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Shigeru Miyamoto warnt die Spielebranche: "Wir dürfen nicht gierig sein"

"Unsere Spiele müssen einen gewissen Wert haben."

Auf der Computer Entertainment Developers Conference (CEDEC) im japanischen Yokohama hat Shigeru Miyamoto abermals unter Beweis gestellt, warum seinem Namen häufig der Zusatz "Nintendo-Legende" folgt - und warum das keinesfalls nur einer jener leichtfertig verwendeten Superlative ist, um die die Spielebranche für gewöhnlich nicht verlegen ist. In seinem Vortrag warnte der 65-jährige Mario-Schöpfer die Industrie vor kurzfristig gedachten Geschäftsmodellen und sprach zugleich über zukunftsgewandte Alternativen (Übersetzung via Bloomberg).

"Wir befinden uns in der glücklichen Situationen, in einem riesigen Markt agieren zu können", so Miyamoto am Mittwoch. "Unser Ansatz ist daher: Wenn wir unsere Spiele möglichst vielen Käufern zu moderaten Preisen anbieten, streichen wir große Profite ein." Nintendo probiere gerade viele verschiedene Geschäfts- und Vertriebsmodelle aus, doch dies sei gewissermaßen der kleinste gemeinsame Nenner. Deshalb meide das in Kyoto ansässige Unternehmen auch das derzeit so gewinnträchtige Free-to-play-Modell. Miyamoto ruft andere Entwickler und Studios auf, diesem Beispiel zu folgen. Man müsse Spiele zu festen Preisen anbieten und dürfe Käufer nicht schröpfen. Mittelfristig werde sich dieses Vorgehen als das stabilere und zuverlässigere Geschäftsmodell erweisen.

Das exzessive Angebot von Lootboxen (die in immer mehr Ländern bereits als Glücksspiel deklariert wurden) und Mikrotransaktionen führt Miyamoto zufolge dazu, dass viele Studios ihre Spiele zu Schleuderpreisen oder sogar kostenlos anbieten. Dahinter versteckt sich allerdings ein Rattenschwanz kleiner, aber regelmäßiger Investitionen für virtuelle Kostüme oder besonders seltene Gegenstände. Dadurch kommt es in den Augen der Konsumenten zu einer Entwertung der Spiele.

"Ich kann nicht behaupten, dass unser Fixkosten-Preismodell zuletzt ein großer Erfolg gewesen wäre", räumt der seit nunmehr 41 Jahren bei Nintendo beschäftige Entwickler ein - eine angesichts beeindruckender Verkaufszahlen vieler Switch-Spiele etwas unerwartete Aussage. "Aber wir werden weiter daran festhalten, um dazu beizutragen, ein zuverlässiges Umfeld zu schaffen, in dem Entwickler ihre Spiele produzieren können.

Der "How to: Ratschläge verteilen"-Lehrbuch folgend verweist Miyamoto aber nicht nur auf aktuelle Probleme, sondern bringt auch potentielle Lösungsansätze an. So solle sich die Spielebranche etwa die Musikindustrie zum Vorbild nehmen. Nachdem diese Anfang der Nullerjahre aufgrund der Verbreitung von dubiosen Filesharing-Seiten und überholter Distributionsformen arge Umsatzeinbußen hinnehmen musste, hat sie mit Abo-Services wie Spotify inzwischen eine Antwort auf die Kostenlos-Kultur ihrer Konsumenten gefunden. Ähnliche Dienste seien auch für die Spieleindustrie denkbar, so Miyamoto. Da hat der gute Mann nicht Unrecht: Mit dem Xbox Game Pass bietet Microsoft bereits seit Anfang vergangenen Jahres ein Netflix-artiges Modell an. Auch Nintendo selbst geht mit dem im September startenden Nintendo-Switch-Online-Service einen ähnlichen Weg (auch wenn hier zunächst nur NES-Spiele verfügbar sind und der Fokus auf Online-Funktionalitäten liegt).

Wichtig sei vor allem, eine Kultur zu etablieren, in der Konsumenten bereit wären, für hochwertige Software einen angemessenen Preis zu zahlen. "Auf der Suche nach einem Partner, der die Umsetzung solch eines Angebots ermöglicht, ist es wichtig, jemanden zu finden, der den Wert der eigenen Software vollumfänglich versteht", führt der Mario-Mann aus. "Erst dann erkennen auch Konsumenten den Wert der angebotenen Apps und Spiele, und entwicklen dadurch eine Mentalität, die es ihnen erlaubt, für Qualität einen gewissen Preis zu zahlen."

Das klingt alles prima und sehr löblich. Allerdings muss sich Nintendo hier auch an die eigene Nase fassen. Speziell in Sachen Free-to-play ist das Unternehmen nämlich keinesfalls von Kritik freizusprechen. Die Smartphone-Spiele Fire Emblem Heroes und Animal Crossing: Pocket Camp mögen weit von der Dreistigkeit einiger anderer Vertreter entfernt sein, wurden jedoch auch immer wieder für ihre Free-to-play-Strukturen kritisiert. Sie entsprechen jedenfalls nicht dem hier von Miyamoto formulierten Anspruch.

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Gregor Thomanek

Freier Redakteur

Trinkt gern Kaffee und liebt Videospiele, im Idealfall beides auf einmal. Ist für alles zu haben, was aus Japan kommt. Hat nie Herr der Ringe gesehen und findet, das sollte auch so bleiben. Gründet irgendwann einen Ryan-Gosling-Fanclub. Hat seine Katze "Yoshi" genannt, bereut nichts. Konsolenkind.

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