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Assassin's Creed Odyssey - Test: Das epochale Gesamtkonstrukt

Feintuning ist so ein vielseitiges Thema, wenn man Welten baut.

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Die einzigartige Darstellung der Antike erfährt viele Verbesserungen: Assassin's Creeds Weiterentwicklung glänzt in praktisch allen Punkten

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Promotion ende.


Erst einmal: Assassin's Creed Odyssey ist nicht das schlechteste Spiel für diese Jahreszeit. Erster Frost, Temperaturen um fünf Grad am Morgen, da ist es gut für die Seele, die Sonne Griechenlands zumindest virtuell auf dem Gesicht zu spüren. Das richtige Szenario zur richtigen Zeit, aber das würde natürlich auch auf die Ezio-Trilogie zutreffen, die Toskana ist zu dieser Jahreszeit auch nicht zu verachten. Oder Ägypten. Irgendwie liest sich die Serie langsam wie die Katalogliste aus dem Reisebüro um die Ecke.

Da ich aber schon eben Ägypten so elegant ungeplant einfließen ließ: Odyssey fühlt sich auch nach dem Spiel an, dass der softe Reboot Origins hätte sein sollen. Vieles, was dort noch etwas zu sehr an vergangene Zeiten erinnerte oder einfach nicht richtig ausbalanciert war, passt nun. Zumindest weitestgehend. Es ist nicht so schlimm, dass man "das ist das Spiel, das Origins sein sollte" sagen müsste, aber diese Richtung wird zart eingeschlagen.

Fangen wir mit der Geschichte an, die in Ägypten zwar einen soliden Hauptcharakter produzierte, aber relativ schnell zur obligatorischen Kill-Liste eines Assassin's Creed verkam und wenig jenseits dessen zu bieten hatte. Es gab einen Touch von persönlichem Konflikt, aber zu wenig, um damit punkten zu können. Odyssey geht dabei in die Vollen und vermischt die Familiengeschichte um seine Hauptfiguren elegant mit den frühesten Anfängen der Templer-Gesellschaften, sodass das Abstreichen von Zielen zwar eine Orientierung im Gameplayablauf bleibt, aber das eigentliche Interesse des Spielers auf andere Dinge gelenkt wird. Ich war ehrlich interessiert daran, zu erfahren, wohin das alles führt, wer am Ende wem vergeben kann und wer auf den Beinen bleibt. Sicher, Leerlauf bleibt in einem Spiel mit locker 40 bis 50 Stunden Laufzeit fast schon als Minimum nicht aus. Aber da auch die Gegenwartshandlung in einigen kurzen Intermezzos diesmal noch geschickter eingreift als bei Origins, verzichte ich diesmal auf die Überlegung, ob man sie nicht weglassen soll. Ich würde sie immer noch nicht vermissen, würde man sie streichen, aber so wie hier kann ich sehr gut damit leben und habe sie sogar stellenweise das erste Mal seit Ewigkeiten genossen.

Es ist die richtige Jahreszeit für so ein Spiel.

Was die zwei Charaktere und die Handlungsmöglichkeiten, Entscheidungen und Konsequenzen angeht, da muss Ubisoft aber noch ein wenig mehr Entschlossenheit zeigen. Fangen wir mit Kassandra und Alexios an. Ich komme nicht umhin, die ganze Zeit zu denken, dass Odyssey eigentlich als das erste große Assassin's Creed mit einer rein weiblichen Hauptrolle geplant war. Kassandra ist interessanter und schlagfertiger geschrieben, hat die subtileren Gesichtsausdrücke, ist die durch und durch interessantere Figur als der sehr gradlinige Alexios. Insoweit kann ich eigentlich nur zu ihr als Figur raten, auch wenn euch das Spiel frei die Wahl lässt und die Handlung sich wirklich nicht großartig unterscheidet. Nicht mal wirklich kleinartig.

Hier schwächelt es dann auch mal wieder, selbst wenn die Richtung stimmt und Odyssey sicher weiter geht als praktisch jedes Ubi-Open-World vor ihm. Ihr dürft in den Quests, Neben- wie Haupt-, immer wieder mal eine Entscheidung treffen und zwar nicht nur, ob ihr eine Quest annehmt oder nicht. Meist sind es Kleinigkeiten, ob ihr als Söldnernatur noch eine Belohnung extra haben wollt, einen Charakter belügt, weil ihr seine Aufgabe eigentlich nicht erfüllt habt - zum Beispiel, weil ihr jemand anderes bewusst entkommen ließt oder einen Schatz selbst behalten möchtet - oder weil ihr mal nicht nett antworten wollt. Das kann den einen oder anderen NPC verprellen, gefügig werden lassen oder sich auszahlen, aber es verändert nicht die Welt.

Die Handlung mixt geschickter als sonst persönliche Geschichte mit den großen Verschwörungen.

Spannend wurde es bei einigen Quests, in denen ihr Hinweise über einen Tathergang sammelt und dann entscheiden müsst, wie ihr das Bild aus diesen Indizien im Kopf zusammensetzt und wie ihr eure Questgeber damit konfrontiert, wenn die Sache nicht ganz so liegt, wie sie zuerst schilderten. Wiederum, nichts davon erschüttert Sparta, mal gibt es einen Kampf extra, mal einen Gefolgsmann oder -frau dazu. Mal beides. Trotzdem, der Ansatz, nicht nur vier Zettel an vier markierten Punkten zu suchen, sondern auch den Kopf anstrengen zu müssen und eine ambivalente Situation aufzuschlüsseln, das machte schon mehr Laune als alle Quests von AC: Syndicate zusammen.

Leider endet die Liebe zu komplexeren NPCs auch immer wieder mal schnell. Eben noch denkt ihr ausgiebig darüber nach, mit was für einem virtuellen Bewohner der ausladenden Welt ihr es zu tun habt, schon ist er auch wieder vergessen und zur Seite gestoßen. Das sowie oft genug auch die Qualität der Texte für weniger wichtige Figuren ist dann halt doch noch, was ein Odyssey von einem Witcher trennt. Assassin's Creed beginnt aber etwas mehr Herz zu entdecken, und es tut ihm gut. Außerdem gibt es ja auch noch die eigentliche Handlung und die macht dann, wie gesagt, ja auch vieles wieder wett.

Aber natürlich gibt es eine große Verschwörung, inklusive der To-do-Liste eines Assassinen.

Die Idee, dass ihr auch mal Suchen und Nachdenken sollt, ist etwas, das man sich wie die weibliche Hauptrolle auch noch nicht in letzter Konsequenz traute. Zu Beginn - und auch jederzeit in den Optionen - dürft ihr zwischen dem klassischen Modus mit allen Questmarkern, wie man es kennt und dem Entdeckermodus wählen. Letztere wird euch auch dringend vom Spiel ans Herz gelegt und ja, nutzt ihn. Nebenquests sind nun erst zu sehen, wenn ihr nah genug dran seid, manchmal erst, wenn ihr den Questgeber durch die Straßen lamentieren hört. Wenn ihr dann etwas sucht, gibt es drei Hinweise, wo der Zielpunkt sein könnte, aber erst einmal keinen Marker. Hier hätte es weitergehen können. Das Zielgebiet zu finden, ist nicht zu schwer und im Umkreis von 150 Metern wird euch gesagt, dass ihr bitte jetzt auf den Adler schalten sollt, mit dem ihr wie schon in Origins Gegner und interessante Punkte markiert. Die Feinarbeit vor Ort bleibt euch also erspart, aber immerhin, wiederum weiter als jedes Creed zuvor und ein großer Schritt in absolut die richtige Richtung.

Dass man als Entwickler aber ein wenig Orientierung extra geben möchte, ist klar, denn die Welt Griechenlands ist absurd groß. Eine Mischung aus ausufernden festen Landmassen im Westen und Norden und eine Masse an mal kleinen, mal gar nicht so kleinen Inseln im Süden und Osten zieht sich weiter hin als gefühlt je zuvor. Ist es erschlagend? Ja, im ersten Moment schon, wenn man sich anschaut, wo man gerade steht und wie viele Stunden schon auf der Uhr sind. Aber es ist auch eine absolut faszinierende Welt, in der nur sehr selten etwas beliebig wirkt. Städte und Tempel haben ihren eigenen Charakter, Regionen ihre Eigenheiten und manchmal sogar sprachliche Feinheiten. Landschaften reichen von dichten Wäldern, über schroffe Kliffe und Berge zu grünen Feldern mit Gehöften dazwischen. Es ist ein aberwitziger Schaukasten zurück in eine andere Welt, in der natürlich auch gestaucht, idealisiert und vereinfacht wird. Aber nichtsdestotrotz, als lebende virtuelle Geschichte ist es praktisch konkurrenzlos und allein schon die Reise wert.

Wir brauchen ein größeres Feigenblatt ...

Bei den Quests wurde klar ein weiterer Schritt in Richtung Rollenspiel getan, so wie auch in Fragen der Spielmechanik. Die Unterscheidung in drei Arten von Schaden - Nahkampf, Fernkampf und Attentat - wird nun weiter über deutlichere Boni der Ausrüstungsgegenstände und Waffen zur Geltung gebracht. Je nach Spielstil könnt ihr so eure Figur optimieren, was natürlich auch bedeutet, dass sie etwas nackt dasteht, wenn zum Beispiel ein Attentäter plötzlich zu einem Nahkämpfer gegen drei Keulenschwingende Kolosse werden muss. Das rächt sich nun sehr viel spürbarer als in Origins und macht die Wahl der richtigen Rüstung und Waffe deutlich reizvoller.

Überhaupt hat sich das Gefühl automatischer Überlegenheit aus Origins erledigt. Sobald ihr auf dem gleichen Level seid wie eure Gegner, werden diese zu einer Gefahr. Zwei, spätestens drei im Nahkampf sind, vor allem ohne die Möglichkeit, simpel alles blocken zu können, schnell tödlich. Sind sie ein oder zwei Stufen darüber, musste ich weit öfter als mir lieb war den hektischen Rückzug antreten. Simple Kopfschüsse sind selten tödlich, da praktisch jeder Gegner Helmträger ist. Selbst Attentate aus einem Versteck sind keine garantierte Sache, zumal euch diesmal nahe Gegner öfter dabei erwischen und Alarm schlagen und auch leichter erkennen, wenn sich in einem Busch die Leichen sammeln. Pfeift ihr, um eine Wache anzulocken, dann kommen alle Wachen innerhalb des Radius gucken, was los ist oder lassen zumindest nicht so schnell ihren neugierigen Kollegen aus den Augen. Ihr müsst mehr planen, vorsichtiger sein, auch abwägen, wann es einfach das Risiko nicht wert ist. Selbst ein kleines Lager mit viel Freifläche kann zur Todesfalle werden.

Auch unter Wasser eine Augenweide.

Es ist so fantastisch, dass die Reihe endlich den Mut hat, euch immer wieder mal durchaus solide herauszufordern. Wem das alles nicht reicht, der kann den Schwierigkeitsgrad noch mal in zwei Stufen hochsetzen und dann ist es wirklich heftig: Sehr aufmerksame Wachen, die nur darauf lauern, euch an eure eigene hochgeschraubte Sterblichkeit zu erinnern. Oder, wer lieber Rächer von Sparta spielt, ohne sich anzustrengen, es gibt auch den einfachen Modus. Optionen und Möglichkeiten, das ist es, was ich immer wieder in Assassin's Creed sehen wollte und Odyssey liefert weit besser als alle seine Vorgänger.

Die Gegner ziehen im Laufe des Spiels auch noch mal ordentlich an und nicht nur das, man guckte sich auch den "Wanted-Level" aus GTA ab. Stehlt ihr Schätze aus neutralen Häusern, tötet ihr Unschuldige oder Wachen, die einfach nur ihren Job machen, dann heißt es nicht wie zuvor, dass ein Assassine sowas nicht tut, gefolgt von einem erneuten Laden. In Odyssey werdet ihr immer berüchtigter und sofern ihr das anwachsende Kopfgeld nicht selbst zahlt, wollen Kopfgeldjäger es holen. Zunächst sind es recht einfache Typen auf ungefähr eurem Level, die sich in eurer Nähe herumtreiben, aber macht ihr einfach weiter mit eurem unsteten Lebenswandel, dann jagen euch bald sehr mächtige Krieger, gegen die ihr kaum eine Chance habt. Was aber nicht "keine Chance" bedeutet und immer wieder ließ ich es darauf ankommen und erlebte einige der besten Kämpfe im Spiel. In einem davon musste fast ein ganzes Dorf als Kollateral-Schaden dran glauben, ein paar Dutzend Wachen inklusive. Es war episch und glorreich. Und teuer, denn danach musste ich ganz schön was lockermachen, um ohne die Schmach einer Niederlage endlich wieder meine Ruhe zu haben.

Deckung gibt es im kleinsten Busch ...

Um solche Gegner bekämpfen zu können, aber auch den einfachen Wachen so wie früher überlegen Herr werden zu können, wurde der Fertigkeitenbaum deutlich ausgebaut. Es gibt nun weit mehr Spezialangriffe für Bogen und Nahkampf aber auch Attentate, die ihr auf Schnelltasten legt. Spielstile lassen sich damit besser herausarbeiten: Wollt ihr lieber auf große Distanzen massiven Schaden mit einem Pfeil verursachen? Habt ihr lieber die Möglichkeit, Flächenschaden zu verursachen oder mehrere Pfeile zu nutzen? Wollt ihr Feuer- oder Gift-Schaden anrichten? Spartaner-Tritte und Stier-Rammen nutzen oder lieber besonders effektive Attentate verüben, auch hier wieder mit unterschiedlichen Extras und Vor- und Nachteilen? Alles auf einmal geht nicht, ihr müsst schon überlegen, wie ihr spielen möchtet und was euch dafür am meisten bringt. War es in Origins mehr ein Hochstufen der Grundfertigkeiten betont Odyssey diese Talente viel mehr, denn ohne sie sind eure Grundfertigkeiten nicht viel wert.

Damit ihr diese Angriffe nicht wild spammt, braucht ihr für sie Adrenalin-Punkte, die ihr durch Kämpfe und Attentate aufladet. Das bedeutet, dass ihr zwar vielleicht komplett aufgeladen aus einem Kampf kommt, aber das bedeutet gerade mal eine Handvoll Punkte. So viele Spezialpfeile oder Attentate könnt ihr erst mal nutzen, um euch wie in Origins zu fühlen, danach wird der Weg durch zum Beispiel eines der riesigen Forts komplizierter. Wiederum, diese Mechanik greift elegant ein, um die Herausforderung zu erhöhen und euch mehr zum Nachdenken zu zwingen, wie ihr an eine Situation herangeht.

Bei den großen Festungen müsst ihr euch genau überlegen, wie ihr vorgehen wollt. Anders als noch in Origins einfach einen Header nach dem anderen zu verteilen, wird sehr schwierig bis unmöglich werden.

Für so gut ich all das gelungen halte - und das tue ich wirklich, die feine Mischung der Abwägung aus Risiko und Belohnung wurde ausgezeichnet getroffen -, eine neue Mechanik sorgte immer wieder für viel unfreiwilligen Humor. Mit Ausnahme vielleicht einiger erster Kämpfe müsst ihr fast niemanden mehr töten. Es gibt eine Taste für ein nicht-tödliches Attentat, bei dem der Gegner niedergeschlagen wird. Die Animation dauert genauso lange, es gibt also kein höheres Risiko für euch. Lediglich, dass ein anderer Gegner seinen Kumpanen finden und ihm wieder auf die Beine helfen kann, was natürlich einen Alarm auslöst, droht euch hierbei. Um das zu verhindern, dürft ihr den Niedergeschlagenen anheuern. Einfach so. Ihr habt ein Schiff, das braucht eine Crew, also warum nicht direkt beim Feind rekrutieren?

Ist ja nicht falsch, die Überlegung, aber die Situation ist nun Mal folgende: Ihr seid ein treuer Spartaner im Herzen einer großen Festung. Plötzlich werdet ihr aus einem Gebüsch heraus niedergeprügelt. Ihr seid bestimmt dankbar, dass ihr noch lebt, aber würdet ihr mitten in der Nacht aus der Festung herausrennen, vorbei an all euren bisherigen Kameraden, mit denen ihr über Jahre Seite an Seite gekämpft habt, zu einem unbekannten Schiff, zu dem euch eine unbekannte, zwielichtige Gestalt geschickt hat? Oder wie steht es mit der Wache am Tor: Sollte man nicht Alarm schlagen, wenn schon der dritte Deserteur vorbeikommt, mit einer dicken Beule was von einem Schiff brabbelt und in die Wälder verschwindet? Ich sehe, was der Entwickler tun wollte, es funktioniert auf einer mechanischen Ebene tadellos und ist auch sinnvoll, aber es gibt für die willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit auch so etwas wie eine komplette Vollbremsung ohne Gurt.

Die Welt bietet euch mehr als genug Auslauf ...

Aber was soll es, wie gesagt, eine Crew muss her und wer bisher nichts mit den Seeschlachten der Reihe anfangen konnte, dem wird es hier nicht besser gehen. Größere Innovationen hebt man sich scheinbar für Skull & Bones auf, das hier ist erprobt und für sehr spaßig befunden worden. Zumindest für die meisten und ich kann euch nur raten, auch mal ruhig eine ganze spartanische Armada mit sieben oder acht Schiffen unter Beschuss zu nehmen. Wie bei den Kopfgeldjägern auch ist das eine Herausforderung, der man sich einfach mal stellen muss. Zwischen Feuerspeeren und Rammattacken hatte ich in dieser leicht geschliffenen Version eines bekannten Spielelements nicht weniger Freude als zuvor, aber bekam auch keine wirklich neuen Impulse. Hier ist die Crew-Verwaltung ein schwacher Anfang für mehr, denn selbst angeheuert wichtigere NPCs geben euch nur relativ langweilige - wenn auch nicht unwichtige - Boni auf die Schiffstatistik. Schiffe versenken in Assassin's Creed macht auch in Odyssey Freude, aber hier hätte es mehr Innovationslust zeigen dürfen.

Dafür hat sich an Land was getan. Jedes der zahlreichen Gebiete ist unter spartanischer oder griechischer Herrschaft, wer gerade das Sagen hat, seht ihr auf der Karte. Als Söldner zwischen den Fronten habt ihr keine besonderen Loyalitäten, wenn ihr das nicht möchtet, also könnt ihr in jedem Gebiet in Festungen, Städten und Lagern nach wichtigen Kriegsvorräten suchen. Zerstört diese, tötet genug Soldaten der herrschenden Macht und schließlich den so geschwächt dastehenden Hauptmann des Gebietes. Jetzt könnt ihr eine Schlacht anfangen, aber keineswegs nur auf der Seite, die ihr durch diese Taten bisher unterstützt habt. Im Gegenteil, es kann sich lohnen, erst eine Seite zu ruinieren, nur um dann als Retter auf dem Schlachtfeld einzugreifen und durch den so erhöhten Schwierigkeitsgrad eine bessere Belohnung in Form epischer Waffen oder Rüstungen einzustreichen. Waffenhändler als zynische Profiteure des Krieges sind nichts gegen euch.

... und immer wieder zauberhafte Orte.

Ich weiß nicht, ob es wirklich einen Unterscheid am Ende macht, wenn ich die ganze Karte für eine Seite erobere, in der Handlung jedenfalls wird es nicht erwähnt, was ihr im Rahmen des Krieges so treibt. Nur an wenigen Stellen kreuzen sich Krieg und Hauptgeschichte und das macht im Rahmen Letzterer auch absolut Sinn. Damit ist es nicht das relevanteste Gameplay-Element und ihr dürft es wie so vieles, das hier angeboten wird - Nebenquest, Mini-Nebenquests, Fetch-Mini-Nebenquests, tägliche Quests - weitestgehend ignorieren bis sogar abschalten, aber im Gegensatz zu den kleinen, sehr bedeutungslosen Aufgaben hatte ich bis zum Ende immer wieder meine Freude daran, Staaten von einer Hand in die andere zu reichen und auf dem Weg Epic Items einzustreichen.

Damit ging Odyssey sicher noch einmal mehr in die Breite, sowohl was Gameplay als auch Fläche angeht und es ging auch ein wenig mehr in die Tiefe bei der Ausgestaltung der Quests und Optimierung des eigenen Charakters. Wo sich wenig tat, das sind die absoluten Grundlagen. Das Klettern funktioniert vielleicht noch ein wenig flüssiger als bei Origins, aber das kann auch Einbildung sein. Die generelle Bewegung in Assassin's Creed gehört wohl zu den am meisten optimierten Abläufen der Spielewelt - ein paar Versuche hatten sie ja auch dafür - und so gibt es da nur noch wenig Tadel. Was auch daran liegt, dass ihr weit weniger komplexe Parcours-Läufe wie noch in früheren Titeln absolvieren müsst. Auch eine Art, das Problem zu bewältigen: Beseitige einfach den Grund für das Problem, statt es zu lösen ...

Technisch ist Odyssey eh atemberaubend. HDR und 4K, fantastische Farbegestaltung, großartige Soundkulisse, endlose Sichtweite, man sieht das Vermögen, dass Ubisoft in diese Spiele steckt in jedem einzelnen Screen. Und ja, es ist zwar kein gewaltiger Sprung im Vergleich zu Origins, aber wie so vieles ist es dieses Quäntchen Verfeinerung, das noch fehlte, und nun mit Odyssey geliefert wird. Angesichts so viel superlativer Schönheit darf ich ruhig auch ein paar kleine Clipping-Problemchen hier und da, durch einen KI-Bug herumspringende Hirsche oder mal ein Festhängen zwischen zwei Kanten erwähnen. Sonst wäre es ja zu perfekt und das geht ja nun nicht.

Kommt für die Attentate, bleibt für die nächtlichen Ausritte bei Mondschein.

Assassin's Creed Odyssey ist das, was Origins werden sollte ... stimmt so nicht. Es ist die konsequente, nicht überstürzte Fortführung eines Weges, den der Vorgänger einschlug und da es mittlerweile fast schon Serientradition ist, sich behutsam zu entwickeln, war es auch nicht anders zu erwarten. Der Wechsel von reinen Action-Adventure-Mechaniken in die Werte-orientierte RPG-Richtung wird weitergegangen, man gibt den Spielern nun ein wenig - aber nicht zu viel - Mitspracherecht in der Handlung, der Verzicht auf zumindest einige der Karten-Marker, die Balance zwischen den Spielstilen Kampf und Stealth wurde wiederhergestellt und überhaupt bietet sich Odyssey nun als deutlich größere Herausforderung an. Selbst Nachdenken wird hier und da eingefordert, sehr zum Gewinn des Spiels. Ist nun alles perfekt und Witcher 3? Nein, natürlich nicht. In Sachen inhaltlicher Dialog- und Quest-Qualität kann es auch Odyssey noch nicht mit dem Platzhirschen aufnehmen. Aber sie werden besser, das zeigt sich in Odyssey deutlich.

Der Fokus liegt aber wie auch bei Odyssey nicht nur auf der Handlung und den Aufgaben, es ist eine unglaubliche Spielwelt, die sich hier vor euch ausbreitet. Diese idealisierte und sicher auch mehr als nur ein wenig romantisierte Form der antiken Welt zieht euch in den Bann, belohnt euch immer wieder mit verstecken landschaftlichen Schätzen und technisch atemberaubender Schönheit, verpackt in ein durchdachtes Artdesign. Vergesst für ein paar Stunden all die Angebote des Spiels, die Schlachten zu See und Land, Aufgaben hier und da und vieles mehr wie Kopfgelder und Kultistenjagden. Auch wenn vieles davon spaßig ist, lasst all das für ein Weilchen weg und konzentriert euch nur auf diese Spielwelt. Dieser Aspekt, dieses Auflebenlassen von Historie, ist nach wie vor eine der größten Stärken der Reihe und in Odyssey geht er in Perfektion Hand in Hand mit der vielleicht besten spielerischen Ausgestaltung eines Assassin's Creed, die dieser Serie bisher gelang.

Assassin's Creed: Odyssey lässt sich leicht in seine Bestandteile zerpflücken und in den meisten werdet ihr auch etwas im Detail zu bekritteln finden. Aber als epochales Gesamtkonstrukt betrachtet, überzeugt es durch und durch.


Entwickler/Publisher: Ubisoft - Erscheint für: PC, PS4, Xbox One Preis: ca. 60 bis 70 Euro - Erscheint am: 2. Oktober (Gold Edition), 5. Oktober (Standard Edition) - Getestete Version: Xbox One - Sprache: Deutsch, Englisch und andere - Mikrotransaktionen: Ja


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In diesem artikel

Assassin's Creed Odyssey

PS4, Xbox One, PC

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Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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