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Graveyard Keeper: Wie aus einer zufälligen Brainstorming-Idee eine Friedhofssimulation entstand

Im Gespräch mit Produzent Alex Nichiporchik.

Friedhöfe verbinden wir normalerweise mit einem Ort der Stille, einem Ort des Gedenkens. Einen Friedhof zum zentralen Schauplatz eines Videospiels zu machen, darauf kämen die wenigsten. Als Schauplatz oder Level eines Horrospiels, ja. Davon ist Graveyard Keeper weit entfernt, denn es handelt sich um eine mittelalterliche Friedhofssimulation. Was nicht heißt, dass das Entwicklerstudio Lazy Bear Games (Punch Club) euch ausschließlich auf den Friedhof schickt.

In Wahrheit beginnt die Geschichte des Spiels in der Gegenwart. Während eines Telefonats mit seiner Liebsten macht der Protagonist eine unerfreuliche Begegnung mit einem Auto. Als er nach seinem Ableben das Bewusstsein zurückerlangt, findet er sich in einer mittelalterlichen Welt, hat mit einem sprechenden Schädel zu tun und steht vor der Aufgabe, sich um den hiesigen Friedhof zu kümmern.

Schaut ihr euch Screenshots oder Videos zum Spiel an, schwirren mit hoher Wahrscheinlichkeit Spiele wie Harvest Moon oder Stardew Valley durch euren Kopf. Und das nicht ohne Grund, denn von diesen Titeln ließen sich die Entwickler inspirieren. Doch ursprünglich begann alles ganz anders - und zwar mit den Worten Graveyard und Tycoon.

"Nachdem wir diese Worte laut ausgesprochen hatten, ließen wir unserer Vorstellungskraft freien Lauf", sagt Produzent Alex Nichiporchik im Gespräch mit Eurogamer.de. "Das war vor fast zwei Jahren. Und es brauchte ein wenig zu viele Iterationen, um zu dem Punkt zu gelangen, an dem wir uns jetzt mit Graveyard Keeper befinden. Das ursprüngliche Konzept war mehr Tycoon-artig - das galt auch für den Namen. Wir versuchten ein Spiel zu designen, das sich auf den Friedhof und die dortigen Prozesse konzentrierte. Es dauerte eine Zeit lang, bis wir erkannten, dass sich mit toten Körpern in begrenztem Maße Dinge anstellen lassen und dass sich ein Friedhof schnell füllt."

Cover image for YouTube videoGraveyard Keeper - Gameplay
Sucht Rohstoffe und baut Sachen. Stück für Stück verbessert ihr so euer neues Zuhause.

Es gab kein "Ablaufdatum" für Gräber, daher war es nicht möglich, mehr Leichen aufzunehmen, die Prozesse zu verbessern und so weiter. Es war ein Konzept, das die Entwickler verwarfen und stattdessen einen RPG-Weg wie Harvest Moon oder Stardew Valley einschlugen. Ab diesem Punkt habe Graveyard Keeper langsam Form angenommen.

Um den Grafikstil des neuen Spiels kümmern sich die gleichen Leute wie zuvor bei Punch Club. Wichtig seien den Entwicklern ein besonderer Feinschliff der Optik und eine "Pixel-perfekte Grafik". Es sei unglaublich wichtig, einen tollen ersten Eindruck zu hinterlassen, daher habe das Team diesem Bereich besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

Für die Macher war die Entwicklung von Graveyard Keeper eine große Umstellung. Im Gegensatz zu Punch Club handelt es sich um ein Open-World-Spiel mit vielen verschiedenen Mechaniken. Die größte Herausforderung habe darin bestanden, all die kleinen Dinge ineinandergreifen zu lassen.

"Es ist kein Spiel nach 'Game Jam'-Art, bei dem du an einem Wochenende feststellst, ob alles funktioniert", merkt Nichiporchik an. "Es braucht Monate an harter Designarbeit und Entwicklung, um zu sehen, wie alles im Zusammenspiel läuft. Inmitten dieses ganzen Prozesses bekommst du einen Tunnelblick, was es noch schwieriger macht. Wir hatten Angst vor der Alpha, weil wir das Gefühl hatten, es mangele an Inhalt oder Feinschliff. Oder dass sich kein Spieler für solch ein Konzept interessiert."

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Von Leichen extrahiertes Fleisch oder Blut verkauft ihr weiter.

Wie schwierig die Verwaltung und Verknüpfung aller verschiedenen Aspekte des Spiels ist, ohne dabei die Balance zu verlieren? "Auf einer Skala von 1 bis Leiche ist es 25 Leichen schwer", scherzt er. Vor allem der Fähigkeitenbaum des Spiels sei extrem schwierig zu balancieren. Er ähnele dem aus Punch Club, weswegen die dort gesammelten Erfahrungen während der Entwicklung und nach der Veröffentlichung helfen. Das Team möchte sicherstellen, dass sich das Spiel in puncto Spieltempo gut anfühlt.

Der Übergang vom linearen Punch Club mit vielen Backtracking-Elementen zum offenen Graveyard Keeper habe den Rahmen des Studios gesprengt. Im Vergleich dazu biete Graveyard Keeper zum Beispiel viele Quests und Ereignisse, die zu bestimmten Zeiten passieren. Zugleich ist es das erste Spiel von Lazy Bear Games, in dem ihr den Charakter direkt steuert. Ähnlichkeiten zwischen beiden Spielen stellt ihr nicht ohne Grund bei der Skill-Progression und dem Benutzerinterface fest. In diesen beiden Bereichen halfen die Entwickler ihre vorherigen Erfahrungen, betont er.

Die Entwickler steckten viel Herz und Blut in die Produktion des Spiels. Und Lead Developer Slava Cherkasov buchstäblich jede Menge Schweiß. "Jeder empfiehlt, Berufliches und Privates zu trennen, richtig?", fragt Nichiporchik."Der Lead Developer des Spiels - Slava Cherkasov - war während der Entwicklung von Graveyard Keeper eine Art Geisel. Er fand endlich eine Wohnung, die aber einige Renovierungen benötigte. Unglücklicherweise dauerte das weit mehr als ein Jahr. Um Zeit beim Pendeln zu sparen, verwandelte er den Abstellraum des Studios in ein Schlafzimmer."

Der zum Schlafzimmer umfunktionierte Abstellraum.

"Das Problem bei Gebäuden aus der Sowjet-Ära ist die Zentralisierung der Heizanlage. Es gibt keine Temperaturregler. Wenn es draußen -30 Grad sind, sind einige Bereiche besser beheizt als andere. Wie du [auf dem Foto rechts] siehst, ist die Heizung in diesem Raum recht groß. Und es gibt keine Fenster. Obendrein ist der Raum gut isoliert und es gibt keine Möglichkeit, die Heizung auszuschalten. Slave schwitzte sich buchstäblich durch die Entwicklung von Graveyard Keeper."

Die Alpha-Version des Spiels ist seit einer Weile über die Webseite des Spiels erhältlich und für die Entwickler von unschätzbarem Wert. Zum einen bringt sie durch den Verkauf Geld ein, zum anderen arbeite das Team Tag und Nacht daran, das finale Spiel anhand des Alpha-Feedbacks besser zu machen.

"Zu den offensichtlichen Dingen, um die wir uns kümmerten, zählt alles im Zusammenhang mit der Spielbalance", erklärt er. "Wir waren angenehm überrascht davon, wie viele verschiedene Sachen die Spieler ausprobieren. Oder in welcher Reihenfolge sie das Spiel absolvieren. Einige züchten Pflanzen, andere handeln, manche gehen in Dungeons. Und es gibt welche, die Rohstoffe horten. Es ist viel effektiver als eine interne Fehlersuche, wenn die Fans das Spiel spielen. Die Reaktionen haben uns umgehauen."

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Abseits eurer Arbeit passieren andere, interessante Dinge.

Was die Zukunftspläne anbelangt, hält sich das Studio noch bedeckt. Bereits jetzt sei das Team überrascht von Spielern gewesen, die sich 15 Stunden und mehr mit der Alpha beschäftigten. Die Hoffnung ist, sie mit der finalen Version noch länger vor den Bildschirm zu fesseln. Eine Entscheidung hinsichtlich der Pläne für die Zeit nach der Veröffentlichung sei noch nicht gefallen. Derzeit stünden Tests der Version 1.0 im Vordergrund. "Wir möchten zunächst ein gutes Spiel entwickeln. Dann sehen wir, wie es den Spielern gefällt und gestalten auf Basis dessen unsere Post-Launch-Pläne", erläutert er.

Zum Start erscheint das Spiel für PC und Xbox One. Für den PC, weil es für die Macher eine einfache Plattform sei. Und was die Xbox betrifft, lobt Nichiporchik die Zusammenarbeit mit Microsoft ihrem ID@Xbox-Team, das eine "phänomenale Arbeit" geleistet habe. Weitere Konsolenversionen sind nicht ausgeschlossen, über etwaige Pläne spricht das Studio aber derzeit nicht.

Die Möglichkeit des Moddings möchten sich die Macher auf dem PC auf jeden Fall näher anschauen, zumal die Leute von sich aus angefangen hätten, die Alpha-Version zu modifizieren. Über einen möglichen Multiplayer-Modus spricht das Studio nicht. "Im Augenblick" funktioniere Graveyard Keeper gut als Singleplayer-Spiel.

Und bis der Titel erscheint, dauert es nicht mehr lange. Erhältlich ist die fertige Version von Graveyard Keeper ab dem 15. August. Für die Zeit danach habe das Studio jede Menge Ideen, sagt er. "Das Schwierigste daran ist, nein zu sagen. Wir konzentrieren uns auf das, was wichtig ist, und verwerfen Dinge, die nicht funktionieren. Das ist wahrscheinlich der stressigste Part unseres Jobs."

In diesem artikel

Graveyard Keeper

Xbox One, PC

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Benjamin Jakobs

Leitender Redakteur News

Benjamin Jakobs ist Leitender Redakteur, seit 2006 bei Eurogamer.de und schreibt News, Reviews, Meinungen, Artikel und Tipps.

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