach Mittelamerika. Lara darf im Herbst also schon auf eine Reise gehen, die den anderen beiden Teilen in nichts nachstehen soll.

Wer diese nicht mochte, nun, das könnte ein Problem sein. Ich wüsste nicht, warum man diese nicht mag, waren es doch ausgezeichnete Action-Adventures par Excellence, die einen modernen Twist auf eine alte Serie legten - was wohl auch das Problem sein dürfte. Die erste Stunde Shadow jedenfalls zeigte alles, was auch diese Spiele auszeichnete.

Lokalkolorit gehört zu einem guten Abenteuer.

Eine Mischung aus eine wenig Story-Herumgelaufe im Stile von Uncharted, ein wenig Herumgekraxel im Stile von Uncharted, ein kleines Puzzle hier und da im Mix, gefolgt von einer Runde Stealth-Kills und solider Shooter-Action. Wiederum, nicht unähnlich eines Uncharted, wer hätte es gedacht. Beide Serien sind der aktuelle Inbegriff des modernen, geschliffenen Action-Abenteuers und nein, Shadow wird als dritter Teil von Laras Origin-Trilogie den Teufel tun und großartig an der Innovationsschraube drehen.

Auf einem Londoner Event, von dem auch das Bild mit der posierenden Lara stammt, durfte die erste Stunde gespielt werden. Oder nicht ganz die erste Stunde, ein kleiner Teil der Einleitung fehlte, als es mit der Verfolgung einiger Bösewichte über einen nächtlichen Markplatz irgendwo in der Pampa von Süd-Mexiko ging. Als Kulisse ist das Fest der Toten immer ein Highlight und so schlendert ihr gemütlich maskiert den Bösewichtern hinterher, um zu erfahren, wie nah sie dem Artefakt sind, das sich als inhaltlicher McGuffin diesmal aus Maya-Legenden speist.

Das Szenario ist einfach klassisch schön.

Es kommt, wie es kommen muss: Unter dem abgelegenen Dorf liegt eine riesige Pyramide in einer gewaltigen Kaverne versteckt und es folgt besagter Ablauf. Beim Klettern stellt sich dann schon ein wenig die Frage, ob die beiden Vorgänger auf das Abseilen an dem Greifhaken nur verzichtet haben, damit dem dritten Teil dann auch noch ein wenig Innovation blieb. Egal, es funktioniert als dezente Ergänzung und so hangelt und hüpft ihr Richtung Pyramide.

Ein Teil des Ausflugs verläuft dabei unter Wasser, denn das nasse Element soll nun eine viel größere Rolle spielen. Dafür war es natürlich nötig, Laras schon immer etwas kritische Unterwasserbewegungen spielbarer zu schleifen und das ist zum Glück auch passiert. Die Entwickler betonten dabei extra, dass es ihnen wichtig sei, die Spannung aufzubauen, die herrscht, wenn man nicht genau weiß, wann die nächste Luftblase kommt. Nun, als routinierter Videospieler weiß ich das zum Glück: Immer dann, wenn sie gebraucht wird. Da habe ich Lara etwas voraus, die keuchend und panisch die letzten Meter rudert.

Die Kletterwege sind spektakulär, die Mittel, mit denen ihr sie bewältigt bekannt.

Ansonsten ist jedoch eh Schluss mit der weinerlichen Lara. War dieses Element des narrativen Bruchs zwischen verwundbarer Frau in Zwischensequenzen und Controller-dirigiertem Terminator vielen im ersten Teil noch ein Dorn im Auge, wurde es in Rise ja schon zurückgefahren. In Shadow ist Lara nun die routinierte Action-Heroine, die nicht mit der Wimper zuckt, wenn sie aus dem Schatten einen Feind nach dem anderen erledigt. So wie sie hier porträtiert wird, würde ich in einem Celebrity-Deathmatch nicht auf den Predator setzen. Lara würde ihn sicher zügig erledigen.

Zuvor wird aber ein wenig gerätselt. In der gewaltigen Halle hängen ein paar antike Glocken herum, passend zum Klettern und Hangeln, wenn ihr sie über Kurbeln und Seilzüge in Position bringt. Das ist nicht übertrieben komplex, solange ihr an einer Stelle ein etwas verstecktes Gegengewicht nicht verpasst. Das ist nicht der Level, den ich dann aber in den Gräbern sehen will, die auch hier wieder komplett optional geraidet werden sollen. Aber gute Nachrichten: Größer, härter, tödlicher und mit mehr Puzzles. Wer also schon in den beiden Vorgängern für Lara kam und für die Tombs blieb, soll hier noch einmal deutlich mehr zu tun bekommen.

Stealth ist durchaus wichtig, denn Schüsse töten Lara nach wie vor relativ schnell.

In diesem sehr linearen ersten Abschnitt war natürlich auch leider noch nicht viel von den offenen Gebieten zu sehen, aber versprochen ist eine antike Stadt als Hub mit kulturell wertvollen Ureinwohnern als NPCs und auch Unterwasserkavernen, die zum Erkunden einladen sollen. Überhaupt wurde natürlich Zeugs links und rechts des Weges verteilt, um euch von diesem wegzulocken. Und so gab es auch schon in diesem ersten kurzen Wasserabschnitt hier eine versteckte Kammer mit einem kleinen Schatz.

Habt ihr euch zur Spitze der Pyramide durchgeschlagen und seid zurück an der frischen Luft, zeigt sich Killer-Lara. Sie hat beim Stealth ein wenig dazugelernt. Natürlich wird immer noch in den Büschen gekauert, aber jetzt kann sie sich auch an dicht bewachsene Wände schmiegen und eins mit den Pflanzen werden. Nur dürfen die Gegner einen nicht sehen, wenn Ghost who Walks zuschlägt, dann steht man ein wenig ohne Deckung mit dem Rücken zur wortwörtlichen Wand.

Mal gucken, wie oft das Entkommen aus dem Wasser in letzter Sekunde spannend bleibt. Oh halt, es war schon beim ersten Mal nicht spannend. Was soll auch passieren? Lara stirbt und das Abenteuer ist nach einer Stunde zu Ende? Wäre mal was anderes, aber nicht das, was man den Leuten gut verkaufen kann.

Das Arsenal ist recht komplett. Der Bogen für Stealth-Kills oder effektive Kopfschüsse, Shotgun, Pistole - nein, immer noch nicht im Doppel - und MG für die grobe Arbeit. Deckung zu Deckung, die Gegner sind nicht schlauer als zuvor und wer möchte kann auch die roten Fässer anvisieren. Es ist immer schön, einen echten Gaming-Stereotypen in solch klassischer Reinform zu erleben und das rote Fass wird uns wohl immer erhalten bleiben.

Nach dem Geballer gibt es das kurze Intermezzo mit dem Bösewicht der Stunde. Er nimmt Lara den frisch erbeuteten Dolch von Quetzalcoatl oder so ab und möchte auch gerne das dazugehörige zweite Artefakt haben. Als Lara dieses nicht hat, entgleiten ihm ein wenig die Gesichtszüge, denn scheinbar hat sie mit dem Räubern des Dolches die bekannte und beliebte Maya-Apokalypse eigenhändig ausgelöst, die sich auch direkt in einem Erbeben mit Tsunami manifestiert. In der die Sequenz abschließenden Action-Einlage muss Lara noch einmal ins Wasser und schwimmt hektisch rudernd durch die grafisch recht imposant inszenierten Fluten, bevor sie festen Boden unter den Füßen hat und sich in den Wettlauf der Suche nach der verlorenen Stadt und den Artefakten, die das Ende der Welt bedeuten könnten, macht.

In diesem Sinn, so viel Spaß der wilde Ritt auf den Wellen auch macht, der Ausgang ist klar definiert.

Zu den Dingen, diese Passage noch nicht zeigen konnten, gehörten wie gesagt die offenen Bereiche, die Erkundungsaspekte, die Gräber und auch Einzelelemente. Neu sind wie gesagt das Hangeln am Seil und der Stealth-Kill aus dem Grün des Dschungels heraus. Diese Stealth-Aspekte sollen noch weiter im Spiel ausgebaut werden, sumpfiges Terrain soll eine Rolle spielen und andere Kleinigkeiten hier und da werden wohl das Set an Möglichkeiten für den Spieler erweitern. Es gibt nach wie vor Erfahrungspunkte und damit auch Fertigkeiten und Level. Und ich hoffe inständig, dass die Anzeige der XP-Sammel-Momente noch vorläufig oder justierbar ist, denn dass ich 25 Punkte für irgendwas bekam, muss nicht den halben Screen einnehmen. Das verdeckt nur unnötig die wieder einmal wirklich schicke Grafik, die eine Lara zeigt, die in ihrem Auftreten und ihrer Attitüde wie auch visuell mehr an die ganz frühe Lara erinnert - nein, nicht bei der Brustgröße, die Zeiten dieses Wachstums von Teil zu Teil waren ein 90er-Phänomen. Aber sowohl in den Gesichts- wie auch Wesenszügen fühlt sie sich gleichzeitig modern und retro an, was ein interessanter Mix für den Charakter ist.

Das war ich? Cool.

Also ja, wer jetzt erwartete, dass das "B-Team" aus Montreal alles einreißt und neu aufbaut, tat dies ohne realistische Aussicht auf Erfüllung. Shadow of the Tomb Raider geht sehr klar und selbstsicher den Weg weiter, den die beiden Vorgänger vorzeichneten. Kleine Elemente hier und da werden ergänzt, um Erkundung und Kampf zu erweitern, aber an dem Mix aus diesen Elementen mit kleinen Puzzles entlang des Hauptweges und größeren in den optionalen Gräbern ändert sich wenig. Bin ich darüber enttäuscht? Nein, in keinster Weise! Ich liebe ein gutes Indy-Style-Action-Adventure, wie ich auch die Vorgänger liebe. Und mehr davon mit einem durchaus wieder netten Szenario zu bekommen, das klingt nach einer Menge Spaß im Herbst. Sicher, ich hätte es begrüßt, wenn die Gräber nun Teil des Hauptweges statt optionaler Spaß wären, aber davon abgesehen: Ich freue mich auf ein erneut so kurzweiliges wie durchgestyltes Abenteuer, bevor es dann spannend wird, welchen Weg die Reihe nach dem Abschluss dieser losen Trilogie einschlägt.

In diesem artikel

Shadow of the Tomb Raider

PS4, Xbox One, PC

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Martin Woger Avatar

Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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